„Moulton-Ebene“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Moulton_plane.svg|thumb|Geraden in der Moulton-Ebene]]
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Die '''Moulton-Ebene''' ist ein oft benutztes Beispiel für eine [[affine Ebene]], in der der [[Satz von Desargues]] nicht gilt, also einer '''nichtdesargueschen Ebene'''. Damit liefern ihre Koordinaten zugleich ein Beispiel eines [[Ternärkörper]]s, der kein Schiefkörper ist. Sie wurde zuerst 1902 von dem amerikanischen Astronom [[Forest Ray Moulton]] beschrieben<ref>Forest Ray Moulton: ''A simple non-desarguesian plane geometry'': Transactions of the American Mathematical Society 3, 1902,192-195 </ref> und später nach ihm benannt.
Die '''Moulton-Ebene''' ist ein oft benutztes Beispiel für eine [[affine Ebene]], in der der [[Satz von Desargues]] nicht gilt, also einer '''nichtdesargueschen Ebene'''. Damit liefern ihre Koordinaten zugleich ein Beispiel eines [[Ternärkörper]]s, der kein Schiefkörper ist. Sie wurde zuerst 1902 von dem amerikanischen Astronom [[Forest Ray Moulton]] beschrieben<ref>Moulton (1902)</ref> und später nach ihm benannt.


Die [[Punkt (Geometrie)|Punkte]] der Moulton-Ebene sind die normalen Punkte der reellen Ebene und die Geraden sind die normalen [[Gerade]]n der reellen Ebene mit der Ausnahme, dass Geraden mit negativer [[Steigung]] an der Y-Achse einen Knick haben, d.h. beim Passieren der Y-Achse ändert sich ihre Steigung: In der rechten [[Halbebene]] ist sie doppelt so groß wie in der linken Halbebene.
Die [[Punkt (Geometrie)|Punkte]] der Moulton-Ebene sind die normalen Punkte der reellen Ebene und die Geraden sind die normalen [[Gerade]]n der reellen Ebene mit der Ausnahme, dass Geraden mit negativer [[Steigung]] an der Y-Achse einen Knick haben, d.h. beim Passieren der Y-Achse ändert sich ihre Steigung: In der rechten [[Halbebene]] ist sie doppelt so groß wie in der linken Halbebene.
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== Anwendungen ==
== Anwendungen ==
Die Moulton-Ebene stellt durch ihre Existenz einen Beweis dar, dass nicht-desarguessche affine Ebenen existieren und sogar dafür, dass affine Ebenen existieren, die keine [[Affine Translationsebene|affine Translationsebenen]] sind. Da man zu jeder affinen Ebene eine zugehörige projektive Ebene konstruieren kann (den ''projektiven Abschluss''), ist damit auch die Existenz von nicht-desargueschen projektiven Ebenen gesichert und sogar die Existenz von projektiven Ebenen, die keine [[Moufangebene]]n sind. Da in <math> PG(2,K) </math> der Satz von Desargues gilt, bedeutet dies die Existenz projektiver Ebenen, die nicht zu <math> PG(2,K) </math> isomorph sind. Daraus folgt: Es können nicht alle projektiven Ebenen mit Hilfe der kanonischen Konstruktion aus 3-dimensionalen (Links-)[[Vektorraum|Vektorräumen]] über einem [[Schiefkörper|(Schief-)]]Körper <math>K</math> beschrieben werden.
Die Moulton-Ebene stellt durch ihre Existenz einen Beweis dar, dass nicht-desarguessche affine Ebenen existieren und sogar dafür, dass affine Ebenen existieren, die keine [[Affine Translationsebene|affine Translationsebenen]] sind. Da man zu jeder affinen Ebene eine zugehörige projektive Ebene konstruieren kann (den ''projektiven Abschluss''), ist damit auch die Existenz von nicht-desargueschen projektiven Ebenen gesichert und sogar die Existenz von projektiven Ebenen, die keine [[Moufangebene]]n sind. Da in projektiven Ebenen der Satz von Desargues gilt, folgt daraus: Es können nicht alle projektiven Ebenen mit Hilfe der kanonischen Konstruktion aus 3-dimensionalen (Links-)[[Vektorraum|Vektorräumen]] über einem [[Schiefkörper|(Schief-)]]Körper <math>K</math> beschrieben werden.

