Benutzer:MoatlNdb/Alter Schlachthof (Straubing)

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Koordinaten: 48° 52′ 54,1″ N, 12° 34′ 53,8″ O

Eingangsbereich des Alten Schlachthofs

Der Alte Schlachthof in Straubing ist ein Baudenkmal und wurde zwischen 1899 und 1984 als als Schlachthof für die Stadt Straubing und deren Umgebung benutzt. Bedeutung erlangte der Alte Schlachthof durch seinen ersten Direktor Hugo Heiss (1836 – 1936), der als Erfinder des Schlachtschussapparates gilt, und welcher dort wohl erstmals verwendet wurde.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die alte Fleischbank[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Vorgänger des heutigen Alten Schlachthofs war die Fleischbank in der Spitalgasse, wobei zu diesem Zeitpunkt auch noch Hausschlachtungen nicht unüblich waren. Die Fleischbank wurde 1357 erstmals urkundlich erwähnt. 1551 wurde sie von der Stadt Straubing gekauft um sie an die Stadtmetzger zu vermieten. Mehrmals umgebaut und erweitert existiert das Gebäude noch heute und wird unter anderem als Nachtlokal genutzt. In zwei Gebäudeflügeln, welche um einen im 19. Jahrhundert überdachten Marktplatz angeordnet sind, wurden auf nur 197 m² Flächeninhalt in den Obergeschossen jeweils neun Verkaufsräume, in den Untergeschossen Schlachträume und weitere Verkaufsräume untergebracht. Ein Eiskeller oder gar eine Kühlanlage war nicht vorhanden. Spätestens Ende des 19. Jahrhunderts genügte dieses Gebäude nicht mehr den hygienischen Ansprüchen. Allein die Einwohnerzahl Straubings war in diesem Jahrhundert von 5428 Einwohnern 1807 auf 17541 Einwohner zur Jahrhundertwende um mehr als das Dreifache gewachsen.

Projektplanung und Bauphase[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Spätestens ab 1890/91 wurde die Notwendigkeit des Baus eines neuen straubinger Schlachthofs in diskutiert. Doch noch 1895 antwortete die Stadt auf diesbezügliche Schreiben an den Magistrat, dass für ein neues Projekt Zeit und Geld fehlen würde. Spätestens 1896 beschlossen jedoch städtische Kollegien, zunächst gegen den Widerstand des Stadtmagistrats und der Metzgerschaft, »den Bau eines neuen Schlachthofes in Instruktion zu ziehen und die Mittel hierfür zu gewähren«. 1897 genehmigte das Gemeinde-Kollegium 1200 Mark, damit sich eine Kommission in größeren Städten über »ein allen Erfindungen der Neuzeit entsprechendes Schlachthaus« informieren konnte. Diese Kommission besichtigte im April und Mai 1897 insgesamt 16 deutsche Schlachthöfe; zusätzlich ließ sich auch weitere Informationen zukommen, z. B. den 1895 veröffentlichten Reisebericht der entsprechenden wiener Kommission zukommen. Basierend auf diesen Erkenntnissen erstellte der Stadtbaumeister Kaspar Mahkorn, welcher auch Mitglied der Kommission war, Pläne des Schlachthofes, welche im März 1898 durch den Magistrat einstimmig genehmigt wurden. Lediglich gegen die Schaffung einer Kühlanlage stimmten drei Räte. Nach umfangreicher Diskussion wurde am 18. Juli 1898 der Bau des Schlachthofs in der Heerstraße neben der »städtischen Baumschule« beschlossen. Der Schlachthof wurde 1898/97 von nur innerhalb 13 Monaten errichtet. Die Kapazität wurde für eine Stadt mit ca. 30000 Einwohnern auf 15000 m² ausgelegt. Zum Vergleich: Straubing hatte in seinen damaligen Grenzen 17531 Einwohner.

Die Zeit des Schlachtbetriebs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der städtische Schlachthof wurde am 27. November 1899 mit einem Festzug eröffnet mit anschließenden Festreden und Führungen durch die Gebäude eröffnet. Bereits am nächsten Tag trat die neue Schlachtordnung in Kraft, welche ab diesem Tag die Durchführung von Schlachtungen im Stadtgebiet im Schlachthof vorschrieb. Bereits zum 1. Jannuar 1899 wurde zuvor Hugo Heiss als städtischer Bezirksarzt und Schlachthofdirektor eingestellt, welcher diese Position bis zu seiner Pensionierung zum 31. Dezember 1929 hatte.

