Diskussion:Spinning Jenny

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Letzter Kommentar: vor 9 Jahren von Techniker71 in Abschnitt Offene Fragen
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Offene Fragen[Quelltext bearbeiten]

Es würde mich sehr interessieren:

Kann jemand die Fragen verbindlich beantworten? --Jofes (Diskussion) 10:48, 11. Dez. 2014 (CET)Beantworten

Hallo Jofes, ich weiß ja nicht genau, was Du unter einen verbindliche Antwort verstehst, aber ich versuche es trotzdem einmal.
Hargreaves hatte wohl schon vor der Entwicklung der Spinning Jenny versucht, Bänder von Krempeln zusammenzufassen, welche, ohne zu reißen, eines weiteren Ausziehens fähig waren. Die Krempelbänder wurden auf Spulen aufgewickelt und dann in der Spinning Jenny weiterbearbeitet.[1]
Die Jenny war eigentlich für die Herstellung von Baumwollgarnen entwickelt worden, in der Wollindustrie fasste sie erst ab 1776 Fuß. Die Spinnmaschine von Thomas Highs kann nicht mit der von Hargreaves verglichen werden und deshalb auch nicht als Vorläufer der Jenny gelten, weil sie eine andere Konstruktion aufweist.[2].
Das ist, was ich zu Deinen Fragen, in den mir vorliegenden Büchern gefunden habe. Hoffentlich hilft es Dir etwas weiter.--Techniker71 (Diskussion) 22:49, 11. Dez. 2014 (CET)Beantworten

Hallo Techniker, dein Interesse freut mich sehr. Das Buch von Brüggemann habe ich leider nicht da und den Mecheels habe ich vor einigen Wochen an die Fernleihe zurück geschickt. Davon abgesehen:

  • An den musealen Modellen von der Jenny sieht man als Vorlage Spulen mit (gedrehtem) Vorgarn. Oder soll das ein auf Spulen gewickeltes Faserband sein? - Eine primitive Krempel (also Walzenkarde!) gab es zwar (laut Mecheels) etwa seit 1750, (natürlich nur für Wolle oder Leinen), aber dass Hargraeves 1764 ein Krempelband hergestellt und auf Spülchen je 500-600 Gramm gewickelt hat - dazu fehlt mir die Fantasie. Zumal für ein Bauwollband braucht man normalerweise eine Deckelkarde, die Arkwright erst 1775 patentieren lies (Mecheels S.296). Oder hat Hargraeves Baumwolle auf der Walzenkarde verarbeitet (das wäre wirklich ein Unikum) und das Band manuell zusammen basteln lassen?
  • Die Jenny von Highs war ein wenig anders konstruiert, aber im Prinzip arbeitete sie diskontinuierlich wie die Hargreaves Maschine und wie auch ein Selfaktor. Baumwolle konnte man zwar an allen verspinnen, aber praktisch nur mit einem vorgelagerten Streckwerk und dann mit einigen Problemen. (Ich habe vor 60 Jahren einige Stunden einen Wollselfaktor bedient, eine solche Maschine für Baumwolle haben meine Lehrer nur kurz erwähnt).
  • Irgendwie passt es alles nicht zusammen. Nach meinen Erkenntnissen ist es ziemlich sicher, dass Highs die erste Spinning Jenny erfunden hat und Hargraeves etwa 6 Jahre später eine ähnliche Maschine unter der gleichen Bezeichnung patentieren ließ. Wahrscheinlich hat man beide Modelle nur für Wolle (und Leinen) praktisch gebraucht. (Für Bauwolle war doch die Waterframe viel besser geeignet). Eine rationale Lösung für die Form der Vorlage kann ich mir bei dem damaligen Stand der Technik weder für die beiden Jennys noch für die Waterframe vorstellen. Hast du eine Idee, wo man eine plausible Erklärung (muss nicht verbindlich sein!) finden könnte? Schöne Grüße --Jofes (Diskussion) 17:16, 12. Dez. 2014 (CET)Beantworten

Hallo Jofes, aufgrund Deiner Bemerkungen habe ich noch einige zusätzliche Literaturstellen angeschaut und hoffe, daraus noch weitere Antworten geben zu können. Aber zuerst habe ich noch einige Fragen an Dich:

