Amoklauf in Prag

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Das Gebäude der Philosophischen Fakultät, am Tag nach dem Amoklauf

Am 21. Dezember 2023 ereignete sich ein Amoklauf in Prag. Dabei erschoss ein 24-jähriger Student in einem Gebäude der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität in der Prager Innenstadt 14 Menschen und verletzte 25 weitere. Nachdem er von Polizeibeamten gestellt worden war, erschoss sich der Täter. Es handelt sich um den Amoklauf mit der höchsten Opferzahl in Tschechien. Kurz vor dem Amoklauf hatte der Täter seinen eigenen Vater und einige Tage zuvor in einem Wald einen 32-jährigen Mann und dessen Tochter im Säuglingsalter getötet.[1]

Geschehen unmittelbar vor dem Amoklauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 21. Dezember 2023 um 12:20 Uhr wurde die Polizei von einer Frau benachrichtigt, dass ihr Sohn David K. eine Selbsttötung plane und auf dem Weg von seinem Heimatort Hostouň nach Prag sei. Um 12:45 Uhr fand die Polizei in der Wohnung des Vaters in Hostouň dessen Leiche.[2][3] Die genaue Durchsuchung der Wohnung wurde durch improvisierte Sprengsätze erschwert, die jedoch nicht explodierten.[4] Die Polizei fand heraus, dass K. Student der Philosophischen Fakultät gewesen war und dass er an einer Vorlesung an der Universität teilnehmen sollte, die um 14 Uhr begann.

Die Polizei leitete daraufhin eine Sicherheitsoperation am Václav-Havel-Flughafen Prag ein,[5] wo der Vater von K. in der Sicherheitsabteilung gearbeitet hatte,[6] und begann um 14 Uhr mit der Evakuierung des Gebäudes der Philosophischen Fakultät in der Celetná-Straße, in dem der Täter bei einer Vorlesung teilnehmen sollte. Die Evakuierung war um 14:22 Uhr beendet, doch weder im Gebäude noch in dessen Nähe wurde K. angetroffen.

Ablauf des Amoklaufs an der Philosophischen Fakultät[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abgesperrte Straße (Smetanovo nábřeží)

Während der laufenden Fahndung nach David K. erhielt die Polizei um 14:59 Uhr erste Anrufe über eine Schießerei im Gebäude der Philosophischen Fakultät am Jan-Palach-Platz, das wenige Minuten Fußweg vom evakuierten Gebäude in der Celetná-Straße entfernt liegt.[2] Der Schütze eröffnete in den Fluren und Vorlesungsräumen des Gebäudes wahllos das Feuer, während sich Mitarbeiter und Studenten mit Möbeln in Räumen verbarrikadierten. Einige der Anwesenden flohen aus dem Gebäude, indem sie von den Außenvorsprüngen in nahe gelegene Gebäude sprangen. Die Schüsse lösten auch außerhalb des Gebäudes eine Panik aus und viele Menschen flüchteten von der Karlsbrücke.[7] Laut Petr Nedoma, dem Direktor des nahe gelegenen Rudolfinums, wurde ein Mann auf einem Balkon gesehen, der in Richtung der Mánes-Brücke über die Moldau schoss. Als die Polizei eintraf, sperrte sie das Gebiet um den Tatort weiträumig ab.[8][9] Um 15:20 Uhr fand die Polizei den Schützen tot auf; er hatte Suizid begangen.[8][10][11][12] Die Polizei durchsuchte später den Jan-Palach-Platz und einen Balkon nach Sprengstoff.[13]

Mutmaßlich wurde für die Tat ein Selbstladegewehr verwendet.[14] Innenminister Vít Rakušan erklärte, der Täter habe viele Waffen mit sich geführt.[15]

Opfer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am zweiten Tag wurde im Rektorat eine behelfsmäßige Gedenkstätte eingerichtet.

