Kontinuierlicher Verbesserungsprozess

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Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) [engl.: Continuous Improvement Process (CIP)] ist eine Denkweise, die mit stetigen Verbesserungen in kleinen Schritten die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken will. KVP bezieht sich auf die Produkt-, die Prozess- und die Servicequalität. KVP wird im Rahmen von Teamarbeit durch fortwährende kleine Verbesserungsschritte (im Gegensatz zu Innovationen in Form großer, einschneidender Neuerungen) umgesetzt. KVP ist ein Grundprinzip des Qualitätsmanagements und unverzichtbarer Bestandteil der ISO 9001. Das Erarbeiten von Verbesserungsvorschlägen durch KVP-Teams wird üblicherweise gemeinsam mit dem Betrieblichen Vorschlagswesen unter dem Begriff Ideenmanagement zusammengefasst.[1]

Geschichte

KVP ist mit dem japanischen Kaizen vergleichbar und wird in der Regel synonym verwendet. Die Ursprünge des Kaizen wurden im Rahmen der Qualitätsbewegungen in den 1950er Jahren von dem Amerikaner W. E. Deming in Japan entwickelt (siehe 14-Punkte-Managementprogramm und PDCA-Zyklus). Vor allem Toyota lebte diese Philosophie sehr ausgeprägt und erfolgreich vor. KVP hat bei Toyota Workshopcharakter (Werkstattzirkel) und wird von internen oder externen Moderatoren geleitet.

In Deutschland wurde in den 1990er Jahren in der Automobilindustrie mit KVP in der Fertigung und Montage begonnen. Er verbreitete sich in alle Arbeits- und Wirtschaftsbereiche und wurde so zu einem Merkmal mitarbeiter- und beteiligungsorientierter Unternehmenskultur. Viele Unternehmen haben inzwischen KVP-Teams eingerichtet, in denen die Mitarbeiter regelmäßig Verbesserungspotentiale aufspüren und Pläne zur Umsetzung machen. Diese KVP-Teams sind mit den Qualitätszirkeln vergleichbar, die in den 1980er Jahren bei einigen deutschen Industrieunternehmen eingeführt wurden, sich aber damals nicht durchgesetzt haben.

Voraussetzungen

Voraussetzung ist der Wille der Unternehmensführung, Ergebnisse aus dem KVP unmittelbar umzusetzen, sowie die KVP-Teams selbst zur direkten Umsetzung ihrer Ideen zu ermächtigen und dazu die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Ausbleibende oder schleppende Umsetzung lässt die Motivation der Mitarbeiter zum Mitmachen rasch erlahmen. Falls eine Umsetzung in Einzelfällen nicht möglich ist, muss dies den Mitarbeitern nachvollziehbar begründet werden. Notwendig ist auch eine Unternehmenskultur, in der die Ideen der Mitarbeiter und Teamarbeit ausdrücklich erwünscht sind und die Mitarbeiter dafür wirksam Unterstützung und öffentlich Anerkennung erhalten. Ebenso ist eine entsprechend konstruktive Mitwirkung des Betriebsrates erforderlich, und dies nicht nur soweit mitbestimmungspflichtige Sachverhalte berührt sind.

Ablauf eines KVP-Projekts

Es gibt viele unterschiedliche Verfahren, den KVP konkret umzusetzen. Der folgende Ablauf ist nur als mehr oder weniger typisches Beispiel zu verstehen.

Die Mitarbeiter analysieren ihren Arbeitsbereich in KVP-Teams und erarbeiten konkrete Verbesserungsvorschläge. Dafür werden sie meist zuvor in Teamarbeit und Gruppenmoderation geschult. Der Ablauf ist meist wie folgt:

  1. Arbeitssystem festlegen und abgrenzen (Was soll verbessert werden?)
  2. Ist-Zustand und Soll-Zustand anhand von Kennzahlen beschreiben
  3. Probleme beschreiben und bewerten (Häufigkeit pro Zeiteinheit oder Objekteinheit – Angebot, Auftrag, Los etc.)
  4. Probleme bewerten (Zeit, Geld, Energie, Stress pro Zeiteinheit)
  5. Problemanalyse (Ursachen, Zusammenhänge, Schnittstellen, Nebenwirkungen)
  6. Lösungsideen sammeln (z. B. Brainstorming)
  7. Lösungsideen bewerten und entscheiden
  8. Maßnahmen ableiten, Aufwand und Ertrag bewerten
  9. Ergebnispräsentation vor dem Entscheidungsgremium
  10. Maßnahmen vereinbaren (Wer tut was bis wann?) und Ressourcen klären
  11. Maßnahmen umsetzen
  12. Erfolg prüfen

Die einzelnen Schritte können auch den einzelnen Phasen des Demingkreises (PDCA-Zyklus) zugeordnet werden. Bei dem von Volkswagen abgeleiteten KVP² wird der Workshopcharakter noch stärker betont. Es geht dort eher um das rasche Heben von Rationalisierungspotenzialen nach dem Paretoprinzip, weniger aber um Mitarbeiterbeteiligung oder gar Humanisierung des Arbeitslebens.

