„Organisationale Gerechtigkeit“ – Versionsunterschied

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'''Organisationale Gerechtigkeit''' (engl. ‚''organizational justice''), auch '''organisationale Fairness''', ist ein Konzept der [[Arbeits- und Organisationspsychologie]], welches sich auf die subjektiv wahrgenommene [[Gerechtigkeit]] von Mitarbeitern im Arbeitskontext innerhalb einer [[Organisation]] bezieht. Als gerecht gilt, was als gerecht erlebt wird.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Greenberg, Jerald |Titel=A Taxonomy of Organizational Justice Theories |Datum=1987 | Sammelwerk=Academy of Management Review |Band=12| Nummer=1| Seiten=9–22| DOI=10.5465/amr.1987.4306437 |ISSN=0363-7425}}</ref>
'''Organisationale Gerechtigkeit''', geprägt durch [[Jerald Greenberg]] (1987)<ref> Greenberg, J. (1990). Employee theft as a reaction to under- payment inequity: The hidden cost of pay cuts. Journal of Applied Psychology, 75, 561–568. Zitiert nach [https://www.researchgate.net/publication/291350490_Gerechtigkeitserleben_im_organisationalen_Kontext_der_Freiwilligenarbeit Jiranek, Patrick & Schie, Susan & Kals, Elisabeth & Humm, Julia & Strubel, Isabel & Wehner, Theo. (2015). Gerechtigkeitserleben im organisationalen Kontext der Freiwilligenarbeit. 10.1007/978-3-642-55295-3_9.] S. 155</ref>, ist ein Konzept der [[Organisationspsychologie]], welches sich mit der individuellen oder kollektiven [[Wahrnehmung]] und Beurteilung von [[Gerechtigkeit]] im Arbeitskontext befasst. Es wurden diverse Zwei-, Drei- und Vier-Faktoren-Modelle aufgestellt. Diese umschließen distributive, prozedurale, interaktionale und informationale Gerechtigkeit.<ref>[https://www.oxfordbibliographies.com/view/document/obo-9780199828340/obo-9780199828340-0044.xml Organizational Justice - Psychology - Oxford Bibliographies]</ref>


Die Wahrnehmung von Gerechtigkeit hat einen starken Einfluss auf das [[Verhalten (Psychologie)|Verhalten]] und die [[Einstellung (Psychologie)|Einstellungen]] der Arbeitnehmer. Es fördert organisatorisches Engagement, effektive Arbeitsleistung, sowie ein verbessertes [[Organizational Citizenship Behaviour]] und reduziert negative Auswirkungen, beispielsweise [[Stress]] am Arbeitsplatz oder suboptimaler Arbeitsbedingungen.<ref>Pan, Xiaofu, Chen, Mengyan, Hao, Zhichao, & Bi, Wenfen. (2017). The Effects of Organizational Justice on Positive Organizational Behavior: Evidence from a Large-Sample Survey and a Situational Experiment. ''Frontiers in Psychology,'' ''8'', 2315.</ref>
Die Wahrgenommene Gerechtigkeit nimmt Einfluss auf das [[Verhalten (Psychologie)|Verhalten]], die [[Einstellung (Psychologie)|Einstellungen]], die [[Motivation]] und die [[Arbeitszufriedenheit]] von Arbeitnehmern im Arbeitskontext. Sie fördert organisatorisches Engagement, effektive Arbeitsleistung sowie [[Organizational Citizenship Behaviour]] und reduziert negative Auswirkungen wie [[Stress]] am Arbeitsplatz.<ref name=":2">{{Literatur |Autor=Pan, Xiaofu and Chen, Mengyan and Hao, Zhichao and Bi, Wenfen |Titel=The Effects of Organizational Justice on Positive Organizational Behavior: Evidence from a Large-Sample Survey and a Situational Experiment |Sammelwerk=Frontiers in Psychology |Band=8 |ArtikelNr=2315 |Datum=2018 |ISSN=1664-1078 |Fundstelle=2-3 |DOI=10.3389/fpsyg.2017.02315}}</ref>
Gegenstand der subjektiv wahrgenommen Gerechtigkeit sind die distributive, prozedurale und interaktionale Gerechtigkeit. Diese befassen sich mit der fairen Verteilung von Ressourcen, Entscheidungsprozessen und zwischenmenschlichen Interaktionen.<ref name=":1">{{Literatur |Autor=Colquitt, Jason A. |Titel=On the dimensionality of organizational justice : A construct validation of a measure |Sammelwerk=Journal of applied psychology |Band=86 |Nummer=3 |Datum=2001 |ISSN=0021-9010 |Seiten=386-400}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/organisationale-fairness |titel=Organisationale Fairness |werk=Dorsch - Lexikon der Psychologie |hrsg=Hogrefe Verlag |abruf=2021-06-20}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.oxfordbibliographies.com/view/document/obo-9780199828340/obo-9780199828340-0044.xml |titel=Organizational Justice |werk=Oxford Bibliographies |hrsg=Oxford University Press |abruf=2021-06-20}}</ref>

Ein verwandtes Konzept der organisationalen Gerechtigkeit ist die [[Corporate Social Responsibility]]. Während sich ersteres auf die Wahrnehmung von Gerechtigkeit von Individuen innerhalb einer Organisation fokussiert, bezieht sich letzteres auf den gerechten Umgang mit Individuen und Gruppen außerhalb der Organisation. Corporate Social Responsibility baut auf einen Mechanismus, mit dem Unternehmen ihre Leistung im Einklang mit moralischen und gesellschaftlichen Standards überwachen und regulieren. Der daraus resultierende positive Einfluss ist von Vorteil für ihre [[Stakeholder]]. Organisationen agieren daher über das Mindestmaß sozialer Normen hinaus, wovon letztlich die Allgemeinheit der Gesellschaft profitiert.<ref>{{Literatur |Autor=Caroll, Archie |Datum=1999 |Titel=Corporate Social Responsibility: Evolution of a Definitional Construct |Sammelwerk=Business & Society |Band=38| Nummer=3|Seiten=268–295| DOI=10.1177/000765039903800303 |ISSN=0007-6503}}</ref>

