„Artikel 6 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland“ – Versionsunterschied

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Das Elternrecht steht den leiblichen Eltern und den Adoptiveltern zu. [[Pflegeeltern]] steht das Grundrecht hingegen nicht zur Verfügung.<ref>{{BVerfGE|79|51|60}}: Sorgerechtsprozeß.</ref> Auch Kinder können sich nicht auf Art. 6 Absatz 2 GG berufen. Ihnen steht jedoch in Verbindung mit der Garantie der allgemeinen Handlungsfreiheit ein Anrecht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung zu.<ref>{{BVerfGE|133|59}}: Sukzessivadoption.</ref>
Das Elternrecht steht den leiblichen Eltern und den Adoptiveltern zu. [[Pflegeeltern]] steht das Grundrecht hingegen nicht zur Verfügung.<ref>{{BVerfGE|79|51|60}}: Sorgerechtsprozeß.</ref> Auch Kinder können sich nicht auf Art. 6 Absatz 2 GG berufen. Ihnen steht jedoch in Verbindung mit der Garantie der allgemeinen Handlungsfreiheit ein Anrecht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung zu.<ref>{{BVerfGE|133|59}}: Sukzessivadoption.</ref>

== Eingriff ==
Ein Eingriff liegt vor, wenn der Gewährleistungsinhalt eines Grundrechts durch hoheitliches Handeln verkürzt wird.<ref>{{BibISBN|3662503638|Kapitel=Kapitel 8, Rn. 1}}</ref>

Regelt der Gesetzgeber durch den Erlass von Normen den rechtlichen Rahmen der Ehe, stellt dies grundsätzlich keinen Eingriff, sondern lediglich eine Ausgestaltung des Grundrechts dar. Berührt er allerdings Kernelemente der Ehe, kann hierin allerdings ein Grundrechtseingriff bestehen.

== Rechtfertigung ==
Das natürliche Recht der Eltern auf Erziehung ist nur insoweit eingeschränkt, als es staatlich vorgegebenen Normen und Verpflichtungen nicht widersprechen darf, etwa dem den Schulen übertragenen Erziehungs- und Bildungsauftrag (vgl. {{Art.|7|gg|juris}} GG). Die sogenannte [[Schulpflicht (Deutschland)|Schulpflicht]] ist in den Länderverfassungen geregelt. Beispielsweise wird das natürliche Recht der Eltern auf Sexualerziehung/-aufklärung (insbesondere seit einem Verfassungsgerichtsurteil 1993 zu Schwangerschaftsabbruch und Zusatzkommentar zu schulischer Sexualaufklärung)<ref>BverfG, Urteil vom 28. Mai 1993, Az. 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/90, 2 BvF 5/92, {{BVerfGE|88|203}} zu § 218 [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|StGB]] a.F. (Schwangerschaftsabbruch)</ref><ref>Uwe Sielert: [https://forum.sexualaufklaerung.de/index.php?docid=1457 ''Sexualaufklärung in Deutschland'']</ref> durch {{§|1|beratungsg|juris}} [[Schwangerschaftskonfliktgesetz]] relativiert,<ref>Vgl. Annette Müller: ''Die sexuelle Sozialisation in der weiblichen Adoleszenz.'' München 2006, S. 290.</ref> da [[Sexualpädagogik|sexualpädagogische]] Verantwortung innerhalb {{§|1|beratungsg|juris}} SchKG vorrangig der [[Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung]] (BZgA) übertragen wird.


== Rechtliche Gleichstellungen ==
== Rechtliche Gleichstellungen ==
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Am 30. Juni 2017 beschloss der Bundestag, gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe zu ermöglichen.<ref>[http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ehe-fuer-alle-das-aendert-sich-fuer-homosexuelle-paare-1.3567752 ''Ehe für alle - Das ändert sich für homosexuelle Paare''] auf sueddeutsche.de</ref> Die Umsetzung dieses Gesetzes wird im Herbst 2017 erwartet.
Am 30. Juni 2017 beschloss der Bundestag, gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe zu ermöglichen.<ref>[http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ehe-fuer-alle-das-aendert-sich-fuer-homosexuelle-paare-1.3567752 ''Ehe für alle - Das ändert sich für homosexuelle Paare''] auf sueddeutsche.de</ref> Die Umsetzung dieses Gesetzes wird im Herbst 2017 erwartet.