14 Menschen an der Universität wurden getötet, darunter die Musikwissenschaftlerin Lenka Hlávková.[16] Dreizehn der Todesopfer starben noch innerhalb des Gebäudes, eine weitere Person erlag im Krankenhaus ihren Verletzungen.[17] 25 weitere Menschen wurden verletzt, zehn davon schwer. Unter den Verletzten befanden sich drei ausländische Staatsangehörige, ein Niederländer und zwei Bürger der Vereinigten Arabischen Emirate.[18] Drei Menschen wurden auf der Straße verletzt, als der Täter vom Dach aus das Feuer eröffnete, wobei er auch ein Zivilfahrzeug und Polizeifahrzeuge traf.[19][20][21]

Täter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Medien zufolge, die sich auf vorläufige Angaben aus Polizeikreisen beriefen, handelte es sich bei dem Täter um David K., einen 24-jährigen Geschichtsstudenten, der seinen Bachelor-Abschluss in den Fächern Geschichte und Europastudien an der Philosophischen Fakultät gemacht hatte.[22] Der tschechische Polizeichef Martin Vondrášek sagte, dass der Schütze einen Waffenschein hatte und mehrere Waffen besaß.[9] Er war zudem Kunde in einem Prager Waffengeschäft.[23]

Im Zuge der Tat tauchte ein Telegram-Konto auf, das angeblich dem Schützen gehörte. Wie sich später herausstellte, wurde das Konto mit großer Wahrscheinlichkeit nicht vom Täter eingerichtet.[24] In den Nachrichten auf dem Kanal wurde die 14-jährige russische Schülerin Alina A. gelobt, die Anfang Dezember an einer Schule in Brjansk zwei Mitschülerinnen getötet und weitere verletzt hatte, bevor sie Suizid beging.[25] Nach Polizeiangaben hatte der Täter keine Vorstrafen.[7]

Doppelmord im Prager Stadtwald[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 15. Dezember 2023 wurden ein 32-jähriger Mann und seine zwei Monate alte Tochter in einem Kinderwagen im Naturschutzgebiet Klánovický les (Klanowitzer bzw. Klánovicer Wald) am östlichen Stadtrand Prags erschossen.[17][26] Die Polizei durchsuchte den gesamten Wald mit Polizeihundertschaften und richtete eine Sondereinheit ein, um den Täter zu finden. Am 20. Dezember teilte die Polizei mit, keine Spuren in dem Fall zu haben und weiterhin mit größter Anstrengung nach dem Täter zu fahnden.[27][28] Fünf Stunden nach dem Anschlag an der Philosophischen Fakultät gab die Polizei bekannt, in der Wohnung des Täters Beweise gefunden zu haben, die ihn mit den Morden im Klánovicer Wald in Verbindung brächten.[29][30] Ballistische Untersuchungen bestätigten den Verdacht. Am 28. Dezember wurde bekannt, dass die Ermittlungsbehörden in der Wohnung des Täters einen Abschiedsbrief gefunden hatten, in dem er den Doppelmord gestand.[17]

Reaktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die tschechische Regierung verkündete für den 23. Dezember 2023 eine eintägige Staatstrauer[31] und kam zugleich zu einer Krisensitzung mit Präsident Petr Pavel zusammen, der einen Besuch in Frankreich vorzeitig beendete.[32]

Gegen 19 Uhr am 21. Dezember wurde das Frauen-Champions-League-Spiel Slavia Prag gegen SKN St. Pölten, das zwei Stunden später beginnen sollte, abgesagt.[33]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Amoklauf in Prag – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Česko halí státní smutek. In: novinky.cz. 23. Dezember 2023, abgerufen am 27. Dezember 2023 (tschechisch).
  2. a b Alžběta Trousilová: Minutu po minutě: Jak policie zasahovala proti střelci v Praze. In: Novinky. 21. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (tschechisch).
  3. Todesopfer nach Schusswaffenangriff in Prag identifiziert. In: Tagesschau.de. 22. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023.
  4. Masový vrah měl doma připravenou bombu. PrahaIN, 21. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (tschechisch).
  5. Tereza Tykalová: Zasahují v Hostouni i na ruzyňském letišti. Policie má kvůli střelci manévry. In: iDNES. 21. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (tschechisch).
  6. Martin Ehl: Inspirací útočníka mohly být střelby v Rusku. Objevil se i účet na Telegramu. In: Hospodářské noviny. 21. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (tschechisch).
  7. a b Sarah Rainsford, Christy Cooney: Prague shooting: Czech police seek motive behind country’s worst mass attack. 22. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (englisch).
  8. a b Radek Nohl, Petr Švihel: Po střelbě na fakultě je 14 mrtvých, muž možná vraždil i v Klánovicích. In: Seznam Zprávy. 21. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (tschechisch).
  9. a b Ivana Kottasová, Jessie Gretener, John Mastrini: Gunman kills 14 people and wounds 25 others at Prague university. In: CNN. 21. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (amerikanisches Englisch).
  10. Karel Janicek: Gunman opens fire in a Prague university, killing 14 people in Czech Republic’s worst mass shooting. In: Houston Chronicle. 22. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (englisch).
  11. Michaela Braune: Panik in Prag: Student (24) schoss auf Uni um sich. In: Kronen Zeitung. 21. Dezember 2023, abgerufen am 21. Dezember 2023.
  12. Schüsse an Prager Uni Mehr als 15 Tote und Dutzende Verletzte. ORF.at, 21. Dezember 2023, abgerufen am selben Tage.
  13. Police: Lone gunman kills 14, injures 25 at Prague university. In: NY 1. 21. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (englisch).
  14. Petr Blažek: Samonabíjecí pušky mají vrazi rádi. Čím střílel útočník z pražské fakulty. In: iDNES. 21. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (tschechisch).
  15. Kathryn Armstrong, Sarah Rainsford: Prague gunman killed himself on roof as police approached. In: bbc.com. 22. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023 (englisch).
  16. Hana Slívová: Lidé ve středověku nám byli podobnější, než si myslíme, říká Lenka Hlávková. S kolegy rekonstruovala, jak zněla hudba na pražské univerzitě. In: Český rozhlas. 29. Oktober 2021, abgerufen am 22. Dezember 2023 (tschechisch).
  17. a b c Rob Cameron, James Gregory: Czech mass shooting: Gunman confessed to shooting baby in woods. In: bbc.com. 28. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023 (englisch).
  18. Vítězslav Bureš: Policie zná totožnost všech obětí střelby, mezi zraněnými jsou tři cizinci. In: iDNES. 22. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (tschechisch).
  19. Střelec z ochozu fakulty zranil i tři lidi na ulici. Sám se zastřelil zřejmě brokovnicí. In: iDNES. 22. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (tschechisch).
  20. 15 Tote: Suche nach Motiv für Bluttat an Prager Uni. In: ORF. 22. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023.
  21. 14 Tote in Zusammenhang mit Schießerei an Philosophischer Fakultät in Prag. In: Radio Prague International. 21. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023.
  22. Miroslav Elsnic: Co se ví o útočníkovi na fakultě v Praze? Zřejmě to byl student, měl více zbraní. In: Deník.cz. 21. Dezember 2023 (tschechisch, denik.cz [abgerufen am 22. Dezember 2023]).
  23. Petr Juna: „Takový nevýrazný člověk.“ Kdo je střelec z filozofické fakulty. In: Seznam Zprávy. 21. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (tschechisch).
  24. Zdroje od policie se vyjádřily k telegramovému účtu vraha z fakulty. Prověřovali jsme, co se dalo, tvrdí. Abgerufen am 8. Januar 2024 (tschechisch).
  25. Amokläufer von Prag soll sich an Bluttat von 14-jähriger Russin orientiert haben. In: t-online. 21. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023.
  26. Rob Corp, Laura Gozzi: Prague shooting: Gunman at Prague university who killed 14 was student – police. In: bbc.com. 19. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (englisch).
  27. Vojtěch Gavriněv: Co víme týden od vraždy v Klánovicích. Zločinec musí být absolutně bezcitný. In: Seznam Zprávy. 22. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (tschechisch).
  28. Václav Janouš, Rémy Vlachos: Policie i Rakušan přiznali, že klánovický vrah je stále na svobodě. In: iDNES. 20. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (tschechisch).
  29. Jan Menšík: Střelec z fakulty možná zabil i muže a kojence v Klánovicích, uvedla policie. In: Novinky. 21. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023 (tschechisch).
  30. Prag: Polizei bringt Schützen mit Mord an Mann und Säugling in Verbindung. In: spiegel.de. 22. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023.
  31. Tschechien: Regierung ruft nach tödlichen Schüssen in Prag Staatstrauer aus. In: Deutschlandfunk.de. 22. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023.
  32. Marianne Allweiss: Schusswaffenangriff in Prag: „Etwas, das Tschechien noch nie erlebt hat“. In: Tagesschau.de. 21. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023.
  33. Slavia Prag gegen SKN St. Pölten abgesagt. In: Kicker. 22. Dezember 2023, abgerufen am 22. Dezember 2023.

Koordinaten: 50° 5′ 21″ N, 14° 24′ 58″ O