„Tongemisch“ – Versionsunterschied

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Als '''Tongemisch''' bezeichnet die [[Physik|physikalische]] [[Akustik]] gemäß [[DIN-Norm|DIN]] 1320 einen komplexen [[Schall]], der sich aus Tönen bliebiger Frequenz zusammensetzt. Mit ''Ton'' sind dabei die akustischen Repräsentationen reiner Sinusschwingungen, sogenannte [[Sinuston|Sinustöne]] gemeint.<ref>Vgl. {{Literatur|Autor=Michael Dickreiter| Titel=Handbuch der Tonstudiotechnik| Band=Band&nbsp;1|Auflage=6| Ort=München| Verlag=K.G.Saur| Jahr=1997| Seiten=1}}</ref> Daher ist ein Tongemisch eine [[Periode (Physik)|periodische]] [[Schwingung]] und unterscheidet sich darin vom [[Geräusch|Rauschen]].<ref>Rauschen ist gemäß DIN 1320 ein Schallsignal statistischer Natur; vgl. {{Literatur|Autor=Michael Dickreiter| Titel=Handbuch der Tonstudiotechnik| Band=Band&nbsp;1|Auflage=6| Ort=München| Verlag=K.G.Saur| Jahr=1997| Seiten=1}}</ref> Stehen die Teiltöne in einem [[Harmonische|harmonischen]] Verhältnis zueinander, spricht man von einem (einfachen oder harmonischen) ''[[Klang]]''.<ref>{{Literatur|Autor=Michael Dickreiter| Titel=Handbuch der Tonstudiotechnik| Band=Band&nbsp;1|Auflage=6| Ort=München| Verlag=K.G.Saur| Jahr=1997| Seiten=1}}</ref>
Als '''Tongemisch''' bezeichnet die [[Physik|physikalische]] [[Akustik]] gemäß [[DIN-Norm|DIN]] 1320 einen komplexen [[Schall]], der sich aus Tönen bliebiger Frequenz zusammensetzt. Mit ''Ton'' sind dabei die akustischen Repräsentationen reiner Sinusschwingungen, sogenannte [[Sinuston|Sinustöne]] gemeint.<ref name="Michael_Dickreiter" /> Daher ist ein Tongemisch eine [[Periode (Physik)|periodische]] [[Schwingung]] und unterscheidet sich darin vom [[Rauschen (Physik)|Rauschen]]<ref name="Rauschen" /> oder [[Geräusch]]<ref name="stochastisch"/>. Stehen die Teiltöne in einem [[Harmonische|harmonischen]] Verhältnis zueinander, spricht man von einem (einfachen oder harmonischen) ''[[Klang]]''.<ref name="Michael_Dickreiter" />


Das reine Tongemisch, verstanden als theoretisch-physikalisches Konzept, dient als Beschreibungskategorie für die [[Analyse]] von [[Schallereignis]]sen. So lässt sich in der [[Musikalische Akustik|musikalischen Akustik]] beispielsweise sagen, dass dreidimensional schwingende [[Idiophon|Körper]] wie [[Klang (Glocke)|Glocke]]n, [[Plattenglocken|Platten]] und [[Stabspiel|Stäbe]] eher ''Tongemische'' abstrahlen, während bei schwingenden [[Saite]]n und [[Pfeife (Tonerzeuger)|Pfeifen]] eher ''Klänge'' entstehen.<ref>{{Literatur| Autor=Ulrich Michels| Titel=dtv-Atlas zur Musik. Tafeln und Texte| Band=Band 1| Verlag=dtv/Bärenreiter| Auflage=15| Jahr=1994| Ort=München|Seiten=17}}</ref>
Das reine Tongemisch, verstanden als theoretisch-physikalisches Konzept, dient als Beschreibungskategorie für die [[Analyse]] von [[Schallereignis]]sen. So lässt sich in der [[Musikalische Akustik|musikalischen Akustik]] beispielsweise sagen, dass dreidimensional schwingende [[Idiophon|Körper]] wie [[Klang (Glocke)|Glocke]]n, [[Plattenglocken|Platten]] und [[Stabspiel|Stäbe]] eher''Tongemische''abstrahlen, während bei schwingenden [[Saite]]n und [[Pfeife (Tonerzeuger)|Pfeifen]] eher ''Klänge'' entstehen.<ref name="Ulrich_Michels" />