== Rechte auf Erziehung ==
Das natürliche Recht der Eltern auf Erziehung ist nur insoweit eingeschränkt, als es staatlich vorgegebenen Normen und Verpflichtungen nicht widersprechen darf, etwa dem den Schulen übertragenen Erziehungs- und Bildungsauftrag (vgl. {{Art.|7|gg|juris}} GG). Die sogenannte [[Schulpflicht (Deutschland)|Schulpflicht]] ist in den Länderverfassungen geregelt. Beispielsweise wird das natürliche Recht der Eltern auf Sexualerziehung/-aufklärung (insbesondere seit einem Verfassungsgerichtsurteil 1993 zu Schwangerschaftsabbruch und Zusatzkommentar zu schulischer Sexualaufklärung)<ref>BverfG, Urteil vom 28. Mai 1993, Az. 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/90, 2 BvF 5/92, {{BVerfGE|88|203}} zu § 218 [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|StGB]] a.F. (Schwangerschaftsabbruch)</ref><ref>Uwe Sielert: [https://forum.sexualaufklaerung.de/index.php?docid=1457 ''Sexualaufklärung in Deutschland'']</ref> durch {{§|1|beratungsg|juris}} [[Schwangerschaftskonfliktgesetz]] relativiert,<ref>Vgl. Annette Müller: ''Die sexuelle Sozialisation in der weiblichen Adoleszenz.'' München 2006, S. 290.</ref> da [[Sexualpädagogik|sexualpädagogische]] Verantwortung innerhalb {{§|1|beratungsg|juris}} SchKG vorrangig der [[Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung]] (BZgA) übertragen wird.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==

Version vom 16. April 2018, 21:31 Uhr

Der Artikel 6 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) gehört zum ersten Abschnitt (Grundrechte) und regelt den Schutz von Ehe und Familie.

Normierung

Artikel 6 des Grundgesetzes – eine Arbeit von Dani Karavan an den Glasscheiben zur Spreeseite beim Jakob-Kaiser-Haus des Bundestages in Berlin

Art. 6 GG lautet seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 24. Mai 1949 wie folgt:[1]

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Art. 6 beinhaltet unterschiedliche Gewährleistungen, die einen thematischen Bezug zu Ehe und Familie aufweisen. Teilweise begründet die Norm Schutzpflichten, teilweise subjektive Abwehrrechte gegenüber hoheitlichen Eingriffen.[2]

Entstehungsgeschichte

Der Schutz von Familie und Ehe wurde in der deutschen Verfassungsgeschichte erstmals in der Weimarer Reichsverfassung von 1919 durch Art. 119-122 gewährleistet. Hiernach standen beide Güter unter dem besonderem Schutz der Verfassung.[3]

Während der Entstehung des Grundgesetzes plante der Konvent von Herrenchiemsee zunächst, Ehe und Familie in der Verfassung nicht zu erwähnen. Als zu gering wurden die Aussichten auf tragfähige Kompromisse erachtet, da die beteiligten politischen Parteien äußerst unterschiedliche Standpunkte vertraten. Unter Einfluss der Kirchen und auf Bestreben der CDU entschied sich der Parlamentarische Rat allerdings dennoch dazu, Ehe und Familie durch die Verfassung unter Schutz zu stellen.[4]

Schutzbereich

Art. 6 GG schützt unterschiedliche ehe- und familienbezogene Rechte. Hierzu gewährleistet er eine Freiheitssphäre, in die Hoheitsträger nur unter bestimmten Voraussetzungen eingreifen dürfen. Diese Sphäre wird als Schutzbereich bezeichnet. Sofern ein Hoheitsträger in diesen eingreift und dies verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist, verletzt er hierdurch die Versammlungsfreiheit.[5][6]

Die Rechtswissenschaft unterscheidet zwischen dem persönlichen und dem sachlichen Schutzbereich. Der persönliche Schutzbereich bestimmt, wer durch das Grundrecht geschützt wird. Der sachliche Schutzbereich bestimmt, welche Freiheiten durch das Grundrecht geschützt werden.[7][8]

Schutz von Ehe und Familie

Gemäß Art. 6 Absatz 1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Hierbei handelt es um eine Institutsgarantie, die den Staat verpflichtet, die Ehe als Rechtsinstitut zu schaffen und zu erhalten.[9] Bei einer Ehe handelt es sich um eine Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau zur Begründung einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft. Verbindungen gleichgeschlechtlicher Partner stellen damit keine Ehe im Sinne des Grundgesetzes dar.[10] Allerdings darf der Gesetzgeber nach vorherrschender Auffassung für andere Verbindungen Rechtsrahmen vorsehen, die der Ehe im verfassungsrechtlichen Sinn ähneln. Art. 6 Absatz 1 GG begründet somit kein Abstandsgebot.[11]

Elternrechte und -Pflichten

Gemäß Art. 6 Absatz 2 GG sind Eltern berechtigt und verpflichtet, für ihre Kinder zu sorgen. Der Umfang der elterlichen Pflege richtet sich nach dem Alter und dem Bedarf des Kindes. Mit Eintritt der Volljährigkeit des Kindes erlischt das Elternrecht.[12]

Das Elternrecht steht den leiblichen Eltern und den Adoptiveltern zu. Pflegeeltern steht das Grundrecht hingegen nicht zur Verfügung.[13] Auch Kinder können sich nicht auf Art. 6 Absatz 2 GG berufen. Ihnen steht jedoch in Verbindung mit der Garantie der allgemeinen Handlungsfreiheit ein Anrecht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung zu.[14]

Eingriff

Ein Eingriff liegt vor, wenn der Gewährleistungsinhalt eines Grundrechts durch hoheitliches Handeln verkürzt wird.[15]

Regelt der Gesetzgeber durch den Erlass von Normen den rechtlichen Rahmen der Ehe, stellt dies grundsätzlich keinen Eingriff, sondern lediglich eine Ausgestaltung des Grundrechts dar. Berührt er allerdings Kernelemente der Ehe, kann hierin allerdings ein Grundrechtseingriff bestehen.

