„Multimodale Therapie“ – Versionsunterschied

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Als '''multimodale Therapie''' [von lat. multus ‘viel, groß, stark’; von lat. modus ‘Maß, Ziel, Vorschrift, Art und Weise’; auch '''interdisziplinäre Therapie'''] wird generell eine therapeutische Vorgehensweise bezeichnet, bei der unterschiedliche Behandlungsansätze miteinander kombiniert werden, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.dwds.de/wb/multi- |titel=DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache |abruf=2019-10-22 |sprache=de}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.dwds.de/wb/modal |titel=DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache |abruf=2019-10-22 |sprache=de}}</ref>
Eine '''multimodale Therapie''' stellt eine [[Therapie|Therapieform]] dar, bei der unterschiedliche Behandlungsansätze (zum Beispiel eine medikamentöse und eine [[Verhaltenstherapie]]) miteinander kombiniert werden, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. In der [[Onkologie]] werden zu diesem Zweck beispielsweise [[Chemotherapie]], [[Chirurgie]] und [[Immuntherapie]] kombiniert. In der [[Multimodale Schmerztherapie|multimodalen Schmerztherapie]] werden [[Physiotherapie]], medikamentelle Behandlungen und [[Psychotherapie]] kombiniert. Da der Begriff nicht geschützt ist, werden auch Kombinationen von [[Schulmedizin|schul-]] mit [[alternativmedizin]]ischen Behandlungen als multimodal bezeichnet, obwohl hier für die verschiedenen Therapieanteile das übergeordnete Konzept fehlt.


== Grundlagen ==
{{Siehe auch|Multimodale Therapie (Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie)}}
Eine der Grundideen multimodaler Therapien ist die Vielschichtigkeit der Behandlung und das Bündeln des Know-How verschiedener Personenkreise und Wissensbereiche. Entsprechend arbeiten in der multimodalen Therapie Personen aus unterschiedlichen Professionen, Disziplinen oder Teilgebieten einer Disziplin zusammen am Therapieziel. Man geht heute bezüglich einer weiteren Grundidee davon aus, dass alle Bereiche des menschlichen Organismus in ständiger Kommunikation und Wechselwirkung miteinander stehen.<ref>{{Literatur |Autor= |Titel=Psychoendokrinologie und Psychoimmunologie |Hrsg=Ulrike Elert, Roland von Känel |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=Springer |Ort=Berlin |Datum=2011 |ISBN=978-3-642-16963-2 |Seiten= |Kommentar=Vorwort |Online= |Abruf=}}</ref> Hieraus ergibt sich – in Gesundheit und Krankheit - die veränderliche psychophysiologische Konstitution des Individuums. In diesem Sinne kann und sollte jede Therapie beim einzelnen Patienten dieses dynamisch-ganzheitliche Verständnis des Menschen berücksichtigen und auf möglichst viele relevante Wirkfaktoren Einfluss nehmen.<ref>{{Literatur |Autor=TM Srinivasan |Titel=Multimodal Therapy: Holistic Approach |Hrsg= |Sammelwerk=International Journal of Yoga |Band=11 |Nummer=3 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2018 |ISBN= |ISSN=0973-6131 |DOI=10.4103/ijoy.IJOY_53_18 |PMC=6134745 |PMID= |Seiten=175–176 |Online=https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC/ |Abruf=2019-11-23}}</ref>

