„Solastalgie“ – Versionsunterschied

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'''Solastalgie''' ist ein [[Neologismus]], der eine Form des physischen oder existentiellen Stresses beschreibt, welcher durch Umweltveränderungen (vor allem Umweltzerstörung) hervorgerufen wird. Solastalgie kann sich z.&nbsp;B. global auf das Artensterben, den Klimawandel oder lokal auf begrenzte Ereignisse wie z.&nbsp;B. Vulkanausbrüche, Dürren oder destruktive Bergbaumethoden beziehen.<ref>{{Cite journal|last=Warsini|first=Sri|last2=Mills|first2=Jane|last3=Usher|first3=Kim|date=February 2014|title=Solastalgia: Living With the Environmental Damage Caused By Natural Disasters|url=https://www.cambridge.org/core/journals/prehospital-and-disaster-medicine/article/solastalgia-living-with-the-environmental-damage-caused-by-natural-disasters/B98BD4C3979DA614E9D9611A37A140C6|journal=Prehospital and Disaster Medicine|language=en|volume=29|issue=1|pages=87–90|doi=10.1017/S1049023X13009266|issn=1049-023X}}</ref>
'''Solastalgie''' ist ein [[Neologismus]], der eine Form des physischen oder existentiellen [[Stress]]es beschreibt, welcher durch Umweltveränderungen (vor allem [[Umweltzerstörung]]) hervorgerufen wird. Solastalgie kann sich z.&nbsp;B. global auf das [[Artensterben]], den [[Klimawandel]] oder lokal auf begrenzte Ereignisse wie z.&nbsp;B. [[Vulkanausbruch|Vulkanausbrüche]], [[Dürre]]n oder destruktive [[Bergbau]]methoden beziehen.<ref>{{Cite journal|last=Warsini|first=Sri|last2=Mills|first2=Jane|last3=Usher|first3=Kim|date=February 2014|title=Solastalgia: Living With the Environmental Damage Caused By Natural Disasters|url=https://www.cambridge.org/core/journals/prehospital-and-disaster-medicine/article/solastalgia-living-with-the-environmental-damage-caused-by-natural-disasters/B98BD4C3979DA614E9D9611A37A140C6|journal=Prehospital and Disaster Medicine|language=en|volume=29|issue=1|pages=87–90|doi=10.1017/S1049023X13009266|issn=1049-023X}}</ref>


Geprägt wurde der Begriff 2003 durch den Philosophen [[Glenn Albrecht]]<ref>Glenn Albrecht 2005. Solastalgia: a new concept in human health and identity. PAN (Philosophy, Activism, Nature) 2005; 3: 41–55</ref> als Neukombination aus dem lateinischen Begriff [[wikt:sōlācium]] (Trost) und der griechischen Wurzel [[wikt:algia]] (Schmerz).<ref>Glenn Albrecht 2012. The age of solastalgia. http://theconversation.com/the-age-of-solastalgia-8337</ref> Anders als das [[Heimweh]], bezieht sich Solastalgie auf die psychische Not, die durch Umweltzerstörung hervorgerufen wird.<ref name="AuPrsych2007">Glenn Albrecht, Gina-Maree Sartore, Linda Connor, Nick Higginbotham, Sonia Freeman, Brian Kelly 2007. Solastalgia: The distress caused by environmental change. Australasian Psychiatry 15: S95-S98 https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/10398560701701288</ref> 2015 hat das Medizinische Fachzeitschrift [[The Lancet]] Solastalgie als einen konzeptionellen Beitrag zur Erfassung der Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit und Wohlbefinden aufgenommen.<ref>{{Cite journal|date=2015-11-07|title=Health and climate change: policy responses to protect public health|url=https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0140673615608546|journal=The Lancet|language=en|volume=386|issue=10006|pages=1861–1914|doi=10.1016/S0140-6736(15)60854-6|issn=0140-6736}}</ref>.
<!-- ==Weblinks== -->


==Solastalgie in unterschiedlichen Kontexten==

Solastalgie, wie auch andere [[Angststörung]]en, existiert in verschiedenen gesellschaftsspezifischen und kontextabhängigen Ausprägungen.<ref>{{Cite web|url=https://www.psychologytoday.com/blog/hide-and-seek/201206/the-culture-mental-illness|title=The Culture of Mental Illness|website=Psychology Today|language=en|access-date=2018-02-27}}</ref>

