Carnot-Methode
Die Carnot-Methode ist ein Verfahren, um bei energetischen Kuppelprodukten den Brennstoffeinsatz (Primärenergie), aber auch andere Inputfaktoren wie CO2-Emissionen oder variable Kosten, auf die Kuppelprodukte aufzuteilen. Sie bedient sich dabei der Arbeitsfähigkeit der energetischen Kuppelprodukte gemäß dem Carnot'schen Wirkungsgrad als Aufteilungsschlüssel. Damit entspricht sie einer exergetischen Äquivalenzziffermethode, da gleicher Exergiegehalt gleich bewertet wird. Primäres Anwendungsgebiet ist die Kraft-Wärme-Kopplung, es sind aber auch andere energetische Kuppelprodukte denkbar, wie z.B. die Erzeugung von Kälte unter Nutzung der Abwärme zu Heizzwecken. Sie hat den Vorteil, dass keine externen Referenzwerte für die Aufteilung des Inputstromes auf die Outputströme notwendig ist, sondern dass hierfür nur endogene Prozessparameter benötigt werden.
Allokationsfaktor für den Brennstoff
Der Anteil des Brennstoffs, der jeweils für die Erzeugung der Kuppelprodukte Strom A und Wärme H benötigt wird, lässt sich unter Beachtung des ersten und zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik wie folgt berechnen:
ael= (1 x ηel) / (ηel + ηc × ηth)
ath= (ηc x ηth) / (ηel + ηc × ηth)
Anm: ael + ath = 1
mit
ael: Allokationsfaktor für elektrische Energie, d.h. der Anteil am Brennstoff, der für die Stromerzeugung benötigt wird
ath: Allokationsfaktor für thermische Energie, d.h. der Anteil am Brennstoff, der für die Wärmeerzeugung benötigt wird
ηel = A/QBS
ηth = H/QBS
A: elektrische Arbeit
H: abgegebene Nutzwärme
QBS: zugeführte Brennstoffwärme
und
ηc: Carnot-Faktor 1-Ti/Ts (Carnot-Faktor für elektrische Energie ist 1)
Ti: untere Temperatur, inferior (Umgebung)
Ts: obere Temperatur, superior (Nutzwärme)
Die obere Temperatur ist bei Heizsystemen mit Vorlauf und Rücklauf die Mitteltemperatur der Heizwärme.
Ts = (TVL+TRL) / 2
Brennstofffaktor
Die Brennstoffintensität oder -faktor für Elektroenergie fBS,el bzw. thermische Energie fBS,th ist das Verhältnis von spezifischem Input zu Output.
fBS,el= ael / ηel = 1 / (ηel + ηc × ηth)
fBS,th= ath / ηth = ηc / (ηel + ηc × ηth)
Primärenergiefaktor
Zur Bestimmung der Primärenergiefaktoren muss noch die Vorkette des genutzten Brennstoffes mit einbezogen werden.
fPE,el = fBS,el x fPE,BS
fPE,th = fBS,th x fPE,BS
mit
fPE,BS: Primärenergiefaktor des Brennstoffs
effektiver Wirkungsgrad
Der Kehrwert der Brennstofffaktors (BS-Intensität) beschreibt den Wirkungsgrad des angenommenen Teilprozesses, der für die Erzeugung nur für elektrische oder nur für thermische Energie zuständig ist. Dieser äquivalente Wirkungsgrad entspricht somit dem effektiven Wirkungsgrad des "virtuellen Kessels" oder des "virtuellen Kraftwerks" innerhalb einer KWK-Anlage.
ηel,eff = ηel / ael = 1 / fBS,el
ηth,eff = ηth / ath = 1 / fBS,th
mit
ηel,eff: effektiver Wirkungsgrad der Stromerzeugung im KWK-Prozess
ηth,eff: effektiver Wirkungsgrad der Wärmeerzeugung im KWK-Prozess
Gütegrad der Energiewandlung
Neben dem Wirkungsgrad, der die Quantität der nutzbaren Endenergien beschreibt, ist auch die Qualität der Energiewandlung gemäß dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik von besonderer Bedeutung. Mit zunehmender Entropie nimmt die Exergie ab. Bei der Exergie wird die Qualität der Energie und nicht nur die Quantität betrachtet. Darum sollte eine Energiewandlung auch nach ihrem exergetischen Gütegrad beurteilt werden. Bei dem Produkt "thermische Energie" spielt es eine wesentliche Rolle, auf welchem Temperaturniveau diese vorliegt. Der exergetische Wirkungsgrad ηx beschreibt somit, wieviel von der Arbeitsfähigkeit des Energieinputs nach dem Wandlungsprozess noch in den energetischen Kuppelprodukten verbleibt. Am Beispiel der KWK ergibt sich folgender Zusammenhang:
ηx,total = ηel + ηc × ηth
Die Allokation gemäß der Carnot-Methode ergibt stets:
ηx,total = ηx,el = ηx,th
mit
ηx,total = exergetische Effizienz der Kuppelprozesses
ηx,el = exergetische Effizienz des virtuellen Kessels
ηx,th = exergetische Effizienz des virtuellen Generators
Herleitung
Die Herleitung erfolgt am Beispiel einer zweidimensionalen Kuppelproduktion mit Input I und dem ersten Produkt O1 und dem zweiten Produkt O2. f seien die jeweiligen aufzuteilenden Faktoren (Primärenergie, CO2-Emissionen, variable Kosten, etc).
fi, I, O1, O2 sind bekannt. Man erhält eine Gleichung mit zwei Unbekannten f1 und f2, die mit einer Vielzahl von Tupeln (f1,f2) lösbar ist. Als zweite Gleichung wird die Transformierbarkeit von Produkt O1 in O2 und umgekehrt genutzt.
η21 ist der Umwandlungsfaktor von O2 in O1, der Kehrwert 1/η21=η12 beschreibt die Rücktransformation. Es wird eine reversible Wandlung angenommen, um keine der beiden Richtungen zu bevorzugen. Die Bewertung beider Seiten durch die Faktoren f1 und f2 ist somit aufgrund der Austauschbarkeit ebenfalls äquivalent. Output O2 bewertet mit f2 muss dasselbe ergeben wie der daraus wandelbare Output O1 bewertet mit f1.
Dies lässt sich in die erste Gleichung oben einsetzen und weiter umformen:
mit η1 = O1/I und η2 = O2/I
Siehe auch
- Restwertmethode
- Finnische Methode
- Äquivalenzziffermethode
- Nicolas Léonard Sadi Carnot
- Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik
Literatur
- AGFW: Arbeitsblatt FW 309 Teil 6, Energetische Bewertung von Fernwärme - Bestimmung spezifischer CO2-Emissionsfaktoren, Dezember 2014.
- Hans Hertle: Die Nutzung von Exergieströmen in kommunalen Strom-Wärme-Systemen, 5. Kongress 100% Erneuerbare Energien Regionen, Kassel, September 2013.
- Andrej Jentsch: A novel exergy-based concept of thermodynamic quality and its application to energy system evaluation and process analysis, Dissertation, TU Berlin, 2010.
- Marc Rosen: Allocating carbon dioxide emissions from cogeneration systems: descriptions of selected output-based methods, Journal of Cleaner Production, Volume 16, Issue 2, January 2008, Pages 171–177.
- Verein Deutscher Ingenieure: VDI-Richtlinie 4608 Blatt 2, Energiesysteme - Kraft-Wärme-Kopplung - Allokation und Bewertung, Juli 2008.