== Anwendungsbeispiele ==
Bezüglich der Anwendung multimodaler Verfahren in der Therapie kann man unterscheiden zwischen solchen Erkrankungen, in denen aufgrund des Istzustands eines Patienten die Multimodalität der Behandlung unausweichlich ist und solchen, bei denen diese Vorgehensweise `nur´ geeignet oder wünschenswert, aber nicht zwingend erforderlich ist. Unausweichlich ist das multimodale Vorgehen beispielsweise in der [[Onkologie]], wenn [[Chemotherapie]] [z.B. zur Zerstörung kleinster Einheiten befallenen Gewebes] und [[Chirurgie]] [z.B. zur Entfernung von Tumoren] kombiniert werden. Möglicherweise geeignet, wünschenswert oder förderlich könnte hier etwa die darüber hinausgehende Kombination beispielsweise mit einer [[Immuntherapie]] oder mit der ärztlich begleiteten häuslichen Einnahme von [[Methadon]] bei schwersten Krebserkrankungen sein.<ref>{{Internetquelle |autor=Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt |url=https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/106987/Erste-klinische-Multicenterstudie-zu-Methadon-in-der-Krebstherapie-startet-2020 |titel=Erste klinische Multicenterstudie zu Methadon in der Krebstherapie... |datum=2019-10-28 |abruf=2019-11-23 |sprache=de}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.uniklinik-ulm.de/innere-medizin-i/gastroenterologie/tumoren-des-magen-darm-traktes-gastrointestinale-onkologie/mefox-studie-methadon-plus-chemotherapie-bei-metastasiertem-darmkrebs.html |titel=MEFOX-Studie: Methadon plus Chemotherapie bei metastasiertem Darmkrebs {{!}} Universitätsklinikum Ulm |abruf=2019-11-25}}</ref>

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal in der Anwendung multimodaler Vorgehensweise ergibt sich aus der Frage nach der Entstehung einer Erkrankung. In der [[Multimodale Schmerztherapie|multimodalen Schmerztherapie]] beispielsweise zur Behandlung der zahlreichen Symptome der [[Fibromyalgie]] werden Bewegungstherapie, [[Physiotherapie]], medikamentöse Behandlungen und [[Psychotherapie]] kombiniert.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.schmerzzentrum.uk-erlangen.de/aerzte-und-zuweiser/multimodale-schmerztherapie/ |titel=Schmerzzentrum |abruf=2019-10-30}}</ref> Auch bei anderen Erkrankungen, zu deren Entstehung zunehmend neue Erkenntnisse gewonnen werden, wie etwa bei der Schizophrenie, sind multimodale Therapien der vielversprechendste Weg.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/038-009.html |titel=AWMF: Detail |abruf=2019-11-23}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=D. R. Müller, V. Roder, H. D. Brenner |Titel=Effektivität des Integrierten Psychologischen Therapieprogramms für schizophren Erkrankte: Eine Metaanalyse über 28 unabhängige Studien |Sammelwerk=Der Nervenarzt |Band=78 |Nummer=1 |Datum=2007-01 |ISSN=0028-2804 |DOI=10.1007/s00115-005-1974-x |Seiten=62–73 |Online=http://link.springer.com/10.1007/s00115-005-1974-x |Abruf=2019-11-23}}</ref>

Zuweilen meint multimodale Therapie schlicht den bestmöglichen Einsatz unterschiedlicher Techniken oder Technologien einer Disziplin zur Verfolgung des Therapieziels. Ein Beispiel hierfür ist die multimodale Strahlentherapie. Diese Vorgehensweise zielt etwa in der Onkologie darauf ab, die angezeigten und zur Verfügung stehenden Formen der Radio- und Partikeltherapie zur bestmöglichen Tumorkontrolle und bei verringerten Nebenwirkungsrisiko einzusetzen. Zur Optimierung bedarf es einer spezialisierten Software, die ebenfalls `multimodale´ Bildgebungsdaten [z.B. [[Computertomographie|CT]], [[Magnetresonanztomographie|MRT]], [[Positronen-Emissions-Tomographie|PET]]] von verschiedenen Zeitpunkten [z.B. vor Beginn, nach einigen Bestrahlungen, während einer Bestrahlungseinheit] der Therapie miteinander vergleicht und auswertet. Eine entsprechende Software kann aus den so gewonnen Ergebnissen jeweils angepasste Werte im Hinblick auf eine Erhöhung oder Reduzierung oder Ausrichtung der Strahlendosis berechnen.<ref>{{Literatur |Autor=Tilman Bostel, Jürgen Debus, Christian Karger, Nils Nicolay, Florian Sterzing |Titel=Verbundprojekt SPARTA : Softwareplattform für die adaptive multimodale Radio- und Partikel-Therapie mit autarker Erweiterbarkeit : Schlussbericht Universitätsklinikum Heidelberg |Verlag=[Universitätsklinikum Heidelberg, Radiologische Klinik, Abteilung RadioOnkologie und Strahlentherapie] |Ort=[Heidelberg] |Datum=2016 |Online=https://www.tib.eu/de/suchen/download/?tx_tibsearch_search%5Bdocid%5D=TIBKAT:1004951949&cHash=d211eae81a9de64efc9a2729cbf2da6c#download-mark |Abruf=2019-11-23}}</ref>