  • auf welche Quellen stützt sich Deine Kenntnis über die Konstruktion der Jenny von Highs und Deine Sicherheit, dass er vor Hargreaves seine Erfindung machte? Wo hat er die veröffentlicht? Patente hat er ja im Gegensatz zu Hargreaves nicht angemeldet? Bei meine Bemerkung zu den Konstruktionsunterschieden zwischen der Maschine von Highs und Hargreaves hatte ich mich dahingehend geirrt, dass ich mich dabei auf die Spinnmaschine von Highs bezogen hatte, mit der er gegen Arkwrights Patent prozessiert hat.
  • bei den Bemerkungen zu den Spülchen, auf der das Vorgarn aufgewickelt ist, beziehst Du Dich auf welches Bild und welche Quellen?
  • Karde oder Krempel - ich bin mir nicht sicher, wie genau die Unterscheidungen da zu dieser Zeit getroffen wurde. Wir liegen doch mit der ersten Jenny in einem Bereich um 1750. Da waren meistens noch de Handkrempel im Einsatz, die sicher erst für Wolle und Flachs verwendet wurde, aber mit dem in dieser Zeit steigenden Bedarf an Baumwolle auch für diese benutzt worden ist. Nach und nach wurden Krempeln mechanisiert und auch der Baumwollverarbeitung angepasst Im Englischen haben wir wohl sowie so nur den Begriff "carding" und so heißt auch der Titel der beiden britischen Patente aus dem Jahr 1748 "Machine for carding wool and cotton (Patent-Nr. 628 von Daniel Bourn) und "Machine for carding wool,cotton, and raw silk (Patent-Nr. 636 von Lewis Paul). Selbst im Textil-Lexikon von Graffey aus 1937 wird unter dem Stichwort "Baumwoll-Feinspinnerei"(S. 63) noch von der Erzeugung eines Krempelbandes auf der Krempel geschrieben.

Ich glaube, wir müssen aufpassen, dass wir nicht unsere heutigen Erkenntnisse und Begriffe zu stark in diese Zeit der beginnenden Mechanisierung der Textilherstellung projizieren. Vorerst mal das von mir. Ich würde mich über die Beantwortung der Fragen oder weitere Kommentare freuen. Beste Grüße--Techniker71 (Diskussion) 14:35, 16. Dez. 2014 (CET)Beantworten

Hallo Techniker,

  • Die Umstände um die Erfindung der ersten Jenny beschreibt z.B. Baines in https://archive.org/stream/historyofcottonm00bainrich#page/140/mode/2u und eine Zeichnung von der Vorrichtung (Autor unbekannt) kann man in der englischen WIKI im Artikel Thomas Highs sehen. Die Maschine war tatsächlich auch für Baumwolle geeignet, da sie ein Streckwerk gehabt haben soll. Highs hat jedoch von der Erfindung keinen Prototyp gebaut und nicht einmal eine Zeichnung selbst angefertigt.

Hargreaves Jenny hatte dagegen kein Streckwerk, die einzige Verfeinerung vom Vorgarn passierte, wie ich annehme, zwischen der „Klammer“ zweier Balken und dem Wagen mit Spindeln. Die Jenny funktionierte ja im Prinzip gleich wie ein Selfaktor (oder Wagenspinner), das heißt, das Vorgarn wurde durch den „Wagenverzug“ verfeinert. Laut Nötzold rechnet man beim Wagenverzug nur mit einer etwa 1,2-1,5-fachen Verfeinerung des Vorgarns. Das Vorgarn für die Jenny musste also praktisch fast so fein sein wie das fertige Garn! (Ähnliche Verhältnisse gibt es schließlich noch heute z.B. bei der Streichgarnfertigung).

  • Zum Thema Vorgarn schrieb Baines: Bevor die erste Spinnmaschine kam, hat man ein Garn am Spinnrad in zwei Stufen gefertigt. In der ersten Stufe wurde (leicht gedrehtes) Vorgarn aus kurzen von der Handkarde abgenommenen Faserbändchen gemacht und dann aus dem Vorgarn in der zweiten Etappe Garn gesponnen. Mit den ersten Spinnmaschinen hat man die zweite Stufe mechanisiert und, wie ich vermute, Vorgarne bis etwa 1770-75 weiter am Spinnrad gefertigt.

