Lasermikrodissektion

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Allgemeines

Die Lasermikrodissektion ist ein Verfahren zur lasergestützten Mikrodissektion von mikroskopischen Proben und Zellen. Diese Methode ermöglicht mittels eines fokussierten Laserstrahls ein definiertes Areal zu extrahieren. Wissenschaftlern bietet sich eine hervorragende Chance, Gewebeverbände, einzelne Zellen, Zellklone oder morphologisch unterschiedliche Zellen zu isolieren bzw. anzureichern. Diese stehen im Anschluss weiteren biochemischen und molekularbiologischen Analysen zur Verfügung. Aktuell auf dem Markt befindliche Lasermikrodissektions-Systeme werden überwiegend zur Bearbeitung von FFPE-Materialien (in Formalin-fixierte, Paraffin-eingebettete Materialien) oder kryofixiertem Gewebe eingesetzt. Zudem ermöglicht die Lasermikrodissektion einiger Hersteller eine Selektion lebender Zellen und deren anschließende Rekultivierung.

Ablauf

Die Selektion von Zelltypen kann aufgrund spezifischer morphologischer Kriterien durch histologische Färbung von Gewebeschnitten erfolgen. Ebenso ist die Auswahl des Gewebes über eine immunohistochemische Reaktion aufgrund von Antigen-Expression oder über genotypische Identifikation durch In-situ-Hybridisierung möglich. Andere Verfahren zur Isolation von Zellpopulationen wie z.B. FACS (fluorescent-activated cell sorting) oder magnetic-bead based cell separation beruhen auf indirekten Techniken ohne lichtmikroskopische Visualisierung. Hierbei befinden sich Zellen in Flüssigkeit. Ein großer Vorteil der Lasermikrodissektion ist die Auswahl von Zellen unter direkter lichtmikroskopischer Kontrolle: Ein Gewebeschnitt (typischerweise 4-25 µm dick) wird unter dem Mikroskop betrachtet, einzelne Zellen oder Gruppen von Zellen werden entweder manuell bzw. halbautomatisch oder häufig auf vollautomatisierte Weise mit Hilfe einer speziellen Software identifiziert. In der Regel wird ein ultraviolett (UV)-gepulster Laser für das direkte Dissektieren selektierter Areale verwendet. Um das Schmelzen eines klebrigen Polymers zur zellulären Adhäsion und Isolation zu erzielen, wird das Schneiden mittels UV-Laser manchmal in Verbindung mit einem Infrarot-Laser genutzt. Auch spezielle, beschichtete Folien in Verbindung mit einem IR-Laser können zum Einsatz kommen. Für die verschiedenen Technologien sind unterschiedliche Bildgebungsverfahren wie z.B. Fluoreszenzmikroskopie, Hellfeld-Mikroskopie, Differential-Interferenz-Kontrast-Mikroskopie, Phasenkontrast-Mikroskopie, etc. möglich, welche jeweils eine unterschiedliche Probenvorbereitung erfordern. Die meisten Systeme sind in erster Linie zur Mikrodissektion gedacht, einige lassen sich zudem als reguläre Forschungs-Mikroskope nutzen. Für Lasermikrodissektionsgeräte existieren spezielle Objektträger und Auffanggefäße in zahlreichen Varianten. Sie decken eine breite Palette grundlegender Einsatzmöglichkeiten bis zu hochspezialisierten Anwendungsbereichen ab. Vor allem mit Membran versehene Glasobjektträger oder auch Stahlrahmen (sogenannte Frame-Slides) in Verbindung mit speziellen Caps bzw. Cap-Strips finden bevorzugt Anwendung. Einen Sonderfall bilden spezielle DIRECTOR® Slides (OncoPlexDX, ehemals Expression Pathology Inc., Rockville, MD) mit kristalliner Beschichtung, die besonders in der Proteomik von Vorteil sind. Derartige Slides besitzen keine Autofluoreszenz, so dass diese ebenfalls für Anwendungen mit Fluoreszenzfarbstoffen, DIC oder polarisiertem Licht verwendet werden können. Auf dem Markt finden sich aktuell 4 große Anbieter lasergestützter Mikrodissektion (Leica Microsystems, Zeiss, Arcturus und MMI), die sich anhand ihrer Systeme unterscheiden.

