Elektrozaun

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Ein Elektrozaun ist ein Zaun, mit dem Tiere oder Menschen durch die Schreck-, Schock-, Verletzungs- oder Tötungswirkung einer elektrischen Spannung davon abgehalten werden, ein Grundstück zu betreten oder zu verlassen. In der Regel bildet der Zaun den einen, die Erde den anderen Pol eines offenen Stromkreises. Berühren Tiere oder Menschen den Zaun, wird der Stromkreis geschlossen. Die bekannteste und in den meisten Staaten zugelassene Bauform des Elektrozaunes ist der elektrische Weidezaun.

Arten

Elektrischer Weidezaun

Ein elektrischer Weidezaun

Ein elektrischer Weidezaun ist eine besondere Bauart eines Weidezauns, bei dem an den Zaunpfählen ein oder mehrere elektrische Leiter mit Isolatoren befestigt sind. An Pfählen aus harzreichem Holz, zum Beispiel Tannenholz, kann unter Umständen auf den Isolator verzichtet werden. Gleiches gilt für Kunststoffpfähle.

Aufbau

Die elektrischen Leiter sind in der Regel als blanke Drähte aus verzinktem Stahl oder Aluminium oder in Form von mehreren dünnen (ca. 0,2–0,3 mm stark), in Kunststoffgewebeband (meist 20–40 mm breit), Kunststoffseil (meist 6–8 mm dick) oder dünneren Kunststofflitzen eingebetteten bzw. eingewebten leitfähigen Drähten ausgeführt. Diese werden über Zangen oder Klemmen mit einem sog. Elektrozaungerät (Energizer) verbunden, das ungefährliche Hochspannungsimpulse kurzer Dauer erzeugt. Würde ununterbrochen hohe Wechselspannung anliegen, könnte es bei Tier und Mensch zu gefährlichen Muskelkrämpfen kommen.

Als Energiequelle des Elektrozaungerätes dienen Akkumulatoren, gegebenenfalls mit Wiederaufladung über Solarzellen, Primärbatterien oder Netzspannung.

Zur Erzeugung und Unterbrechung der Gleichspannungsimpulse wurde früher das elektromechanische Prinzip des Wagnerschen Hammers eingesetzt, heute ist es meist ein elektronischer Impulsgeber. Nachgeschaltet ist ein Transformator ähnlich einer Zündspule.

Sicherheit

Um Spannungsverluste zu vermeiden, dürfen Grashalme und andere leitfähige Gegenstände die Bänder und Drähte nicht berühren (Spannungsableitung). Die Hütespannung muss mindestens 2 kV an jeder Stelle des Zauns betragen, sollte aber 10 kV nicht überschreiten. Zwischen den einzelnen Impulsen muss laut DIN EN 60335-2-76 Anhang E und VDE0131 mindestens eine Sekunde Pause liegen. Die Pulsdauer muss unter 10 ms liegen. Die Energie pro Puls im 500-Ohm-Anteil der Standardlast darf 5 Joule nicht überschreiten.[1][2] Die Standardlast stellt quasi den Tierkörper dar. Das Gerät darf mehr Energie abgeben, um den Fellwiderstand und/oder parallel ableitenden Pflanzenbewuchs zu überwinden. Beide Fälle werden von der Norm dahingehend berücksichtigt, dass zum 500-Ohm-Widerstand zur Prüfung ein weiterer Widerstand parallel oder in Serie geschaltet wird. Dessen Größe und Schaltart ist so zu wählen, dass die maximale Energie im 500-Ohm-Widerstand auftritt. Die Kompliziertheit erklärt sich daraus, dass einerseits eine große Hütesicherheit erreicht werden soll und andererseits eine maximale Sicherheit für Mensch und Tier nötig ist. Dementsprechend passen sich moderne Geräte an die Lastbedingungen an (siehe Abschnitt Betrieb und Merkmale). Der maximal abgegebene Strom beträgt bei den oben genannten Grenzwerten bereits 1A und darf bei kürzeren Pulsen höher sein.

