Barfußarzt

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Eine chinesische Barfußärztin führt eine Akupunktur durch

Der Begriff Barfußarzt bezeichnet Personen in China, die zwar ärztlich tätig sind, dabei jedoch nur Minimalanforderungen erfüllen (können).[1]

Definition

Als Barfußarzt (chinesisch 赤脚医生, Pinyin chìjiǎo yīshēng) wird in China eine in traditioneller chinesischer Medizin ausgebildete Person bezeichnet, die von Dorf zu Dorf zieht.[2] Unter anderem soll mit dem Begriff auch ausgedrückt werden, dass der Betreffende keine akademische Ausbildung besitzt. Auf diese Weise versucht man in China, auch in den Dörfern ein Minimum an medizinischer Versorgung zu gewährleisten.[3]

Einsatz

Der Barfußarzt war während der Kulturrevolution Teil einer stärkeren Hinwendung zu den ländlichen Gebieten. Dies wird auch mit einem Ausspruch Mao Zedongs unterstrichen, der 1965 forderte: „Legt den Schwerpunkt im Gesundheitswesen auf die ländlichen Gebiete!“[4]

Der Barfußarzt war nicht Teil der staatlichen Gesundheitsversorgung, sondern wurde vom landwirtschaftlichen Kollektiv organisiert und finanziert. Er war ein Mitglied des landwirtschaftlichen Kollektivs, der nur einfache medizinische Zusatzdienste verrichtete. In der Propaganda sollte dies immer ein Bauer sein, oft war es jedoch auch ein landverschickter Jugendlicher oder andere, die aufs Land strafversetzt wurden. Meist hatte er lediglich eine dreimonatige Ausbildung im Krankenhaus des Landkreises und übernahm dann vor allem Aufgaben der Vorbeugung. Er (oder sie) war die erste Anlaufstation für die Bauern, wobei eine Versorgung mit Kräutern propagiert wurde. Wie viele Barfußärzte es wirklich gab, ist heute nicht mehr festzustellen, weil zum Zeitpunkt der Kulturrevolution keine offizielle Statistik geführt wurde.[5]

Auch Frauen waren als Barfußärzte tätig. Es gibt Vermutungen, dass sie sogar die Mehrheit bildeten.[4]

Einen Barfußarzt in dieser Form gibt es heute nicht mehr. Die verbliebenen Barfußärzte wurden 1985 in Dorfärzte (乡村医生, xiāng​cūn​ yī​shēng​) umbenannt.

Übertragene Bedeutung

Ähnliches gibt es auch in anderen Ländern Asiens und Afrikas.[6]

In Deutschland wird der Begriff für akademisch ausgebildete Ärzte und Fachärzte verwendet, die ohne nennenswerte Hilfsmittel arbeiten oder arbeiten müssen.[7][8] Der Begriff wird auch in abwertender Weise für (vermeintlich) unqualifizierte Mediziner oder Medizinergruppen,[9] etwa in der Bedeutung von Quacksalber, verwendet.

Literatur

  • Nathan Sivin: Traditional medicine in contemporary China: a partial translation of Revised outline of Chinese medicine (1972) with an introductory study on change in present-day and early medicine. Ann Arbor: Center for Chinese Studies, University of Michigan, 1987. ISBN 0-89264-073-1.
  • A Barefoot Doctor's Manual: The American Translation of the Official Chinese Paramedical Manual (Philadelphia: Running Press, 1977). ISBN 0-914294-92-X.
  • Sascha Klotzbücher: Das ländliche Gesundheitswesen der Volksrepublik China: Strukturen - Akteure - Dynamik. (Frankfurt usw.: Peter Lang, 2006). ISBN 978-3631552407.
  • Xiaoping Fang: Barefoot Doctors and Western Medicine in China (Rochester, New York: University of Rochester Press, 2012).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Presseinformation der Bayerischen Landesärztekammer 2005
  2. Barfußarzt bei 3Sat (nicht mehr zu erreichen wg. RÄStV § 11d Absatz 2 Ziffer 3)
  3. Auslandskrankenversicherung für Expatriates (PDF; 430 kB)
  4. a b Sascha Klotzbücher, Universität Wien: Der Barfußarzt – der letzte Mythos der Kulturrevolution
  5. Klotzbücher, Sascha 2006: Das ländliche Gesundheitswesen der Volksrepublik China: Strukturen - Akteure - Dynamik. (Frankfurt usw.: Peter Lang, 103-107)
  6. Barfußarzt in der Mongolei und Afrika (PDF; 270 kB)
  7. Heike Korzilius, Josef Maus: Hausärztliche Versorgung: „Wir sind gut positioniert“. In: Dt. Ärzteblatt. , abgerufen am 26. November 2013.
  8. Interkulturelle Kompetenz: Als "Barfußarzt" in Afghanistan. In: Landmine.de. 4. Oktober 2005, abgerufen am 26. November 2013 (ursprünglich veröffentlicht im Donaukurier).
  9. Bundesverband niedergelassener Kardiologen e.V. Zerriebene Rote Waldameise für Kassenpatienten? (2003)