Amerikanische Faulbrut

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Typische Merkmale der Amerikanischen Faulbrut:
1. eingefallene Zelldeckel
2. fadenziehender Schleim

Bei der Faulbrut handelt es sich um zwei verschiedene bakterielle Brutkrankheiten der Honigbienen. Man unterscheidet zwischen der durch Melissococcus plutonius (Familie Enterococcaceae) ausgelösten Europäischen Faulbrut (EFB) und der durch Paenibacillus larvae (Familie Paenibacillaceae) ausgelösten Amerikanischen Faulbrut (AFB). Die relativ harmlose Europäische Faulbrut wird auch als Gutartige Faulbrut oder (aufgrund des entstehenden sauren Geruchs) als „Sauerbrut“ bezeichnet. Die Amerikanische Faulbrut hingegen wird auch Bösartige Faulbrut genannt und ist in Deutschland und Österreich anzeigepflichtig[1] und in der Schweiz[2] meldepflichtig, siehe Kapitel Organisation der Tierseuchenbekämpfung bei Tierseuche.

Amerikanische Faulbrut (AFB)

Die Amerikanische Faulbrut (auch Bienenpest genannt) ist eine Erkrankung der älteren Bienenbrut, nämlich der Streckmaden: Sie befinden sich in der bereits mit einem Wachsdeckel verschlossenen Brutzelle. Im Erkrankungsverlauf löst sich die gesamte Körperstruktur der Larven auf und es bleibt nur eine zähe, braune, schleimige Substanz übrig, die später zu einem dunklen Schorf eintrocknen kann. Die Amerikanische Faulbrut stellt keinerlei Gefährdung für die erwachsene (adulte) Biene, den Menschen oder andere Lebewesen dar. Die Bezeichnung „amerikanisch“ bezieht sich nicht auf ein Ursprungsgebiet, sondern auf den Ort der Entdeckung; die Krankheit tritt weltweit auf.[3]

Ursache

Ammenbienen füttern Larven mit Sporen der Paenibacillus larvae-Bakterien und stecken sie so an. An der TU Berlin und am Länderinstitut für Bienenkunde in Hohen Neuendorf klärte man die Stoffwechselwege des Bakteriums auf. Nachdem eine Gensequenz auf einen ungewöhnlichen Sekundärmetaboliten schließen ließ, wurde dieser identifiziert und der Biosyntheseweg geklärt. Das Paenilamicin genannte Antibiotikum zerstört keine Bienenlarven. Seine antibakterielle Wirkung hilft dem Bakterium aber, sich gegen mikrobielle Konkurrenten im Larven-Darm durchzusetzen.[4]

Infektionsverlauf

Sporen des Bakteriums Paenibacillus larvae gelangen mit kontaminiertem Honig oder Waben in gesunde Bienenvölker. Durch Körperkontakt und Futteraustausch werden die Sporen im Bienenvolk verteilt. Sporen kontaminieren den in Waben eingelagerten Honig. Ammenbienen kontaminieren das Larvenfutter.

In den Därmen der Larven keimen die Sporen aus und vermehren sich als Stäbchen (bacillus). Wird die Larve vor der Verdeckelung der Brutzelle von Bakterien getötet, so wird sie von den ihrem Putztrieb folgenden Arbeiterinnen häufig entfernt. Wird die Brutzelle aber noch verdeckelt, so stirbt die Larve und zersetzt sich zu einer Faden ziehenden Masse (Streichholzprobe).

Jede unerkannt gebliebene, infizierte Larve trocknet ein (Faulbrutschorf) und enthält nach vollständiger Zersetzung bis zu 2,5 Milliarden neuer Sporen. Zusammenbrechende Bienenvölker werden von Bienen anderer Völker ausgeräubert, wodurch sich die Sporen in deren Völker verteilen.

Bekämpfung

Bei einem AFB-Ausbruch droht durch Verflug und Räuberei die Infizierung eines weiten Gebiets. Daher ist sie in Deutschland und einigen anderen Ländern eine anzeigepflichtige Tierseuche. Nach der amtlichen Feststellung der Krankheit durch das zuständige Veterinäramt wird ein Faulbrut-Sperrbezirk mit mindestens einem Kilometer Radius um den betroffenen Bienenstand eingerichtet. Eine Belastung seiner Bienenvölker mit AFB-Sporen kann der Imker jährlich durch Futterkranzproben bestimmen lassen. Der Nachweis von Sporen in den Proben bedeutet aber nicht, dass die AFB auch schon ausgebrochen ist. Erst wenn auch ein klinischer Befund besteht (schleimiger Zelleninhalt, Streichholzprobe positiv), sind Maßnahmen zu ergreifen. Eine AFB-Sanierung bedeutete früher meist die Vernichtung aller Völker auf dem Stand durch Abschwefeln (Abtöten der Bienen) und Verbrennen des Materials. Heute wird, wenn die Ausbreitungstendenz begrenzt ist und der Imker die entsprechenden Möglichkeiten hat, auf Kunstschwarmverfahren und Beutendesinfektion gesetzt. Auch Kunststoffbeuten können effektiv desinfiziert werden. Allerdings muss auch weiterhin jegliches schon einmal bebrütetes Wabenmaterial aus den befallenen Völkern vernichtet, oder zumindest einem wachsverarbeitenden Betrieb als sogenanntes Seuchenwachs angeliefert werden. Durch einen Einschmelzvorgang mit festgelegten Parametern (Temperatur, Druck und Dauer) werden dort alle enthaltenen Sporen abgetötet.

