Kite Aerial Photography

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. November 2015 um 09:43 Uhr durch 78.52.200.97 (Diskussion) (→‎Bubble-Panoramen: WP:NPOV). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Vereinfachte Darstellung des Prinzips der Kite Aerial Photography
KAP aus ca. 80 m Höhe (westlicher Nordring in Cottbus)
KAP eines einzelnen Bauwerks (National Monument in Schottland)

Kite Aerial Photography, oder kurz KAP ist eine Art der Fotografie, bei der die Zugkraft eines Fessel-Drachens genutzt wird, um eine Kamera in eine erhöhte Position zu befördern. Die Gipfelhöhe ist begrenzt durch die in Deutschland vorgeschriebene maximale Flughöhe von 100 Metern und ermöglicht dadurch sehr erdnahe und detailreiche Luftbilder mit ungewöhnlichen Perspektiven.

Die Flughöhe (bis 100 m) liegt deutlich unter der Flughöhe von Flugzeugen (ab 300 m). So entstehen Aufnahmen der Umgebung in den Maßstäben der gewohnten Sehweise und nicht in der abstrakten, Landkarten ähnlichen Sichtweise von Flugzeug- oder Satellitenaufnahmen.

Bedingt durch fallende Technikpreise (vor allem bei den Kameras) und den fortschreitenden technischen Möglichkeiten, ist die Gemeinde der KAPer in den letzten Jahren sprunghaft angewachsen.

Zum Starten des Drachen-Kamera-Systems lässt man zunächst den Drachen ein Stück aufsteigen, um die bodennahen Turbulenzen zu überfliegen. Wenn der Wind genügend tragfähig und konstant ist, wird das Kamerasystem an die Flugleine gehängt und die Schnur abgerollt bis die gewünschte Aufnahmehöhe erreicht ist.

Durch Umhergehen und durch Kontrolle der Kamera mit einer Funk-Fernsteuerung werden die Fotos aufgenommen.

Geschichte

Aus alten chinesischen Überlieferungen ist heute bekannt, das die ersten Fernerkundungen mittels eines Fesseldrachens im spätmittelalterlichen China stattfanden. Das verwundert insofern nicht, als dass China als das Drachen-Ursprungland gilt. Bei kriegerischen Auseinandersetzungen wurden Personen mittels eines Drachens auf Höhe gebracht, um das Nahen eines anziehenden Heeres zu überwachen.

1858 wurde von dem Franzosen Gaspard Felix Tournachon das erste Luftbild von einem Fesselballon aus aufgenommen. Die Idee hierzu, Luftbilder zur Kartenherstellung zu nutzen, ließ er sich patentieren.

Wer das erste Fessel-Drachen-Luftbild gefertigt hat, ist immer noch unklar. Es gibt sowohl amerikanische Ansprüche, als auch französische Rechte auf das erste KAP-Bild. Die entsprechende Literatur gibt ebenso widersprüchliche Angaben, so dass die zwei nachfolgenden Absätze einfach nur die gefundenen Daten zum ersten KAP-Bild wiedergeben.

Die ersten Drachen-Luftbilder in den USA soll wohl William A. Eddy (der Erfinder der Eddy-Drachen) in Bayonne, New Jersey, am 30. Mai 1895 gemacht haben.

In Europa fiel 1896 der Name Arthur Batut (Frankreich) im Zusammenhang mit der Drachen-Luftbildfotografie. Er gilt als der moderne Begründer der KAP in Europa (in anderen Quellen der erste der Welt). Nach drei Fehlschlägen machte er eine Aufnahme mit einem Drachen, die seine Heimatstadt Labruguière am 29. Mai 1889 aus 90 m Höhe zeigt. Nach jedem belichteten Bild musste der Drachen wieder gelandet werden um eine neue Filmplatte in die Kamera einzuschieben.

Silas J. Conyne (USA) ließ am 29. April 1902 einen Drachen mit der Patentnummer 698.634 eintragen, dessen Form heute leicht modifiziert in jeder Drachenbastelstube gebaut wird. Sein Modell flog zuverlässig schon bei geringen Winden und war zudem sehr gutmütig im Flugverhalten.

Historische KAP von Lawrence nach dem San-Francisco-Erdbeben von 1906

Mit einer gestaffelten Anordnung mehrerer dieser Drachen gelang George Lawrence (USA) die Ikone aller frühen KAP-Aufnahmen: San Francisco, 6 Wochen nach dem verheerenden Erdbeben von 1906. Eine Meisterleistung, verinnerlicht man den Stand der Technik zu jener Zeit. Lawrence belichtete in 2000 Fuß Höhe ein 45 cm × 120 cm großes Negativ, welches trotz der mäßigen Optik eine hohe Detailgenauigkeit zuließ. Ausgelöst wurde mit Zündschnur, was das Gelingen des Bildes zur Glückssache machte. Der etwas schräge Horizont auf dem bekanntesten Bild der Fotoserie ist ein Beleg dafür.