== Hintergrund ==

Die Idee der Organisationsgerechtigkeit findet ihren Ursprung in der [[Gerechtigkeitsforschung]], speziell der [[Austauschtheorie]] und [[Equity-Theorie]].<ref name=":2" />
Beim sozialen Austausch, basierend auf Annahmen der Sozialpsychologen John W. Thibaut und Harold H. Kelley, wird die Beurteilung anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt. Da die Bilanz neben dem eigenen Verhalten auch durch eine Drittperson beeinflusst wird, sozusagen wechselseitige Transaktionen, entsteht wiederum eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen den Interagierenden.<ref>{{Internetquelle |url=https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/sozialer-austausch |titel=Sozialer Austausch |werk=Dorsch - Lexikon der Psychologie |hrsg=Hogrefe Verlag |abruf=2021-07-20}}</ref> Im Arbeitskontext kann die Arbeitsbeziehung als eine Form der Transaktion angesehen werden. Man tauscht beispielsweise Arbeit gegen Einkommen ein (Cropanzano et al., 2002).

Die in den 70er Jahren etablierten Equity-Theorie des Psychologen John Stacy Adams<ref name=":1" /> bestimmt hingegen Fairness anhand der Verteilung von Belohnungen und Beiträgen. Wenn das Verhältnis von Arbeitsergebnis (z.B. Bezahlung und Anerkennung) und Arbeitsleistung (z.B. Zeit und Aufwand) im Vergleich zu Kollegen gleich ist, wird dies als fair empfunden.<ref>{{Literatur |Autor=Adams, J. Stacy |Titel=Inequity In Social Exchange |Sammelwerk=Advances in Experimental Social Psychology |Band=2 |Datum=1966 |ISSN=0065-2601 |Seiten=267-299}}</ref>

1987 wurde das Konzept der Organisationalen Gerechtigkeit von Jerald Greenberg, Abramowitz Professor für [[Geschäftsethik]] und Professor für [[Organizational Behavior]] der [[Ohio State University]], eingeführt.<ref name=":0" /> Er publizierte mit Jason A. Collquist 2005 auf 700 Seiten ein umfassendes Handbuch zur Thematik Gerechtigkeitsforschung und Organisationale Gerechtigkeit.<ref>{{Literatur |Autor=Greenberg, Jerald and Collquit, Jason A. |Titel=Handbook of Organizational Justice |Verlag=Erlbaum |Datum=2005}}</ref>


== Dimensionen der Organisationalen Gerechtigkeit ==
== Dimensionen der Organisationalen Gerechtigkeit ==


[[Datei:Dimensionen_der_Organisationalen_Gerechtigkeit.jpeg |mini|562x562px|Die Dimensionen der Organisationalen Gerechtigkeit in Anlehnung an Greenberg, 1993<ref name=":3">{{Literatur |Autor=Greenberg, Jerald |Titel=The intellectual adolescence of organizational justice: You've come a long way, maybe |Datum=1993 | Sammelwerk=Social justice research |Band=6| Nummer=1| Seiten=135–148 |ISSN=0885-7466}}</ref> ]]
=== Verteilungsgerechtigkeit ===
{{Hauptartikel|Verteilungsgerechtigkeit}}
'''Verteilungsgerechtigkeit''', auch distributive Gerechtigkeit, befasst sich mit der Verteilung von Gütern in sozialen Gruppen. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Fairness sind die Ergebnisse im sozialen Vergleich.<ref>[https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/verteilungsgerechtigkeit/16366 Verteilungsgerechtigkeit - Lexikon der Psychologie - Spektrum]</ref>


Es wurden drei verschiedene Modelle diskutiert, welche organisationale Gerechtigkeit erklären sollten; nämlich jeweils ein Zwei-, Drei- und Vier-Faktoren-Modell.
Sie basiert auf Adams (1963) [[Equity-Theorie]], die besagt, dass Arbeitnehmer sich statt mit den absoluten Ergebnissen mit der Fairness dieser Ergebnisse auseinandersetzen. Diese Fairness wird im Vergleich und in Relation zu ihren Kollegen bestimmt.<ref>Gelens, Jolyn, Dries, Nicky, Hofmans, Joeri, and Pepermans, Roland. "The Role of Perceived Organizational Justice in Shaping the Outcomes of Talent Management: A Research Agenda." Human Resource Management Review 23.4 (2013): 341-53. Web.</ref>
=== Verfahrensgerechtigkeit ===
'''[[Verfahrensgerechtigkeit]]''', auch prozedurale Gerechtigkeit, unterscheidet zwischen der Gerechtigkeit von Verfahren sowie der Gerechtigkeit dessen Ergebnisse. Fairness wird anhand des [[Entscheidungsprozess]] diesbezüglich beurteilt.<ref>[https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-476-05345-9_21 Hinsch W. (2016) Verfahrensgerechtigkeit. In: Goppel A., Mieth C., Neuhäuser C. (eds) Handbuch Gerechtigkeit. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05345-9_21] S. 138</ref>


1987 wurde das Zwei-Faktoren-Modell von Greenberg vorgestellt<ref name=":0" />, welches die Dimensionen distributive und prozedurale Gerechtigkeit umfasste. Unterstützung für dieses Zwei-Faktoren-Modell bestätigten Sweeney und McFarlin sechs Jahre später. Durch die Anwendung von Strukturgleichungsmodellen fanden Sweeney und McFarlin heraus, dass distributive Gerechtigkeit mit Ergebnissen auf Personenebene (z.B. Lohnzufriedenheit) zusammenhängt, während prozedurale Gerechtigkeit mit Ergebnissen auf Organisationsebene zusammenhängt.<ref>{{Literatur |Autor=Sweeney, P. D. und McFarlin, D. B. |Titel=TWorkers' evaluations of the "ends" and the "means": An examination of four models of distributive and procedural justice |Datum=1993 | Sammelwerk=Organizational Behavior and Human Decision Processes |Band=55| Nummer=1| Seiten=23–40 |ISSN=0749-5978}}</ref>
=== Interaktionale Gerechtigkeit ===
Die Genauigkeit des Zwei-Faktoren-Modells wurde durch Studien in Frage gestellt, die darauf hindeuteten, dass ein dritte Dimension, interaktionale Gerechtigkeit, beteiligt sein könnte. Im Allgemeinen waren sich die Forscher über die Unterscheidung zwischen Verfahrens- und Verteilungsgerechtigkeit einig, bei der Unterscheidung zwischen interaktionaler und prozeduraler Gerechtigkeit herrschte hingegen Uneinigkeit.<ref name=":1" />
'''Interaktionale Gerechtigkeit''' bezieht sich auf die wahrgenommene Fairness im Arbeitskontext der Behandlung der Angestellten durch ihre Vorgesetzte.<ref>Nerdinger, Friedemann W, Blickle, Gerhard, and Schaper, Niclas. Arbeits- und Organisationspsychologie. 3., Vollst. überarb. Aufl. 2014 ed. Berlin: Springer, 2014. Springer-Lehrbuch. Web.</ref>
Greenberg adaptierte 1993 das Modell indem er die Dimension interaktionale Gerechtigkeit in interpersonale und informationale Gerechtigkeit unterteilt als dritte und vierte Dimension ergänzt.<ref name=":3" /> Anhand einer Konstruktvalidierungsstudie zeigte Colquitt (2001), dass ein solches Vier-Faktoren-Modell besser zu den Daten passt. Jede der vier Faktoren besitzen prognostische Validität für verschiedene aussagekräftige organisatorische Faktoren.<ref name=":1" />