Technischer Fortschritt, neuere Schlachtmethoden, steigender Fleischkonsum und die Überarbeitung gesetzlicher Bestimmungen erforderten mehrere Umbauten und Erweiterungen:

  • 1925: Erweiterung der Kühlanlage;
  • 1927: Umbaumaßnahmen in den Schlachthallen;
  • 1940: Neubau Waagehaus und Materialbunker;
  • 1949: Neubau von Wasch-, Dusch- und Aborträumen;
  • 1951: Renovierungsarbeiten am gesamten Schlachthof;
  • 1953: Neubau Holzhalle und Schlachtviehmarkthalle;
  • 1960: Neubau Kühlhalle;
  • 1962: Neubau Fahrtüberdachung zwischen Kühlhalle und Schweineschlachthalle;
  • 1963: Umbau Düngerhaus;
  • 1964: Umbaumaßnahmen an der Großvieh- und Schweineschlachthalle;
  • 1965: Sanierung der Hausmeisterwohnung und Um- und Erweiterungsbau Schlachthalle;
  • 1969: Umbau Öltankgebäude und Einbau eines Büroraumes;
  • 1970: Umbau Düngerhaus;
  • 1973: Umbau der Schlachthallen;
  • 1974: Bau eines Parkplatzes;
  • 1976: Neubau von Verkaufsräumen zwischen Kühlhaus und Rinderhalle.

Spätestens in den 1960er Jahren begannen Diskussionen über die Rentabilität des Schlachthofs. 1967 und 1970 wurden Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorgenommen; die Kosten für notwendige Umbaumaßnahmen wurden auf ca. 1 Mio. DM beziffert. Die Rentabilität des Schlachthofs in der Heerstraße wurde aber von 1969 bis zur endgültigen Schließung 1984 immer widersprochen. 1968 eröffnete die Süddeutsche Fleischverwertung GmbH (kurz Südfleisch) in Straubing eine Niederlassung. Bereits 1979 entrichtete sie bereits etwa 54 Prozent der Gebüren; ihr Anteil an den Schlachtungen betrug 1980 etwa 80 Prozent. Das Ende einer zehnjährigen Übergangsfrist, welche auch in den während der Gebietsreform in Bayern eingemeindeten Ortsteile häusliche und betriebliche Schlachtungen verbot, änderte im Wesentlichen nichts am überproportionalen Anteil der Schlachtungen der Südfleisch. Nachdem bereits 1970 Stimmen für einen erneuten Schlachthof-Neubau laut wurden wurde am 29. September 1980 beschlossen diesen in Zusammenarbeit mit der Südfleisch in der Dresdner Straße zu verwirklichen. Das Richtfest für den neuen Schlachthof, welcher auf einem 21500 m² großen Grundstück verwirklicht wurde, wurde am 22. Dezember 1982 gefeiert. Der Alte Schlachthof wurde am 1. Juni 1984 geschlossen, der neue, nunmer private Schlachthof der Südfleisch am 4. Juni eröffnet.

2014 wurde beschlossen den inzwischen vom Südfleisch-Nachfolger Vion betriebenen Schlachthof in der Dresdner Straße ebenfalls zu schließen.[1]

Die erste Schlachtordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 18. Oktober 1899 wurde die erste Schlachtordnung für den neuen Schlachthof erlassen, welche auf 60 Seiten den Schlachtbetrieb ab dem 28. November umfangreich regelte. Neben allgemeinen Bedingungen wurde hierin geregelt:

  • Schlachtzwang im Schlachthof;
  • Bestimmungen über die Untersuchung des im Schlachthof geschlachteten Viehs und des eingeführten Fleischs;
  • Schlachthofordnung;
  • Bestimmungen über das Ausschlachten und Verwiegen des nach Schlachtgewicht verkauften Viehs;
  • Sanitätsschlächter und Lohnschlächter;
  • Sanitätsbankverkauf und Sanitätsbankverordnung;
  • Bestimmungen über die Pferdeschlächterei;
  • Kühlhausordnung
  • Mietverträge und Tarife im städtischen Schlachthof;
  • Bestimmungen über die Verwaltung des städtischen Schlachthofs
  • Bestimmungen über die Abgabe von Eis;
  • Fleischverkaufsordnung, Freibbankordnung, Viehmarktordnung.