== Verallgemeinerungen ==
=== Moulton-Ebenen vom reellen Typ ===
Analog zu der in diesem Artikel beschriebenen ''reellen'' Moulton-Ebene kann man ausgehend von einem beliebigen [[geordneter Körper|geordneten Körper]] affine Ebenen definieren, indem man die Multiplikation wie für die Moulton-Ebene modifiziert.<ref name="Pierce">Pierce (1961)</ref> Diese Verallgemeinerung ist im Artikel [[Kartesische Gruppe]] beschrieben.

=== Endliche Moulton-Ebenen ===
Aus bestimmten [[Endlicher Körper|endlichen Körpern]] kann man durch Modifikation der Multiplikation einen ''Quasikörper'' gewinnen. Die affine Ebene über einem solchen Quasikörper wird nach Pierce<ref name="Pierce" /> und Pickert<ref>Pickert (1964)</ref> als ''endliche Moulton-Ebene'' bezeichnet. Diese Ebenen sind im Artikel [[Quasikörper]] näher beschrieben.


== Literatur ==
== Literatur ==
*{{Literatur
* Moulton,F.R.: A simple non-desarguesian plane geometry: Trans. Amer. Math Soc. 3 (1902),192-195
| Autor= [[Forest Ray Moulton]]
* Beutelspacher, A/ Rosenbaum,U. : Projektive Geometrie: Vieweg (1992), S. 70-71
| Titel= A simple non-desarguesian plane geometry
| Sammelwerk= Trans. Amer. Math. Soc
| Band= 3
| Jahr= 1902
| Seiten= 192-195
}}
*{{Literatur
| Autor= [[Albrecht Beutelspacher]], Ute Rosenbaum
| Titel= Projektive Geometrie
| TitelErg= Von den Grundlagen bis zu den Anwendungen
| Reihe= Vieweg-Studium ; 41 : Aufbaukurs Mathematik
| Verlag= Vieweg
| Ort= Wiesbaden
| Jahr= 1992
| Auflage= 1
| Seiten= 70-71
| ISBN= 3-528-07241-5
}}
*{{Literatur
| Autor= W. A. Pierce
| Titel= Moulton Planes
| Sammelwerk= Canadian J. Math.
| Band= 13
| Jahr= 1961
| Seiten= 427-436
}}
*{{Literatur
*{{Literatur
| Autor= [[Günter Pickert]]
| Autor= [[Günter Pickert]]
Zeile 42: Zeile 75:
| Band= 1964
| Band= 1964
| Nummer= 214-215
| Nummer= 214-215
| Verlag= [[American Mathematical Society]]
| Jahr= 1964
| Jahr= 1964
| Seiten= 405–411
| Seiten= 405–411

Version vom 17. Dezember 2011, 23:30 Uhr

Geraden in der Moulton-Ebene

Die Moulton-Ebene ist ein oft benutztes Beispiel für eine affine Ebene, in der der Satz von Desargues nicht gilt, also einer nichtdesargueschen Ebene. Damit liefern ihre Koordinaten zugleich ein Beispiel eines Ternärkörpers, der kein Schiefkörper ist. Sie wurde zuerst 1902 von dem amerikanischen Astronom Forest Ray Moulton beschrieben[1] und später nach ihm benannt.

Die Punkte der Moulton-Ebene sind die normalen Punkte der reellen Ebene und die Geraden sind die normalen Geraden der reellen Ebene mit der Ausnahme, dass Geraden mit negativer Steigung an der Y-Achse einen Knick haben, d.h. beim Passieren der Y-Achse ändert sich ihre Steigung: In der rechten Halbebene ist sie doppelt so groß wie in der linken Halbebene.

Formale Definition

Wir definieren wie folgt als Inzidenzstruktur, wobei die Menge der Punkte, die Menge der Geraden und die Inzidenzrelation „liegt auf“ bezeichnet:

wobei lediglich ein formales Symbol ist.

Die Inzidenzrelation ist für und (siehe Geradengleichung) definiert durch

Man kann leicht nachweisen, dass diese Inzidenzstruktur die Axiome einer affinen Ebene erfüllt, also insbesondere, dass durch zwei verschiedene Punkte genau eine Gerade geht und dass es zu einer Geraden durch einen vorgegebenen Punkt genau eine Parallele gibt.

Ungültigkeit des Satzes von Desargues

Desargues-Konstellation in der gewöhnlichen Ebene

Man geht aus von einer Desargues-Konstellation aus zehn Punkten und zehn Geraden in der gewöhnlichen euklidischen Ebene wie in nebenstehender Abbildung und platziert sie derart, dass als einziger der zehn Punkte eine negative -Koordinate hat und nur eine der drei Geraden durch eine negative Steigung hat (im Bild: die Gerade ). Geht man jetzt über zur Moulton-Ebene, so bleiben alle Inzidenzen erhalten bis auf die bei , d.h. die (Moulton-)Geraden , und schneiden sich nicht alle in einem Punkt. Somit hat der Satz von Desargues in der Moulton-Ebene keine allgemeine Gültigkeit.

Anwendungen

Die Moulton-Ebene stellt durch ihre Existenz einen Beweis dar, dass nicht-desarguessche affine Ebenen existieren und sogar dafür, dass affine Ebenen existieren, die keine affine Translationsebenen sind. Da man zu jeder affinen Ebene eine zugehörige projektive Ebene konstruieren kann (den projektiven Abschluss), ist damit auch die Existenz von nicht-desargueschen projektiven Ebenen gesichert und sogar die Existenz von projektiven Ebenen, die keine Moufangebenen sind. Da in projektiven Ebenen der Satz von Desargues gilt, folgt daraus: Es können nicht alle projektiven Ebenen mit Hilfe der kanonischen Konstruktion aus 3-dimensionalen (Links-)Vektorräumen über einem (Schief-)Körper beschrieben werden.

Verallgemeinerungen

Moulton-Ebenen vom reellen Typ

Analog zu der in diesem Artikel beschriebenen reellen Moulton-Ebene kann man ausgehend von einem beliebigen geordneten Körper affine Ebenen definieren, indem man die Multiplikation wie für die Moulton-Ebene modifiziert.[2] Diese Verallgemeinerung ist im Artikel Kartesische Gruppe beschrieben.

Endliche Moulton-Ebenen

Aus bestimmten endlichen Körpern kann man durch Modifikation der Multiplikation einen Quasikörper gewinnen. Die affine Ebene über einem solchen Quasikörper wird nach Pierce[2] und Pickert[3] als endliche Moulton-Ebene bezeichnet. Diese Ebenen sind im Artikel Quasikörper näher beschrieben.

Literatur

  • Forest Ray Moulton: A simple non-desarguesian plane geometry. In: Trans. Amer. Math. Soc. Band 3, 1902, S. 192–195.
  • Albrecht Beutelspacher, Ute Rosenbaum: Projektive Geometrie. Von den Grundlagen bis zu den Anwendungen (= Vieweg-Studium ; 41 : Aufbaukurs Mathematik). 1. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 1992, ISBN 3-528-07241-5, S. 70–71.
  • W. A. Pierce: Moulton Planes. In: Canadian J. Math. Band 13, 1961, S. 427–436.
  • Günter Pickert: Geometrische kennzeichnung einer Klasse endlicher Moufangebenen. In: Journal für die reine und angewandte Mathematik (Crelles Journal). Band 1964, Nr. 214-215, 1964, ISSN 1435-5345, S. 405–411, doi:10.1515/crll.1964.214-215.405.

Einzelnachweise

  1. Moulton (1902)
  2. a b Pierce (1961)
  3. Pickert (1964)