Beispielsweise beschreibt Albrecht Solastalgie im Kontext der Dürre-Erfahrungen im ländlichen [[New South Wales]] (NSW) und im Kontext der Auswirkungen eines großflächigen, offenen Tagebaus im Upper [[Hunter Valley]] in NSW.<ref name="AuPrsych2007" /> In beiden Fällen waren die Menschen einer Umweltveränderung ausgesetzt, die für sie mit negativen Erfahrungen, dem Gefühl der [[Machtlosigkeit]] gegenüber den sich entfaltenden Umweltveränderungen, einhergehen. Der Verlust der Sicherheit für eine Gemeinschaft in einer bisher vorhersagbaren Umwelt ist ein häufig genannter Aspekt von Gruppen, die sich zu Solastalgie äußern.<ref>{{Cite journal| last=Warsini| first=Sri| last2=Mills| first2=Jane| last3=Usher| first3=Kim| date=February 2014| title=Solastalgia: Living With the Environmental Damage Caused By Natural Disasters|url=https://www.cambridge.org/core/journals/prehospital-and-disaster-medicine/article/solastalgia-living-with-the-environmental-damage-caused-by-natural-disasters/B98BD4C3979DA614E9D9611A37A140C6|journal=Prehospital and Disaster Medicine|language=en|volume=29|issue=1|pages=87–90|doi=10.1017/S1049023X13009266|issn=1049-023X}}</ref>

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==Weblinks==

* Susanne Götze 8.3.2018. Tote Korallenriffe, verbrannte Wälder: der Klimawandel erfordert Trauerarbeit. Doch lässt sich Apathie vermeiden? https://www.klimafakten.de/meldung/tote-korallenriffe-verbrannte-waelder-der-klimawandel-erfordert-trauerarbeit-doch-laesst
* Christopher Schrader 23.04.2018. Klimawandel essen Seele auf - Die globale Erwärmung greift die geistige Gesundheit an. https://www.riffreporter.de/Schrader-seelische-gesundheit/

== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />

Version vom 9. Juni 2018, 02:09 Uhr

Solastalgie ist ein Neologismus, der eine Form des physischen oder existentiellen Stresses beschreibt, welcher durch Umweltveränderungen (vor allem Umweltzerstörung) hervorgerufen wird. Solastalgie kann sich z. B. global auf das Artensterben, den Klimawandel oder lokal auf begrenzte Ereignisse wie z. B. Vulkanausbrüche, Dürren oder destruktive Bergbaumethoden beziehen.[1]

Geprägt wurde der Begriff 2003 durch den Philosophen Glenn Albrecht[2] als Neukombination aus dem lateinischen Begriff wikt:sōlācium (Trost) und der griechischen Wurzel wikt:algia (Schmerz).[3] Anders als das Heimweh, bezieht sich Solastalgie auf die psychische Not, die durch Umweltzerstörung hervorgerufen wird.[4] 2015 hat das Medizinische Fachzeitschrift The Lancet Solastalgie als einen konzeptionellen Beitrag zur Erfassung der Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit und Wohlbefinden aufgenommen.[5].

Solastalgie in unterschiedlichen Kontexten

Solastalgie, wie auch andere Angststörungen, existiert in verschiedenen gesellschaftsspezifischen und kontextabhängigen Ausprägungen.[6]

Beispielsweise beschreibt Albrecht Solastalgie im Kontext der Dürre-Erfahrungen im ländlichen New South Wales (NSW) und im Kontext der Auswirkungen eines großflächigen, offenen Tagebaus im Upper Hunter Valley in NSW.[4] In beiden Fällen waren die Menschen einer Umweltveränderung ausgesetzt, die für sie mit negativen Erfahrungen, dem Gefühl der Machtlosigkeit gegenüber den sich entfaltenden Umweltveränderungen, einhergehen. Der Verlust der Sicherheit für eine Gemeinschaft in einer bisher vorhersagbaren Umwelt ist ein häufig genannter Aspekt von Gruppen, die sich zu Solastalgie äußern.[7]