Stacheldrahtzäune dürfen nicht unter Strom gesetzt werden, da zum einen ein Verfangen z. B. an der Kleidung und damit ein andauernder Schluss des Stromkreises möglich wäre.

Betrieb und Merkmale

Die Geräte nennt man auch Weidezaungerät, in der Schweiz auch Viehhüter. Mit Batterie betriebene Weidezaungeräte erzeugen bei 9–12 V Batteriespannung eine elektrische Spannung von bis zu 10 kV. Für höhere Spannungen ist die Isolation im Allgemeinen nicht ausgelegt. Je nach Verwendungszweck beträgt die Energie pro Impuls bis zu 6 Joule, zusätzlich wird der maximale Strom auf einige 10 mA begrenzt. Entsprechend muss auch die Kapazität der Batterie bemessen werden. Bei guten Verhältnissen können Zaunlängen von bis zu 25 km effektiv unter Spannung gesetzt werden. Mit einem mit Netzspannung betriebenen Weidezaungerät kann die Energie pro Impuls bis über 30 Joule betragen, was für Zaunlängen von bis zu 150 km ausreicht. Die versorgbare Zaunlänge reduziert sich jedoch in Abhängigkeit vom Bewuchs des Zaunes sehr schnell und sollte somit kurz gehalten werden. So stehen bei mittlerem Bewuchs 45 km und bei starkem Bewuchs noch maximal bis ca. 25 km Zaunlänge zur Verfügung.

Eine Spannung von mindestens 3 kV gilt als bewuchsvernichtend, d. h. die Spitzen nachwachsender Grashalme werden vernichtet, wenn sie den Zaun berühren, und stellen damit keine ungewollte Ableitung dar.

Für größere Tiere ist die hohe Spannung weitgehend ungefährlich, da die Energie pro Impuls und die Impulslänge begrenzt sind und die Pause >1s vorgeschrieben ist. Bei Berührung mit den Drähten erhalten die Tiere einen kurzen elektrischen Stromstoß, der über den Tierkörper zur Erde fließt, und weichen zurück. Kleinere Tiere wie Schnecken, Spinnen oder Geckos können aber im Bereich der Isolatoren getötet werden.

Die Vorteile von elektrischen Weidezäunen gegenüber anderen Weidezäunen liegen im geringen Arbeitsaufwand bei der Errichtung, in der leichten Veränder- und Erweiterbarkeit und im geringen Verletzungsrisiko für Mensch und Tier. Für die Funktion muss kein geschlossener Stromkreis errichtet werden, was den Aufwand beim Aufbau sehr klein hält. Es sind beliebige „Verästelungen“ beim Aufbau möglich – der Stromkreis wird erst dann geschlossen, wenn ein Tier (oder etwas anderes) den Zaun berührt und so eine Verbindung mit der Erde herstellt.

Moderne Weidezaungeräte sind selbstregulierend, indem sie ihre Impulsenergie selbstständig den Gegebenheiten des Zaunes (Länge bzw. Kapazität zur Erde) anpassen. Sie sorgen z. B. auch bei Störungen (aufliegende Äste usw.) dafür, dass die erforderliche Zaunspannung aufrechterhalten wird. Weitere heute verfügbare Funktionen sind Ruf- und Benachrichtigungssysteme (Telefonwähler, Signallampen und Sirenen), die den Zaunbetreiber bei solchen Störungen benachrichtigen. Einige Geräte ermöglichen auch die Überwachung auf Unterbrechung, indem der stromführende Draht an seinem Ende mit einem Rücklaufanschluss des Weidezaungerätes verbunden wird (Zaunschleife). Der Benutzer sieht damit nicht nur die Ausgangsspannung, sondern auch die Spannung am Zaunende und kann sich bei entsprechenden Abweichungen benachrichtigen lassen.