Typische Ergebnisse sind zum Beispiel: Prozessverbesserungen, Vermeidung von Ressourcenverschwendungen, Verbesserungen bei der Qualität und der Kundenzufriedenheit sowie interne Verbesserungen bei der Zufriedenheit, der Kreativität oder der Zusammenarbeit der Mitarbeiter.

Kontinuierliche Verbesserung in der Qualitätsmanagementnorm

Eine Organisation, welche ein Qualitäts-Zertifikat nach EN ISO 9001 erhalten will, muss unter anderem erklären, welche organisatorischen Maßnahmen sie festgelegt hat, damit kontinuierliche Verbesserung gezielt und regelmäßig stattfindet. Die Durchführung dieser Maßnahmen und die Ergebnisse sind zu überwachen und zu dokumentieren. Darüber hinaus hat die Organisation nachzuweisen, wie sie bei festgestellten Mängeln dafür sorgt, dass sich diese nicht wiederholen. KVP ist ausdrücklicher obligatorischer Bestandteil im normgerechten Qualitätsmanagement für alle Unternehmensbereiche (Vertrieb, Auftragsabwicklung, Einkauf, Entwicklung etc.). KVP betrifft aber auch das Managementsystem selbst.

Organisationstheoretische Sicht

Aus systemischer Sicht sind Organisationen immer bestrebt, stabil zu bleiben, sie haben ein „Beharrungsvermögen“ (sind strukturkonservativ). Die Forderung nach ständiger Verbesserung steht dazu im Widerspruch. Kontinuierliche Verbesserung benötigt also ständigen Einsatz und Kommunikation, sonst werden Ergebnisse nicht umgesetzt und der gesamte Verbesserungsprozess schläft ein. Für KVP muss gezielt Zeit und Geld bereitgestellt und Energie investiert werden.

KVP fördert Flexibilität, ein wichtiges Qualitätsmerkmal, um sich den verändernden Märkten anpassen zu können. Eine Organisation wandelt sich nur, wenn es dafür einen äußeren Anlass gibt – oder eben wie in KVP durch eine innere Haltung kontinuierlich. Wenn die Organisation nicht erkennt, dass sich die Bedingungen im Umfeld verändern und wie, dann kann sie ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen und stirbt früher oder später.

Literatur

  • Guido Fischermanns: Praxishandbuch Prozessmanagement (= Ibo-Schriftenreihe. Band 9). 11. Auflage. Schmidt, Gießen 2013, ISBN 978-3-921313-89-3.
  • René Gastl: Kontinuierliche Verbesserung im Umweltmanagement. Die KVP-Forderung der ISO 14001 in Theorie und Unternehmenspraxis. 2. Auflage. vdf Hochschulverlag, Zürich 2009, ISBN 978-3-7281-3231-4.
  • Maarten de Groot, Bert Teeuwen, Marco Tielemans: KVP im Team. Zielgerichtete betriebliche Verbesserungen mit Small Group Activity (SGA) (= Operational Excellence. Nr. 2). CETPM Publishing, Ansbach 2008, ISBN 978-3-940775-01-6.
  • Thomas Hoffmann, Silke Balbierz: Das KVP-Arbeitsbuch für kleine und mittlere Unternehmen. Kontinuierliche Verbesserungen professionell gestalten. Verlag Wissenschaft und Praxis, Sternenfels 2010, ISBN 978-3-89673-543-0.
  • Claudia Kostka, Sebastian Kostka: Der Kontinuierliche Verbesserungsprozess. Methoden des KVP (= Pocket Power. Bd. 22). 3., völlig neubearbeitete Auflage. Hanser, München 2006, ISBN 3-446-40736-7.
  • Volker Rausch: Corporate Primary Process Support. Ein Prozess zur Verbesserung der Kommunikation zwischen betrieblichen Prozessen in Produktionsunternehmen auf der Grundlage des Facility Managements. Neue Ausgabe. Suedwestdeutscher Verlag fuer Hochschulschriften, Saarbrücken, 2010, ISBN 978-3-8381-1634-1.
  • Jürgen Witt, Thomas Witt: Der kontinuierliche Verbesserungsprozess. (KVP). Konzept – System – Maßnahme (= Arbeitshefte Führungspsychologie. Bd. 42). 2., durchgesehene Auflage. Verlag Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main 2006 ISBN 3-8005-7325-3.
  • Frank Menzel: Einfach besser arbeiten. Versus Verlag AG, Zürich 2010, ISBN 978-3-03909-203-1.

Einzelnachweise

  1. Peter Koblank: Was ist KVP? „Japanische Philosophie“ - Vorschläge im Team - Abgrenzung zum BVW. EUREKA impulse 3/2001. Abrufbar bei der Deutschen Nationalbibliothek.