„HEK-Zellen“ – Versionsunterschied

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== Definition ==
== Definition ==
'''HEK-293''' ist eine seit Anfang der 1970er-Jahre bestehende humane Zelllinie, die als Transformationsprodukt einer menschlichen [[embryo]]nalen [[Niere]]nzelle mit [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]]-Teilen des menschlichen [[Humane Adenoviren|Adenovirus]] 5 geschaffen wurde. Spezifisch wurden 4,5 [[Kilobase]]n des viralen [[Genom]]s in das Erbgut der Nierenzelle eingebaut. HEK-293 sind [[Triploid|hypotriploide]] [[Epithel]]zellen, die adhärent wachsen. Die HEK-293-Zelllinie wird oft bei der Entwicklung von Virenimpfstoffen, [[Chemotherapie|Chemotherapeutika]] sowie zur Produktion von [[Rekombinantes Protein|rekombinanten]] Adenovirus-Vektoren verwendet. Sie kann gut in serumfreien [[Nährmedium|Medien]] kultiviert werden.
HEK-293 ist eine seit Anfang der 1970er-Jahre bestehende humane Zelllinie, die als Transformationsprodukt einer menschlichen [[embryo]]nalen [[Niere]]nzelle mit [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]]-Teilen des menschlichen [[Humane Adenoviren|Adenovirus]]&nbsp;5 geschaffen wurde. HEK-293 sind pseudo[[Triploid|triploide]]<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Yao-Cheng Lin et al. |Titel=Genome dynamics of the human embryonic kidney 293 lineage in response to cell biology manipulations |Sammelwerk=Nature Communications |Band=5 |Nummer=1 |Datum=2014-09-03 |DOI=10.1038/ncomms5767 |Seiten=4767}}</ref> Zellen, die adhärent wachsen. Die HEK-293-Zelllinie wird oft bei der Entwicklung von Virenimpfstoffen, [[Chemotherapie|Chemotherapeutika]] sowie zur Produktion von [[Rekombinantes Protein|rekombinanten]] Adenovirus-Vektoren verwendet. Sie kann gut in serumfreien [[Nährmedium|Medien]] kultiviert werden.

== Geschichte ==
Die HEK-293-Zelllinie wurde in den 1970er Jahren generiert. 1977 wurde eine diesbezügliche Publikation durch die Arbeiten des damaligen [[Postdoc]] [[Frank L. Graham]] am Labor von [[Alex J. van der Eb]] der [[Universität Leiden]] veröffentlicht.<ref>{{Literatur |Autor=Frank. L. Graham et al. |Titel=Characteristics of a Human Cell Line Transformed by DNA from Human Adenovirus Type 5 |Sammelwerk=Journal of General Virology, |Band=36 |Nummer=1 |Datum=1977 |DOI=10.1099/0022-1317-36-1-59 |Seiten=59–72}}</ref> Hierbei wurden humane embryonale Nierengewebezellen mit DNA-Bruchstücken von menschlichen [[Adenoviridae|Adenoviren]] (Adenovirus 5) [[Transfektion|transfektiert]].<ref>{{Literatur |Autor=Stefan Dübel, Frank Breitling, André Frenzel, Thomas Jostock, Andrea L. J. Marschall |Titel=Rekombinante Antikörper: Lehrbuch und Kompendium für Studium und Praxis |Verlag=Springer-Verlag |Datum=2019-10-08 |ISBN=978-3-662-50276-1 |Online=https://books.google.de/books?id=Yda0DwAAQBAJ&pg=PA160&dq=hek293+zellen&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwifqr7_zYrvAhWr8uAKHdARAt0Q6AEwAXoECAUQAg#v=onepage&q=hek293%20zellen&f=false |Abruf=2021-02-27}}</ref> Ein etwa 4,3 [[Basenpaar|kB]] großes DNA-Fragment des Adenovirusgenoms gelangte durch den Prozess ins [[Chromosom]] 19 (19q13.2),<ref>{{Literatur |Autor=Nathalie Louis et al. |Titel=Cloning and Sequencing of the Cellular–Viral Junctions from the Human Adenovirus Type 5 Transformed 293 Cell Line |Sammelwerk=Virology |Band=233 |Nummer=2 |Datum=1997-07-07 |DOI=10.1006/viro.1997.8597 |Seiten=423–429}}</ref> welches für die viralen Proteine E1A und E1B kodiert.<ref name=":0" /> Der genaue Ursprung der Nierengewebezellen ist nicht bekannt, sie stammen aber wahrscheinlich aus der [[Niere]] eines 1973 abgetriebenen gesunden [[Fötus]].<ref>{{Internetquelle |autor=Nicanor Pier Giorgio Austriaco |url=https://www.thepublicdiscourse.com/2020/05/63752/ |titel=Moral Guidance on Using COVID-19 Vaccines Developed with Human Fetal Cell Lines |werk=Public Discourse |datum=2020-05-26 |abruf=2021-02-27 |sprache=en}}</ref><ref name=":0" /> Die Nummer 293 geht auf die Experimentnummer von Graham zurück.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.hek293.com/ |titel=HEK293 Cell Line |datum=2014-07-25 |abruf=2021-02-27 |sprache=en}}</ref>

Die ursprüngliche HEK-Zelllinie ist mit [[HeLa-Zellen]] kontaminiert und wird nicht mehr verwendet.