Eine Fehlerquelle bei der Errichtung eines elektrischen Weidezaunes ist die mangelhafte Erdung des Weidezaungerätes. Da sie Teil des Stromkreises ist, hat sie auf die Funktion eines Weidezauns einen großen Einfluss. Hersteller geben an, wie die Erdung am jeweiligen Weidezaungerät gestaltet werden muss. Ein Anschluss an eine Hauserdung (Schutzleiter) ist nicht gestattet, der Mindestabstand zu einer solchen Erdung beträgt 10 m.

Als Hilfestellung bei der Zaunplanung und der Wahl der richtigen Zaunkomponenten gibt es heute Berechnungssoftware. Vorschriften zum sicheren Errichten und Betreiben eines elektrischen Weidezaunes existieren u. a. beim Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) und der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft.

Kritik

Mobile elektrische Weide- und Hütezäune können für Wildtiere eine nicht zu unterschätzende Gefahr darstellen, besonders dann, wenn sie spannungsfrei geschaltet sind und somit keine Abschreckwirkung aufweisen. Tiere mit Hörnern oder Geweihen können sich in den Drähten und Bändern verwickeln und im Extremfall zu Tode kommen. Wer mobile elektrische Weide- und Hütezäune errichtet, sollte sich dieses Umstandes bewusst sein, die Anlagen ständig kontrollieren und bei Nichtbenutzung abräumen.[3][4]

Hochspannungszaun

Hochspannungs-Stacheldrahtzaun in Auschwitz

Bei Hochspannungszäunen (fälschlicherweise auch Starkstromzäune genannt) stehen die Drähte des Zaunes wie bei den Weidezäunen unter einer Hochspannung von 1 kV bis 20 kV; allerdings sind die Ströme bei Berührung höher, da es zu keinem bzw. nur zu einem geringen Spannungseinbruch kommt. Damit werden während der Berührungsdauer wesentlich größere Energiemengen transportiert. Die bei Berührung durch den Körper fließenden Ströme erzeugen Herzstillstand, Herzkammerflimmern und schwere Verbrennungen wie bei Stromunfällen.

Die erste Anwendung von unter Hochspannung stehenden Elektrozäunen fand im Ersten Weltkrieg in Belgien statt. Dort errichteten deutsche Truppen 1915 entlang der Grenze zwischen dem besetzten Belgien und den Niederlanden über eine Länge von etwa 180 km einen an 2 kV angeschlossenen Hochspannungszaun (offiziell: Grenzhochspannungshindernis), um unerwünschte Grenzübertritte zu verhindern.

Elektrozäune wurden auch zur Umzäunung von Konzentrationslagern benutzt. Außerhalb des Zaunes befand sich zusätzlich noch eine weitere Umzäunung aus einem konventionellen Stacheldrahtzaun. Der innere, unter Hochspannung stehende Zaun war oft ungeschützt.

Ähnliche Barrieren schützen im Ausland bis heute sensible Anlagen (militärische Sperrgebiete, Munitionslager usw.), insbesondere in den einstigen Staaten des Ostblocks. In der DDR waren etwa 1,8 m hohe Hochspannungszäune mit einer Spannung von 10 kV zum Schutz von Hochsicherheitsanlagen (z. B. Anlagen der militärischen Luftraumüberwachung) üblich.[5] Bei diesen Zäunen verliefen auf Porzellanisolatoren sowohl Hochspannung führende als auch geerdete Drähte, deren Lage im Verlauf des Zaunes in unregelmäßigen Abständen wechselte. Der Hochspannungszaun befand sich zwischen zwei Maschendrahtzäunen, die vor dem unbeabsichtigten Berühren des Zaunes, auch durch Wild, schützen sollten.[5] Am Zaun war üblicherweise eine Überwachungsanlage angeschlossen, die einen bei Berührung des Zaunes erfolgenden Spannungseinbruch signalisierte.[5]

