„Subjektorientierung“ – Versionsunterschied

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Version vom 20. November 2021, 13:12 Uhr

Die Subjektorientierung geht unter Voraussetzung der Subjekt-Objekt-Spaltung von einer Hinwendung und Konzentration auf das Subjekt aus, dessen Eigenarten, Strukturen und Interessen in unterschiedlichen wissenschaftlichen Theorien und ihren Praxisanwendungen im Mittelpunkt stehen. Das objektiv und allgemein Gegebene trifft immer auf ein individuelles Subjekt, das seine Wahrnehmungen sehr verschieden verarbeitet und sich so seine „eigene“ Welt aufbaut. Eine fehlende Subjektorientierung kann zu Desinteresse und Abwendung führen.

Das Prinzip gilt auf der theoretischen Ebene für die Philosophie, wenn sie speziell die Lebenswelt des Menschen reflektiert, wie es besonders die Phänomenologie in der Folge von Edmund Husserl getan hat. Auch die modernen Theorien des philosophischen Konstruktivismus und der Diskursanalyse halten den Blick auf das Subjekt für zentral. Ebenso trifft es für die Soziologie zu, die mit Alfred Schütz und Peter L. Berger/Thomas Luckmann die Lebenswelt fokussiert. In der Folge steht gegenwärtig die Subjektorientierte Soziologie. Anwendungen wie die Sozialarbeit gegen vielfach primär subjektorientert vor, um überhaupt bei den Klienten wirksam zu werden. Ähnliches gilt dem Anspruch nach für die Krankenpflege.[1]

In der Theorie der Psychologie wird im Konstruktivismus der Zugang über das sich entwickelnde Subjekt gesucht. Anwendungen finden sich auch in vielen Bereichspsychologien, etwa als Adressatenbezug der Werbepsychologie.

Ein sehr weites Feld hat das Prinzip der Subjektorientierung in allen Gebieten der Pädagogik und Erziehung. Stehen stärker die Entwicklungsprozesse der Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt, sind die Strukturen der Welt, in die sie hineinwachsen, oder der konkreten Lerngegenstände zunächst zweitrangig. Die vorgefundenen Lernstände sind zum Ausgangspunkt zu nehmen, was sich in dem bekannten Motto etwa der Schülerorientierung „Die Schüler abholen, wo sie stehen!“ ausdrückt. Vertiefte Subjektorientierung gehört in der Lernpsychologie und Allgemeinen Didaktik zu den standardmäßigen Standpunkten bzw. Forderungen, explizit bspw. bei Lothar Klingberg. Zu den jüngeren Entwicklungen in mehreren Fachdidaktiken gehört der reflektierte Subjektbezug, so in der Politischen Bildung, der Geschichtsdidaktik und der Religionspädagogik. Insbesondere wenn es um freiwilliges Lernen, etwa in der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung geht, müssen die Vorstellungen und Erfahrungen der Lerner berücksichtigt werden, um an sie „heranzukommen“.

Literatur

  • Christoph Bauer: „Subjektorientierung“?: Kritik des Subjektbegriffs in der Didaktik der schulischen politischen Bildung, Klinkhardt 2017 ISBN 978-3781521889
  • Bettina Langfeldt: Subjektorientierung in der Arbeits- und Industriesoziologie : Theorien, Methoden und Instrumente zur Erfassung von Arbeit und Subjektivität. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-531-91654-5.
  • Michael Görtler, Stefanie Bauer, Heidi Ellner, Kathrin Oeder, Markus Scheffel: Subjektorientierung, Lehren und Lernen. Norderstedt 2017, ISBN 978-3-7431-9083-2.
  • Jürgen Mangold: Lebenswelt- und Subjektorientierung kritische Praxis sozialer Arbeit. Berlin 1997, ISBN 978-3-86135-155-9.
  • Martin Rothgangel, Henrik Simojoki, Ulrich H. J. Körtner, Vandenhoeck & Ruprecht: Theologische Schlüsselbegriffe : subjektorientiert - biblisch - systematisch - didaktisch. Neuausgabe. 6., komplett neu erarbeitete Auflage. Göttingen 2019, ISBN 978-3-525-70284-0.

Einzelbelege

  1. Birgit Grotejohann: Subjektorientierung in der Medizin. 23. Juli 2015, doi:10.18452/17265 (hu-berlin.de [abgerufen am 20. November 2021]).