Chantage

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Eine Chantage (von frz. chantage = Erpressung) ist die Androhung von Enthüllungen zum Zweck der Erpressung.[1]

In der deutschen Rechtswissenschaft ist von Bedeutung, ob die Drohung mit einer Veröffentlichung widerrechtlich bzw. rechtswidrig ist, etwa im Rahmen einer Anfechtung nach § 123 BGB oder bei der Nötigung und Erpressung (§ 240, § 253 StGB).

Drohung mit einer Presseveröffentlichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Presseveröffentlichung unterliegt dem Schutzbereich der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Deshalb muss auch die Frage, ob der mit der Information der Presse Drohende sich eines rechtmäßigen oder eines rechtswidrigen Mittels bedient, im Lichte dieses Grundrechts beurteilt werden. Dabei ist die Meinungsäußerungsfreiheit des Drohenden fallbezogen gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Bedrohten abzuwägen.[2]

Grundsätzlich sind wahre Äußerungen, auch wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind, jedenfalls dann hinzunehmen, wenn sie nicht die Intim-, Privat- oder Vertraulichkeitssphäre betreffen.[3] Auch eine Medienkampagne im Vorfeld oder am Rande einer gerichtlichen Auseinandersetzung ist in den Grenzen des Ehrenschutzes erlaubt.[4] Die Veröffentlichung wahrer Tatsachen ist allerdings nur zulässig, sofern dabei nicht die Diffamierung der Person durch Schmähkritik im Vordergrund steht. Bei einem Beitrag zu einer die lokale Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage spricht aber selbst bei scharfer Kritik eine Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede.

Ähnlich hatte im Juli 2003 die Bundesanwaltschaft in einer Presseerklärung, nicht gegen den damaligen Hamburger Innensenator Ronald Schill wegen Nötigung des Ersten Bürgermeisters Ole von Beust vorzugehen, mitgeteilt: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne erwartet werden, dass Regierungsmitglieder derartigen Angriffen standhalten und hierauf mit politischen Mitteln reagieren. Der angedrohten Veröffentlichung, Beust habe seinen angeblichen Lebenspartner, Justizsenator Roger Kusch, in den Senat geholt und damit Privates mit Dienstlichem verquickt,[5] fehle das „besondere Gewicht“ und „die spezifische staatsgefährdende Zwangswirkung“.

Drohung mit einer Strafanzeige[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Droht ein Erpresser mit der Enthüllung kompromittierender Tatsachen (Schweigegelderpressung, „Chantage“), namentlich mit einer Strafanzeige wegen einer vom Erpressungsopfer seinerseits begangenen Straftat und wehrt der Erpresste sich oder tötet gar den Erpresser, so wird in der Literatur das Gebotensein der Notwehr verneint oder von einer Einschränkung des Notwehrrechts wegen verminderten Rechtsbewährungsinteresses ausgegangen. Das Interesse des Erpressten am Schutz vor Enthüllung einer Straftat verdiene keinen uneingeschränkten Schutz.[6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Knut Amelung: Noch einmal: Notwehr gegen sog. Chantage. Neue Zeitschrift für Strafrecht 1998, S. 70–71.
  • Henning Ernst Müller: Zur Notwehr bei Schweigegelderpressung (Chantage). Neue Zeitschrift für Strafrecht 1993, S. 366–368.
  • Josef Reinhold: Die Chantage. Abhandlungen des kriminalistischen Seminars an der Universität Berlin, 1909.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Chantage duden.de, abgerufen am 21. Juni 2016
  2. BGH, Urteil vom 19. April 2005 – X ZR 15/04 Rz. 31 ff., 35 ff.
  3. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2002, NJW 2003, 1109
  4. BGH, Urteil vom 16. November 2004 – VI ZR 298/03, NJW 2005, 279
  5. Schill-Entlassung: Schlammschlacht um Beusts Sexualität Der Spiegel, 19. August 2003
  6. BGH, Urteil vom 12. Februar 2003 – 1 StR 403/02 Rz. 38