== Rolle von Affekt ==
=== Distributive Gerechtigkeit ===
[[Affekt]] ist ein Schlüsselkonstrukt bei der Bildung von Wahrnehmung der organisationalen Gerechtigkeit. Die genaue Rolle steht in Abhängigkeit von der Form der untersuchten Affektivität ([[Emotion]]en, Stimmung) sowie dem Kontext und der Art der gemessenen Gerechtigkeit. Affekt kann als Vorbote, Ergebnis oder als Vermittler der Wahrnehmung von organisationaler Gerechtigkeit agieren.<ref>Barsky, Adam, Kaplan, Seth A, & Beal, Daniel J. (2011). Just Feelings? The Role of Affect in the Formation of Organizational Fairness Judgments. Journal of Management, 37(1), 248–279.</ref>


'''Distributive Gerechtigkeit''', auch ‚'''[[Verteilungsgerechtigkeit]]''', befasst sich mit der gerechten Verteilung von Ressourcen in sozialen Gruppen. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Fairness sind die Ergebnisse im sozialen Vergleich. Die verteilten Ressourcen können sowohl materiell (z.B. Bezahlung) oder immateriell (z.B. Lob) sein.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/verteilungsgerechtigkeit/16366 |titel= Verteilungsgerechtigkeit |werk=Lexikon der Psychologie |hrsg=Spektrum |abruf=2021-04-24}}</ref>
Affekte und Emotionen können Teil der Reaktionen auf wahrgenommene Ungerechtigkeit sein. Je mehr Ungerechtigkeit wahrgenommen wird, desto mehr negative Emotionen treten auf. Affekt kann als Vermittler zwischen Wahrnehmungen der Gerechtigkeit und Maßnahmen zur Beseitigung der wahrgenommenen Ungerechtigkeit fungieren, da emotionale Reaktionen, basierend auf der Equity-Theorie, als Motivation des Individuums dient, um Equity wieder herzustellen.<ref>Barsky, Adam, Kaplan, Seth A, & Beal, Daniel J. (2011). Just Feelings? The Role of Affect in the Formation of Organizational Fairness Judgments. Journal of Management, 37(1), 248–279.</ref>


Sie basiert auf Adams [[Equity-Theorie]], die besagt, dass Arbeitnehmer sich statt mit den absoluten Ergebnissen mit der Fairness dieser Ergebnisse auseinandersetzen. Diese Fairness wird im Vergleich und in Relation zu ihren Kollegen bestimmt.<ref>{{Literatur |Autor=Gelens, Jolyn and Dries, Nicky and Hofmans, Joeri and Pepermans, Roland, Jerald |Titel=The role of perceived organizational justice in shaping the outcomes of talent management: A research agenda |Datum=2013 | Sammelwerk=Human resource management review |Verlag=Elsevier Inc |Band=23| Nummer=4| Seiten=341-353 |ISSN=1053-4822}}</ref>
== Antezedens der Wahrnehmung ==

==== Fünf Typen distributiver Normen ====
Der Sozialpsychologe Donelson R. Forsyth postulierte fünf Typen distributiver Normen:<ref>{{Literatur |Autor=Forsyth, Donelson R. |Kapitel=Conflict |Titel=Group Dynamics |Datum=2014 |Auflage=6 |Verlag=Wadsworth Cengage Learning |Ort=Belmont, California |Band=23| Nummer=4| Seiten=388-389 |ISSN=1053-4822}}</ref>
* '''Gleichstellung''': Unabhängig von ihrem Beitrag sollen alle Gruppenmitglieder den gleichen Anteil an Belohnungen/Kosten erhalten. Gleichstellung unterstützt, dass jemand, der 20 % der Ressourcen der Gruppe beisteuert, genauso viel erhält wie jemand, der 60 % beisteuert.
* '''Gerechtigkeit''': Die Ergebnisse der Mitglieder sollen auf ihrem Beitrag basieren. Daher sollte eine Person, die viel investiert (z.B. Zeit, Geld, Energie), mehr von der Gruppe erhalten als jemand, der nur sehr wenig beigetragen hat. Mitglieder großer Gruppen ziehen es vor, die Zuteilung von Belohnungen und Kosten auf den Einsatz zu basieren
* '''Macht''': Diejenigen mit mehr Autorität, Status oder Kontrolle über die Gruppe sollten weniger erhalten als diejenigen in niedrigeren Positionen.
* '''Bedarf''': Diejenigen, die den größten Bedarf haben, sollten mit den Ressourcen versorgt werden, die sie benötigen, um diese Bedürfnisse zu decken. Diesen Personen sollten unabhängig von ihrem Beitrag mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt werden als denen, die sie bereits besitzen.
* '''Verantwortung''': Gruppenmitglieder, die am meisten haben, sollten ihre Ressourcen mit denen teilen, die weniger haben.