1916 bis 1918 setzte der deutsche Archäologe Theodor Wiegand (Leiter des deutsch-türkischen Denkmalschutzkommandos) in Palästina erstmals zur Dokumentation von Altertümern Luftbilder ein, die mit dem Drachen gewonnen wurden, da Motorflugzeuge während des Ersten Weltkrieges nur eingeschränkt für nichtmilitärische Zwecke eingesetzt werden durften.

Mit dem Aufkommen der Fliegerei ließ das Interesse an der KAP-Fotografie merklich nach. Durch die Unabhängigkeit von Wind, die schnellen Ortswechel und die sichere Steuerung machte sich das Flugzeug unentbehrlich zur Erzeugung von Luftaufnahmen.

Technik

Aufhängung (Picavet)

Das Prinzip einer Picavet-Aufhängung

Die Aufhängung der Kamera (KAP-Rig) wird an der Drachenleine befestigt. Die Kamera muss immer möglichst waagerecht hängen, damit der Horizont bei den Aufnahmen nicht schief ist. Die Kamera soll möglichst wenig schaukeln, damit die Aufnahmen nicht verwackeln. Diese Überlegungen haben zu einer Seilaufhängung ähnlich in der Funktion einem Kardangelenk geführt, die von den meisten KAPern verwendet wird, dem Picavet.

Das KAP-Rig wird dabei am Drehpunkt an einem Kreuz aus Aluminiumrohr oder ähnlichem Material befestigt. An den vier Eckpunkten dieses Kreuzes befinden sich nach allen Seiten frei bewegliche, kleine, leichtgängige Seilrollen oder Seilösen. An der Drachenleine werden im Abstand von etwa 1–2 Metern voneinander, ebenfalls kleine Doppelseilrollen befestigt. Nach einem bestimmten Schema wird nun das KAP-Rig mit einer Schnur über die Seilrollen an die Drachenleine gehängt. Diese Aufhängung hält die Kamera fast immer waagrecht, auch wenn die Drachenleine verschiedene Winkel annimmt. Die gesamte Konstruktion rollt ständig hin und her und gleicht somit Bewegungen des Drachen weitestgehend aus. Dadurch, dass die Aufhängung über eine Schnur erfolgt, werden Schwingungen der Drachenleine gedämpft.

Kamerarahmen (KAP-Rig)

Das Rig ist eine an der Aufhängung (Picavet o. a.) eingehängte Gondel, welche die Kameratechnik trägt.

Es gibt sehr einfach gehaltene Ausführungen ohne ausgeklügelte Aufhängungen und ohne die Möglichkeit einer gezielten Fernsteuerung. Diese sind besonders für Einsteiger interessant, da der finanzielle Einsatz gering ist. Voraussetzung für diese Variante ist eine Kamera, die einen einstellbaren Intervallausöser (Auslösungen können mit einem festgelegten zeitlichen Intervall kontinuierlich vorgenommen werden) besitzt. Nachteil dieser Einsteiger-Rigs ist die hohe Ausschussquote innerhalb der ausgelösten Bildserien und die totale Windabhängigkeit in Bezug auf die Sicht-Richtung.

Die etwas kostenintensivere aber wesentlich komfortablere Variante ist das fernsteuerbare Rig. Je nach Ausführung kann man mit diesem Rig die Kamera in der Luft drehen und neigen, sowie jederzeit auslösen. Manche KAPer versehen ihr Rig auch noch mit der Möglichkeit, die Kamera in der Luft so zu drehen, dass zwischen Hochkantaufnahmen (Portrait) und Querformat (Landscape) umgeschwenkt werden kann. Die Bewegungen werden meistens von sogenannten Servos (spezielle Elektromotoren für die Steuerung) aus der Modellbautechnik durchgeführt. Diese Servos werden an einen Fernsteuerempfänger angeschlossen und führen so die Bewegungen aus, die der KAPer mit einer handelsüblichen Fernsteuerung vom Boden aus steuert.

Komponenten für eine fernsteuerbare Rig (Technikgondel für die Kamera)

  • ein leichter, dreh- und schwenkbarer Rahmen, in dem die Kamera befestigt werden kann.
  • Servos, die die Dreh- und Schwenkbewegung durchführen
  • ein Servo, oder wenn die Kamera elektrisch auszulösen ist, ein Relais, für die Betätigung des Auslösers
  • ein Fernsteuerempfänger mit drei oder vier Kanälen, der die Steuersignale vom Sender empfängt und an die Servos weiterleitet
  • ein Akkumulator oder eine Batterie für die Stromversorgung der Fernsteuerung
  • eine Empfängerantenne
  • eine Aufhängevorrichtung für die Drachenleine
  • eventuell ein Richtungsanzeiger, um die Ausrichtung vom Boden aus besser kontrollieren zu können.