In der [[Elektronische Musik|elektronischen Musik]] ist das Tongemisch als elektronisch [[Klangsynthese|synthetisiertes]] [[Audiosignal]] von Bedeutung. Durch technische Mittel ist es möglich, ''statische'' Tongemische herzustellen, die nicht an einen natürlichen Zeitverlauf gebunden sind – was bei klassischen natürlichen [[Musikinstrument]]en nicht vorkommt. Gleichzeitig lassen sich die Signale technisch mit einer [[ADSR|künstlichen Hüllkurve]] versehen, um z.&nbsp;B. den Zeitverlauf natürlicher Instrumente zu imitieren oder bewusst ungewöhnliche Zeitverläufe herzustellen. Außerdem können auch andere Parameter des Tongemischs kontinuierlich geändert werden, z.&nbsp;B. das Lautstärkeverhältnis der Teiltöne zueinander oder deren Frequenzen.
In der [[Elektronische Musik|elektronischen Musik]] ist das Tongemisch als elektronisch [[Klangsynthese|synthetisiertes]] [[Audiosignal]] von Bedeutung. Durch technische Mittel ist es möglich, ''statische'' Tongemische herzustellen, die nicht an einen natürlichen Zeitverlauf gebunden sind – was bei klassischen natürlichen [[Musikinstrument]]en nicht vorkommt. Gleichzeitig lassen sich die Signale technisch mit einer [[ADSR|künstlichen Hüllkurve]] versehen, um z.&nbsp;B. den Zeitverlauf natürlicher Instrumente zu imitieren oder bewusst ungewöhnliche Zeitverläufe herzustellen. Außerdem können auch andere Parameter des Tongemischs kontinuierlich geändert werden, z.&nbsp;B. das Lautstärkeverhältnis der Teiltöne zueinander oder deren Frequenzen.


Der Komponist [[Herbert Eimert]], der sich in den 1950er Jahren im [[Studio für elektronische Musik (Köln)|Kölner Studio für elektronische Musik]] intensiv mit den Möglichkeiten auseinandersetzte, wie sich [[Klangfarbe]]n „komponieren“ ließen, beschrieb Tongemische als {{"|Text=eine völlig neue Dimension des Kompositorischen. In ihm scheinen sich übrigens die vielen und nie bewältigten Widersprüche der sogenannten Atonalität endlich zu lösen.| Autor=Herbert Eimert| Quelle=Einführung in die Elektronische Musik<ref>Herbert Eimert: ''Einführung in die elektronische Musik.'' Doppel-LP, Wergo 1963</ref>}} Die [[Komposition (Musik)|Kompositionspraxis]] grenzt daher Tongemische in erster Linie von [[Akkord]]en ab. Verglichen mit Akkorden hätten Tongemische einen höheren ''Verschmelzungsgrad,''<ref>Herbert Eimert: ''Einführung in die elektronische Musik.'' Doppel-LP, Wergo 1963</ref> würden also nicht als [[Ton (Musik)|Einzeltöne]], sondern als einheitlicher Klang, als „globales Phänomen“ wahrgenommen.<ref>[http://kilianschwoon.de/de/werke_details.php?id=9 Kilian Schwoon über seine Komposition ''Broken Consort'']</ref>
Der Komponist [[Herbert Eimert]], der sich in den 1950er Jahren im [[Studio für elektronische Musik (Köln)|Kölner Studio für elektronische Musik]] intensiv mit den Möglichkeiten auseinandersetzte, wie sich [[Klangfarbe]]n „komponieren“ ließen, beschrieb Tongemische als {{"|Text=eine völlig neue Dimension des Kompositorischen. In ihm scheinen sich übrigens die vielen und nie bewältigten Widersprüche der sogenannten Atonalität endlich zu lösen.| Autor=Herbert Eimert| Quelle=Einführung in die Elektronische Musik<ref name="Herbert Eimert" />}} Die [[Komposition (Musik)|Kompositionspraxis]] grenzt daher Tongemische in erster Linie von [[Akkord]]en ab. Verglichen mit Akkorden hätten Tongemische einen höheren''Verschmelzungsgrad,''<ref name="Herbert_Eimert" /> würden also nicht als [[Ton (Musik)|Einzeltöne]], sondern als einheitlicher Klang, als „globales Phänomen“ wahrgenommen.<ref>[http://kilianschwoon.de/de/werke_details.php?id=9 Kilian Schwoon über seine Komposition ''Broken Consort'']</ref>

