Kollektive Verteidigung

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Die kollektive Verteidigung ist ein traditionelles System zur Friedenssicherung. Generell ist es ein militärisches Zweckbündnis zweier oder mehrerer Staaten. Die Zusammenarbeit findet auf Zeit statt oder unbegrenzt. Kollektive Verteidigungssysteme arbeiten nach dem Prinzip der gegenseitigen Hilfeleistung und Abschreckung. Sie werden durch völkerrechtliche Verträge eingerichtet (z. B. Warschauer Pakt oder NATO). Die militärische Stärke soll zu einem Gleichgewicht führen, es wird also strategische Stabilität herbeigeführt.

Geschichte der kollektiven Verteidigung

Es gab stets Bündnisse, Pakte oder Allianzen zwischen Staaten, die dem militärischen Beistand im Kriegsfall dienten. Bereits Otto von Bismarck hat durch sein ausgeklügeltes Bündnissystem Deutschland zur Einigung (siehe Einigungskriege) verholfen und für Jahrzehnte ohne Krieg gesorgt. Jedoch haben diese Bündnisse auch zum Ersten und Zweiten Weltkrieg geführt. Durch die Vereinbarungen wie die Entente Cordiale oder der Achse Berlin–Rom–Tokio, entwickelte sich kurz nach Kriegssaubruch ein Flächenbrand über ganz Europa und führte zum Eintritt der Vereinigten Staaten in beide Weltkriege.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es zwei große Verteidigungsbündnisse: Die NATO und den Warschauer Pakt. Ihre Gründung gilt als Wegbereiter des Kalten Krieges sowie der Teilung Europas. Die Gründung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft scheiterte 1954.

Kollektive Verteidigung heute

Nach dem Zerfall des Sozialismus in Osteuropa und der Auflösung des Warschauer Pakts 1991 gab es nur ein kollektives Verteidigungssystem in Europa: die NATO. Ihre Ziele wurden etwas abgeschwächt und sie dient jetzt mehr dem Friedens- und Demokratieerhalt, auch wenn das Prinzip immer noch die Beistandspflicht nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags ist. Auch ist heute die Bereitschaft da, notfalls ohne UN-Mandat zu handeln, wie es 1999 im Kosovo der Fall war. Viele der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten sind der NATO beigetreten (z. B. Polen, Tschechien, Estland, Bulgarien), was den europäischen Einigungsprozess beschleunigt hat.

Existierende Systeme kollektiver Verteidigung

NATO

Siehe: NATO

Rat für kollektive Sicherheit

Eine Reihe ehemaliger Sowjetrepubliken haben sich 1992 unter Führung Russlands zur „Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit“ (OVKS) zu einem militärischen Bündnis zusammengeschlossen. Teilnehmer sind:

Die Aufgabe des Bündnisses ist die Gewährleistung der Sicherheit und der Unverletzlichkeit der Grenzen der Mitgliedsländer der OVKS. Sitz der Organisation ist Moskau. Der Vorsitz wechselt zwischen den beteiligten Ländern.

Rechtliche Aspekte

Das Grundgesetz (GG) erlaubt in Art. 24 Abs. 2 ausdrücklich die Teilnahme Deutschlands an „einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit zur Wahrung des Friedens“ durch „Einordnung“ in desselben. Die Beschränkungen deutscher Hoheitsrechte sollen der „Herbeiführung und Sicherung einer friedlichen und dauerhaften Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt“ dienen (vgl. auch „Übertragbarkeit“ von Hoheitsrechten).

Nicht rein humanitäre Bundeswehreinsätze im NATO-Rahmen sind erst seit 1994 möglich, da das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil, seiner so genannten Out-of-Area-Entscheidung, die NATO als System kollektiver Sicherheit bezeichnete.[1] In Systemen kollektiver Verteidigung sind solche Einsätze der Bundesrepublik Deutschland gestattet.

Siehe auch

Literatur

  • Dembinski, Matthias: NATO. Auf dem Weg von der kollektiven Verteidigungsorganisation zur offenen Sicherheitsgemeinschaft? In: Ferdowski, Mir A. (Hrsg.): Internationale Politik im 21. Jahrhundert. München 2002.
  • Sabine Jaberg: Systeme kollektiver Sicherheit in und für Europa in Theorie, Praxis und Entwurf. Ein systemwissenschaftlicher Versuch. Nomos-Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1998, ISBN 3-7890-5131-4.

Einzelnachweise

  1. Dieter Deiseroth: Fundamentale Differenz – Ist die NATO ein Verteidigungsbündnis oder ein „System gegenseitiger kollektiver Sicherheit“?, veröffentlicht von der AG Friedensforschung an der Universität Kassel.

Weblinks