Drachen

Beispiel eines stablosen Drachens: die FlowForm.
  • Stabdrachen
    • DoPeRo - ein von für KAP-Zwecke weiter entwickelter Einleinerdrachen.
    • Eddy
    • Delta
    • Rokkaku (sehr hohe Tragkraft, sehr ruhiger und stabiler Flug)
  • Stablose
    • FlowForm / ein Drachen der seine Flugstabilität durch die einzelnen Zellen erhält. Jede Zelle hat ein großes Eintrittsloch für den Wind und einen kleineren Austritt. Durch diese Form entsteht quasi ein tragender Flügel mit einem enormen Auftrieb. Ein weiterer Vorteil der FlowForm ist das geringe Packmaß. So kann ein Drachen mit 4 Meter × 3 Meter Ausmaßen ohne größere Probleme auf dem Gepäckträger eines Fahrrades transportiert werden. Das Flugverhalten einer sauber gearbeiteten FlowForm ist sehr gutmütig. Mit ihr können Kamerahöhen von bis zu 95 m (85°-Neigungswinkel der Drachenschnur) realisiert werden.
    • Power Sled

Sicherheit

Es gibt Regeln, die ein guter KAPer beachten sollte - zur eigenen und zur Sicherheit anderer.

  • Sicherheit geht vor gute Fotos.
  • Lifterdrachen für die KAP-Fotografie sind keine Spielzeuge. Sie entwickeln z. T. enorme Zugkräfte die es zu beherrschen gilt.
  • Die Leinenlänge darf in Deutschland maximal 100 Meter betragen. Ausnahmen (beispielsweise bei Drachenfesten) müssen behördlich angemeldet werden.
  • Mindestabstände von Flugplätzen (1,5 km) und Hubschrauberlandeplätzen sind strikt einzuhalten.
  • Die Nähe von Hochspannungsleitungen, hohen Gebäuden, dichter Besiedlung (Verkehr u. a.) und Industrieanlagen ist zu vermeiden.
  • kein Flug während eines Gewitters
  • kein Nachtflug
  • Vor jedem Flug ist das Material gründlich zu überprüfen. Das gilt besonders für Leinen, Knoten und den Drachen selbst.
  • Genaue Kenntnisse der Windstärken und des Windbereiches für den eigenen Drachen sollten vorhanden sein.

Bubble-Panoramen

Eine Variante der Kite Aerial Photography ist die Anfertigung von so genannten Bubble-Panoramen. Das sind Rundumsichtbilder, bei denen man in der Mitte einer Kugel oder Blase zu stehen scheint und sich nach allen Seiten sowie nach oben und unten umschauen kann. Man kann solche Rundumsichten auch vom Boden aus anfertigen. Luftaufnahmen von einer Kamera die an einem Drachen hängt, können wesentlich interessanter wirken.

Entstehungsweise der Bilder

Panoramaaufnahmen am Boden kann man aus beliebig vielen Aufnahmen zusammensetzen. Die Kamera steht dabei auf einem Stativ und das Aufnahmeobjekt wird mit einzelnen Fotos, die sich leicht überlappen aufgenommen. Diese werden dann im Computer zu einem Panoramabild zusammengesetzt. So lassen sich phantastische Aufnahmen mit einer riesigen Auflösung anfertigen. Als Objektiv kann man ein normales Weitwinkel mit 35 oder 28 Millimeter Brennweite einsetzen. Je kleiner die Brennweite, desto weniger Bilder werden benötigt, desto geringer ist jedoch auch die Auflösung.

Befindet sich die Kamera jedoch in der Luft, an einem fliegenden Drachen hängend, kann man nicht Bild für Bild anfertigen und diese Einzelbilder dann am Computer zusammensetzen. Dadurch, dass sich der Drachen und damit auch die Kamera laufend bewegt, ändert sich ständig der Kamerastandpunkt. Dadurch wird es nahezu unmöglich, mehrere Bilder zu einem Panorama zusammenzusetzen. Hier muss ein einziges Bild genügen.

Anfertigen eines Bubble-Panoramas aus der Luft

Schritt 1

Der untere Teil des späteren Bubble-Panoramas:

Da nur ein Bild angefertigt werden kann, muss auf diesem einen Bild alles enthalten sein. Dies wird mit einem Fischaugenobjektiv erreicht. Die Kamera hängt am Drachen und schaut dabei senkrecht nach unten. Auf dem Foto ist dann der gesamte untere Teil des späteren Panoramas enthalten.

Schritt 2

Der obere Teil des späteren Bubble-Panoramas:

Zu einer Rundumsicht gehört jedoch nicht nur der Boden, bzw. der untere Teil des Bubble-Panoramas sondern auch der obere Teil, also der Himmel. Der Himmel braucht jedoch nicht vom Drachen aus angefertigt zu werden, sondern man kann ihn vom Boden aus senkrecht nach oben fotografieren.

Schritt 3

Die beiden Bildhälften werden dann im Computer zu einem fertigen Bubble-Panorama zusammengesetzt und in ein darstellbares Bildformat umgewandelt. Zur Betrachtung ist allerdings die Installation eines entsprechenden Viewers auf dem Computer erforderlich.

Siehe auch

Literatur

  • N. Fries: Kite Aerial Photography - Luftbildaufnahmen für Einsteiger und Aufsteiger! Eigen-Verlag, Neuss 2010.

Weblinks

Commons: Kite aerial photography – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Deutsche Seiten

International