Im Zusammenhang mit Psychotherapieverfahren bezieht sich die Bezeichnung multimodale Therapie mitunter explizit auf die Ausgestaltung einer [[Kognitive Verhaltenstherapie|kognitiven Verhaltenstherapie]], wie es z.B. [[Arnold A. Lazarus]] vorschlug.<ref>{{Literatur |Autor=Kriz, Jürgen |Titel=Grundkonzepte der Psychotherapie |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage=7., überarb. und erw. Aufl |Verlag=Beltz |Ort=Weinheim |Datum=2014 |ISBN= |Seiten=126; 156f |Online= |Abruf=}}</ref> Heute sollte dies der Standard sein. Auch hier geht es um die größtmögliche Ausnutzung aller innerhalb einer Disziplin möglichen Techniken bzw. um die Berücksichtigung möglichst vieler beim einzelnen Patienten relevanten Bezugsgrößen [hier: Lebensbereiche des Patienten].<ref>{{Internetquelle |url=https://www.pschyrembel.de/Multimodale%20Verhaltenstherapie/P03SH |titel=Pschyrembel Online |abruf=2019-11-23}}</ref>

Eine besondere Stellung nehmen multimodale Therapien bei der Behandlung von längerfristig erkrankten Kindern und Jugendlichen ein. Hier fordert im Grunde der Entwicklungsaspekt generell ein multimodales Vorgehen.<ref>{{Literatur |Autor=Lieb, Klaus, Frauenknecht, Sabine, Brunnhuber, Stefan, Wewetzer, Christoph |Titel=Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage=8. Auflage |Verlag=Urban & Fischer in Elsevier |Ort=München |Datum=2016 |ISBN=3-437-42528-5 |Seiten=363 |Online= |Abruf=}}</ref> Nachhaltige Einschränkungen der Entwicklung aufgrund einer ernsthaften Erkrankung können nur durch die Berücksichtigung möglichst aller Entwicklungsfaktoren auf ein Minimum reduziert werden. Die Einbeziehung von Eltern, ggf. Freunden und oft auch des schulischen Umfeldes in therapeutische Überlegungen und Vorgehensweisen erscheint ebenfalls, abgesehen von rechtlichen Fragen, unerlässlich. Im Bereich beispielsweise der Kinder- und Jugendpsychotherapie wurden diverse Therapieprogramme u.a. von [[Manfred Döpfner]] jeweils in Zusammenarbeit mit weiteren Personen konzipiert und veröffentlicht [THOP, THAV, SELBST, THAZ].<ref>{{Literatur |Autor=Daniel Walter, Manfred Döpfner |Titel=Die Behandlung von Jugendlichen mit Leistungsstörungen mit dem Therapieprogramm SELBST - Konzept und Stabilität der Veränderungen während der Therapie |Hrsg= |Sammelwerk=Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie |Band=35 |Nummer=4 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2007-07 |ISBN= |ISSN=1422-4917 |DOI=10.1024/1422-4917.35.4.281 |Seiten=281–290 |Kommentar=; exemplarischer Nachweis für die aufgeführten Programme |Online=https://econtent.hogrefe.com/doi/10.1024/1422-4917.35.4.281 |Abruf=2019-11-23}}</ref>

Auch bei der Behandlung von Menschen in besonderen Lebenssituationen, wenn etwa in einem Bereich die Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt sind [z.B. medikamentöse Behandlung von Schwangeren], können diese Einschränkungen ggf. durch multimodales Vorgehen kompensiert werden.