Die Vorgarnspülchen an der Jenny sind z.B. in der deutschen Version WIKI deutlich zu sehen. Solche Scheibenspulen konnte man gut am (Flügel-) Spinnrad verwenden.

  • Nur zur Ergänzung zum Thema Karde/Krempel: In den 1950er Jahren hat man schon in der Fachliteratur (z.B. Melliand) und auch in der Praxis als Krempel nur noch Walzenkarden bezeichnet. (Ach ja, damals habe ich aber als Lehrling in der Bauwollspinnerei (in Böhmen) von alten Arbeitern schon manchmal gehört, dass sie Deckelkarden „Krempln“ nannten).
  • Ich würde damit das Thema Jenny abschließen, oder hast du noch bessere Lösungen? Es findet sich sonst bestimmt wieder ein Fachproblem, über das ich mit dir sehr gern diskutieren möchte. Viele Grüße --Jofes (Diskussion) 13:46, 18. Dez. 2014 (CET)Beantworten


Hallo Jofes,

so ist es manchmal bei Wikipedia. Ich wollte gerade meine neuesten Erkenntnisse einbringen und damit mich auch aus dieser Diskussion zurückziehen, da es wirklich schwierig ist, diese historischen Gegebenheiten noch nachzuvollziehen. Ich gehe mal nicht weiter auf Deine jetzt eingebrachten Erkenntnisse weiter ein, sondern füge einfach mal meine Ergänzungen noch ein. Einige Erkenntnisse decken sich. Übrigens die Zeichnung zur Jenny von Highs stammt original (?) aus dem Buch von Guest, was ich unten angeführt habe.

  • Bildung der Vorgarne (rovings)

Bei Johannsen (Otto Johannsen: Die Geschichte der Textil-Industrie. Süd-Verlag, Leipzig, Stuttgart, Zürich 1932, S. 169ff) ist dazu ausgeführt, dass den Spinnmaschinen die Baumwolle in Dochtform auf Spulen vorgelegt werden musste. Deshalb musste man nach dem Kardätschen eine Bandbildung anschließen, indem man die von Kratzblättern abgezogenen Locken aneinanderfügte. Da das alles zu zeitaufwendig war, wurden Kardätschen durch Kardenmaschinen ersetzt. „Das von der Feinkarde gelieferte Band wurde ursprünglich der Jennymaschine vorgelegt, was aber nur für Erzeugung grober Garne von höchstens Nr. 12 bis Nr. 16. Für höhere Nummern mußte vor dem eigentlichen Spinnen eine Verbesserung des Kardenbandes auf den Strecken und anschließende Verfeinerung unter gleichzeitiger Festigung der Drehung vorgeommen werden.“ Bei Richard Guest („Compendious History of the Cotton-Manufacture” , 1823 [1] steht , dass in der frühen Baumwollspinnerei (1740 – 1770?) die kardätschen Baumwollfasern von den Handkarden (ca. 30 cm lange und 12,5 cm breit) als weiche flauschige Rollen abgenommen wurden, deren Länge ca. 30 cm und deren Durchmesser ca. 2 cm betrug. Diese aufgerollten Faservliese(cardings) wurden dann zu groben Fäden oder Rovings auf einem Handspinnrad verarbeitet. Neue Cardings wurden angesetzt bis die entsprechende Länge des Rovings erreicht war. Die Kopse (Spulen) mit den Rovings konnten anschließend auf der Spinning-Jenny eingesetzt werden (S. 7, S. 13). Mit Beginn der kontinuierlichen Abnahme des Vlieses von den Karden (Krempeln), die z. B. durch den von Hargreaves entwickelten Abnahmekamm (Comb)(1772) erfolgte, wurde das Vlies durch eine Trichter geleitet und von zwei Walzen in Ablagekannen abgelegt. Dieses abgelegte Kardenband wurde dann auf einem sogenannten Roving Frame eingesetzt, der über das gleich System aus Walzen und Spindeln bestand wie der Water Frame. Es war also auch hier ein zweistufiger Prozess. (S. 19). Von Baines („History of the Cotton Manufacture” , !835 [2] wird allerding auch berichtet, dass schon 1738 eine Spinnmaschine mit Streckwalzen entwickelt und auch patentiert wurde. Das britische Patent Nr. 562 vom 24. Juni 1738 mit dem Titel „Machine or engine for Spinning wool and cotton in manner entirely new“ wurde von Lewis Paul angemeldet, aber an der Entwicklung war wohl John Wyatt maßgeblich beteiligt. (Wiedergabe des Patents auf S.122/123, eine Zeichnung befindet sich auf Plate 2) Es sollen auch um 1740 schon Maschinen davon in einer Firma in Northampton in Einsatz gewesen sein.(Siehe: Lewis Paul in der englischen Wiki). Warum es dann noch mal zur Jenny „zurückging“ ist mir nicht klar geworden. Aber ein Grund war sicherlich, dass die Herstellungsmethoden zur Sicherung des eigenen Vorteils so lange wie möglich geheim gehalten wurden, was ja auch Hargreaves in Bezug auf seine Spinning Jenny nachgesagt wird. Andererseits waren es ja überwiegend kleinere Familienbetriebe, als die Jenny entwickelt. Au Ich weiß nicht, ob Du nun damit zum Thema Vorgarn leben kannst, aber du kannst ja auch selbst noch einmal in der angegeben Literatur nachlesen, denn da steht manches noch weit ausführlicher, insbesondere bei Baines.