Zwischen Klängen und Akkorden auf der einen Seite (also Schallereignissen, die auf harmonischen Frequenzverhältnissen beruhen) und den unharmonischen Tongemischen andererseits besteht ein fließender Übergang. Je nach dem, wie stark die Teiltöne eines Tongemisches von dessen idealen harmonischen Frequenzwerten abweichen, spricht man von „angenähert harmonischen“ oder „geringharmonischen“ Schallsignalen.<ref name="Terhardt" /> Herbert Eimert sah gerade in diesem Spannungsfeld kompositorisches Potential.<ref name="Eimert" /> Mit solchen Tongemischen arbeitet z.&nbsp;B. auch der Komponist [[Karl Heinz Stockhausen]] in seiner [[Studie II (Stockhausen)|Studie II]]. Stockhausen war Eimerts Nachfolger als künstlerischer Leiter des Kölner Studios für elektronische Musik.

In anderen Kontexten (z.&nbsp;B. in der [[Medizin]]) wird der Begriff ''Tongemisch'' auch in einem allgemeineren Sinne für komplexe Schallereignisse verwendet. (Vergleiche z.&nbsp;B. <ref name="MedizinA"/> <ref name="MedizinB"/>)


Zwischen Klängen und Akkorden auf der einen Seite (also Schallereignissen, die auf harmonischen Frequenzverhältnissen beruhen) und den unharmonischen Tongemischen andererseits besteht ein fließender Übergang. Je nach dem, wie stark die Teiltöne eines Tongemisches von dessen idealen harmonischen Frequenzwerten abweichen, spricht man von „angenähert harmonischen“ oder „geringharmonischen“ Schallsignalen.<ref>{{Literatur| Titel=Akustische Kommunikation: Grundlagen mit Hörbeispielen| Autor=Ernst Terhardt| Jahr=1998| ISBN=3540634088| Online=[http://books.google.at/books?id=UI2INugaKwIC&lpg=PA219&dq=inharmonizit%C3%A4t&pg=PA217#v=onepage&q=inharmonizit%C3%A4t&f=false Online]| Seiten=217}}</ref> Herbert Eimert sah gerade in diesem Spannungsfeld kompositorisches Potential.<ref>{{"|Text=Besonders interessant sind Tongemische, deren unharmonische Teiltöne in der Nähe von Harmonischen eines Klangs liegen.| Autor=Herbert Eimert| Quelle=''Einführung in die elektronische Musik.'' Doppel-LP, Wergo 1963}}</ref> Mit solchen Tongemischen arbeitet z.&nbsp;B. auch der Komponist [[Karl Heinz Stockhausen]] in seiner [[Studie II (Stockhausen)|Studie II]]. Stockhausen war Eimerts Nachfolger als künstlerischer Leiter des Kölner Studios für elektronische Musik.


In anderen Kontexten (z.&nbsp;B. in der [[Medizin]]) wird der Begriff ''Tongemisch'' auch in einem allgemeineren Sinne für komplexe Schallereignisse verwendet.<ref>Vgl. z.&nbsp;B. [http://books.google.at/books?id=gvnvzly1mTMC&lpg=PA254&dq=tongemisch&hl=de&pg=PA254#v=onepage&q=tongemisch&f=false] oder [http://books.google.at/books?id=IubOhL-H9-IC&lpg=PA48&dq=tongemisch&hl=de&pg=PA48#v=onepage&q=tongemisch&f=false].</ref>


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references>

<ref name="Michael_Dickreiter">{{Literatur | Autor=Michael Dickreiter, Volker Dittel, Wolfgang Hoeg, Martin Wöhr | Titel=''Handbuch der Tonstudiotechnik'' | Jahr=2008 | ISBN=3598441355 | Online={{Google Buch | BuchID=srApJp3nP4wC | Seite=43 | Linktext=Online}}}}</ref>

<ref name="Rauschen" > ''Rauschen ist [gemäß DIN 1320] ein Schallsignal statistischer Natur, bei dem nur ein kontinuierliches Frequenzspektrum angegebn werden kann, [...]''; {{Literatur | Autor=Michael Dickreiter, Volker Dittel, Wolfgang Hoeg, Martin Wöhr |Titel=''Handbuch der Tonstudiotechnik'' | Jahr=2008 | ISBN=3598441355 | Online={{Google Buch | BuchID=srApJp3nP4wC | Seite=43 |Linktext=Online}}}}</ref>