Multimodale Therapieformen bieten optimalerweise einen oder mehrere Wege, dem Patienten in Bezug auf seine Erkrankung bzw. auf seine Genesung oder Linderung der Beschwerden eine gewisse [[Selbstwirksamkeitserwartung|Selbstwirksamkeit]] nahe zu bringen. Allzu oft erleben Menschen eine Krankheit als Ausgeliefertsein an den Arzt und an die Krankheit selbst.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Karl Köhle |Titel="Integrierte Medizin" |Hrsg=Karl Köhle, Wolfgang Herzog, Peter Joraschky, Johannes Kruse, Wolf Langewitz, Wolfgang Söllner |Sammelwerk=Psychosomatische Medizin - Theoretische Modelle und klinische Praxis |Band= |Nummer= |Auflage=8. Auflage 2016, unveränderte Studienauflage 2018 |Verlag=Elsevier |Ort=München |Datum= |ISBN= |Seiten=3-22 |Online= |Abruf=}}</ref> Wird der Patient dagegen in auch fachlich komplexe Überlegungen einbezogen und erlernt darüber hinaus sogar konkrete Handlungsoptionen, die er eigenständig und eigenverantwortlich durchführen kann, vermindert sich dieses Phänomen [siehe auch [[partizipative Entscheidungsfindung]]]. Die erlebte Selbstwirksamkeit könnte so zur Genesung oder zur Linderung der Beschwerden beitragen. In diesem Zusammenhang wären bewegungs- oder kreativ-therapeutische Anteile der Therapie exemplarisch zu nennen, die der Patient ggf. auch ohne fortdauernde Anleitung durchführen kann.

Der Begriff der multimodalen Therapie ist nicht geschützt. Insofern wird dieses `Label´ vielfach verwendet. So begegnet einem die Bezeichnung eventuell auch, wenn zwar verschiedene Verfahren wie etwa [[Schulmedizin|schul-]] und [[Alternativmedizin|alternativmedizinische]] Behandlungen kombiniert werden, aber ggf. kein übergeordnetes Konzept für den Einsatz der Therapieanteile vorliegt. Im optimalen Fall liegt dagegen ein solches Konzept vor und der Einzelfall [Patient/Klient] wird regelmäßig besprochen und dokumentiert [vgl. auch [[Fallmanagement]] und ggf. [[Hilfeplanverfahren]]]. Dabei wird der Patient dort, wo es möglich und geeignet ist, in die Überlegungen einbezogen. Eine professionelle Fallarbeit bildet in jeder Therapie den Rahmen für therapeutische Auswahl-, Bewertungs-, Beurteilungs- und Entscheidungsschritte. Sie erlangt aber mit der Komplexität einer tatsächlich multimodalen Vorgehensweise noch einmal einen besonderen Stellenwert.<ref name=":0" />

== Bedeutung im Gesundheitswesen ==
Die Zielsetzung von Therapie ist eine Behandlung, die das optimale – also bestmögliche – Ergebnis erzielen kann. Aus therapeutischer Sicht könnte man formulieren, dass eine multimodale Therapie umso eher angebracht erscheint, je mehr Faktoren für die Ursachen der Entstehung einer Erkrankung bzw. deren Fortbestehen und Verschlimmerung oder eben Heilung oder Linderung in Frage kommen. Geht man von einem dynamisch-ganzheitlichen Verständnis des menschlichen Organismus aus, so wäre ein multimodales Vorgehen im Grunde als Standard in jedem Einzelfall anzustreben.

Für multimodale wie für alle anderen therapeutischen Vorgehensweisen gilt, dass entsprechende „Realien“ verfügbar sein müssen, also Zeit, Raum, Stellen und finanzielle Mittel.<ref name=":0" />


== Literatur ==
== Literatur ==
*Gerd Rudolf, Peter Henningsen: ''Psychotherapeutische Medizin und Psychosomatik: Ein einführendes Lehrbuch auf psychodynamischer Grundlage''. Georg Thieme Verlag, 7. Aufl. 2013, ISBN 9783131583871, S. 222.


* Gerd Rudolf, Peter Henningsen: ''Psychotherapeutische Medizin und Psychosomatik: Ein einführendes Lehrbuch auf psychodynamischer Grundlage''. Georg Thieme Verlag, 7. Aufl. 2013, ISBN 9783131583871, S. 222.