=== Prozedurale Gerechtigkeit ===
'''Prozedurale Gerechtigkeit''', auch '''[[Verfahrensgerechtigkeit]]''', unterscheidet zwischen der Gerechtigkeit von Verfahren sowie der Gerechtigkeit der daraus resultierende Ergebnisse. Fairness wird anhand des [[Entscheidungsprozess]] beurteilt. Die Wahrgenommene Fairness wird positiv von Transparenz und dem Gefühl der Mitsprache beeinflusst und resultiert in einem subjektiv fairen Verfahren. Die Anwendung fairer Verfahren hilft im Arbeitskontext zu vermitteln, dass die Mitarbeiter geschätzte Mitglieder der Gruppe sind.<ref>{{Literatur |Autor=Hinsch, Wilfried |Kapitel=Verfahrensgerechtigkeit |Titel=Handbuch Gerechtigkeit |Datum=2016 |Verlag=Springer Verlag |Hrsg=J.B. Metzler |Seiten=138-142 |ISBN=978-347-602463-3}}</ref>

==== Gerechtigkeitsregeln nach Leventhal ====
Gerald S. Leventhal stellte „Leventhals Regeln“ der prozeduralen Gerechtigkeit auf:<ref>{{Internetquelle |url=https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/fairness |titel=Fairness |werk=Dorsch - Lexikon der Psychologie |hrsg=Hogrefe Verlag |abruf=2021-07-26}}</ref>
* '''Konsistenz''': Die Regeln und Entscheidungsprozesse sollen für alle Personen gleich und für die gesamte Dauer des Verfahrens angewendet werden
* '''Neutralität''': Voreingenommenheit und persönliches Interesse der Entscheidungsträger soll keinen Einfluss auf Entscheidung haben
* '''Genauigkeit''': Die soll Entscheidungsfindung mit genauen Informationen untermauert werden
* '''Revidierbarkeit''': Fehlerhafte und unangemessene Entscheidungen sollen revidiert werden können
* '''Ethik''': Persönlichen Wertvorstellungen und ethische Werte sollten dem Verfahren entsprechen
* '''Repräsentativität''': Die Bedürfnisse und Meinungen aller betroffenen Parteien sollen berücksichtigt werden

==== Drei Typen der Verfahrensgerechtigkeit ====
Der Philosoph John Rawls unterscheidet drei Typen der Verfahrensgerechtigkeit in [[A Theory of Justice]]:<ref>{{Literatur |Autor=Rawls, John |Titel=A Theory of Justice |Datum=1999 |Verlag=Oxford University Press}}</ref>
* '''Vollkommene Verfahrensgerechtigkeit''' hat zwei Kritieren: ein unabhängiges Kriterium dafür, was ein faires oder gerechtes Ergebnis des Verfahrens ist, und ein Verfahren, das garantiert, dass das faire Ergebnis erzielt wird.
* '''Unvollkommene Verfahrensgerechtigkeit''' teilt das erste Merkmal perfekter Verfahrensgerechtigkeit – es gibt ein unabhängiges Kriterium für ein faires Ergebnis – aber keine Methode, die garantiert, dass das faire Ergebnis erzielt wird.
* '''Reine Verfahrensgerechtigkeit''' beschreibt Situationen, in denen es kein anderes Kriterium für ein gerechtes Ergebnis als das Verfahren selbst gibt.

=== Interaktionale Gerechtigkeit ===
'''Interaktionale Gerechtigkeit''' bezieht sich auf die wahrgenommene Fairness im Arbeitskontext der Behandlung der Angestellten durch ihre Vorgesetzte.<ref>{{Literatur |Autor=Nerdinger, Friedemann W, Blickle, Gerhard, and Schaper, Niclas |Kapitel=Verfahrensgerechtigkeit |Titel=Arbeits- und Organisationspsychologie |Datum=2014 |Verlag=Springer Verlag |Ort=Berlin |Auflage=3}}</ref>

Interaktionale Gerechtigkeit beinhaltet zwei spezifische Arten zwischenmenschlicher Behandlung: interpersonale und informationale Gerechtigkeit.
'''Interpersonale Gerechtigkeit''', spiegelt den Grad wider, in dem Menschen mit Höflichkeit, Würde und Respekt von Entscheidungsträgern behandelt werden, einschließlich der Vermittlung von Verständnis für Sorgen und Befürchtungen der Mitarbeiter seitens der Entscheidungsträger.
Die '''informationale Gerechtigkeit''' konzentriert sich auf wahrheitsgetreue und adäquate Erklärungen, welche eine Entscheidung begründen. Sie beinhaltet ebenso den Aspekt der Transperenz und eine ausreichende Verfügbarkeit und Zugänglichkeit relevanter Informationen.<ref>{{Internetquelle |url=https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/fairness |titel=Fairness |werk=Dorsch - Lexikon der Psychologie |hrsg=Hogrefe Verlag |abruf=2021-07-26}}</ref>

== Bedingungen organisationaler Gerechtigkeit ==


=== Mitarbeiterbeteiligung ===
=== Mitarbeiterbeteiligung ===
Eine Vorbedingung der Wahrnehmung organisationaler Gerechtigkeit ist die [[Mitarbeiterbeteiligung]]; das Ausmaß wieweit Mitarbeiter das Gefühl haben an Entscheidungen oder anderen Prozessen beteiligt zu sein. Die wahrgenommene Gerechtigkeit nimmt mit erhöhtem Gefühl an Beteiligung zu, als wenn Mitarbeiter die Möglichkeit zur Teilnahme nicht wahrnehmen. Dies ist ebenso der Fall, wenn das Ergebnis beziehungsweise die Entscheidung für den Einzelnen ungünstig ist.<ref>Robert J. Bies, & Debra L. Shapiro. (1988). Voice and Justification: Their Influence on Procedural Fairness Judgments. ''Academy of Management Journal,'' ''31''(3), 676–685.</ref>
Eine Vorbedingung der Wahrnehmung organisationaler Gerechtigkeit ist die [[Mitarbeiterbeteiligung]]; das Ausmaß wieweit Mitarbeiter das Gefühl haben an Entscheidungen oder anderen Prozessen beteiligt zu sein. Die wahrgenommene Gerechtigkeit nimmt mit erhöhtem Gefühl an Beteiligung zu, als wenn Mitarbeiter die Möglichkeit zur Teilnahme nicht wahrnehmen. Dies ist ebenso der Fall, wenn das Ergebnis beziehungsweise die Entscheidung für den Einzelnen ungünstig ist.<ref>{{Literatur |Autor=Bies, R. J and Shapiro, D. L |Seiten=676-685 |Titel=Voice and Justification: Their Influence on Procedural Fairness Judgments |Datum=1988 |Sammelwerk=Academy of Management journal |Band=31 |ISSN=0001-4273 |Nummer=3}}</ref>