<ref name="stochastisch" >''Technische Akustik und Lärmschutz''; {{Literatur | Autor=Dieter Maute| Verlag= Hanser Verlag |Jahr=2006 |ISBN=3446402225| Seite=24 | Online={{Google Buch | BuchID=KplsQVHrWdYC&dq=Geräusch | Seite=24 | Linktext=Online}}}}</ref>

<ref name="Ulrich_Michels" >{{Literatur|Autor=Ulrich Michels| Titel=dtv-Atlas zur Musik. Tafeln und Texte| Band=Band 1|Verlag=dtv/Bärenreiter| Auflage=15| Jahr=1994|Ort=München|Seiten=17}}</ref>
<ref name="Herbert_Eimert" >Herbert Eimert:''Einführung in die elektronische Musik.'' Doppel-LP, Wergo 1963</ref>

<ref name="Terhardt" >{{Literatur| Titel=Akustische Kommunikation: Grundlagen mit Hörbeispielen| Autor=Ernst Terhardt|Jahr=1998|ISBN=3540634088| Online=[http://books.google.at/books?id=UI2INugaKwIC&lpg=PA219&dq=inharmonizit%C3%A4t&pg=PA217#v=onepage&q=inharmonizit%C3%A4t&f=false Online]| Seiten=217}}</ref>

<ref name="Eimert" >{{"|Text=Besonders interessant sind Tongemische, deren unharmonische Teiltöne in der Nähe von Harmonischen eines Klangs liegen.| Autor=Herbert Eimert| Quelle=''Einführung in die elektronische Musik.'' Doppel-LP, Wergo 1963}}</ref>

<ref name="MedizinA" >{{Literatur | Autor=A. Lange | Titel=Anamnese und Klinische Untersuchung | Jahr = 1998 | ISBN=3642588069 |Seite=254|Online=[http://books.google.at/books?id=gvnvzly1mTMC&lpg=PA254&dq=tongemisch&hl=de&pg=PA254#v=onepage&q=tongemisch&f=false Online]}}</ref>


<ref name="MedizinB" >{{Literatur | Autor=Thomas Köhler | Titel=Medizin für Psychologen und Psychotherapeuten: orientiert an der Approbationsordnung für Psychologische Psychotherapeuten ; mit 21 Tabellen | Verlag=Schattauer Verlag | Jahr=2003 | ISBN=3794522389 |Seite 48 | Online=[http://books.google.at/books?id=IubOhL-H9-IC&lpg=PA48&dq=tongemisch&hl=de&pg=PA48#v=onepage&q=tongemisch&f=false Online]}}</ref>
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== Weblinks ==
== Weblinks ==

Version vom 16. Mai 2013, 17:35 Uhr

Beispiel für ein Tongemisch aus den Frequenzen 400 Hz, 430 Hz, 470 Hz, 520 Hz und 580 Hz. Die Amplituden der einzelnen Teiltöne sind jeweils gleich.

Als Tongemisch bezeichnet die physikalische Akustik gemäß DIN 1320 einen komplexen Schall, der sich aus Tönen bliebiger Frequenz zusammensetzt. Mit Ton sind dabei die akustischen Repräsentationen reiner Sinusschwingungen, sogenannte Sinustöne gemeint.[1] Daher ist ein Tongemisch eine periodische Schwingung und unterscheidet sich darin vom Rauschen[2] oder Geräusch[3]. Stehen die Teiltöne in einem harmonischen Verhältnis zueinander, spricht man von einem (einfachen oder harmonischen) Klang.[1]

Das reine Tongemisch, verstanden als theoretisch-physikalisches Konzept, dient als Beschreibungskategorie für die Analyse von Schallereignissen. So lässt sich in der musikalischen Akustik beispielsweise sagen, dass dreidimensional schwingende Körper wie Glocken, Platten und Stäbe eherTongemischeabstrahlen, während bei schwingenden Saiten und Pfeifen eher Klänge entstehen.[4]

In der elektronischen Musik ist das Tongemisch als elektronisch synthetisiertes Audiosignal von Bedeutung. Durch technische Mittel ist es möglich, statische Tongemische herzustellen, die nicht an einen natürlichen Zeitverlauf gebunden sind – was bei klassischen natürlichen Musikinstrumenten nicht vorkommt. Gleichzeitig lassen sich die Signale technisch mit einer künstlichen Hüllkurve versehen, um z. B. den Zeitverlauf natürlicher Instrumente zu imitieren oder bewusst ungewöhnliche Zeitverläufe herzustellen. Außerdem können auch andere Parameter des Tongemischs kontinuierlich geändert werden, z. B. das Lautstärkeverhältnis der Teiltöne zueinander oder deren Frequenzen.