Systeme

Laser Microdissection (LMD-Systeme, Leica Microsystems)

Bei Verwendung des LMD-Systems wird ein voll-automatisiertes, aufrechtes Mikroskop an einen Laser gekoppelt. Bei der Laser Microbeam Microdissection (LMD-System) lassen sich aus einem Gewebeschnitt mithilfe eines gepulsten UV-Lasers ausgewählte Areale bis hin zu Einzelzellen oder Chromosomen berührungsfrei ausschneiden. Das Ausschneiden kann hier konsekutiv (erst einzeichnen, dann den Laser entlang der Linie schneiden lassen) oder in Echtzeit durch direktes Applizieren des Lasers erfolgen. Dabei wird ein fokussierter Laserstrahl entlang der Kontur selektierter Areale geführt. Speziell beim Leica LMD-System wird der Transport des Dissektats unabhängig von Form und Größe des Dissektats in einen Kollektor kontakt- und somit kontaminationsfrei durch Gravitation ermöglicht. Der Unterschied zu anderen Systemen besteht in einer telezentrischen, aktiven Bewegung des Laserstrahls entlang eines definierten Areals. Als Objektträger können die unterschiedlichsten Consumables entsprechend der gewünschten Verwendung eingesetzt werden. Als Standard Consumables lassen sich Membrane-Glass-Slides, Membrane-Frame-Slides sowie DIRECTOR® Slides in Verbindung mit Standard-Caps bzw. Cap-Strips verwenden. Die Verwendung von normalen Glasobjektträgern ist ebenfalls möglich.

Laser Pressure Catapult-Technologie (PALM-System, Zeiss)

Einen anderen Weg beschreitet die Laser Pressure Catapult-Technologie (LPC) des PALM Systems der Firma Zeiss. Der Laser ist hier in ein inverses Mikroskop integriert. Mittels fokussierten Laserstrahls werden markierte Probenareale ausgeschnitten. Das Zielmaterial wird zunächst eingezeichnet und der Tisch mit der Probe entsprechend bewegt. Somit wird die Probe zum Dissektieren entlang eines fixen Laserfokus geführt. Eine Auswahl von Einzelzellen bis zu komplexen Zellaggregaten sowie eine Isolation von Lebendzellen ist möglich. Anschließend wird die Probe mittels Laserimpuls entgegen der Schwerkraft in den adhäsiven Deckel eines Reaktionsgefäßes kontakt- und kontaminationsfrei katapultiert. Größere Dissektate, können mit Hilfe einer Pick-Up Methode direkt auf ein spezielles adhäsives Deckelchen übertragen werden. Als Objektträger kommen Membrane-Glass-Slides, Membrane-Frame-Slides und DIRECTOR® Slides zum Einsatz. Der Einsatz von normalen Glasobjektträgern ist ebenfalls möglich. In speziellen „adhesive caps“ werden die dissektierten Areale aufgefangen.

Laser Capture Mikrodissection (Arcturus-System)

Die Laser Capture Mikrodissection (LCM) basiert darauf, dass selektierte Zellen oder Areale eines Gewebeschnittes mittels Infrarot (IR)-Laserstrahl mit einer thermoplastischen Membran verschmelzen. Dabei dient ein durchsichtiger Transfer-Film, der sich auf einem ebenfalls transparenten Cap befindet, als Träger für ausgewählte Zellen. Dieser Film hat sein Absorptionsmaximum nahe der Wellenlänge des IR-Lasers. Das mittels Laserimpuls geschmolzene Polymer dehnt sich in den Gewebeschnitt aus, füllt dort vorhandene Hohlräume, verfestigt sich wieder und verbindet sich mit dem Gewebe. Der Laserstrahl kann wiederholt über die gesamte Oberfläche des Caps geführt werden, wodurch diese Zielareale stark angereichert werden. Selektierte Zellen können auf diese Weise auf die Membran transferiert und vom Objektträger abgehoben werden. Verwenden lassen sich Membrane-Glass-Slides, Membrane-Frame-Slides sowie DIRECTOR® Slides, Glasobjektträger in Kombination mit sogenannten „Polymer-Caps“. Bei diesem Verfahren besteht die zusätzliche Einsatzmöglichkeit eines UV-Lasers zum Schneiden. Derartiges Dissektieren erhöht die Präzision des Systems.

Laser Capture Mikrodissection (MMI (Molecular Machines and Industries AG) -System)

Diese für inverse Mikroskope geeignete Lasermikrodissektions-Technologie basiert ebenfalls auf Einsatz eines UV-Lasers. Mittels einer Art Sandwich-Verfahren, in dem sich die Probe zwischen einer Folie und der Membran eines Frame-Slide-Objektträgers befindet, wird diese mittels Laser dissektiert. Anhand dieser Technik wird das selektierte Areal indirekt, zusammen mit einer die Proben abdeckenden Membran, vom adhäsiven Deckel des Reaktionsgefäßes abgehoben. Für dieses Verfahren sind Membrane-Frame-Slides sowie DIRECTORs Slides in Verbindung mit „adhesive Caps“ geeignet.