== Einzelnachweise ==
<references responsive="" />[[:Kategorie:Gesundheitswesen]]
[[Kategorie:Therapeutisches Verfahren]]
[[Kategorie:Therapeutisches Verfahren]]

Version vom 25. November 2019, 13:15 Uhr

Als multimodale Therapie [von lat. multus ‘viel, groß, stark’; von lat. modus ‘Maß, Ziel, Vorschrift, Art und Weise’; auch interdisziplinäre Therapie] wird generell eine therapeutische Vorgehensweise bezeichnet, bei der unterschiedliche Behandlungsansätze miteinander kombiniert werden, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.[1][2]

Grundlagen

Eine der Grundideen multimodaler Therapien ist die Vielschichtigkeit der Behandlung und das Bündeln des Know-How verschiedener Personenkreise und Wissensbereiche. Entsprechend arbeiten in der multimodalen Therapie Personen aus unterschiedlichen Professionen, Disziplinen oder Teilgebieten einer Disziplin zusammen am Therapieziel. Man geht heute bezüglich einer weiteren Grundidee davon aus, dass alle Bereiche des menschlichen Organismus in ständiger Kommunikation und Wechselwirkung miteinander stehen.[3] Hieraus ergibt sich – in Gesundheit und Krankheit - die veränderliche psychophysiologische Konstitution des Individuums. In diesem Sinne kann und sollte jede Therapie beim einzelnen Patienten dieses dynamisch-ganzheitliche Verständnis des Menschen berücksichtigen und auf möglichst viele relevante Wirkfaktoren Einfluss nehmen.[4]

Anwendungsbeispiele

Bezüglich der Anwendung multimodaler Verfahren in der Therapie kann man unterscheiden zwischen solchen Erkrankungen, in denen aufgrund des Istzustands eines Patienten die Multimodalität der Behandlung unausweichlich ist und solchen, bei denen diese Vorgehensweise `nur´ geeignet oder wünschenswert, aber nicht zwingend erforderlich ist. Unausweichlich ist das multimodale Vorgehen beispielsweise in der Onkologie, wenn Chemotherapie [z.B. zur Zerstörung kleinster Einheiten befallenen Gewebes] und Chirurgie [z.B. zur Entfernung von Tumoren] kombiniert werden. Möglicherweise geeignet, wünschenswert oder förderlich könnte hier etwa die darüber hinausgehende Kombination beispielsweise mit einer Immuntherapie oder mit der ärztlich begleiteten häuslichen Einnahme von Methadon bei schwersten Krebserkrankungen sein.[5][6]

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal in der Anwendung multimodaler Vorgehensweise ergibt sich aus der Frage nach der Entstehung einer Erkrankung. In der multimodalen Schmerztherapie beispielsweise zur Behandlung der zahlreichen Symptome der Fibromyalgie werden Bewegungstherapie, Physiotherapie, medikamentöse Behandlungen und Psychotherapie kombiniert.[7] Auch bei anderen Erkrankungen, zu deren Entstehung zunehmend neue Erkenntnisse gewonnen werden, wie etwa bei der Schizophrenie, sind multimodale Therapien der vielversprechendste Weg.[8][9]

Zuweilen meint multimodale Therapie schlicht den bestmöglichen Einsatz unterschiedlicher Techniken oder Technologien einer Disziplin zur Verfolgung des Therapieziels. Ein Beispiel hierfür ist die multimodale Strahlentherapie. Diese Vorgehensweise zielt etwa in der Onkologie darauf ab, die angezeigten und zur Verfügung stehenden Formen der Radio- und Partikeltherapie zur bestmöglichen Tumorkontrolle und bei verringerten Nebenwirkungsrisiko einzusetzen. Zur Optimierung bedarf es einer spezialisierten Software, die ebenfalls `multimodale´ Bildgebungsdaten [z.B. CT, MRT, PET] von verschiedenen Zeitpunkten [z.B. vor Beginn, nach einigen Bestrahlungen, während einer Bestrahlungseinheit] der Therapie miteinander vergleicht und auswertet. Eine entsprechende Software kann aus den so gewonnen Ergebnissen jeweils angepasste Werte im Hinblick auf eine Erhöhung oder Reduzierung oder Ausrichtung der Strahlendosis berechnen.[10]