Südafrika befestigte in den 1980er Jahren Teilabschnitte seiner Staatsgrenze mit Hochspannungszäunen, um aus Nachbarstaaten eindringende Bürgerkriegsflüchtlinge und bewaffnete Kräfte der Antiapartheidsbewegungen zu hindern bzw. abzuschrecken. Internationale Bekanntheit hat beispielsweise diese Art staatlicher Territorialsicherung an der Grenze zu Mosambik gefunden.[6]

Signalzaun

Elektrische Sicherung im ehemaligen Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen

Elektrische Signalzäune dienen dazu, die Verletzung eines gesperrten Bereiches zu signalisieren – durch Kontakt mit den Drähten oder auch kontaktlos infolge der Veränderung des elektrischen Feldes bei Annäherung von Personen. Die dazu genutzte Spannung ist nicht tödlich. So waren z. B. die Grenzsignalzäune an der Westgrenze der DDR und zu West-Berlin aufgebaut. Auch Elektro-Barrieren als Besteigeschutz von Gebäuden oder Übersteigschutz von Mauern funktionieren so. Sie waren z. B. an vielen sicherheitsrelevanten Gebäuden der DDR (Staatssicherheit, Polizei) angebracht. Sie bestanden aus Drähten, die an V-förmig vom Gebäude abstehenden Glasfaser-Stangen befestigt waren und oberhalb des Erdgeschosses um das Gebäude liefen.

Seit Ende der 1960er Jahre bis 1989 stand an der ungarisch-österreichischen Grenze (damals zugleich die Grenze zwischen Ostblock und Westen sowie Teil des Eisernen Vorhangs) ein etwa 240 Kilometer langer Signalzaun („elektronisches Signalsystem SZ-100“), ein Produkt aus der Sowjetunion. Anderswo gab es eine Kombination aus Stacheldraht und Minenfeldern, siehe Todesstreifen. Auch zwischen Ungarn und der ČSSR, bei Pressburg (Bratislava), gab es ein Stück SZ-100.[7]

In Graz-Messendorf ist der etwa 2,5 m hohe Zaun (Maschendrahtgewebe, Stacheldraht) am Lagerplatz zur Verladung von Pkw aus der lokalen Fabrikation auf Autotransporter an seiner Innenseite mit zahlreichen waagrechten Signaldrähten im Horizontalabstand von etwa 10 cm vom Zaungitter ausgestattet.

Weblinks

Commons: Elektrozäune – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Günter Herkert: [https://web.archive.org/web/20150627073944/https://www.smul.sachsen.de/lfulg/download/Vortag_Koellitsch.pdf Voraussetzungen zur Erreichung eines hohen Sicherheitsniveaus bei Elektrozäunen.] (PDF) patura KG, 2010, S. 14, archiviert vom Original am 27. Juni 2015; abgerufen am 20. Dezember 2015.
  2. Österreichischer Verband für ELektrotechnik: Sicherheit für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke. (PDF) Teil 2-76: Besondere Anforderungen für Elektrozäune. ÖVE/EN, 1. November 2002, S. 13, archiviert vom Original am 27. Juni 2015; abgerufen am 20. Dezember 2015.
  3. Wilma Rücker: Rehböcke im Todeskampf. burgschwalbach.de (übernommen von der Rhein-Lahn-Zeitung Diez), 30. Juli 2010, abgerufen am 19. Juni 2015.
  4. Reh stranguliert sich an Weidezaun. main-netz.de, abgerufen am 19. Juni 2015.
  5. a b c Burkhard Pohler: Hochspannungssicherungsanlage. bunker-wollenberg.eu, , abgerufen am 19. Juni 2015.
  6. Chris McMichael: The re-militarisation of South Africa’s borders. auf www.opendemocracy.net (englisch)
  7. Wolfgang Freitag: So viel Anfang vom Ende »Die Presse«, Print-Ausgabe vom 20. Juni 2009