Anwendung

Ursprünglich wurden Lasermikrodissektions-Systeme hauptsächlich in der molekularen Pathologie zur Isolierung und Analyse von Krebszellen verwendet. Insbesondere die Erforschung von Krebs- und anderen Erkrankungen, die Suche nach genetischen Veränderungen sowie der Einsatz bei molekularbiologischen und biochemischen Untersuchungen bilden Schwerpunkte. Inzwischen finden Lasermikrodissektions-Systeme immer mehr Anwendung in vielen anderen Bereichen der Bioanalytik. Ein breites Einsatzspektrum für die Lasermikrodissektion bietet sich vor allem in der Molekularbiologie, insbesondere in der Nukleinsäureforschung, Neurowissenschaften, Entwicklungsbiologie, Krebsforschung, Immunologie, Forensik, Proteomik, Pflanzenforschung, beim Ausschneiden von Zellkulturen sowie Einzelzellisolation, bis hin zur Klimaforschung. Neben den klassischen Applikationen zum Dissektieren und Analysieren definierter Proben werden Lasermikrodissektions-Systeme heutzutage auch zur Manipulation von Lebendzellen oder zum Markieren von Objektträgern für CLEM bzw. von Filtern für NanoSIMS verwendet. Da für molekularbiologische Analysemethoden wie beispielsweise quantitativer PCR ein Höchstmaß an Präzision und absoluter Kontaminationsfreiheit entscheidend ist, eignet sich die Isolation und Separation mittels Lasermikrodissektion vor allem für folgende Strukturen:

  • Einzelzellen aus Gewebeverbänden
  • Zellbestandteile
  • Gewebeareale
  • Chromosomen
  • lebende Zellen aus Zellkulturen
  • natives Material
  • Ausstrichpräparate

Lasermikrodissektion kann somit an vielfältigen Gewebeschnitten einschließlich Blutausstrichen, zytologischen Präparaten sowie Zellkulturen durchgeführt werden. Formalin- oder alkoholfixierte und in Paraffin eingebettete sowie kryofixierte Gewebeproben können ebenfalls verwendet werden. Klassische Anwendung der Lasermikrodissektion bleibt das Trennen von gesunden und kranken Zell(areal)en für weitere Analysen.

Literatur

  1. Emmert-Buck MR, Bonner RF, Smith PD, Chuaqui RF, Zhuang Z, Goldstein SR, Weiss RA, Liotta LA (1996). "Laser capture microdissection". Science 274 (5289): 998–1001.doi:10.1126/science.274.5289.998. PMID 8875945.
  2. Gallagher RI, Blakely SR, Liotta LA, Espina V. (2012), Laser capture microdissection: Arcturus(XT) infrared capture and UV cutting methods, Methods Mol Biol.;823:157-78. doi:10.1007/978-1-60327-216-2_11
  3. Murray, G. & Curran, S. Methods in Molecular Biology: Laser Capture Microdissection. Humana Press, 2005.
  4. Thalhammer, S., et.al., (2003): Laser Microtools in Cell Biology and Molecular Medicine Laser Physics, Vol.3, No.5, p 681-691
  5. Espina V, Heiby M, Pierobon M, Liotta LA (2007). "Laser capture micro-dissection technology". Expert Rev. Mol. Diagn. 7 (5): 647-657. doi:10.1586/14737159.7.5.647. PMID 17892370.
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  8. "Confocal Imaging Facility". KU Medical Center. Abgerufen am 28. Oktober 2011.
  9. "LCM". joepham004. Abgerufen am 27. Juni 2012
  10. "Laser Microdissection with MMI System". Molecular Machines and Industries AG. Abgerufen am 27. Juni 2012.
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Weblinks

  1. http://www.expressionpathology.com/
  2. http://www.expressionpathology.com/director_slides.shtml
  3. http://www.leica-microsystems.com/science-lab/topics/laser-microdissection/
  4. http://www.leica-microsystems.com/science-lab/laser-microdissection/an-introduction-to-laser-microdissection/
  5. http://microscopy.zeiss.com/microscopy/en_de/products/laser-microdissection.html
  6. "Laser Microdissection with MMI System". Molecular Machines and Industries AG. http://www.youtube.com/watch?v=AETduVcDN-s&feature=channel&list=UL
  7. http://www.appliedbiosystems.com/absite/us/en/home/applications-technologies/laser-capture-microdissection.html # http://www.molecular-machines.com
  8. http://www.invitrogen.com
  9. http://www.jnjvisioncare.com/en_US/uv-damage-cnt1.jsp