Im Zusammenhang mit Psychotherapieverfahren bezieht sich die Bezeichnung multimodale Therapie mitunter explizit auf die Ausgestaltung einer kognitiven Verhaltenstherapie, wie es z.B. Arnold A. Lazarus vorschlug.[11] Heute sollte dies der Standard sein. Auch hier geht es um die größtmögliche Ausnutzung aller innerhalb einer Disziplin möglichen Techniken bzw. um die Berücksichtigung möglichst vieler beim einzelnen Patienten relevanten Bezugsgrößen [hier: Lebensbereiche des Patienten].[12]

Eine besondere Stellung nehmen multimodale Therapien bei der Behandlung von längerfristig erkrankten Kindern und Jugendlichen ein. Hier fordert im Grunde der Entwicklungsaspekt generell ein multimodales Vorgehen.[13] Nachhaltige Einschränkungen der Entwicklung aufgrund einer ernsthaften Erkrankung können nur durch die Berücksichtigung möglichst aller Entwicklungsfaktoren auf ein Minimum reduziert werden. Die Einbeziehung von Eltern, ggf. Freunden und oft auch des schulischen Umfeldes in therapeutische Überlegungen und Vorgehensweisen erscheint ebenfalls, abgesehen von rechtlichen Fragen, unerlässlich. Im Bereich beispielsweise der Kinder- und Jugendpsychotherapie wurden diverse Therapieprogramme u.a. von Manfred Döpfner jeweils in Zusammenarbeit mit weiteren Personen konzipiert und veröffentlicht [THOP, THAV, SELBST, THAZ].[14]

Auch bei der Behandlung von Menschen in besonderen Lebenssituationen, wenn etwa in einem Bereich die Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt sind [z.B. medikamentöse Behandlung von Schwangeren], können diese Einschränkungen ggf. durch multimodales Vorgehen kompensiert werden.

Multimodale Therapieformen bieten optimalerweise einen oder mehrere Wege, dem Patienten in Bezug auf seine Erkrankung bzw. auf seine Genesung oder Linderung der Beschwerden eine gewisse Selbstwirksamkeit nahe zu bringen. Allzu oft erleben Menschen eine Krankheit als Ausgeliefertsein an den Arzt und an die Krankheit selbst.[15] Wird der Patient dagegen in auch fachlich komplexe Überlegungen einbezogen und erlernt darüber hinaus sogar konkrete Handlungsoptionen, die er eigenständig und eigenverantwortlich durchführen kann, vermindert sich dieses Phänomen [siehe auch partizipative Entscheidungsfindung]. Die erlebte Selbstwirksamkeit könnte so zur Genesung oder zur Linderung der Beschwerden beitragen. In diesem Zusammenhang wären bewegungs- oder kreativ-therapeutische Anteile der Therapie exemplarisch zu nennen, die der Patient ggf. auch ohne fortdauernde Anleitung durchführen kann.

Der Begriff der multimodalen Therapie ist nicht geschützt. Insofern wird dieses `Label´ vielfach verwendet. So begegnet einem die Bezeichnung eventuell auch, wenn zwar verschiedene Verfahren wie etwa schul- und alternativmedizinische Behandlungen kombiniert werden, aber ggf. kein übergeordnetes Konzept für den Einsatz der Therapieanteile vorliegt. Im optimalen Fall liegt dagegen ein solches Konzept vor und der Einzelfall [Patient/Klient] wird regelmäßig besprochen und dokumentiert [vgl. auch Fallmanagement und ggf. Hilfeplanverfahren]. Dabei wird der Patient dort, wo es möglich und geeignet ist, in die Überlegungen einbezogen. Eine professionelle Fallarbeit bildet in jeder Therapie den Rahmen für therapeutische Auswahl-, Bewertungs-, Beurteilungs- und Entscheidungsschritte. Sie erlangt aber mit der Komplexität einer tatsächlich multimodalen Vorgehensweise noch einmal einen besonderen Stellenwert.[15]

Bedeutung im Gesundheitswesen

Die Zielsetzung von Therapie ist eine Behandlung, die das optimale – also bestmögliche – Ergebnis erzielen kann. Aus therapeutischer Sicht könnte man formulieren, dass eine multimodale Therapie umso eher angebracht erscheint, je mehr Faktoren für die Ursachen der Entstehung einer Erkrankung bzw. deren Fortbestehen und Verschlimmerung oder eben Heilung oder Linderung in Frage kommen. Geht man von einem dynamisch-ganzheitlichen Verständnis des menschlichen Organismus aus, so wäre ein multimodales Vorgehen im Grunde als Standard in jedem Einzelfall anzustreben.