== Bedeutung in der Forschung ==
== Bedeutung in der Forschung ==
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Interessant sind HEK-Zellen besonders für die Virologie. Da HEK-Zellen, bedingt durch die ursprüngliche Transformation mit einem Adenovirus, bestimmte Adenovirus-Gene [[exprimieren]], werden sie auch zur Vermehrung von Adenoviren verwendet. Eine bestimmte Variante der HEK-293-Zellen, die '''293T-Zellen''', exprimiert zusätzlich das „SV40 large T-Antigen“, welches die [[DNA-Replikation]] von [[episomal]]en [[Plasmid]]en mit dem „SV40 origin of replication“ ermöglicht. Somit lassen sich bestimmte [[Retrovirus|Retroviren]], wie beispielsweise [[Lentivirus|Lentiviren]], oder auch [[DNA-Virus|DNA-Viren]] in 293T-Zellen vermehren. In der Folge werden Untersuchungen der Grundlagenforschung zu Bindung, Infektion und Replikation von etlichen Viren (z.&nbsp;B. [[Humane Papillomviren]]) in 293T-Zellen durchgeführt.
Interessant sind HEK-Zellen besonders für die Virologie. Da HEK-Zellen, bedingt durch die ursprüngliche Transformation mit einem Adenovirus, bestimmte Adenovirus-Gene [[exprimieren]], werden sie auch zur Vermehrung von Adenoviren verwendet. Eine bestimmte Variante der HEK-293-Zellen, die '''293T-Zellen''', exprimiert zusätzlich das „SV40 large T-Antigen“, welches die [[DNA-Replikation]] von [[episomal]]en [[Plasmid]]en mit dem „SV40 origin of replication“ ermöglicht. Somit lassen sich bestimmte [[Retrovirus|Retroviren]], wie beispielsweise [[Lentivirus|Lentiviren]], oder auch [[DNA-Virus|DNA-Viren]] in 293T-Zellen vermehren. In der Folge werden Untersuchungen der Grundlagenforschung zu Bindung, Infektion und Replikation von etlichen Viren (z.&nbsp;B. [[Humane Papillomviren]]) in 293T-Zellen durchgeführt.

== Historische Aspekte ==
HEK-Zellen wurden ab Anfang der 1960er-Jahre hergestellt. Harvey Shein (Harvard University) transformierte 1962 Nierenzellgewebe von 2 bis 3 Monate alten Foeten, Neugeborenen und 2 bis 3 Monate alten Säuglingen mit SV-40. [[Harald zur Hausen]], seinerzeit an der University of Philadelphia, transfizierte 1967 Nierenzellgewebe menschlicher Embryonen mit dem Adenovirus Typ-12. Zur Hausens HEK-Stämme, die er von einem Labor des NIH erhielt, konnten allerdings zunächst nicht serumfrei gezüchtet werden.

Die HEK-293T-Zelllinie entstand 1973 am Labor von [[Alex J. van der Eb]] an der [[Universität Leiden]]. Beteiligt war auch der kanadische Post-Doktorand [[Frank L. Graham]].

Die ursprüngliche HEK-Zelllinie ist mit [[HeLa-Zellen]] kontaminiert und wird nicht mehr verwendet.


== Quellen ==
== Quellen ==
* Harald zur Hausen: ''Induction of specific chromosomal aberrations by Adenovirus Typ 12 in human embryonic kidney cells.'' Journal of Virology 1967 Dez;1(6):1174-85, PMID 5621489
* Harald zur Hausen: ''Induction of specific chromosomal aberrations by Adenovirus Typ 12 in human embryonic kidney cells.'' Journal of Virology 1967 Dez;1(6):1174-85, PMID 5621489
* Harvey M. Shein et al.: ''Transformation induced by simian virus 40 in human renal cell cultures. Morphology and growth characteristics.'' PNAS 1962 July 15; 48:1164-72, PMID 13911592
* Harvey M. Shein et al.: ''Transformation induced by simian virus 40 in human renal cell cultures. Morphology and growth characteristics.'' PNAS 1962 July 15; 48:1164-72, PMID 13911592

== Einzelnachweise ==
<references />


== Weblinks ==
== Weblinks ==

Version vom 27. Februar 2021, 21:00 Uhr

Adhärente HEK-293-Zellen in Kultur

HEK-Zellen ist die abgekürzte Bezeichnung für „Human Embryonic Kidney“-Zellen, menschliche embryonale Nierenzellen (HEK). Diese Zelllinie wird auch als HEK-293 oder 293-Zellen bezeichnet. HEK-Zellen werden in der Zellbiologie seit vielen Jahren als vergleichsweise einfach zu handhabende Zelllinie eingesetzt.