Gesellschaften, deren Lebensgrundlage nicht eng mit der Umwelt verbunden ist, sind weniger anfällig für Solastalgie als Gesellschaften, die eng mit der Umwelt verbunden sind.[8] Gemeinschaften, die stark von Agrarökosystemen abhängen, sind besonders anfällig.[8] Es gibt zahlreiche Beispiele aus Afrika, in denen landwirtschaftlich geprägte Gemeinschaften lebensnotwendige Ressourcen durch Umweltveränderungen verloren haben.[8]

Solastalgie betrifft reiche Bevölkerungsgruppen weniger als arme.[9] Eine, im Westen der USA durchgeführte Studie zeigte, dass von einem Waldbrand betroffen Familien, die über ein höheres Einkommen verfügen, signifikant weniger von Effekten der Solastalgie berichteten, als ihre Nachbarn, die über ein geringeres Einkommen verfügen.[9] Der Reichtum führt hier zu Unabhängigkeit von den natürlichen Lebensgrundlagen und reiche Familien konnten entweder wegzuziehen oder ihr Haus neu aufbauen.[9]

Weitere Studien von Gemeinden in den Appalachen, die vom Kohleabbau per Mountaintop Removal betroffen sind, stützen die Theorie der Solstalgie.[10] Gemeinden, die sehr nah am Abbaugebiet liegen haben eine signifikant höhere Depressionsrate, als weiter entfernt gelegene.[10]


Einzelnachweise

  1. Sri Warsini, Jane Mills, Kim Usher: Solastalgia: Living With the Environmental Damage Caused By Natural Disasters. In: Prehospital and Disaster Medicine. 29. Jahrgang, Nr. 1, Februar 2014, ISSN 1049-023X, S. 87–90, doi:10.1017/S1049023X13009266 (englisch, cambridge.org).
  2. Glenn Albrecht 2005. Solastalgia: a new concept in human health and identity. PAN (Philosophy, Activism, Nature) 2005; 3: 41–55
  3. Glenn Albrecht 2012. The age of solastalgia. http://theconversation.com/the-age-of-solastalgia-8337
  4. a b Glenn Albrecht, Gina-Maree Sartore, Linda Connor, Nick Higginbotham, Sonia Freeman, Brian Kelly 2007. Solastalgia: The distress caused by environmental change. Australasian Psychiatry 15: S95-S98 https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/10398560701701288
  5. Health and climate change: policy responses to protect public health. In: The Lancet. 386. Jahrgang, Nr. 10006, 7. November 2015, ISSN 0140-6736, S. 1861–1914, doi:10.1016/S0140-6736(15)60854-6 (englisch, sciencedirect.com).
  6. The Culture of Mental Illness. In: Psychology Today. Abgerufen am 27. Februar 2018 (englisch).
  7. Sri Warsini, Jane Mills, Kim Usher: Solastalgia: Living With the Environmental Damage Caused By Natural Disasters. In: Prehospital and Disaster Medicine. 29. Jahrgang, Nr. 1, Februar 2014, ISSN 1049-023X, S. 87–90, doi:10.1017/S1049023X13009266 (englisch, cambridge.org).
  8. a b c Petra Tschakert, Raymond Tutu: Environment, Forced Migration and Social Vulnerability. Springer, Berlin, Heidelberg, 2010, ISBN 978-3-642-12415-0, S. 57–69, doi:10.1007/978-3-642-12416-7_5 (englisch, springer.com).
  9. a b c David Eisenman, Sarah McCaffrey, Ian Donatello, Grant Marshal: An Ecosystems and Vulnerable Populations Perspective on Solastalgia and Psychological Distress After a Wildfire. In: EcoHealth. 12. Jahrgang, Nr. 4, 1. Dezember 2015, ISSN 1612-9202, S. 602–610, doi:10.1007/s10393-015-1052-1 (englisch, springer.com).
  10. a b Michael Hendryx, Kestrel A. Innes-Wimsatt: Increased Risk of Depression for People Living in Coal Mining Areas of Central Appalachia. In: Ecopsychology. 5. Jahrgang, Nr. 3, 1. September 2013, S. 179–187, doi:10.1089/eco.2013.0029 (liebertpub.com).