Als Öffnungszeiten wurden für den Sommer (15. April bis 15. September) 4 Uhr bis 14 Uhr; im Winter 6 Uhr bis 14 Uhr festgelegt.

Sie enthielt auch erste Tierschutzbestimmungen. Zur Viehbeförderung heißt es hierin etwa: »Das Vieh darf weder mit Hunden noch in sonstiger Weise zum Schlachthof gehetzt, auch nicht geknebelt auf Wagen herangefahren werden. Untersagt ist das heftige Zerren an Sprung- und Leitseilen, Slagen mit Knitteln, Stoßen mit Füßen, Schleifen und Schwanzquetschen. Wird Kleinvieh mittels Wagen transportiert, so ist dasselbe auf Stroh zu lagern. Das Heraushängen von Körperteilen und jede sonstige Quälerei ist hierbei zu vermeiden. Stiere müssen mit verbundenen Augen und gehörig gefesselt bis zur Schlachthalle geführt und von mindestens zwei Erwachsenen, das heißt über 16 Jahre alten, kräftigen Treibern begleitet werden, von welchen der eine das Tier am Kopfe zu leiten, der andere die um die Füße geschlungenen Fesseln zu halten und hinten dem Tiere herzugehen hat.«

Zur Benutzung der Schlachthallen wurde vorgeschrieben: »Das zu schlachtende Vieh darf erst dann in den Schlachtraum eingeführt werden, wenn die Vorbereitungen zum sofortigen Schlachten getroffen, die tarifmäßigen Gebühren bezahlt und die Quittungen über die bezahlten Schlachtgebühren (Schlachtscheine) dem Hallenmeister übergeben wurden.«

»Über das Tödten der Schlachttiere« wurden drei kurze Paragraphen formuliert:

  • »§ 11. Die Schlachtung der Tiere hat regelrecht, mit Vorsicht und auf die schnellste Weise zu geschehen. Alle Tiere, welche nicht zur Schächtung nach jüdischen Ritus bestimmt sind, müssen vor der Blutentziehung völlig betäubt werden, wozu bei Großvieh mindenstens zwei Personen thätig sein müssen. Junge Leute und schwächliche Personen dürfen zj Betäuben (Schlagen) von Großvieh und Schweinen nicht verwendet werden, oder sich verwenden lassen«
  • »§ 12. Die Thötung bezw. Betäubung des Großviehs (Rinder, Pferde) erfolgt mittels der Schlacht- oder Schutzmaske, die der Schweine, Kälber, Schafe und Ziegen durch Keulen und Hammer«
  • »§ 13. Nach dem Abhäuten, Abbrühen und weiteren Vorarbeiten der Schlachttiere darf erst begonnen werden, wenn der Tod eingetreten und keine Bewegung oder Zuckung des Körpers mehr wahrzunehmen ist. Das Aufhängen der Kälber, Schafe und Ziegen vor Eintritt vollständigere Bewegungslosigkeit ist verboten.«

In diesem Zusammenhang ist auch die Entwicklung und Einführung des Schlachtschussapparats durch Hugo Heiss zu sehen.

Nutzung ab 1984[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1985 wurden die Gebäude bereits teilweise beschädigten an die angrenzenden Stadtwerke verkauft, welche die Gebäude bis 2000 besaß. Parallel begannen Zwischen April 1986 und März 2000 beherbergte der Alte Schlachthof Studenten der Münchner Akademie der bildenden Künste. Seit 2000 wird der Alte Schlachthof als städtisches Kulturzentrum genutzt. In der ehemaligen Rinderschlachthalle und im ehemaligen Kühlhaus die Schule der Phantasie und das AnstattTheater. Im Verwaltungsgebäude ist seit 2014 das städtische Jugendzentrum untergebracht.

Baubeschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verwaltungsgebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verwaltungsgebäude des alten Schlachthofs

Schlachthallen und Kühlhaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehemalige Rinderschlachthalle des Alten Schlachthofs
Kühlhaus und Turm des Schlachthofs

Nebengebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Nebengebäude wurden bereits 1985 abgerissen.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Schlachthof Straubing – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Guido Scharrer, Der Alte Schlachthof in Straubing; in Historischer Verein für Straubing und Umgebung, Jahresbericht 114/2012
  1. http://www.idowa.de/zeitung/straubinger-tagblatt/artikel/2014/08/21/hiobsbotschaft-fuer-mehr-als-100-arbeitnehmer-vion-food-schliesst-straubinger-schlachthof.html