Benutzer:AG Synagoge Bad Wildungen/Baustelle

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Ansicht der Großen Synagoge in Bad Wildungen von Westen.

1914 wurde in Bad Wildungen eine der schönsten jüdischen Synagogen gebaut. Sie bestand nur 24 Jahre. Das Haus prägte die Silhouette der Stadt, aber es ist heute nur wenigen Bewohnern bekannt, weil es so gut wie keine Aufnahmen gibt. Über Geschichte, Entstehung und neue Aktivitäten berichtet dieser Artikel.


Baugeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Synagoge im Dürren Hagen 11 löste einen Raum im Waisenhof in der Waisengasse ab, der seit 1890 als Betraum gedient hatte (das ehemalige Waisenhaus war Mitte des 19. Jh. in Privatbesitz übergegangen). Die jüdische Gemeinde Bad Wildungens stellte 1913 den Bauantrag für das neue Gotteshaus beim städtischen Magistrat. Die Synagoge war bereits im Juli 1914 vollendet. Es scheint keine feierliche Einweihung gegeben zu haben. Grund dafür war der Beginn des Ersten Weltkrieges. So gab es noch im selben Monat in der neuen Synagoge einen „Bittgottesdienst für Kaiser, Reich sowie für die ausziehenden Truppen und für den Erfolg unserer Waffen“. Finanziert wurde das Gotteshaus von der jüdischen Gemeinde, aber auch von jüdischen Kurgästen aus aller Welt. Es bot daher Platz für 200 Gläubige, obwohl die Gemeinde selbst nur maximal 140 Menschen umfasste. Der wirtschaftliche Aufschwung der Stadt durch den Kur- und Badebetrieb im Kaiserreich war also Voraussetzung für diesen großen Bau, dessen Kosten sich auf 50.000 Mark beliefen.


Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eins der insgesamt sechs hohen Fenstern. In der Symbolik dargestellt sind jeweils zwei Söhne Isaaks.

Die Synagoge galt „als eines der schönsten und ungewöhnlichsten jüdischen Gebetshäuser deutscher Kleinstädte“ (Berbüsse). Errichtet in Hanglage, zudem freistehend, war sie weithin sichtbar. Sie wirkte imposant, wuchtig und orientalisch. Der Architekt der Synagoge hieß Ernst Cohn und war Kompagnon des Essener „Ateliers für Architektur und Kunstgewerbe J. Bremenkamp & Ernst Cohn“. Er war beeinflusst von Edmund Körner, einem Architekturprofessor, der auch für den Neubau einer Synagoge in Essen verantwortlich zeichnete, die (zusammen mit der Großen sog. Ruinen-Synagoge in Jerusalem) ein Vorbild war für das Gotteshaus in Bad Wildungen. Dieser Stil der neuen Monumentalität war Ausdruck eines in der Gesellschaft des Kaiserreiches aufsteigenden und selbstbewusst gewordenen Judentums. Über eine Treppe und einen Vorhof erreichte man die Vorhalle und schließlich den Kuppelraum mit dem Emporengeschoss für die Frauen. Im Hauptraum stand der Almenor mit dem Thoraschrein. Der Kuppelbau, bedeckt mit einem Kupferblech, maß über 12 m Durchmesser. Auf den unteren, sechs rechteckigen Fenster waren die Schöpfungstage dargestellt. Die Fenster im oberen Teil des Kuppelsaals stellten in zwölf runden Fensterbildern die Söhne Isaaks dar, die zu den Stammvätern der zwölf Stämme Israels wurden. Leider sind nur sehr wenige und dann auch nur schwarz-weiß-Fotografien dieser Fenster erhalten, die in ihrer Darstellungsintensität einmalig gewesen sein sollen.



Nutzung der Synagoge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Synagogenbau war Andachts-, Lehr- und Kommunikationszentrum in einem und umfasste auch ein Ritualbad (Mikwe). Im Untergeschoss wohnte die Familie des Lehrers und Kantors Jonas Hecht; von 1935 bis 1938 war dies Hermann Stern, der nach Wiesbaden wechselte. Sie erteilten auch den Religionsunterricht für jüdische Kinder. Hier fanden ebenso Sitzungen und Veranstaltungen statt, etwa des Israelitischen Humanitätsvereins unter Leitung von Isaac Hirsch. Zum Synagogenvorstand zählten Mitte der 1920er Jahre Adolf Hammerschlag, Sally Hirsch und Leopold Marx.


Pogromnacht 1938 und die Folgen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bad Wildunger Synagoge am 1.12.1938.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Synagoge geplündert und brannte ab. Ein Zeitzeuge erinnert sich, die Tora gerettet und auf der Flucht mit nach Bolivien genommen zu haben. Der Vorstand der Gemeinde musste kurz darauf das Grundstück an die Stadt Bad Wildungen abtreten, die als Gegenleistung die Reste der Synagoge entfernte. Am 13.10.1938 wurde das Kuppeldach gesprengt. 1951 verkaufte die Stadt das Grundstück an privat, heute sind keine Reste der Synagoge mehr sichtbar. Ein 1946 auf dem ehemaligen Synagogengrundstück errichteter Gedenkstein wurde später auf den jüdischen Friedhof gestellt. Eine 1985 eingeweihte Gedenktafel befindet sich unterhalb des Grundstücks.


Aktuelle Aktivitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zum 75. Jahrestag der Novemberpogrome plant eine Arbeitsgruppe interessierter Bürger, die Bad Wildunger Synagoge, die eine der schönsten gewesen sein soll, in besonderer Weise in Szene zu setzen. Für eine weitgehend authentische Darstellung werden vor allem zeitgenössische Fotos gesucht. Kontakt zu der AG Synagoge Bad Wildungen erhalten Sie über die Diskussionsseite dieses Artikels.



Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Thea Altaras, Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945?, Königstein 1988
  • Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen, Bd. 2, Frankfurt/M. 1971
  • Volker Berbüsse, Ein Gotteshaus im Stil der „neuen Monumentalität“, in: Waldeckische Landeszeitung, 23.4.1987
  • Klasse 11 des Gustav-Stresemann-Gymnasiums, Die Juden und ihr Friedhof in Bad Wildungen. Ein Reader, Bad Wildungen 1988.
  • Heike Luesse/Werner Bley, Studie zur Geschichte Bad Wildungens im Nationalsozialismus. Spurensicherung und Forschungsansätze, Kassel 1990
  • Wildunger Zeitung, 6.8.1914


Kategorie:Bauwesen