Weltweit wird die AFB auch mit Antibiotika bekämpft. Das Mittel hat jedoch den gravierenden Nachteil, dass die Erreger nur in der aktiven Wachstumsphase abgetötet werden, nicht aber die Endosporen als eine Dauerform. Die Endosporen sind im eingetrockneten „Faulbrutschorf“ millionenfach in jeder der befallenen Brutwabenzellen vorhanden und können mehr als fünfzig Jahre überdauern. Bei unzureichenden begleitenden Hygienemaßnahmen kann es dann immer wieder zum Ausbruch der Krankheit kommen.

Die Endosporen werden auch über den weltweiten Honighandel verbreitet. Diese können dann durch Räuberei aus ungespülten Honiggläsern und Honiggläsern mit Restinhalt im Glascontainer in die Völker gelangen, so dass schon Glascontainer mit Honiggläsern bis zur Leerung mit Löschschaum gefüllt werden mussten.[5]
An der Brigham Young University erforscht man derzeit die Nutzung der Phagentherapie zur Behandlung der Amerikanischen Faulbrut.[6][7]

Verdachtsmomente

Verdachtsmomente, die eine Überprüfung (Streichholzprobe) auf AFB sinnvoll erscheinen lassen sind:

  • einzeln stehen gebliebene verdeckelte Brutzellen
  • sehr lückenhafte Brut (schwacher Verdacht, kann auch andere Gründe haben, z. B. Varroose)
  • knochenleimartiger Geruch beim Öffnen der Beute
  • Verfärbungen der gedeckelten Brut mit eingefallenen oder sogar löchrigen Zelldeckeln

Streichholzprobe

Streichholzprobe (hier positiv)

Bei der Streichholzprobe wird das zündkopffreie Ende eines Streichholzes in eine verdächtig erscheinende und kurz vorher geöffnete Brutzelle bis auf den Zellengrund geschoben. Die Probe fällt positiv aus, wenn ein schleimiger Faden, ähnlich einem hochviskosen Klebstoff, herausgezogen werden kann und keine Körperstruktur (in Form einer schlaffen Larvenhaut) mehr zu erkennen ist. Ein sicherer Beleg für den Ausbruch der Krankheit ist durch die Untersuchung einer Probe im Labor zu erbringen. Dort erfolgt ein bakteriologischer oder molekulargenetischer Erregernachweis. Bei offenen Brutzellen gibt die Streichholzprobe keine verlässlichen Anhaltspunkte, da der ursprünglich schleimige Inhalt befallener Zellen meist schon eingetrocknet ist.

Juristische Regelungen

In Deutschland regelt die Bienenseuchen-Verordnung sowohl Prophylaxe als auch Schutzmaßnahmen im Verdachtsfall bzw. nach amtlicher Feststellung der Seuche, die als anzeigepflichtige Tierseuche amtlich bekämpft wird.

Prophylaktisch kann jeder Imker jederzeit seine Bienenvölker durch einen amtlich bestellten Bienensachverständigen auf Amerikanische Faulbrut untersuchen lassen. Der sinnvollste Zeitpunkt dafür liegt im Frühjahr vor der Bildung von Ablegern. Eine solche Untersuchung ist zwingend erforderlich, wenn der Imker beabsichtigt, Völker zu verkaufen bzw. abzugeben, eine Belegstelle zu beschicken oder mit Bienenvölkern zu wandern. Bienensachverständige stellen für diese Zwecke Gesundheitsbescheinigungen aus, die in Kopie sichtbar an den Beuten befestigt werden.

Im Fall des Verdachts oder des Ausbruchs der AFB dürfen vor der amtlichen Feststellung der Seuche durch das Veterinäramt an dem Bienenstand keine Veränderungen vorgenommen werden. Für alle Personen außer dem Besitzer und seinen Vertretern und Handlungsgehilfen, Tierärzten und zuständigen Bienensachverständigen gilt ein Betretungsverbot.

Nach amtlicher Feststellung der AFB müssen am betroffenen Bienenstand Bienenwohnungen, tote Bienen, Gerätschaften, Wabenmaterial, Wachsvorräte usw. nach Anweisung des Amtstierarztes desinfiziert oder unschädlich beseitigt werden. Seuchenkranke Bienenvölker werden je nach amtlicher Anordnung entweder getötet („abgeschwefelt“) oder durch ein Kunstschwarmverfahren behandelt.

