Benutzer:Usw./Abbildtheorie im Tractatus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen


Abbildtheorie in Wittgensteins Tractatus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

siehe Hauptartikel: Tractatus Logico-Philosophicus

In seinem 1922 veröffentlichten Buch Logisch-Philosophische Abhandlung, bekannt als Tractatus Logico-Philosophicus (TLP), versuchte Ludwig Wittgenstein die Beziehung zwischen der Welt und der Sprache, die er als „Modell der Wirklichkeit, wie wir sie uns denken“ verstand (TLP 4.01), zu klären. Seine Abbildtheorie, welche Wittgenstein später verwarf, hat weitreichende Folgen für die Theorie sprachlicher Bedeutung und den Sinn und Zweck der Philosophie überhaupt. Sie wurde seit Erscheinen fortwährend diskutiert. Über ein angemessenes Verständnis besteht jedoch bis heute - nicht zuletzt wegen der aphoristischen Form des Buches - in der philosophischen Forschung kein eindeutiger Konsens.

Wittensteins Grundgedanke ist jedoch recht einfach: Sätze und Gedanken bilden die (mögliche) Wirklichkeit ab. Dies tun sie, indem sie eine mögliche Sachlage darstellen, also das Bestehen oder Nichtbestehen eines Sachverhalts in der Welt. Welche Sachverhalte abgebildet werden können und welche nicht, ist bestimmt durch die Natur der Gegenstände, also den Bestandteilen der Sachverhalte in der Welt. Wie sein früherer Lehrer Bertrand Russell in seiner Theorie des logischen Atomismus stellt sich Wittgenstein die Welt als zusammengesetzt aus einzelnen Gegenständen vor. Eine bestimmte Konstellation von Gegenständen bildet also einen Sachverhalt.

Ein Satz - und in der Folge auch ein Gedanke, für den der Satz ein sinnlich wahrnehmbarer Ausdruck sei (TLP 3.1) - ist laut Tractatus ein Modell der Wirklichkeit. Wie die Sachverhalte der Wirklichkeit in einer bestimmten Verbindung der Gegenstände zueinander bestehen, so stehen die einzelnen Bestandteile des Satzes in einer bestimmten Verbindung zueinander:

„Im Satz wird gleichsam eine Sachlage probeweise zusammengestellt [...]. Ein Name steht für ein Ding, ein anderer für ein anderes Ding und untereinander sind sie verbunden, so stellt das Ganze - ein lebendes Bild - den Sachverhalt vor.“

Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus, 4.031-4.0311

Die Wirklichkeit wird also nicht in einem photographischen Sinne abgebildet, sondern die Sprache (und damit das Denken) bildet die Struktur der Wirklichkeit ab: die Relationen der in ihr vorkommenden Gegenstände.

Diese einzelnen Gegenstände der wirklichen Welt werden auf der Ebene der Sprache durch Namen repräsentiert. Namen stehen unmittelbar für Gegenstände in der Welt: „Der Name bedeutet den Gegenstand.“ (TLP 3.203) Sie sind wesentliche Bestandteile der Sätze, gewissermaßen die Grundbausteine eines Satzes. Aber erst durch den Satz selbst, also durch eine bestimmte Konstellation von Namen, kann ein Satz auch die Struktur der Welt abbilden.

Die Wahrheit oder Falschheit eines Satzes hängt nun davon ab, ob er die Wirklichkeit richtig abbildet oder nicht, ob er also die Satzbestandteile (die Namen) richtig miteinander kombiniert. Sätze haben laut Wittgenstein nur dann Sinn, wenn sie entweder wahr oder falsch sein können, also die Wirklichkeit richtig oder falsch abbilden.

Hierin liegt eine wichtige erkenntnistheoretische Konsequenz der Wittgensteinschen Abbildtheorie: sinnvoll sprechen kann man laut dem Tractatus nur über Dinge in der Welt, also letztlich nur über naturwissenschaftlich beschreibbare Sachverhalte: „Die richtige Methode der Philosophie wäre eigentlich die: Nichts zu sagen, als was sich sagen läßt, also Sätze der Naturwissenschaft“ (TLP 6.53). Über vermeintliche Sachverhalte, die über diesen Bereich hinausgehen, die also außerhalb der Welt liegen (etwa die Beantwortung ethischer, ästhetischer oder religiöser Fragen), lässt sich nicht sinnvoll reden, da die Sprache hier nichts abbilden kann.