=== Kommunikation ===
=== Kommunikation ===
Eine weitere Vorbedingung der organisationalen Gerechtigkeit ist die organisatorische [[Kommunikation]] mit den Mitarbeitern. Die Qualität der Kommunikation seitens der Organisation beziehungsweise des Manager kann wahrgenommene Gerechtigkeit verbessern, indem das Vertrauen des Vorgesetzten gestärkt und das Gefühl von Unsicherheit vermindert wird.<ref>Kernan, Mary C, & Hanges, Paul J. (2002). Survivor Reactions to Reorganization. ''Journal of Applied Psychology,'' ''87''(5), 916–928.</ref> Die vermittelte Informationen sollten korrekt, aktuell und hilfreich sein, damit sich die Wahrnehmung der Gerechtigkeit positiv auswirkt.<ref>David M. Schweiger, & Angelo S. DeNisi. (1991). Communication with Employees following a Merger: A Longitudinal Field Experiment. Academy of Management Journal, 34(1), 110–135.</ref>
Eine weitere Vorbedingung der organisationalen Gerechtigkeit ist die organisatorische [[Kommunikation]] mit den Mitarbeitern. Die Qualität der Kommunikation seitens der Organisation beziehungsweise des Manager kann wahrgenommene Gerechtigkeit verbessern, indem das Vertrauen des Vorgesetzten gestärkt und das Gefühl von Unsicherheit vermindert wird.<ref>{{Literatur |Autor=Kernan, Mary C and Hanges, Paul J |Seiten=916-928 |Titel=CSurvivor Reactions to Reorganization: Antecedents and Consequences of Procedural, Interpersonal, and Informational Justice |Datum=2002 |Sammelwerk=Journal of applied psychology |Band=87 |ISSN=0021-9010 |Nummer=5}}</ref> Die vermittelte Informationen sollten korrekt, aktuell und hilfreich sein, damit sich die Wahrnehmung der Gerechtigkeit positiv auswirkt.<ref>{{Literatur |Autor=Schweiger, D. M and Denisi, A. S |Seiten=110-135 |Titel=Communication with Employees following a Merger: A Longitudinal Field Experiment |Datum=1991 |Sammelwerk=Academy of Management journal |Band=34 |ISSN=0001-4273 |Nummer=1}}</ref>

=== Gerechtigkeitsklima ===
=== Gerechtigkeitsklima ===
Das Gerechtigkeitsklima ist eine weitere Vorbedingung der organisationalen Gerechtigkeit. Dieses wird auf der Ebene des Teams gebildet und kann sich auf die Ansichten der Einzelnen auswirken.<ref>{{Literatur |Autor=Li, Andrew and Cropanzano, Russell |Seiten=564-599 |Titel=Fairness at the Group Level: Justice Climate and Intraunit Justice Climate |Datum=2009 |Verlag=SAGE Publications |Sammelwerk=Journal of Management |Band=35 |ISSN=0149-2063 |Nummer=3}}</ref> Wenn Mitarbeiter im Team ihre Wahrnehmungen miteinander teilen, kann dies zu einer gemeinsamen Interpretation der Fairness bezüglich eines Ereignisses führen. Diese Bewertungen der Gerechtigkeit können zudem von anderen Teammitgliedern erlernt werden, welches eine homogene Wahrnehmung der Gerechtigkeit innerhalb des Teams verstärkt und ein Gerechtigkeitsklima schafft. Dadurch kann die Wahrnehmung von Gerechtigkeit auf der Ebene des Teams, als Vorbedingung der Wahrnehmung Gerechtigkeit des Einzelnen fungieren.<ref>{{Literatur |Autor=Roberson, Quinetta M and Colquitt, Jason A |Seiten=595-607 |Titel=Shared and Configural Justice: A Social Network Model of Justice in Teams |Datum=2005 |Sammelwerk=Academy of Management review |Band=30 |ISSN=0363-7425 |Nummer=1}}</ref>

== Siehe auch ==

{{Mehrspaltige Liste |liste=
* [[Absentismus]]
* [[Affekt]]
* [[Arbeitszufriedenheit]]
* [[Corporate Social Responsibility]]
* [[Equity-Theorie]]
* [[Gerechtigkeit]]
* [[Kontraproduktives Verhalten]]
* [[Organizational Citizenship Behaviour]]
* [[Organisationales Commitment]]
* [[Regelgerechtigkeit]]
* [[Vertrauen]]
* [[Verteilungsgerechtigkeit]]
}}

== Literatur ==
* Colquitt, Jason A.: ''Handbook of Organizational Justice.'' Taylor and Francis 2013, ISBN 978-1-138-01273-8


Das Gerechtigkeitsklima ist eine weitere Vorbedingung der organisationalen Gerechtigkeit. Dieses wird auf der Ebene des Teams gebildet und kann sich auf die Ansichten der Einzelnen auswirken.<ref>Li, Andrew, & Cropanzano, Russell. (2009). Fairness at the Group Level: Justice Climate and Intraunit Justice Climate. Journal of Management, 35(3), 564–599.</ref> Wenn Mitarbeiter im Team ihre Wahrnehmungen miteinander teilen, kann dies zu einer gemeinsamen Interpretation der Fairness bezüglich eines Ereignisses führen. Diese Bewertungen der Gerechtigkeit können zudem von anderen Teammitgliedern erlernt werden, welches eine homogene Wahrnehmung der Gerechtigkeit innerhalb des Teams verstärkt und ein Gerechtigkeitsklima schafft. Dadurch kann die Wahrnehmung von Gerechtigkeit auf der Ebene des Teams, als Vorbedingung der Wahrnehmung Gerechtigkeit des Einzelnen fungieren.<ref>Quinetta M. Roberson, & Jason A. Colquitt. (2005). Shared and Configural Justice: A Social Network Model of Justice in Teams. The Academy of Management Review, 30(3), 595–607.</ref>
== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />

Version vom 31. Juli 2021, 10:34 Uhr

Organisationale Gerechtigkeit (engl. ‚organizational justice), auch organisationale Fairness, ist ein Konzept der Arbeits- und Organisationspsychologie, welches sich auf die subjektiv wahrgenommene Gerechtigkeit von Mitarbeitern im Arbeitskontext innerhalb einer Organisation bezieht. Als gerecht gilt, was als gerecht erlebt wird.[1]

Die Wahrgenommene Gerechtigkeit nimmt Einfluss auf das Verhalten, die Einstellungen, die Motivation und die Arbeitszufriedenheit von Arbeitnehmern im Arbeitskontext. Sie fördert organisatorisches Engagement, effektive Arbeitsleistung sowie Organizational Citizenship Behaviour und reduziert negative Auswirkungen wie Stress am Arbeitsplatz.[2] Gegenstand der subjektiv wahrgenommen Gerechtigkeit sind die distributive, prozedurale und interaktionale Gerechtigkeit. Diese befassen sich mit der fairen Verteilung von Ressourcen, Entscheidungsprozessen und zwischenmenschlichen Interaktionen.[3][4][5]

Ein verwandtes Konzept der organisationalen Gerechtigkeit ist die Corporate Social Responsibility. Während sich ersteres auf die Wahrnehmung von Gerechtigkeit von Individuen innerhalb einer Organisation fokussiert, bezieht sich letzteres auf den gerechten Umgang mit Individuen und Gruppen außerhalb der Organisation. Corporate Social Responsibility baut auf einen Mechanismus, mit dem Unternehmen ihre Leistung im Einklang mit moralischen und gesellschaftlichen Standards überwachen und regulieren. Der daraus resultierende positive Einfluss ist von Vorteil für ihre Stakeholder. Organisationen agieren daher über das Mindestmaß sozialer Normen hinaus, wovon letztlich die Allgemeinheit der Gesellschaft profitiert.[6]

Hintergrund

Die Idee der Organisationsgerechtigkeit findet ihren Ursprung in der Gerechtigkeitsforschung, speziell der Austauschtheorie und Equity-Theorie.[2] Beim sozialen Austausch, basierend auf Annahmen der Sozialpsychologen John W. Thibaut und Harold H. Kelley, wird die Beurteilung anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt. Da die Bilanz neben dem eigenen Verhalten auch durch eine Drittperson beeinflusst wird, sozusagen wechselseitige Transaktionen, entsteht wiederum eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen den Interagierenden.[7] Im Arbeitskontext kann die Arbeitsbeziehung als eine Form der Transaktion angesehen werden. Man tauscht beispielsweise Arbeit gegen Einkommen ein (Cropanzano et al., 2002).

Die in den 70er Jahren etablierten Equity-Theorie des Psychologen John Stacy Adams[3] bestimmt hingegen Fairness anhand der Verteilung von Belohnungen und Beiträgen. Wenn das Verhältnis von Arbeitsergebnis (z.B. Bezahlung und Anerkennung) und Arbeitsleistung (z.B. Zeit und Aufwand) im Vergleich zu Kollegen gleich ist, wird dies als fair empfunden.[8]

1987 wurde das Konzept der Organisationalen Gerechtigkeit von Jerald Greenberg, Abramowitz Professor für Geschäftsethik und Professor für Organizational Behavior der Ohio State University, eingeführt.[1] Er publizierte mit Jason A. Collquist 2005 auf 700 Seiten ein umfassendes Handbuch zur Thematik Gerechtigkeitsforschung und Organisationale Gerechtigkeit.[9]

Dimensionen der Organisationalen Gerechtigkeit

Die Dimensionen der Organisationalen Gerechtigkeit in Anlehnung an Greenberg, 1993[10]

Es wurden drei verschiedene Modelle diskutiert, welche organisationale Gerechtigkeit erklären sollten; nämlich jeweils ein Zwei-, Drei- und Vier-Faktoren-Modell.

1987 wurde das Zwei-Faktoren-Modell von Greenberg vorgestellt[1], welches die Dimensionen distributive und prozedurale Gerechtigkeit umfasste. Unterstützung für dieses Zwei-Faktoren-Modell bestätigten Sweeney und McFarlin sechs Jahre später. Durch die Anwendung von Strukturgleichungsmodellen fanden Sweeney und McFarlin heraus, dass distributive Gerechtigkeit mit Ergebnissen auf Personenebene (z.B. Lohnzufriedenheit) zusammenhängt, während prozedurale Gerechtigkeit mit Ergebnissen auf Organisationsebene zusammenhängt.[11] Die Genauigkeit des Zwei-Faktoren-Modells wurde durch Studien in Frage gestellt, die darauf hindeuteten, dass ein dritte Dimension, interaktionale Gerechtigkeit, beteiligt sein könnte. Im Allgemeinen waren sich die Forscher über die Unterscheidung zwischen Verfahrens- und Verteilungsgerechtigkeit einig, bei der Unterscheidung zwischen interaktionaler und prozeduraler Gerechtigkeit herrschte hingegen Uneinigkeit.[3] Greenberg adaptierte 1993 das Modell indem er die Dimension interaktionale Gerechtigkeit in interpersonale und informationale Gerechtigkeit unterteilt als dritte und vierte Dimension ergänzt.[10] Anhand einer Konstruktvalidierungsstudie zeigte Colquitt (2001), dass ein solches Vier-Faktoren-Modell besser zu den Daten passt. Jede der vier Faktoren besitzen prognostische Validität für verschiedene aussagekräftige organisatorische Faktoren.[3]

Distributive Gerechtigkeit

Distributive Gerechtigkeit, auch ‚Verteilungsgerechtigkeit, befasst sich mit der gerechten Verteilung von Ressourcen in sozialen Gruppen. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Fairness sind die Ergebnisse im sozialen Vergleich. Die verteilten Ressourcen können sowohl materiell (z.B. Bezahlung) oder immateriell (z.B. Lob) sein.[12]

Sie basiert auf Adams Equity-Theorie, die besagt, dass Arbeitnehmer sich statt mit den absoluten Ergebnissen mit der Fairness dieser Ergebnisse auseinandersetzen. Diese Fairness wird im Vergleich und in Relation zu ihren Kollegen bestimmt.[13]

