Militärgeographie

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Militärgeographie bzw. -geografie ist ein Teil der Kriegswissenschaften und umfasst die für militärische Zwecke erforderlichen Bereiche der Geographie sowie natürliche und menschliche Ressourcen, soweit sie für die militär-strategische Planung benötigt werden. Dazu gehören vor allem die militärische Kartografie für die Planung und Durchführung von Gefechtshandlungen und Orientierung im Gelände, den taktischen Einsatz von Verbänden und militärische Operationen von Großverbänden.

Die Anfänge der Militärgeographie liegen in der Antike – u.a. in der sinnvollen Ausnutzung der Geländeformen und der Verkehrsverhältnisse insbesondere in römischer Zeit mit dem Ausbau von Fernverkehrswegen – haben sich aber insbesondere seit dem 18. Jahrhundert stark weiterentwickelt.

Einfluss geographischer Verhältnisse auf militärische Operationen

Laut Meyers Konversations-Lexikon von 1888/90 wurde diese Weiterentwicklung durch die Allgemeine Wehrpflicht verstärkt: Je größer die Heere werden und je mehr infolge der allgemeinen Wehrpflicht der Krieg zur Volkssache geworden ist, um so mehr wirken die geographischen Verhältnisse des Kriegsschauplatzes auf die militärischen Operationen und ihre Vorbereitung ein.

Operativ und taktisch ist die Gestalt der Erdoberfläche klassifiziert nach offen, bedeckt, stark bedeckt nach Bodenbewuchs, nicht durchschnitten, durchschnitten und stark durchschnitten, nach ebenen Gelände oder Gebirge sowie Flüsse und Sümpfe, von bestimmendem Einfluss für Bewegungen. Für die Kampfkraft und die Versorgung bodengebundener Heeresteile sind das Klima, die Jahreszeit und die Verteilung von Bevölkerung, Bausubstanz (Urbanität) und die Infrastruktur von Bedeutung, früher kamen dazu auch die Anbauverhältnisse der Landwirtschaft für eine landesgebundene Versorgung der Streitkräfte.

In der herkömmlichen Kriegsführung ist das Zusammenwirken von Heeresführung und Diplomatie von Bedeutung, ferner die allgemeinen politischen Verhältnisse, der Verlauf der Staatsgrenzen und die Volksstimmung. Da diese Verhältnisse zeitlich und regional veränderlich sind, schließt sich das Studium der Militärgeographie an gegebene politische und strategische Lagen an. Nicht unerheblich ist ferner der Einfluss der technischen Infrastruktur und der Massenmedien. Aus historischer Sicht - zumindest bis zum Zweiten Weltkrieg - ist die Militärgeographie auch in die Kriegsgeschichte adäquat einzubinden.

Definition von Heinrich August Pierer

„Militärgeographie [ist] die Geographie, welche die Länder nicht blos in allgemeiner Beziehung betrachtet, sondern auch in Bezug auf die Wichtigkeit, welche dieselben für die Kriegführung haben. Daher liegen die Producte eines Landes, in so fern sie einem Kriegsheere wichtig sind, der mehr od. weniger kriegerische Geist der Bewohner u. vor allem die Beschaffenheit des Landes zum Kriegsgebrauch, das Terrain, innerhalb des Bereichs der M. In letzter Beziehung sind das Streichen der Gebirge u. ihr Verflachen in eine hügelige Gegend u. zuletzt in die Ebene, der Lauf der Flüsse, ihre Schiffbarkeit, die Straßenzüge u. Eisenbahnen, die Punkte, wo sie Gebirge u. Flüsse überschreiten (Pässe), die Beschaffenheit der Brücken die Gegenstände, welche eine Kriegsoperation auf irgend eine Weise fördern können, daher Wälder, sehr mit Hecken, Sümpfen, Gräben durchschnittenes Land etc., bes. Dinge, die in der M. vorkommen. Bei Städten u. Dörfern beachtet sie vorzüglich ihre Bauart, ob Kirchen, Klöster, Schlösser od. andere Gebäude sich in ihnen, bes. zur Anlegung von Magazinen, Lazarethen od. andern Militäretablissements eignen, ob die Beschäftigung der Bewohner (Handel, Fabriken) die Ortschaften zu solchen Anlagen geeignet macht, u. vor allem die Fähigkeit der Orte zur Befestigung, wie sie denn die vorhandenen Festungen vorzüglich genau ins Auge faßt u. ihre militärische Wichtigkeit zu beurtheilen sucht. Auch die Kenntniß der wichtigsten Schlachtfelder zieht man zuweilen in weiterem Sinne mit zu der M. Vgl. Hahnzog, Lehrbuch der M. in Europa, Magdeb. 1820–1823, 2 Bde.; Meinecke, Allgemeines Lehrbuch der Geographie für Militärschulen etc., 3. Aufl., Magdeb. 1836; Koller, Kleine M. von Europa, Wien 1855; Killmeyer, M. von Europa, Stuttg. 1856.“

Pierer's Universal-Lexikon[1]

Siehe auch

Literatur

  • Arnold Keller, Georg Imhof: Militärgeographie der Schweiz und ihrer Grenzgebiete. Sektor Oberwallis 1911. ISBN 3-8334-2817-1.
  • Barré: La géographie militaire et les nouvelles méthodes géographiques: Introduction à l'étude de l'Europe centrale. Nancy 1899.
  • Barré: La France du nordest. Nancy 1899.
  • Maguire: Outlines of military geography. Cambridge 1899.
  • Pramberger: Behelf zum Studium der Militärgeographie von Mitteleuropa. 3. Auflage. Wien 1899.
  • Pramberger: Atlas etc. Wien 1894.
  • Porro: Guido allo studio della geografia militare. Turin 1898.
  • Stavenhagen: Militärgeographische Skizzen von den Kriegsschauplätzen Europas. Berlin 1898.
  • Marga: Géographie militaire. 4. Auflage. 1. Abt.: Frankreich. Paris 1885 (2 Bände).
  • Marga: Géographie militaire. 2. Abt.: die übrigen Staaten Europas. Paris 1885 (3 Bände).
  • Pica: Frankreich und Deutschland, eine Parallele. 6. Auflage. Hamburg 1882.

Einzelnachweise

  1. Militärgeographie. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Band 11: Matelica–Nishnei-Kolymsk. Altenburg 1860, S. 263 (zeno.org).