  • wer hat die Jenny erfunden?

In diesen beiden englischen Büchern sind beide Auffassungen ausführlich dokumentiert. Ob Highs oder Hargreaves kann ich nach dem Durchlesen nicht eindeutig entscheiden. Vielleicht kannst Du ja im Artikel eine Ergänzung mit dem Hinweis auf Highs vornehmen. Bei Guest steht, dass Highs seine Jenny 6 Jahre vor Hargreaves Patentanmeldung entwicklet hätte. Damit ist allerding nicht gesagt, das Hargreaves nicht schon eher seine Entwicklungsarbeiten abgeschlossen haben könnte. In der englischen Wiki zur Spinning Jenny ist Highs auch nur eine Randbemerkung. Aber Richard Guest sieht eben wohl Highs Entwicklung als erste und die von Hargreaves als eine Weiterentwicklung. Etwas merkwürdig ist für mich, dass, wie auch Baines anmerkt, Highs im Prozess gegen Arkwright, in dem er sich als Erfinder der Spinnmaschine mit Streckwalzen (Water Frame) darstellt, nie auf seine Jenny-Erfindung hingewiesen hat, um damit seine große erfinderische Kompetenz einzubringen. Aber sei es wie es sei, wir werden es wohl nicht mehr klären können, deshalb wäre ein Hinweis auf Highs zumindest im Artikel angebracht.

  • Jenny für Baumwolle

Da die Ausführungen zur Entwicklung der Spinning Jenny in Büchern stehen, die sich mit der Baumwollspinnerei beschäftigen, wurde diese wohl auch dort ohne Probleme eingesetzt. Sicherlich spielte sie auch in Wollspinnerei eine Rolle. Flachsgarn wurde laut Guest eher aus Deutschland bezogen.

Alles Gute weiterhin. Bis zur nächsten Diskussion.--Techniker71 (Diskussion) 16:54, 18. Dez. 2014 (CET)Beantworten


Literatur

  • Baines: History of the cotton manufacture in Great Britain, London 1835
  • Nötzold: Handbuch der Streichgarn- und Vigognespinnerei, Fachbuchverlag Leipzig 1970
  1. Brüggemann, H.(Hrsg): Die Verarbeitung der Faserstoffe (Holz-, Papier- und Textilindustrie).Verlag von Otto Spamer. Leipzig 1898, S.282
  2. Stefan Mecheels, Herbert Vogler, Josef Kurz: Kultur- & Industriegeschichte der Textilien. Wachter GmbH, Bönnigheim 2009, ISBN 978-3-9812485-3-1, S. 288