Mit der amtlichen Feststellung weist die Veterinärbehörde auch einen Sperrbezirk mit mindestens einem Kilometer Radius um den betroffenen Bienenstand aus, in dem alle dort belegenen Bienenstände ebenfalls auf AFB untersucht werden müssen.

Europäische Faulbrut (EFB)

Die Europäische Faulbrut ist eine Infektion, die die jüngere und noch offene Brut (Brutzelle noch nicht mit einem Wachsdeckel verschlossen), die so genannten Rundmaden, befällt. Der Primärerreger ist Melissococcus plutonius. Als Sekundärerreger wurden Achromobacter eurydice, Enterococcus faecalis, Brevibacillus laterosporus und Paenibacillus alvei beschrieben. Die verendenden Maden verfärben sich gelb bis braun und liegen schlaff auf dem Zellengrund. Das abgestorbene Gewebe ist noch strukturiert und nicht fadenziehend, sondern eher wässrig. Von ihm geht ein saurer, manchmal sehr penetranter Geruch aus. Das Madensterben beginnt meist im Sommer (Juli).

Seit 1999 ist der Erreger bedeutend virulenter geworden. Erstmals wurde er 1999 in der Schweiz, Emmental, festgestellt. Die EFB ist seit dann, wie die AFB, eine sehr schwer zu beseitigende Krankheit und wird noch oft unterschätzt. Sanierungsversuche scheitern meistens. Das zweimalige Abwischverfahren nach Wolfgang Ritter hat erste Erfolge gebracht. Das Bakterium kann aber von den Bienen aus infizierten Nachbarvölkern leicht wieder eingeschleppt werden. Der Erreger stirbt bei 78 °C, bei der Reinigung des Materials mit 5 % heißer Natronlauge, 6 % heißer Sodalösung und mit 70 % Alkohol, resp. Putzsprit. Da das Bakterium auch im Wachs und Propolis vorhanden ist, muss dies zuerst abgekratzt oder abgeflammt werden.

Hinweis: Die Begriffe Made versus Larve

Im imkerlichen Sprachgebrauch wird in Bezug auf die Bienenbrut der Ausdruck „Made“ verwendet (etwa in „Rundmade“ oder „Streckmade“). Im biologischen bzw. wissenschaftlichen Kontext bezieht sich „Made“ aber auf ein Entwicklungsstadium der Zweiflügler (Diptera). Für Honigbienen, die zu den Hautflüglern (Hymenoptera) gehören, wäre dagegen der Ausdruck „Larve“ angebracht.

Literatur

  • Eva Forsgren: European foulbrood in honey bees. Journal of Invertebrate Pathology 103 (2010), S5-S9
  • Edmund Herold: Neue Imkerschule, 5. Auflage Überarbeitet von K. Weiß, Ehrenwirth München, 1982, ISBN 3-431-01850-5
  • Friedrich Pohl: "Die Faulbrut" vorbeugen, erkennen, bekämpfen", Ehrenwirth München 2000, ISBN 3-431-05001-8
  • Frithjof Koithan: Das aktuelle Gefahrenpotential der Amerikanischen Faulbrut, Ursachen und mögliche Bekämpfungsstrategien. Diss. Fachbereich Veterinärmedizin der Justus-Liebig-Universität Giessen, 2002. PDF, 771 KB
  • Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Hrsg.): Leitlinie zur Bekämpfung der Amerikanischen Faulbrut der Bienen in Deutschland, Stand: Januar 2013.

Quellen

  1. Bienenseuchen-Verordnung Deutschland
  2. Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Gesetzgebung, Landesrecht SR 916.401 Tierseuchenverordnung.
  3. Artikel "Amerikanische Faulbrut - wie gefährlich ist sie?", Dr. Friedrich Pohl und Dr. Werner von der Ohe, Monatszeitschrift Deutsches Bienen Journal. Heft 8/2007, Seiten 14, 15.
  4. Roderich Süssmuth (2014): Paenilamicin – Struktur und Biosynthese eines hybriden Polyketid-/nichtribosomalen Peptidantibiotikums des bienenpathogenen Bakteriums Paenibacillus larvae, Angewandte Chemie, doi:10.1002/ange.201404572.
  5. Artikel "Faulbrutquelle Glascontainer?", Monatszeitschrift Allgemeine Deutsche Imkerzeitung. Heft 11/2011, Seite 13.
  6. Bee Killers: Using Phages Against Deadly Honeybee Diseases auf YouTube, abgerufen am 5. Juni 2016
  7. Using microscopic bugs to save the bees auf der Webseite der Brigham Young Universität, abgerufen am 5. Juni 2016

Weblinks

Commons: Paenibacillus larvae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien