Situational Action Theory

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Situational Action Theory (SAT) ist eine Allgemeine Kriminalitätstheorie, die seit 2004 vom schwedischen Kriminologen Per-Olof H. Wikström an der Universität Cambridge entwickelt wurde. Mit der SAT werden zentrale kriminologische Einsichten in einem neuen, integrativen Erklärungsmodell zusammengeführt.[1] Der Theorie zufolge werden Straftaten aufgrund persönlicher Eigenschaften und Erfahrungen der handelnden Person in Kombination mit Eigenschaften ihres Umfeldes und der jeweiligen Handlungssituation begangen.[2]

SAT zufolge ist jede Handlung, damit auch eine kriminelle Handlung, das Ergebnis eines Wahrnehmungs- und Entscheidungsprozesses, der durch das Zusammenwirken individueller Faktoren (Motivation, Neigung, Moralität) und situativen Faktoren (Einflüsse durch Personen und Umgebung, „Person-Umwelt-Interaktion“) bedingt ist. Dadurch, dass das Individuum als moralischer Akteur ins Zentrum der Analyse rückt, unterscheidet sich SAT vom Rational choice-Ansatz, der im persönlichen Eigennutz den entscheidenden Antrieb sieht. In der SAT wird betont, dass der Wahrnehmungsprozess dem Entscheidungsprozess vorgelagert ist. Es sei sinnlos zu behaupten, dass sich jemand nach Kosten-Nutzen-Abwägung gegen eine Handlung entschieden habe, wenn diese Aktion bereits aus normativen Erwägungen nicht als reale Handlungsalternative in Betracht gezogen worden sei.[1]

Wie eine Person eine kriminelle Neigung entwickelt oder warum ein setting eine spezielle kriminogene Belastung aufweist, gehört nicht zur primären SAT-Fragestellung. Laut Wikström handelt es sich bei solchen Fragen um vorgelagerte Ursachen, die die eigentlichen Ursachen von Delinquenz erklären.[3]

Mittlerweile gibt es zahlreiche empirische Anwendungen der Theorie, z. B. auf Ladendiebstahl[4], den illegalen Verkauf von Medikamenten[5] oder Jugendkriminalität im Allgemeinen[6].

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Frank Neubacher: Kriminologie. 3. Auflage, Nomos-Verlag, Baden-Baden 2017, ISBN 978-3-8487-3036-0, S. 108.
  2. Karl-Ludwig Kunz und Tobias Singelnstein: Kriminologie: Eine Grundlegung. 7., grundlegend überarbeitete Auflage, Haupt, Bern 2016, ISBN 978-3-8252-4683-9, S. 164.
  3. Michael Bock: Kriminologie. 5. Auflage, München: Vahlen, 2019, ISBN 978-3-8006-5916-6, S. 97.
  4. Hirtenlehner H (2015) ‘Gelegenheit macht Diebe’ oder ‘Wer raucht, der stiehlt’. Der Beitrag der Situational Action Theory zur Erklärung der Ladendiebstahlskriminalität junger Menschen. Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform 98: 257–279.
  5. Sattler, S., Graeff, P., Sauer, C., Mehlkop, G. (2018): Der illegale Verkauf verschreibungspflichtiger Medikamente zur kognitiven Leistungssteigerung – Eine vignetten-basierte Studie rationaler und normativer Erklärungsgründe. Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform 101: 352–379.
  6. Kroneberg, C. & Schulz, S. (2018). Revisiting the Role of Self-Control in Situational Action Theory. European Journal of Criminology 15, 56–76.