Europäische Krankenversicherung

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Die Europäische Krankenversicherung (EUKV) ist eine europaweit einheitliche Form der Krankenversicherung. Sie gilt rechtlich als vollwertige private Krankenversicherung, da sie mit ihren für Deutsche bestimmten Tarifen die in § 193 Abs. 3 VVG[1] geforderte Mindestbedingungen erfüllt.

Gesetzliche Grundlagen

Spätestens seit dem 28. Dezember 2009 gilt in der Europäischen Union eine Richtlinie, die die gegenseitige Anerkennung von Dienstleistern im Europäischen Wirtschaftsraum behandelt. Dazu gehören Krankenkassen mit Sitz in der EU, auch EWR-Dienstleister genannt. [2] 2011 klärte das Bundesministerium der Justiz, was zur Erfüllung der gesetzlichen Versicherungspflichten gefordert wird: „Ausreichend ist also, dass das Unternehmen in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassen ist.“ EWR-Dienstleister können Personen mit deutschem Wohnsitz versichern, solange der Versicherungstarife gesetzliche Mindeststandards einhält.

Wesentliche Unterschiede EWR zu EUKV

Europäische Krankenversicherungen sind nach Art einer Sachversicherung gerechnet, im Gegensatz zu deutschen privaten Krankenversicherungen, die nach Art einer Lebensversicherung gerechnet sind. Sie sparen keine Rückstellungen fürs Alter an und kalkulieren nach aktuellem Schadenaufwand ihrer Versicherten. Verträge werden meist nur für ein Jahr angeboten, und wer nicht zahlt, verliert seinen Schutz, während eine deutsche PKV auch bei Zahlungsverzug oder Zahlungsausfall nicht kündigen darf. Das schlägt sich auf die Tarife nieder: Die europäischen Krankenversicherungen sind daher sehr viel günstiger, wenn man jung ist, können aber im Alter auch mindestens ebenso teuer (oder sogar teurer) werden als die deutschen Versicherungen. Auch müssen Europäische Krankenversicherungen, wenn sie bisher Unversicherte aufnehmen, keine Nachzahlungen nach § 193 VVG erheben, was sie für bisher Unversicherte attraktiv macht. Auch werden Vorerkrankungen anders behandelt: Meist greift die sogenannte Moratoriumsregel. Krankheitsbilder, die innerhalb von fünf Jahren vor Vertragsabschluss aufgetreten und behandelt wurden, müssen mindestens zwei Jahre ruhen bis sie als Neuerkrankung eingestuft und versichert werden.

EUKV als Alternative für nichtversicherte Deutsche

In Deutschland besteht die Pflicht zum Abschluss einer Krankenversicherung. Es muss ein lückenloser Versicherungsschutz nachgewiesen werden. Besteht dieser nicht, drohen dem Nichtversicherten hohe Nachzahlungen plus Säumniszuschläge, möchte er eine neue Krankenversicherung abschließen. Dies ist einer der Gründe, warum Nichtversicherte den Weg zurück in die deutsche gesetzliche bzw. private Krankenversicherung nicht einschlagen. Auch Vorerkrankungen oder eine schlechte Bonität/negative Schufaauskunft können Ursache hierfür sein. 2011 waren laut Statistischem Bundesamt 137.000 Personen in Deutschland nicht krankenversichert. Viele von ihnen haben auch nur theoretisch die Möglichkeit Versicherungsschutz bei einer deutschen Krankenkasse abzuschließen. Denn geforderte Nachzahlungen für nichtversicherte Zeiträume würden oftmals zur Überschuldung führen.

Verband der Privaten Krankenversicherung versus EWR-Dienstleister

Der deutsche PKV-Verband empfiehlt seinen Mitgliedern, die Europäische Krankenversicherung nicht anzuerkennen.[3], steht damit allerdings im Widerspruch zu einem Urteil des Bundessozialgerichts[4], das den Status der EUKV als zulässige Krankenversicherung bestätigt. Letztlich kann eine PKV den Wechsel eines Kunden zu einer EUKV nicht verhindern, sie kann ihn aber erheblich verzögern, indem sie eine EUKV nicht als Folgeversicherung anerkennt und auf diesem Wege ihren wechselwilligen Kunden die Entlassung aus dem Vertrag verweigert. Hierzu sind Verfahren anhängig. Dieses umstrittene Vorgehen hat allerdings zu dem Effekt geführt, dass einige europäische Krankenversicherungen sich teilweise vom deutschen Markt zurückgezogen haben.

Einzelnachweise

  1. Versicherungsvertragsgesetz - VVG, Versicherungspflicht
  2. FOCUS Magazin Nr. 14 vom 15. April 2013, Ende der privaten Kassen? Rechnen lohnt sich Abgerufen am 26. Juli 2015
  3. Kommentar zur Positionierung des PKV-Verbands.
  4. Urteil des Bundessozialgerichts vom 20. März 2013, Aktenzeichen B 12 KR 14/11 R