Fünf Typen distributiver Normen

Der Sozialpsychologe Donelson R. Forsyth postulierte fünf Typen distributiver Normen:[14]

  • Gleichstellung: Unabhängig von ihrem Beitrag sollen alle Gruppenmitglieder den gleichen Anteil an Belohnungen/Kosten erhalten. Gleichstellung unterstützt, dass jemand, der 20 % der Ressourcen der Gruppe beisteuert, genauso viel erhält wie jemand, der 60 % beisteuert.
  • Gerechtigkeit: Die Ergebnisse der Mitglieder sollen auf ihrem Beitrag basieren. Daher sollte eine Person, die viel investiert (z.B. Zeit, Geld, Energie), mehr von der Gruppe erhalten als jemand, der nur sehr wenig beigetragen hat. Mitglieder großer Gruppen ziehen es vor, die Zuteilung von Belohnungen und Kosten auf den Einsatz zu basieren
  • Macht: Diejenigen mit mehr Autorität, Status oder Kontrolle über die Gruppe sollten weniger erhalten als diejenigen in niedrigeren Positionen.
  • Bedarf: Diejenigen, die den größten Bedarf haben, sollten mit den Ressourcen versorgt werden, die sie benötigen, um diese Bedürfnisse zu decken. Diesen Personen sollten unabhängig von ihrem Beitrag mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt werden als denen, die sie bereits besitzen.
  • Verantwortung: Gruppenmitglieder, die am meisten haben, sollten ihre Ressourcen mit denen teilen, die weniger haben.

Prozedurale Gerechtigkeit

Prozedurale Gerechtigkeit, auch Verfahrensgerechtigkeit, unterscheidet zwischen der Gerechtigkeit von Verfahren sowie der Gerechtigkeit der daraus resultierende Ergebnisse. Fairness wird anhand des Entscheidungsprozess beurteilt. Die Wahrgenommene Fairness wird positiv von Transparenz und dem Gefühl der Mitsprache beeinflusst und resultiert in einem subjektiv fairen Verfahren. Die Anwendung fairer Verfahren hilft im Arbeitskontext zu vermitteln, dass die Mitarbeiter geschätzte Mitglieder der Gruppe sind.[15]

Gerechtigkeitsregeln nach Leventhal

Gerald S. Leventhal stellte „Leventhals Regeln“ der prozeduralen Gerechtigkeit auf:[16]

  • Konsistenz: Die Regeln und Entscheidungsprozesse sollen für alle Personen gleich und für die gesamte Dauer des Verfahrens angewendet werden
  • Neutralität: Voreingenommenheit und persönliches Interesse der Entscheidungsträger soll keinen Einfluss auf Entscheidung haben
  • Genauigkeit: Die soll Entscheidungsfindung mit genauen Informationen untermauert werden
  • Revidierbarkeit: Fehlerhafte und unangemessene Entscheidungen sollen revidiert werden können
  • Ethik: Persönlichen Wertvorstellungen und ethische Werte sollten dem Verfahren entsprechen
  • Repräsentativität: Die Bedürfnisse und Meinungen aller betroffenen Parteien sollen berücksichtigt werden

Drei Typen der Verfahrensgerechtigkeit

Der Philosoph John Rawls unterscheidet drei Typen der Verfahrensgerechtigkeit in A Theory of Justice:[17]

  • Vollkommene Verfahrensgerechtigkeit hat zwei Kritieren: ein unabhängiges Kriterium dafür, was ein faires oder gerechtes Ergebnis des Verfahrens ist, und ein Verfahren, das garantiert, dass das faire Ergebnis erzielt wird.
  • Unvollkommene Verfahrensgerechtigkeit teilt das erste Merkmal perfekter Verfahrensgerechtigkeit – es gibt ein unabhängiges Kriterium für ein faires Ergebnis – aber keine Methode, die garantiert, dass das faire Ergebnis erzielt wird.
  • Reine Verfahrensgerechtigkeit beschreibt Situationen, in denen es kein anderes Kriterium für ein gerechtes Ergebnis als das Verfahren selbst gibt.

Interaktionale Gerechtigkeit

Interaktionale Gerechtigkeit bezieht sich auf die wahrgenommene Fairness im Arbeitskontext der Behandlung der Angestellten durch ihre Vorgesetzte.[18]

Interaktionale Gerechtigkeit beinhaltet zwei spezifische Arten zwischenmenschlicher Behandlung: interpersonale und informationale Gerechtigkeit. Interpersonale Gerechtigkeit, spiegelt den Grad wider, in dem Menschen mit Höflichkeit, Würde und Respekt von Entscheidungsträgern behandelt werden, einschließlich der Vermittlung von Verständnis für Sorgen und Befürchtungen der Mitarbeiter seitens der Entscheidungsträger. Die informationale Gerechtigkeit konzentriert sich auf wahrheitsgetreue und adäquate Erklärungen, welche eine Entscheidung begründen. Sie beinhaltet ebenso den Aspekt der Transperenz und eine ausreichende Verfügbarkeit und Zugänglichkeit relevanter Informationen.[19]

Bedingungen organisationaler Gerechtigkeit

Mitarbeiterbeteiligung

Eine Vorbedingung der Wahrnehmung organisationaler Gerechtigkeit ist die Mitarbeiterbeteiligung; das Ausmaß wieweit Mitarbeiter das Gefühl haben an Entscheidungen oder anderen Prozessen beteiligt zu sein. Die wahrgenommene Gerechtigkeit nimmt mit erhöhtem Gefühl an Beteiligung zu, als wenn Mitarbeiter die Möglichkeit zur Teilnahme nicht wahrnehmen. Dies ist ebenso der Fall, wenn das Ergebnis beziehungsweise die Entscheidung für den Einzelnen ungünstig ist.[20]

Kommunikation

Eine weitere Vorbedingung der organisationalen Gerechtigkeit ist die organisatorische Kommunikation mit den Mitarbeitern. Die Qualität der Kommunikation seitens der Organisation beziehungsweise des Manager kann wahrgenommene Gerechtigkeit verbessern, indem das Vertrauen des Vorgesetzten gestärkt und das Gefühl von Unsicherheit vermindert wird.[21] Die vermittelte Informationen sollten korrekt, aktuell und hilfreich sein, damit sich die Wahrnehmung der Gerechtigkeit positiv auswirkt.[22]