Rechtfertigung

Das natürliche Recht der Eltern auf Erziehung ist nur insoweit eingeschränkt, als es staatlich vorgegebenen Normen und Verpflichtungen nicht widersprechen darf, etwa dem den Schulen übertragenen Erziehungs- und Bildungsauftrag (vgl. Art. 7 GG). Die sogenannte Schulpflicht ist in den Länderverfassungen geregelt. Beispielsweise wird das natürliche Recht der Eltern auf Sexualerziehung/-aufklärung (insbesondere seit einem Verfassungsgerichtsurteil 1993 zu Schwangerschaftsabbruch und Zusatzkommentar zu schulischer Sexualaufklärung)[16][17] durch § 1 Schwangerschaftskonfliktgesetz relativiert,[18] da sexualpädagogische Verantwortung innerhalb § 1 SchKG vorrangig der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) übertragen wird.

Rechtliche Gleichstellungen

Seit 1. August 2001 besteht in Deutschland die Möglichkeit der Eintragung von Lebenspartnern (Lebenspartnerschaftsgesetz). Eingetragene Lebenspartner, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und von ihrem (biologischen) Geschlecht, sind Ehepartnern (die Partnerschaft damit der „klassischen“ Ehe) heute annähernd gleichgestellt. Werden von Lebenspartnern Kinder adoptiert, gelten diese als (deren) rechtliche Eltern. „Leben eingetragene Lebenspartner mit dem leiblichen oder angenommenen Kind eines Lebenspartners in sozial-familiärer Gemeinschaft, bilden sie mit diesem eine [...] geschützte Familie im Sinne des Grundgesetzes.“[19] Uneheliche Kinder sind ehelichen Kindern gleichgestellt.[20]

„Trotzdem sind [derzeit] gleichgeschlechtliche Paare in einer Reihe von Rechtsbereichen noch immer gegenüber Ehepaaren benachteiligt“, weshalb die Grünen seit 2014 Gesetzesentwürfe, die jegliche (rechtliche) Diskriminierung aufheben sollen, einreichten.[21]

Am 30. Juni 2017 beschloss der Bundestag, gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe zu ermöglichen.[22] Die Umsetzung dieses Gesetzes wird im Herbst 2017 erwartet.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Markus Kotzur: Art. 6, Rn. 6. In: Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3452282651 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  2. Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3406689796 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  3. Markus Kotzur: Art. 6, Rn. 4. In: Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3452282651 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  4. Markus Kotzur: Art. 6, Rn. 5. In: Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3452282651 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  5. Hans Jarass: Vorb. vor Art. 1, Rn. 19-23. In: Hans Jarass, Bodo Pieroth: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar. 13. Auflage. C. H. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-66119-8.
  6. Friedhelm Hufen: Staatsrecht II: Grundrechte. 5. Auflage. C. H. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-69024-2, § 6, Rn. 2.
  7. Hans Jarass: Vorb. vor Art. 1, Rn. 19-23. In: Hans Jarass, Bodo Pieroth: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar. 13. Auflage. C. H. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-66119-8.
  8. Friedhelm Hufen: Staatsrecht II: Grundrechte. 5. Auflage. C. H. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-69024-2, § 6, Rn. 2.
  9. Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3406689796 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  10. BVerfGE 105, 313 (345): Lebenspartnerschaftsgesetz.
  11. BVerfGE 105, 313 (348): Lebenspartnerschaftsgesetz.
  12. BVerfGE 59, 360 (382): Schülerberater.
  13. BVerfGE 79, 51 (60): Sorgerechtsprozeß.
  14. BVerfGE 133, 59: Sukzessivadoption.
  15. Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3662503638 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
  16. BverfG, Urteil vom 28. Mai 1993, Az. 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/90, 2 BvF 5/92, BVerfGE 88, 203 zu § 218 StGB a.F. (Schwangerschaftsabbruch)
  17. Uwe Sielert: Sexualaufklärung in Deutschland
  18. Vgl. Annette Müller: Die sexuelle Sozialisation in der weiblichen Adoleszenz. München 2006, S. 290.
  19. BVerfG, Urteil vom 19. Februar 2013, Az. 1 BvL 1/11, Volltext.
  20. Staatsrecht for you: Artikel 6
  21. Bundestag: Drucksache 18/4862 (PDF, 305 KB) vom 8. Mai 2015; Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Ulle Schauws, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungswidrigen Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften gegenüber Ehen“, S. 2.
  22. Ehe für alle - Das ändert sich für homosexuelle Paare auf sueddeutsche.de