Georg Rauch (SS-Mitglied)

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Georg Rauch (* 31. Mai 1921 in Hohndorf; † 10. August 2008) war ein Offizier der Waffen-SS und war am Massaker von Sant’Anna di Stazzema beteiligt.

Eintritt in die SS

Georg Rauch ist im Alter von 12 Jahren in die Hitlerjugend eingetreten und wurde bald Gruppenleiter. 1940 trat er als Freiwilliger der SS bei, wurde einem der SS-Totenkopfverbände zugeteilt, der in Frankreich eingesetzt war, wo er rasch zum Truppführer aufstieg. Später besuchte er eine Offizierschule, danach wurde er in Russland und in Warschau eingesetzt. Ende 1943 wurde er Untersturmführer in der 16. SS-Panzergrenadier-Division „Reichsführer SS“. Spätestens im Juni 1944 war er als Bataillonsadjutant nach Italien geschickt worden, um eine Unterbringung für das Bataillon in der Nähe von La Spezia zu finden.

Die 16. SS-Panzergrenadier-Division „Reichsführer SS“ führte am 12. August 1944 die Ermordung von 560 Zivilisten in dem italienischen Dorf Sant’Anna di Stazzema bei La Spezia durch, eines der größten und grausamsten Massaker, das deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg verübt haben.

Verurteilung in Italien

Rauch wurde in Abwesenheit am 22. Juni 2005 in einem Prozess vor einem Militärgericht in La Spezia zusammen mit neun weiteren beteiligten ehemaligen SS-Mitgliedern wegen „fortgesetzten Mordes mit besonderer Grausamkeit“ zu lebenslanger Haft und Schadensersatz an drei als Nebenklägerinnen auftretende Familienangehörige von je 10.000 Euro verurteilt.

Rauch bestritt auch jede Beteiligung an dem Massaker und gab an, er sei sofort nach seiner Ankunft in Italien bei einem Luftangriff verwundet und in das Militärkrankenhaus von Pavia eingeliefert worden. Er hat daher gegen das Urteil Revision eingelegt.

Am 8. November 2007 bestätigte der italienische Kassationsgerichtshof in Rom die lebenslangen Haftstrafen für Georg Rauch und seine zwei Kameraden Gerhard Sommer und Karl Gropler. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Ansa lehnte das Gericht den Antrag des Militärstaatsanwalts ab, das vorherige Urteil aufgrund eines Verfahrensfehlers zu annullieren und einen neuen Prozess anzusetzen.[1] Die Urteile könnten in Italien oder in Deutschland vollstreckt werden. Wenn die deutschen Behörden einem Auslieferungsbegehren Italiens folgen würden, hätten die Verurteilten ihre Strafe aufgrund ihres Alters als „Hausarrest“ zu verbüßen. Deutschland liefert eigene Staatsbürger zum Zwecke der Strafvollstreckung nicht gegen ihren Willen aus, und die Vollstreckungsübernahme eines auf lebenslange Freiheitsstrafe lautenden Abwesenheitsurteils ist nach deutschem Recht nicht möglich.

In einer deutschen Übersetzung des (erstinstanzlichen) italienischen Urteils heißt es: Man muss also davon ausgehen, dass Rauch zumindest an der Planung und Organisation, wenn nicht an der konkreten Ausführung des Massakers teilgenommen hat. Das geht einerseits aus den Aufgaben eines Adjutanten hervor, andererseits aber auch aus konkreten Elementen, die belegen, dass Rauch seinen Kommandanten tatkräftig unterstützte. […] Da also die Planung des Massakers von Sant’Anna direkt zu seinem Zuständigkeitsbereich gehörte, und da man keinen echten Nachweis erbringen konnte, dass er zu der Zeit nicht vor Ort gewesen sei, muss man davon ausgehen, dass er zumindest an der Planung beteiligt war. […] Man kann also davon ausgehen, dass er am 12. August 1944 im Dienst war und dass er zumindest an der Planung, wahrscheinlich jedoch – anhand weiterer Elemente – auch an der Ausführung des Massakers beteiligt war. Es ist nämlich belegt, dass das ganze Bataillon, also auch der Kommandant und seine nächsten Mitarbeiter, an der Aktion teilnahmen.

Ermittlungen in Deutschland

Das Stuttgarter Landgericht hat vor dem italienischen Urteil ein Verfahren gegen Rauch eingestellt, weil ihm die vorhandenen Nachweise über Rauchs Verwundung bzw. Nicht-Verwundung in der fraglichen Zeit (damit für seine Tatbeteiligung) unzureichend erschienen und ein wichtiger Zeuge inzwischen verstorben war. Das Gericht in La Spezia schloss sich jedoch dieser Sichtweise nicht an. Seit Oktober 2002 ermittelte die Staatsanwalt Stuttgart erneut gegen Rauch, es wurde aber keine Anklage erhoben. Ende September 2012 wurde das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen mangelnden hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.[2]

Im Mai 2006 kam es zu einer Aktion von Antifaschisten in Rümmingen, bei der das Haus von Rauch aufgesucht und mehrere Hundert Flugblätter in der Nachbarschaft verteilt wurden.[3] Nachdem davon in den örtlichen Medien berichtet wurde, wurde vielen Einwohnern Rümmingens erst bewusst, dass Rauch eine nationalsozialistische Vergangenheit hat.

Siehe auch

Quellen

Einzelnachweise

  1. Kassationsgericht bestätigt lebenslange Haft für drei NS-Verbrecher Yahoo Nachrichten, 8. November 2007
  2. [1]
  3. Aktion von Antifaschisten vor dem Haus Rauchs