Eindringprüfung

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1. Reinigung
2. Farbe auftragen und eindringen lassen
3. Oberflächliches reinigen
4. Entwickler auftragen

Die Eindringprüfung (nach DIN EN 571-1: Eindringprüfung, allgemeine Grundlagen) ist eine zerstörungsfreie Werkstoffprüfung, bei der die Kapillarkräfte von feinen Oberflächenrissen und Poren genutzt werden, um diese sichtbar zu machen. Unterschieden wird zwischen der Farbeindringprüfung und der fluoreszierenden Eindringprüfung.

Beispiel für das Auftragen des Eindringmittels durch Aufsprühen

Farbeindringprüfung (bei Tageslicht, > 500 Lux)

Bei der Farbeindringprüfung (PT) wird die Oberfläche des zu prüfenden Bauteils von Fett- und Ölrückständen befreit und anschließend ein Eindringmittel (Kontraster) aufgebracht. Dies kann durch Auftragen mit einem Pinsel, durch Tauchen in einem Bad oder, an gut belüfteten Orten, durch Aufsprühen erfolgen. Alle genannten Aufbringmethoden nennt man „Zwangsbenetzung“. Das Kriechvermögen des Eindringmittels ist hoch, nutzt die Kapillarwirkung feinster Materialtrennungen und hat einen starken Farbkontrast zum Entwickler.

Nach Ablauf der vom zu prüfenden Werkstoff abhängigen Einwirkungszeit wird die Oberfläche mit Wasser oder einem speziellen Reiniger gereinigt, getrocknet und der Entwickler aufgetragen. Der Entwickler ist ein feinkörniges Pulver, meist auf Kalkbasis – Kreide, in Wasser oder Lösungsmittel suspendiert –, das durch die Kapillarwirkung seiner Hohlräume (Saugwirkung) das in feinen Rissen (Poren) verbliebene Eindringmittel herauszieht. Im Regelfall ist das Eindringmittel eine rote Farbstofflösung und der Entwickler weiß. Der große Farbkontrast ermöglicht es, Fehlerstellen einfach zu lokalisieren und Rissverläufe zu bestimmen.

Fluoreszierende Eindringprüfung (im Dunkeln, < 20 Lux)

Bei niedriger Umgebungshelligkeit kann mit fluoreszierendem Eindringmittel gearbeitet werden, das mithilfe von UV-Bestrahlung sichtbar gemacht wird. Diese Prüfung ist wesentlich empfindlicher als die Farbeindringprüfung, weil die fluoreszierenden Partikel einen Leuchtdichtekontrast durch Umwandlung der UVA-Strahlung in sichtbares Licht erzeugen. Das menschliche Auge reagiert auf Leuchtdichtekontraste wesentlich empfindlicher als auf Farbkontraste. Hauptanwendungsgebiete der fluoreszierenden Eindringprüfung sind die Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt.

Anregungsquellen für die fluoreszierende Prüfung

Nach der EN ISO 3059 muss zu einer normkonformen fluoreszierenden Prüfung eine UV-A-Strahlenquelle oder ein blaues Licht zur Fluoreszenzanregung eingesetzt werden. Während in den letzten Jahrzehnten ausschließlich Entladungslampen (Quecksilberdampf-, Xenon- oder Metall-Halid-Lampen) eingesetzt wurden, werden heute primär UV-A-LED-Leuchten oder Blaulichtlampen verwendet.

Neben der Fluoreszenzanregung mittels UV-Licht kann auch Blaulicht (450 nm) verwendet werden. Dies ist in der DIN CEN/TR 16638 vom Mai 2014 geregelt und zugelassen.

UV-Strahlung und Blaulicht können Augen und Haut stark gefährden, daher sind eine Gefahrenanalyse und adäquate Schutzmaßnahmen sehr wichtig.

UV-Strahlung stellte eine bekannte Gefährdung der Augen und Haut dar. Wobei jedoch die übliche Strahlenbelastung bei der Verwendung von hochwertigen UV-A-Strahlenquellen und leichter persönlicher Schutzausrüstung (bedeckende Kleidung und UV-Schutzbrille) innerhalb einer 8 Stunden-Schicht so gering ist, dass es nicht zu Langzeitschädigungen kommt und die zulässige Strahlendosis bei weitem nicht überschritten wird. Die Gefährdung durch reine UV-A-Strahlung, wie sie für die fluoreszierende Oberflächenrissprüfung eingesetzt wird, ist an sich recht ungefährlich. Eine stark erhöhte UV-Strahlendosis durch fehlende Schutzmaßnahmen, z. B. im Solarium (ohne Schutz), wo auch viel UV-B- und UV-C-Strahlung emittiert wird, kann im Auge eine Entzündung der Hornhaut sowie, bei einer erhöhten, ungeschützten Dosis über Monate, Jahre oder gar Jahrzehnte eine Katarakt-Erkrankung (Grauer Star), sowie auf der Haut Sonnenbrand oder Hautkrebs verursachen.

Die UV-Exposition muss nach der neuen Verordnung OSTrV pro Mitarbeiter bewertet werden und 30 Jahre dokumentiert werden.

Blaues Licht liegt im sichtbaren Bereich des Lichtspektrums und passiert ungehindert die Augenlinse und trifft auf der Netzhaut auf. Bei Blaulichtsystemen, wie sie seit Jahren in der fluoreszierenden Rissprüfung eingesetzt werden, wird aus diesem Grund ein Filter eingesetzt, der das hochenergetisches (aktinisches) blaues Licht (420–480 nm) unterdrückt. Damit ist eine photochemische Gefährdung (Blaulichtgefährdung, blue light hazard) für das Auge ausgeschlossen. Sehr stark hochenergetisches Blaulicht (man kennt es aus dem Bereich des Schweißen) kann ohne Schutz die Netzhaut stark schädigen oder gar verbrennen (Photoretinitis), was innerhalb sehr kurzer Zeit zu einer unheilbaren völligen oder teilweisen Erblindung (Minutenbereich) oder Beeinträchtigungen der Farbsehvermögens (Sekundenbereich) führen kann. Von einer Gefährdung der Haut ist bei der Verwendung von Blaulichtsystemen nicht auszugehen.

Beide Strahlungsarten haben ein Gefahrenpotential, welches im Einzelfall festgestellt und beurteilt werden muss. Für den Einsatz an Standardarbeitsplätzen hat die Deutsche Gesellschaft für zerstörungsfreie Prüfung (DGZfP) ein Merkblatt (EM 6) herausgegeben, was eine einfache und sichere arbeitsschutzrechtliche Einstufung ermöglicht. Diese Richtlinie ist bei der DGZfP in Berlin oder dem Beuth Verlag des DIN erhältlich.

Für die Bewertung der Gefährdung am Arbeitsplatz ist u. a. die Richtlinie 2006/25/EG Verordnung optische Strahlung relevant. Sie ist seit 27. Juli 2010 als OSTrV veröffentlicht.

Die Eindringprüfung ist auf allen Werkstoffen anwendbar, die eine eindeutige Anzeige von Oberflächenfehlern erlauben (nicht porös sind), vorwiegend auf Metallen, Kunststoffen (mit Einschränkungen, z. B. Teflon), glasierten Keramiken und ähnlichen. Bei Maschinenteilen aus Stahl wird wegen der hohen Korrosionsanfälligkeit gegen Wasser in der Regel ein Entwickler auf Lösemittelbasis verwendet, bzw., bei ferromagnetischen (nicht austenitischen) Stählen, gleich die Magnetpulverprüfung angewandt.

Die Farbeindringprüfung ist geeignet, Risse (bis zu einem tausendstel Millimeter Breite) in der Oberfläche eines Werkstoffs schnell zu finden. Allerdings kann es bei rauen bzw. spröden Oberflächen zu sog. Scheinanzeigen kommen. Diese Anzeigen sind keine Fehlstellen. Auch lässt das Verfahren keine Aussage über die Fehlstellentiefe (Risstiefe) in Bezug auf die Anzeigenintensität zu: eine beispielsweise zart rosa gefärbte Anzeige deutet nicht unbedingt auf einen weniger tiefen Riss hin als eine tiefrote Anzeige. Diese teilweise mangelnde Empfindlichkeit hat dazu geführt, dass dieses Verfahren beispielsweise im Rahmen von Prüfungen in der allgemeinen Luftfahrt nicht mehr als Prüfverfahren zugelassen ist.

