Schmöker

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Als Schmöker wird in der Umgangssprache ein altes minderwertiges Buch bezeichnet. Das Wort entstammt der Studentensprache (zum norddeutschen Verb schmöken für Tabakrauchen) und meinte ein altes oder schlechtes Buch, aus dem man einen Fidibus herausriss, um seine Pfeife anzustecken (zu schmöken).[1] Hierzu gehört auch das umgangssprachliche Verb schmökern für gemütlich und länger etwas Unterhaltsames oder Spannendes zu lesen.[1] Das Wort gehört zu dem plattdeutschen Zeitwort smöken, das mit englischen smoke nah verwandt ist.

Wortherkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bezeichnung Schmöker taucht zuerst im 18. Jahrhundert auf, auch in den Schreibweisen Schmöcher, Schmaucher.[1] Das Wort ist erstmals aus dem Jahr 1778 urkundlich erwähnt[2] bei Johann Timotheus Hermes in Sophiens Reise von Memel nach Sachsen (zweiter Theil, Band 2 Seite 124).

Die Bedeutung des Wortes Schmöker im Sinne von „durchräuchertes altes Buch“ veranschaulicht die vor 1942 vorherrschende semantische Erklärung.[2]

Studenten hatten mehrere derbe Bezeichnungen für das Buch wie Schwarte, Scharteke, Wälzer, Schmöker, Knaster u. a. Friedrich Kluge gab 1895 in seinem Buch über die deutsche Studentensprache Schmöker mit "ein altes, schlechtes Buch" wieder. Als Alfred Götze 1909 in seinem Aufsatz über Wälzer in der Zeitschrift für deutsche Wortforschung, auch das Wort Schmöker streifte, erklärte er es als "das alte Buch, das angeschmaucht wird". Diese Deutung des Wortes wiederholt er in der 11. Auflage von Kluges Etymologischen Wörterbuch: S(ch)möker ist 'das alte Buch, das angeraucht wird'. Götze erklärte die auffallende aktive Bedeutung durch einen Hinweis auf Behaghels Aufsatz und Wilhelm Wilmanns Wortbildungslehre. Es kam aber die Frage auf, warum gerade das Buch 'das angerauchte' genannt wurde, da beim Paffen nicht nur die Bücher des Studenten, sondern auch seine übrigen "sieben Sachen angeraucht und durchräuchert" wurden. Dem schwedischen Wortforscher Axel Martin Lindqvist (1882–1959) schien es 1942 erforderlich, eine engere Beziehung zwischen Buch und der Pfeife zu suchen.[3]

Lindqvist fand die Erklärung, dass die scherzhaft verächtliche Bezeichnung von dem alten, angerauchten Aussehen des Buches ausgehen solle, nicht überzeugend, auch wenn man zum Vergleich auf Knaster hinweist, das aus dem Griechischen ins Spanische kam, bedeutet ursprünglich ,Korb‘ und wurde von den spanischen Tabakausfuhrhändlern für die Körbe verwendet, worin die besseren Tabake verpackt waren. In Holland wurde der Ausdruck knastertabak zu knaster verkürzt und erreichte in dieser Bedeutung Deutschland, wo er nachmals in der Studentensprache eine geringschätzige Bezeichnung für das Buch wurde – eben wie Schmöker.[3]

Es schien für Lindqvist nicht wahrscheinlich, dass "der Student das Buch nur darum Schmöker benannt haben soll, weil es nach Tabak roch – wie alle seine sonstigen Habseligkeiten und seine ganze Bude" und er fand, dass noch ein näherer Zusammenhang zwischen Buch und Pfeife gefunden werden müsse. Studenten pflegten vordem ihre langen Pfeifen oder Tonpfeifen mit einem zusammengefalteten Papierstreifen anzustecken, der in der Studentensprache verschiedene Namen hatte, besonders populärer war Fidibus. Lindqvist zufolge war in vergangenen Tagen eine Zeitung keine gewöhnliche Sache, "daher riss der Student, in Ermangelung anderen Papiers, sicherlich oft ein Blatt aus einem alten Buch oder aus einer Schrift und entzündete damit seine Pfeife".[4] Lindqvist zog als Stütze für die Verwendung von Papier als Docht oder Zündmittel kann das Wort Kerze heran, in ihm verbirgt sich das lateinische charta ,Papier'. Die notdürftigen Lichter bestanden aus einem zusammengedrehten Streifen Birkenrinde, den man in Öl tauchte. Birkenrinde wurde vielfach zum Schreiben benützt anstelle von Papier. Lindqvist sah eine Verbindung zu der ähnlichen Entstehung eines anderen alten Scherzwortes für das Buch, die Scharteke, dessen Wortkern das lateinische charta (vergleiche magna charta!) bildet.[4] Lindqvist sah eine Verbindung zum schwedischen lunta für Buch, denn das Wort lunta haben die Schweden aus dem Plattdeutschen entlehnt: "Es gibt in der schwedischen Sprache ein Wort, dessen Geschichte diese Erklärung von Schmöker unterstützt: lunta ,Lunte“. Die schwedische Redensart en gammal lunta ,eine alte Lunte“ deckt sich nach Vorstellungsgehalt und Stilwert vollständig mit der deutschen Wendung ein alter Schmöker."[4]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wikisource: Schmöker – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Duden, das Herkunftswörterbuch: Etymologie der deutschen Sprache. 5., neu bearbeitete Auflage. Band 7. Dudenverlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-411-04075-9, S. 748.
  2. a b Bjarne Ulvestad: NHG "Schmöker". In: Monatshefte für Deutschen Unterricht, Deutsche Sprache und Literatur. Band 49, Nr. 6, 1957, S. 308–312 (archive.org [abgerufen am 4. Mai 2024]).
  3. a b Axel Lindqvist: SCHMÖKER. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (PBB). Band 1942, Nr. 66, 1942, ISSN 0005-8076, doi:10.1515/bgsl.1942.1942.66.343 (degruyter.com [abgerufen am 4. Mai 2024]).
  4. a b c Axel Lindqvist: Deutsches Kultur- und Gesellschaftsleben im Spiegel der Sprache. 1955, abgerufen am 4. Mai 2024 (übersetzt von Karl Witthalm).