Gerechtigkeitsklima

Das Gerechtigkeitsklima ist eine weitere Vorbedingung der organisationalen Gerechtigkeit. Dieses wird auf der Ebene des Teams gebildet und kann sich auf die Ansichten der Einzelnen auswirken.[23] Wenn Mitarbeiter im Team ihre Wahrnehmungen miteinander teilen, kann dies zu einer gemeinsamen Interpretation der Fairness bezüglich eines Ereignisses führen. Diese Bewertungen der Gerechtigkeit können zudem von anderen Teammitgliedern erlernt werden, welches eine homogene Wahrnehmung der Gerechtigkeit innerhalb des Teams verstärkt und ein Gerechtigkeitsklima schafft. Dadurch kann die Wahrnehmung von Gerechtigkeit auf der Ebene des Teams, als Vorbedingung der Wahrnehmung Gerechtigkeit des Einzelnen fungieren.[24]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c Greenberg, Jerald: A Taxonomy of Organizational Justice Theories. In: Academy of Management Review. Band 12, Nr. 1, 1987, ISSN 0363-7425, S. 9–22, doi:10.5465/amr.1987.4306437.
  2. a b Pan, Xiaofu and Chen, Mengyan and Hao, Zhichao and Bi, Wenfen: The Effects of Organizational Justice on Positive Organizational Behavior: Evidence from a Large-Sample Survey and a Situational Experiment. In: Frontiers in Psychology. Band 8, 2018, ISSN 1664-1078, 2315, 2-3, doi:10.3389/fpsyg.2017.02315.
  3. a b c d Colquitt, Jason A.: On the dimensionality of organizational justice : A construct validation of a measure. In: Journal of applied psychology. Band 86, Nr. 3, 2001, ISSN 0021-9010, S. 386–400.
  4. Organisationale Fairness. In: Dorsch - Lexikon der Psychologie. Hogrefe Verlag, abgerufen am 20. Juni 2021.
  5. Organizational Justice. In: Oxford Bibliographies. Oxford University Press, abgerufen am 20. Juni 2021.
  6. Caroll, Archie: Corporate Social Responsibility: Evolution of a Definitional Construct. In: Business & Society. Band 38, Nr. 3, 1999, ISSN 0007-6503, S. 268–295, doi:10.1177/000765039903800303.
  7. Sozialer Austausch. In: Dorsch - Lexikon der Psychologie. Hogrefe Verlag, abgerufen am 20. Juli 2021.
  8. Adams, J. Stacy: Inequity In Social Exchange. In: Advances in Experimental Social Psychology. Band 2, 1966, ISSN 0065-2601, S. 267–299.
  9. Greenberg, Jerald and Collquit, Jason A.: Handbook of Organizational Justice. Erlbaum, 2005.
  10. a b Greenberg, Jerald: The intellectual adolescence of organizational justice: You've come a long way, maybe. In: Social justice research. Band 6, Nr. 1, 1993, ISSN 0885-7466, S. 135–148.
  11. Sweeney, P. D. und McFarlin, D. B.: TWorkers' evaluations of the "ends" and the "means": An examination of four models of distributive and procedural justice. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes. Band 55, Nr. 1, 1993, ISSN 0749-5978, S. 23–40.
  12. Verteilungsgerechtigkeit. In: Lexikon der Psychologie. Spektrum, abgerufen am 24. April 2021.
  13. Gelens, Jolyn and Dries, Nicky and Hofmans, Joeri and Pepermans, Roland, Jerald: The role of perceived organizational justice in shaping the outcomes of talent management: A research agenda. In: Human resource management review. Band 23, Nr. 4. Elsevier Inc, 2013, ISSN 1053-4822, S. 341–353.
  14. Forsyth, Donelson R.: Group Dynamics. 6. Auflage. Band 23, Nr. 4. Wadsworth Cengage Learning, 2014, ISSN 1053-4822, Conflict, S. 388–389.
  15. Hinsch, Wilfried: Handbuch Gerechtigkeit. Hrsg.: J.B. Metzler. Springer Verlag, 2016, ISBN 978-3-476-02463-3, Verfahrensgerechtigkeit, S. 138–142.
  16. Fairness. In: Dorsch - Lexikon der Psychologie. Hogrefe Verlag, abgerufen am 26. Juli 2021.
  17. Rawls, John: A Theory of Justice. Oxford University Press, 1999.
  18. Nerdinger, Friedemann W, Blickle, Gerhard, and Schaper, Niclas: Arbeits- und Organisationspsychologie. 3. Auflage. Springer Verlag, Berlin 2014, Verfahrensgerechtigkeit.
  19. Fairness. In: Dorsch - Lexikon der Psychologie. Hogrefe Verlag, abgerufen am 26. Juli 2021.
  20. Bies, R. J and Shapiro, D. L: Voice and Justification: Their Influence on Procedural Fairness Judgments. In: Academy of Management journal. Band 31, Nr. 3, 1988, ISSN 0001-4273, S. 676–685.
  21. Kernan, Mary C and Hanges, Paul J: CSurvivor Reactions to Reorganization: Antecedents and Consequences of Procedural, Interpersonal, and Informational Justice. In: Journal of applied psychology. Band 87, Nr. 5, 2002, ISSN 0021-9010, S. 916–928.
  22. Schweiger, D. M and Denisi, A. S: Communication with Employees following a Merger: A Longitudinal Field Experiment. In: Academy of Management journal. Band 34, Nr. 1, 1991, ISSN 0001-4273, S. 110–135.
  23. Li, Andrew and Cropanzano, Russell: Fairness at the Group Level: Justice Climate and Intraunit Justice Climate. In: Journal of Management. Band 35, Nr. 3. SAGE Publications, 2009, ISSN 0149-2063, S. 564–599.
  24. Roberson, Quinetta M and Colquitt, Jason A: Shared and Configural Justice: A Social Network Model of Justice in Teams. In: Academy of Management review. Band 30, Nr. 1, 2005, ISSN 0363-7425, S. 595–607.