Es gibt viele verschiedene Formen der Abbildungen wie etwa Fotographien, zeichnerische Skizzen oder verbale Beschreibungen. Allen Formen der Abbildung ist jedoch laut Tractatus eines gemeinsam, was Wittgenstein die „logische Form“ nannte (TLP 2.18). Die logische Form besteht nun eben darin, was oben bereits beschrieben wurde: dass im Satz Namen für Gegenstände in eine bestimmte Relation gebracht werden. In dieser logischen Form sind Bild (ein Satz, eine Fotographie, eine Zeichnung etc.) und Abgebildetes (die Sachverhalte in der Welt) identisch:

„In Bild und Abgebildetem muss etwas identisch sein, damit das eine überhaupt ein Bild des anderen sein kann. Was das Bild mit der Wirklichkeit gemein haben muss, um sie auf seine Art und Weise - richtig oder falsch - abbilden zu können, ist seine Form der Abbildung. Das Bild kann jede Wirklichkeit abbilden, deren Form es hat. Das räumliche Bild alles Räumliche, das farbige alles Farbige, etc. [...] Was jedes Bild, welcher Form immer, mit der Wirklichkeit gemein haben muss, um sie überhaupt - richtig oder falsch - abbilden zu können, ist die logische Form, das ist, die Form der Wirklichkeit. [...] Jedes Bild ist auch ein logisches. (Dagegen ist z.B. nicht jedes Bild ein räumliches.) [...] Das Bild hat mit dem Abgebildeten die logische Form der Abbildung gemein. Das Bild bildet die Wirklichkeit ab, indem es eine Möglichkeit des Bestehens und Nichtbestehens von Sachverhalten darstellt. [...] Das Bild enthält die Möglichkeit der Sachlage, die es darstellt.“

Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus, 2.161-2.203

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • John V. Canfield (Hg.): The Philosophy of Wittgenstein, 15 Bde., Bd. 1: The Early Philosophy—Language As Picture, New York: Garland 1986.
  • R. J. Fogelin: Wittgenstein, Rougledge 2. A. 1987, bes. 18-16 (Picturing the World).
  • Judith Genova: Wittgenstein's Later Picture 'Theory' of Meaning, in: Philosophical Investigations 2/1 (1979), 9-23.
  • P. M. S. Hacker: The Rise and Fall of the Picture Theory, in: Irving Block (Hg.): Perspectives on the Philosophy of Wittgenstein, MIT Press 1983, ISBN 0262520877, 379ff (Textanfang), auch in Canfield und in S. und V. A. Shanker (Hgg.): Ludwig Wittgenstein: critical assessments, Bd. 1, Taylor & Francis 1987, ISBN 0709923848, 116-135.
  • Garth Hallett: Is There a Picture Theory of Language in the Tractatus?, in: Shanker, 108-115.
  • Jaakko Hintikka: An Anatomy of Wittgenstein’s Picture Theory, in: Carol C. Gould / Robert S. Cohen (Hgg.): Artifacts, Representations and Social Practice: Essays for Marx Wartofsky, Dordrecht: Kluwer, 1994, 223–256, auch in: Ludwig Wittgenstein: Half-Truths and One-and-a-Half-Truth, Dordrecht: Kluwer, 1996.
  • Jaakko Hintikka: Quantification and the Picture Theory of Language, in: Monist 53 (1969), 204–230, auch in: Logic, Language-Games and Information: Kantian Themes in the Philosophy of Logic, Oxford: Clarendon Press 1973.
  • Jaakko Hintikka: Language-Games, in: Jaakko Hintikka (Hg.): Essays on Wittgenstein in Honour of G. H. von Wright, Amsterdam: North-Holland 1976, 106–125, auch in: Dialectica 31 (1977): 225–245, auch in: Esa Saarinen (Hg.): Game-Theoretical Semantics: Essays on Semantics by Hintikka, Carlson, Peacocke, Rantala and Saarinen, Dordrecht: Reidel 1979, 1–26, auch in: Shanker, Bd. 2, 89–105.
  • David Pears: The Relation between Wittgenstein's Picture Theory of Propositions and Russell's Theories of Judgment, in: Philosophical Review 1977, 177-196, auch in: Shanker, 92-107.
  • David Pears: The False Prison. A Study of the Development of Wittgenstein's Philosophy, 2 Bde., Oxford: OUP 1988, u.a. Bd. 1, 115-152 („Sentences as Pictures“).
  • Erik Stenius: Wittgenstein’s Picture-Theory, in: Inquiry 6 (1963), 184–195, auch in: Irving M. Copi / Robert W. Beard (Hgg.): Essays on Wittgenstein’s Tractatus, London: Routledge & Kegan Paul; New York: Macmillan 1966, 313–323.
  • Erik Stenius: The Picture Theory and Wittgenstein's Later Attitude to It, in: Block 1983, 110–139.
  • Leif Tengström: Get the picture?, in: Theoria 50/2-3 (1984), 256-266.

Weblinks (nur als Hilfe für die Arbeit am Abschnitt gedacht)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]