Definition

HEK-293 ist eine seit Anfang der 1970er-Jahre bestehende humane Zelllinie, die als Transformationsprodukt einer menschlichen embryonalen Nierenzelle mit DNA-Teilen des menschlichen Adenovirus 5 geschaffen wurde. HEK-293 sind pseudotriploide[1] Zellen, die adhärent wachsen. Die HEK-293-Zelllinie wird oft bei der Entwicklung von Virenimpfstoffen, Chemotherapeutika sowie zur Produktion von rekombinanten Adenovirus-Vektoren verwendet. Sie kann gut in serumfreien Medien kultiviert werden.

Geschichte

Die HEK-293-Zelllinie wurde in den 1970er Jahren generiert. 1977 wurde eine diesbezügliche Publikation durch die Arbeiten des damaligen Postdoc Frank L. Graham am Labor von Alex J. van der Eb der Universität Leiden veröffentlicht.[2] Hierbei wurden humane embryonale Nierengewebezellen mit DNA-Bruchstücken von menschlichen Adenoviren (Adenovirus 5) transfektiert.[3] Ein etwa 4,3 kB großes DNA-Fragment des Adenovirusgenoms gelangte durch den Prozess ins Chromosom 19 (19q13.2),[4] welches für die viralen Proteine E1A und E1B kodiert.[1] Der genaue Ursprung der Nierengewebezellen ist nicht bekannt, sie stammen aber wahrscheinlich aus der Niere eines 1973 abgetriebenen gesunden Fötus.[5][1] Die Nummer 293 geht auf die Experimentnummer von Graham zurück.[6]

Die ursprüngliche HEK-Zelllinie ist mit HeLa-Zellen kontaminiert und wird nicht mehr verwendet.

Bedeutung in der Forschung

Da sie künstlich transformiert wurden, ist sie als Modell nur bedingt tauglich. Dies wird aber wettgemacht durch die Einfachheit, mit der sie kultiviert und transfiziert werden kann. Solange mehr das Verhalten der Komponenten innerhalb der Zelle als das Verhalten der Zelle an sich von Interesse ist, sind sie als Studienobjekt gut geeignet.

Interessant sind HEK-Zellen besonders für die Virologie. Da HEK-Zellen, bedingt durch die ursprüngliche Transformation mit einem Adenovirus, bestimmte Adenovirus-Gene exprimieren, werden sie auch zur Vermehrung von Adenoviren verwendet. Eine bestimmte Variante der HEK-293-Zellen, die 293T-Zellen, exprimiert zusätzlich das „SV40 large T-Antigen“, welches die DNA-Replikation von episomalen Plasmiden mit dem „SV40 origin of replication“ ermöglicht. Somit lassen sich bestimmte Retroviren, wie beispielsweise Lentiviren, oder auch DNA-Viren in 293T-Zellen vermehren. In der Folge werden Untersuchungen der Grundlagenforschung zu Bindung, Infektion und Replikation von etlichen Viren (z. B. Humane Papillomviren) in 293T-Zellen durchgeführt.

Quellen

  • Harald zur Hausen: Induction of specific chromosomal aberrations by Adenovirus Typ 12 in human embryonic kidney cells. Journal of Virology 1967 Dez;1(6):1174-85, PMID 5621489
  • Harvey M. Shein et al.: Transformation induced by simian virus 40 in human renal cell cultures. Morphology and growth characteristics. PNAS 1962 July 15; 48:1164-72, PMID 13911592

Einzelnachweise

  1. a b c Yao-Cheng Lin et al.: Genome dynamics of the human embryonic kidney 293 lineage in response to cell biology manipulations. In: Nature Communications. Band 5, Nr. 1, 3. September 2014, S. 4767, doi:10.1038/ncomms5767.
  2. Frank. L. Graham et al.: Characteristics of a Human Cell Line Transformed by DNA from Human Adenovirus Type 5. In: Journal of General Virology,. Band 36, Nr. 1, 1977, S. 59–72, doi:10.1099/0022-1317-36-1-59.
  3. Stefan Dübel, Frank Breitling, André Frenzel, Thomas Jostock, Andrea L. J. Marschall: Rekombinante Antikörper: Lehrbuch und Kompendium für Studium und Praxis. Springer-Verlag, 2019, ISBN 978-3-662-50276-1 (google.de [abgerufen am 27. Februar 2021]).
  4. Nathalie Louis et al.: Cloning and Sequencing of the Cellular–Viral Junctions from the Human Adenovirus Type 5 Transformed 293 Cell Line. In: Virology. Band 233, Nr. 2, 7. Juli 1997, S. 423–429, doi:10.1006/viro.1997.8597.
  5. Nicanor Pier Giorgio Austriaco: Moral Guidance on Using COVID-19 Vaccines Developed with Human Fetal Cell Lines. In: Public Discourse. 26. Mai 2020, abgerufen am 27. Februar 2021 (englisch).
  6. HEK293 Cell Line. 25. Juli 2014, abgerufen am 27. Februar 2021 (englisch).

Weblinks

Commons: HEK293 cells – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien