Kirschblüten-Gemeinschaft

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Die Kirschblüten-Gemeinschaft ist eine esoterische Gruppierung im Schweizer Kanton Solothurn. Medien und Sektenfachleute bezeichnen sie als sektenähnlich.[1][2] Die Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie (SGPP) bezeichnete die Gemeinschaft als «gefährliche Bewegung mit totalitärem Anspruch, die Menschen mit Heilsversprechen ködert.»[2]

Der von Medien als «Sex-Guru»[3] bezeichnete Psychiater Samuel Widmer (1948–2017) gründete die Gemeinschaft mit Hauptsitz in Lüsslingen-Nennigkofen 1996. Sie gibt an, 210 Mitglieder zu haben, darunter 90 Kinder[1] – rund ein Fünftel der Dorfbevölkerung.[2]

Um dem Verein einen seriösen Anstrich zu verleihen gründete Widmer 2011 die Vereinigung Internationale Ärztegesellschaft für Echte Psychotherapie und Alternative Psychiatrie (AVANTI) mit dem Ziel, offizielle Anerkennung ihrer therapeutischen Methoden, bestehend aus Tantra, Psycholyse und Gemeinschaftsbildung, zu erlangen. Die Gemeinschaft lebt in Polyamorie und lehnt das Inzesttabu ab.[1] Samuel Widmer wurde unter anderem vorgeworfen, mit Patientinnen Sex gehabt zu haben.[4] Die Gemeinschaft praktiziert die sogenannte «Echte Psychotherapie», bei der mit psychedelischen Drogen eine Bewusstseinsveränderung angestrebt wird.[1] Psychiatrische Fachverbände versuchten verschiedentlich, diese Behandlungen behördlich verbieten zu lassen, unter anderem weil es bei Gruppentherapien unter Drogeneinfluss zu sexuellen Übergriffen gekommen sei.[5] Seit 2021 werden diese Behandlungen nicht mehr von den Schweizer Krankenkassen finanziert.[6] Die Solothurner Staatsanwaltschaft stellte Ermittlungen wegen Betäubungsmitteldelikten 2020 mangels Beweisen ein.[7] Die Kirschblüten-Gemeinschaft bestreitet alle Vorwürfe.[5]

Die Drehbuchautorin Ariela Bogenberger berichtete 2017 im Dokumentarfilm Aussteigen von ihrer 18-jährigen Mitgliedschaft (1997–2015) in der Kirschblüten-Gemeinschaft.[8]

Im Oktober 2022 wurde ein weiteres Missbrauchs-Opfer bekannt. Ein Strafverfahren ist eingeleitet.[9]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Andrea Haefely: Verbandelt mit den Kirschblütlern: Beschwerde gegen Berner Psychiatriezentrum. In: Beobachter. 11. Februar 2022, abgerufen am 11. Februar 2022 (Schweizer Hochdeutsch).
  2. a b c Anzeige eingereicht - Berner Psychiatrie hat sektennahe Psychiaterinnen angestellt. In: Schweizer Fernsehen. 11. Februar 2022, abgerufen am 11. Februar 2022.
  3. Hugo Stamm: Das Vermächtnis des «Sex-Gurus». In: Tages-Anzeiger. 19. Januar 2021, ISSN 1422-9994 (tagesanzeiger.ch [abgerufen am 11. Februar 2022]).
  4. Andrea Haefely: Kirschblütengemeinschaft: Sekten-Guru hatte doch Sex mit Patientin. In: Beobachter. 21. März 2021, abgerufen am 11. Februar 2022 (Schweizer Hochdeutsch).
  5. a b Simon Hehli: Vorwürfe wegen Sex und Drogen – die Kirschblütler kommen unter Druck. In: NZZ. 22. Januar 2019, abgerufen am 11. Februar 2022.
  6. Balz Bruder: Sollen Kirschblütler-Ärzte weiterhin praktizieren dürfen? In: Solothurner Zeitung. 21. Juni 2021, abgerufen am 11. Februar 2022.
  7. Tantrasessions im Rausch? - Kritik am Vorgehen der Behörden gegen Kirschblütengemeinschaft. In: Schweizer Fernsehen. 27. Januar 2020, abgerufen am 11. Februar 2022.
  8. Ex-Sektenmitglied erzählt: „Wir lagen zugedröhnt nackt im Kreis, auch aufeinander“. In: WELT. 26. Juli 2017, abgerufen am 25. September 2023.
  9. NZZ-Online: «Er hat mich missbraucht und manipuliert»: Ein Opfer der Kirschblüten-Therapeuten klagt an, Artikel vom 5. Oktober 2022, aufgerufen am 7. November 2022.