Schuldenbeteiligungstausch

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Der Begriff Debt Equity Swap oder Gläubigerbeteiligung bezeichnet eine Transaktion, bei der eine Forderung eines Gläubigers gegenüber einem Schuldnerunternehmen zugunsten einer entsprechenden Beteiligung an diesem erlischt. Der Schuldner verfügt dabei oft nur noch über eine geringe Bonität.[1]

Ablauf

In der Praxis verläuft eine Debt-Equity-Swap-Transaktion meist so, dass die Forderung des Gläubigers mit einem Abschlag an einen Dritten, zum Beispiel einen Hedgefonds oder eine Investmentbank, verkauft wird. Die Anteile am Unternehmen gehen demnach nicht auf den Gläubiger, sondern auf den Erwerber der Forderung über.[1]

In Deutschland hat sich mittlerweile ein Markt für diese zweifelhaften oder auch notleidenden Forderungen gebildet, auf dem Hedgefonds oder Investmentbanken solche Forderungen mit teilweise sehr hohen Abschlägen auf den Nennwert kaufen, in Eigenkapital umwandeln und sich somit an einem in Schieflage geratenen Unternehmen beteiligen.[2]

Betrachtung aus Sicht des Schuldners

Aus Unternehmenssicht ist die Einschränkung oder komplette Verhinderung der Überschuldung des Unternehmens der Hauptvorteil eines Debt-Equity-Swaps. Im Zuge der Restrukturierung wird die Eigenkapitalquote verbessert und zusätzlich Liquidität geschaffen, da Belastungen durch Zinsen und Tilgung wegfallen. Dies hat zur Folge, dass durch die nun verbesserte Bonität und das damit bessere Rating neue Möglichkeiten für eine Fremdkapitalfinanzierung geschaffen werden. Dies ist insbesondere in der Sanierung von Wichtigkeit, da Banken, die bereits Forderungen gegenüber dem Unternehmen haben, eher bereit sind, weitere Kredite zu gewähren.[3]

Es ergeben sich weiterhin durch den Wandel eines Gläubigers zum Gesellschafter Chancen für das angeschlagene Unternehmen. So kann vom neuen Gesellschafter unternehmerische Verantwortung übernommen und wertvolles Sanierungs- und Restrukturierungswissen in das Unternehmen eingebracht werden. Es kann ein eigener Sanierungsberater als Geschäftsführer berufen werden oder eine Steuerung über die Aufsichtsratsmandate erfolgen. Dies ist, wenn nicht grobe strukturelle oder konjunkturelle Probleme oder temporäre Gründe für die Krise vorliegen, in einem in Schieflage geratenen Unternehmen oft der erste Schritt zu einem erfolgreichen Turnaround.[4]

Betrachtung aus Sicht des Gläubigers

Aus Gläubigersicht, das heißt in der Praxis aus Sicht der Banken, ist ein Debt-Equity-Swap umso sinnvoller, je weniger werthaltig die Forderung ist. Bei einem hohen Ausfallrisiko ist es sinnvoll, die Forderung mit einem Abschlag zu verkaufen und damit einen Totalverlust zu vermeiden. Die Alternative ist weiterhin, eine Forderung gegen ein sich in Schieflage befindendes Unternehmen zu besitzen, die aufgrund der drohenden Insolvenz möglicherweise wertlos ist.[5]

Betrachtung aus Sicht des Investors

Aus Investorensicht ist der Debt-Equity-Swap eine risikobehaftete Form der Unternehmensbeteiligung. Liegt der Investor bei der Einschätzung der Turnaround-Möglichkeit falsch und die Sanierung verläuft nicht nach Plan, so ist das Investment verloren beziehungsweise es verbleibt ihm ein gewisser prozentualer Anteil an der Insolvenzmasse gemäß der Insolvenzquote. Allerdings beinhaltet das Konzept des Debt-Equity-Swap auch enormes wirtschaftliches Potenzial. Die günstig eingekaufte Forderung gewährt dem Investor eine Beteiligung zu einem Zeitpunkt, an dem es dem Unternehmen finanziell schlecht geht. Sollte die Restrukturierung gelingen, so wird sich der erworbene Unternehmensanteil im Wert erhöhen. Insbesondere bei frei handelbaren Anteilen von Aktiengesellschaften (sog. „Free Floats“) können somit enorme Kursgewinne realisiert werden, die weit über den Betrag der früheren Forderung hinausgehen. Zudem bleibt ein Einfluss auf die Unternehmensführung bei einem Nichtverkauf der Anteile nach erfolgreicher Sanierung gewährt, da durch die Kapitalerhöhung der prozentuale Anteil der Altgesellschafteranteile zugunsten der Hereinnahme eines Investors als weiterem Gesellschafter sinkt.[1]

Besonderheiten in der Insolvenz[6]

Durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 7. Dezember 2011 wurde in § 225a InsO für Gläubiger die Möglichkeit geschaffen, auch gegen den Willen der an einer schuldnerischen Gesellschaft beteiligten Personen Forderungen in Anteile am Unternehmen umzuwandeln. Dieser weitreichende Eingriff in die Stellung der bisherigen Gesellschafter lässt sich mit dem Insolvenzziel der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung (§ 1 Satz 1 InsO) rechtfertigen, da die Gesellschafter im Rahmen einer Gesellschaftsinsolvenz nachrangig, das heißt erst nach allen anderen Gläubigern, befriedigt werden. Die bisherigen Gesellschafter müssen daher hinnehmen, dass die Gläubiger sich den Unternehmenswert nutzbar machen, um so im Rahmen einer Sanierung des Unternehmens ihre Forderungen erfüllt zu bekommen. Dies kann in letzter Konsequenz auch dazu führen, dass die Altgesellschafter infolge eines Kapitalschnitts auf Null gänzlich aus dem Unternehmen ausscheiden.

Einzelnachweise

  1. a b c Ann-Kathrin Schleusener: Der Debt-Equity-Swap. Lang, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-631-62289-6.
  2. Christoph Schalast, Christian Daynes: Distressed Debt - Investing in Deutschland - Geschäftsmodelle und Perspektiven. HfB - Business School of Finance and Management, Frankfurt 2005.
  3. Norbert Mückl: Der Debt-Equity-Swap als Sanierungsinstrument im Steuerrecht. In: Finanz-Rundschau Ertragssteuerrecht. 91, 2009, Band 11
  4. School of Finance and Management. 2005.
  5. Bernhard Schellenberg: Sanierungsmanagement: Sofortmaßnahmen in der Unternehmenskrise. Berlin 2008, ISBN 978-3-503-10645-5.
  6. Tobias Gutowski: Der Debt-Equity-Swap als Sanierungsinstrument in der Insolvenzordnung nach dem ESUG. (= Insolvenzrecht in Forschung und Praxis. Band 87). Hamburg 2014, ISBN 978-3-8300-7996-5.