Für multimodale wie für alle anderen therapeutischen Vorgehensweisen gilt, dass entsprechende „Realien“ verfügbar sein müssen, also Zeit, Raum, Stellen und finanzielle Mittel.[15]

Literatur

  • Gerd Rudolf, Peter Henningsen: Psychotherapeutische Medizin und Psychosomatik: Ein einführendes Lehrbuch auf psychodynamischer Grundlage. Georg Thieme Verlag, 7. Aufl. 2013, ISBN 9783131583871, S. 222.

Einzelnachweise

  1. DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 22. Oktober 2019.
  2. DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 22. Oktober 2019.
  3. Ulrike Elert, Roland von Känel (Hrsg.): Psychoendokrinologie und Psychoimmunologie. Springer, Berlin 2011, ISBN 978-3-642-16963-2 (Vorwort).
  4. TM Srinivasan: Multimodal Therapy: Holistic Approach. In: International Journal of Yoga. Band 11, Nr. 3, 2018, ISSN 0973-6131, S. 175–176, doi:10.4103/ijoy.IJOY_53_18, PMC 6134745 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 23. November 2019]).
  5. Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt: Erste klinische Multicenterstudie zu Methadon in der Krebstherapie... 28. Oktober 2019, abgerufen am 23. November 2019.
  6. MEFOX-Studie: Methadon plus Chemotherapie bei metastasiertem Darmkrebs | Universitätsklinikum Ulm. Abgerufen am 25. November 2019.
  7. Schmerzzentrum. Abgerufen am 30. Oktober 2019.
  8. AWMF: Detail. Abgerufen am 23. November 2019.
  9. D. R. Müller, V. Roder, H. D. Brenner: Effektivität des Integrierten Psychologischen Therapieprogramms für schizophren Erkrankte: Eine Metaanalyse über 28 unabhängige Studien. In: Der Nervenarzt. Band 78, Nr. 1, Januar 2007, ISSN 0028-2804, S. 62–73, doi:10.1007/s00115-005-1974-x (springer.com [abgerufen am 23. November 2019]).
  10. Tilman Bostel, Jürgen Debus, Christian Karger, Nils Nicolay, Florian Sterzing: Verbundprojekt SPARTA : Softwareplattform für die adaptive multimodale Radio- und Partikel-Therapie mit autarker Erweiterbarkeit : Schlussbericht Universitätsklinikum Heidelberg. [Universitätsklinikum Heidelberg, Radiologische Klinik, Abteilung RadioOnkologie und Strahlentherapie], [Heidelberg] 2016 (tib.eu [abgerufen am 23. November 2019]).
  11. Kriz, Jürgen: Grundkonzepte der Psychotherapie. 7., überarb. und erw. Auflage. Beltz, Weinheim 2014, S. 126; 156 f.
  12. Pschyrembel Online. Abgerufen am 23. November 2019.
  13. Lieb, Klaus, Frauenknecht, Sabine, Brunnhuber, Stefan, Wewetzer, Christoph: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. 8. Auflage. Urban & Fischer in Elsevier, München 2016, ISBN 3-437-42528-5, S. 363.
  14. Daniel Walter, Manfred Döpfner: Die Behandlung von Jugendlichen mit Leistungsstörungen mit dem Therapieprogramm SELBST - Konzept und Stabilität der Veränderungen während der Therapie. In: Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. Band 35, Nr. 4, Juli 2007, ISSN 1422-4917, S. 281–290, doi:10.1024/1422-4917.35.4.281 (hogrefe.com [abgerufen am 23. November 2019] ; exemplarischer Nachweis für die aufgeführten Programme).
  15. a b c Karl Köhle: "Integrierte Medizin". In: Karl Köhle, Wolfgang Herzog, Peter Joraschky, Johannes Kruse, Wolf Langewitz, Wolfgang Söllner (Hrsg.): Psychosomatische Medizin - Theoretische Modelle und klinische Praxis. 8. Auflage 2016, unveränderte Studienauflage 2018. Elsevier, München, S. 3–22.

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