Normen für die Eindringprüfung

Allgemeines

Eindringprüfungen, insbesondere in der Luft- und Raumfahrtindustrie, werden nicht nach der ursprünglich deutschen DIN EN ISO 3452 durchgeführt, sondern primär nach der amerikanischen ASTM E 1417, der die ISO 3452-2 mittlerweile sehr stark ähnelt. Zur Prüfung nach dieser Norm dürfen ausschließlich Produkte, die in QPL (qualified products list) der AMS 2644 gelistet und somit zugelassen sind, verwendet werden. Hauptunterschiede sind die in der ISO vorhandene Klassifizierung der Empfindlichkeit bei Farbeindringprüfmitteln und die Berücksichtigung und Zulassung von fluoreszierenden Farbeindringmitteln.

Normen

Deutsches Institut für Normung (DIN)
  • DIN 25435-2, Wiederkehrende Prüfungen der Komponenten des Primärkreises von Leichtwasserreaktoren - Teil 2: Magnetpulver- und Eindringprüfung
  • DIN EN 1371-1, Gießereiwesen - Eindringprüfung - Teil 1: Sand-, Schwerkraftkokillen- und Niederdruckkokillengußstücke
  • DIN EN 1371-2, Gießereiwesen - Eindringprüfung - Teil 2: Feingußstücke
  • DIN EN 2002-16, Luft- und Raumfahrt - Metallische Werkstoffe; Prüfverfahren - Teil 16: Zerstörungsfreie Prüfung, Eindringprüfung
  • DIN EN 10228-2, Zerstörungsfreie Prüfung von Schmiedestücken aus Stahl - Teil 2: Eindringprüfung
  • DIN EN ISO 10893-4 Zerstörungsfreie Prüfung von Stahlrohren – Teil 4: Eindringprüfung nahtloser und geschweißter Stahlrohre zum Nachweis von Oberflächenunvollkommenheiten
  • DIN EN ISO 3059, Zerstörungsfreie Prüfung - Eindringprüfung und Magnetpulverprüfung - Betrachtungsbedingungen
  • DIN EN ISO 3452-1, Zerstörungsfreie Prüfung - Eindringprüfung - Teil 1: Allgemeine Grundlagen
  • DIN EN ISO 3452-2, Zerstörungsfreie Prüfung - Eindringprüfung - Teil 2: Prüfung von Eindringprüfmitteln
  • DIN EN ISO 3452-3, Zerstörungsfreie Prüfung - Eindringprüfung - Teil 3: Kontrollkörper
  • DIN EN ISO 3452-4, Zerstörungsfreie Prüfung - Eindringprüfung - Teil 4: Geräte
  • DIN EN ISO 3452-5, Zerstörungsfreie Prüfung - Eindringprüfung - Teil 5: Eindringprüfung bei Temperaturen über 50 °C
  • DIN EN ISO 3452-6, Zerstörungsfreie Prüfung - Eindringprüfung - Teil 6: Eindringprüfung bei Temperaturen unter 10 °C
  • DIN EN ISO 12706, Zerstörungsfreie Prüfung - Eindringprüfung - Begriffe
  • DIN EN ISO 23277, Zerstörungsfreie Prüfung von Schweißverbindungen - Eindringprüfung von Schweißverbindungen - Zulässigkeitsgrenzen
  • DIN CEN/TR 16638, Zerstörungsfreie Prüfung - Eindringprüfung und Magnetpulverprüfung unter Anwendung von blauem Licht
ASTM International (ASTM)
  • ASTM E 165, Standard Practice for Liquid Penetrant Examination for General Industry
  • ASTM E 1417, Standard Practice for Liquid Penetrant Testing

Weblinks