Der Komponist Herbert Eimert, der sich in den 1950er Jahren im Kölner Studio für elektronische Musik intensiv mit den Möglichkeiten auseinandersetzte, wie sich Klangfarben „komponieren“ ließen, beschrieb Tongemische als „eine völlig neue Dimension des Kompositorischen. In ihm scheinen sich übrigens die vielen und nie bewältigten Widersprüche der sogenannten Atonalität endlich zu lösen.“ (Herbert Eimert: Einführung in die Elektronische Musik[5]) Die Kompositionspraxis grenzt daher Tongemische in erster Linie von Akkorden ab. Verglichen mit Akkorden hätten Tongemische einen höherenVerschmelzungsgrad,[6] würden also nicht als Einzeltöne, sondern als einheitlicher Klang, als „globales Phänomen“ wahrgenommen.[7]

Zwischen Klängen und Akkorden auf der einen Seite (also Schallereignissen, die auf harmonischen Frequenzverhältnissen beruhen) und den unharmonischen Tongemischen andererseits besteht ein fließender Übergang. Je nach dem, wie stark die Teiltöne eines Tongemisches von dessen idealen harmonischen Frequenzwerten abweichen, spricht man von „angenähert harmonischen“ oder „geringharmonischen“ Schallsignalen.[8] Herbert Eimert sah gerade in diesem Spannungsfeld kompositorisches Potential.[9] Mit solchen Tongemischen arbeitet z. B. auch der Komponist Karl Heinz Stockhausen in seiner Studie II. Stockhausen war Eimerts Nachfolger als künstlerischer Leiter des Kölner Studios für elektronische Musik.

In anderen Kontexten (z. B. in der Medizin) wird der Begriff Tongemisch auch in einem allgemeineren Sinne für komplexe Schallereignisse verwendet. (Vergleiche z. B. [10] [11])


Einzelnachweise

  1. a b Michael Dickreiter, Volker Dittel, Wolfgang Hoeg, Martin Wöhr: Handbuch der Tonstudiotechnik. 2008, ISBN 3-598-44135-5 (Online in der Google-Buchsuche).
  2. Rauschen ist [gemäß DIN 1320] ein Schallsignal statistischer Natur, bei dem nur ein kontinuierliches Frequenzspektrum angegebn werden kann, [...]; Michael Dickreiter, Volker Dittel, Wolfgang Hoeg, Martin Wöhr: Handbuch der Tonstudiotechnik. 2008, ISBN 3-598-44135-5 (Online in der Google-Buchsuche).
  3. Technische Akustik und Lärmschutz; Dieter Maute: Hanser Verlag, 2006, ISBN 3-446-40222-5 (Online in der Google-Buchsuche).
  4. Ulrich Michels: dtv-Atlas zur Musik. Tafeln und Texte. 15. Auflage. Band 1. dtv/Bärenreiter, München 1994, S. 17.
  5. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Herbert Eimert.
  6. Herbert Eimert:Einführung in die elektronische Musik. Doppel-LP, Wergo 1963
  7. Kilian Schwoon über seine Komposition Broken Consort
  8. Ernst Terhardt: Akustische Kommunikation: Grundlagen mit Hörbeispielen. 1998, ISBN 3-540-63408-8, S. 217 (Online).
  9. „Besonders interessant sind Tongemische, deren unharmonische Teiltöne in der Nähe von Harmonischen eines Klangs liegen.“ (Herbert Eimert: Einführung in die elektronische Musik. Doppel-LP, Wergo 1963)
  10. A. Lange: Anamnese und Klinische Untersuchung. 1998, ISBN 3-642-58806-9 (Online).
  11. Thomas Köhler: Medizin für Psychologen und Psychotherapeuten: orientiert an der Approbationsordnung für Psychologische Psychotherapeuten ; mit 21 Tabellen. Schattauer Verlag, 2003, ISBN 3-7945-2238-9 (Online).