St.-Nicolai-Kirche (Wöhrden)

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St. Nicolai von Südwest
St. Nicolai von Nordwest

Die St.-Nicolai-Kirche ist eine evangelische Kirche, die sich auf der höchsten Wurt der Gemeinde Wöhrden befindet. Die von 1786 bis 1788 im spätbarocken Stil gebaute Kirche ist wahrscheinlich das dritte Kirchengebäude an dieser Stelle. Baumeister war der Sachse August Rothe. Besondere Bedeutung erlangte die zweite Wöhrdener Kirche, die Bedeutung für die ganze Region hatte, aber wegen Baufälligkeit und Einsturzgefahr abgerissen werden musste.

Geschichte

Das Kirchspiel Wöhrden wurde 1281 erstmals erwähnt. Die Kirche der früheren Bedeutung des Ortes gemäß dem Schutzheiligen der Schiffer und Kaufleute St. Nikolaus geweiht. Über diesen ersten Kirchenbau ist wenig bekannt, außer dass sie von einer etwa 3 bis 6 Meter dicken Mauer aus Feldsteinwerk geschützt war. Sie wurde am 8. September 1319 in der Schlacht von Wöhrden zerstört, als Gerhard der Große von Holstein-Rendsburg versuchte Wöhrden einnehmen. Die Verteidiger flüchteten in die Kirche, die daraufhin von den Angreifern angezündet wurde. Neocorus beschrieb, ihre Flucht:

in de Kerken tho Oldenworden unnd befestigeden se alß eine Borch, wo se best vormochten. Schließlich aber wütete das Feuer so schlimm, dass dat Bly van dem Dache herunder schmeltede. (S. 53)[1]

In ihrer Verzweiflung brachen die Dithmarscher aus und schlugen den Feind in die Flucht.

Nach ihrem Sieg errichteten die Wöhrdener eine spätgotische Hallenkirche, wie sie auch - damals weniger prächtig - später in Meldorf und Wesselburen entstanden. Ein Vergleich mit der Meldorfer Kirche, dem heute eindrucksvollsten Kirchengebäude der Westküste, lässt sich kaum mehr ziehen. Zumindest von der Größe her, hatten beide Kirchen ungefähr gleiche Ausmaße. Während spätere Chronisten diese als Siegeskirche oder Landesdenkmal bezeichneten, ist diese Interpretation zu neuzeitlich für das Dithmarschen des 14. Jahrhunderts. Während an dieser Stelle wahrscheinlich tatsächlich ein wichtiger Sieg der Dithmarscher über den holsteinischen Adel stattfand, war der Kirchbau Sache der einzelnen Kirchspiele und nicht der Dithmarscher allgemein. Der prächtige Kirchenbau des 14. Jahrhunderts weist also vor allem auf den damaligen Reichtum und die Bedeutung Wöhrdens hin.

Der Neubau bestand aus einem Hauptschiff im Norden, das 160 Fuß (etwa 52 m)lang war und einem 92 Fuß (etwa 35 m) langen Nebenschiff im Süden, war insgesamt 70 Fuß (ca. 24 m) breit und die Höhe bis ans Dach betrug 28 Fuß. Die Mauern des Hauptschiffes waren aus Feldsteinen, die des Nebenschiffes teilweise auch aus Backstein. Das Hauptschiff war teilweise mit einem Satteldach, teilweise mit einem Walmdach bedeckt, das Süderschiff mit einem reinen Satteldach. Auf dem Hauptschiff befand sich ein separater Dachreiter in dem die Kling- und Stundenglocke der Kirche waren. Im zusätzlichen separaten hölzernem Glockenturm, vielleicht 5 × 5 m², befanden sich die großen Glocken der St-Nicolai-Kirche. In der Kirche befanden sich neben diversen Siegeszeichen der Dithmarscher auch das Grab Adolph Kösters, des Vater von Neocorus. Die älteste bildliche Darstellung der alten Kirche stammt von Peter Boeckels Dithmarscher Karte von 1559, auf der dieser die Ereignisse der Letzten Fehde festhielt.

Die Kirche war nach Angaben des zeitweiligen Dorfpfarrers Johann Adrian Bolten:

mit so ansehnlichen steinernen Gewölben, einem so geräumigen Chore und überhaupt so kostbaren Einrichtungen versehen, daß sie fast eine Krone aller damaligen Landeskirchen abgeben konnte. (S. 51)[1]

Der Boden der Kirche lag allerdings durch das weitere Anwachsen der Wurt schließlich einige Meter unter der Wurt-Oberfläche, so dass ein über Jahrhunderte anhaltendes Problem mit einfließendem Wasser bestand. Eine Bodenerhöhung 1741 konnte keine Abhilfe schaffen. Letztlich entscheidend für den baulichen Verfall der Kirche dürfte aber die Wand zwischen den beiden Schiffen gewesen sein, durch das regelmäßig Wasser eindrang und das stützende Holz irreparabel beschädigte. Der Baumeister Stammer stellte anlässlich der polizeilichen Schließung der Kirche 1777 fest:

die auswendigen Hauptmauern [seien] über die perpendiculair Linie durchgedrückt, daher [haben] auch diese Bögen und Mauern verschiedentlich durchgehende große Risse erhalten; auch ungleiche Bögen-Rundungen itzo sind ... Die anderen Kreutzbögen haben nicht allein viele quer, sondern sehr bedenkliche große längen Risse, daher ungleich verdrückt, und in grader Linie als krumber Linie verschoben. (S. 66)[1]

Orgel

Wilde-Orgel

Die Kirche verfügt über eine wertvolle historische Orgel, die auf ein Instrument zurückgeht, das von dem Orgelbauer Anthonius Wilde (Otterndorf) im Jahre 1593, unter Verwendung von Material aus der Vorgängerorgel, erbaut wurde. Das damalige Instrument hatte 32 Register (1757 Pfeifen) auf drei Manualen und Pedal. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde das Instrument im Zuge mehrerer Restaurierungen in klanglicher und technischer Hinsicht nachhaltig verändert. In den Jahren 1958–1960 wurde durch die Orgelbaufirma Emanuel Kemper (Lübeck) eine Annäherung an den historischen Befund versucht. 1978 wurden die Spielmechanik und Teile der Windanlage erneuert, das Oberwerk als Schwellwerk eingerichtet, zwei neue Register hinzugefügt und die Orgel nach damaligen Erkenntnissen neu intoniert. Seitdem hat das rein mechanische Instrument 33 Register (2252 Pfeifen) und vereint Stilmerkmale verschiedener Bauepochen[2].

I Rückpositiv C–
1. Gedackt 8' W
2. Rohrflöte 4' W
3. Oktave 2'
4. Quinte 11/3'
5. Scharff III
6. Krummhorn 8' N
Tremulant
II Hauptwerk C–

7. Gedackt 16' W
8. Prinzipal 8'
9. Spitzflöte 8'
10. Oktave 4' W
11. Gedackt 4' W
12. Quinte 22/3' W
13. Oktave 2' W
14. Oktave 1' W
15. Mixtur IV
16. Scharff III
17. Trompete 8' N
III Schwellwerk C–
18. Rohrflöte 8' W
19. Quintade 8' H
20. Prinzipal 4' W
21. Nachthorn 4'
22. Gemshorn 2' W
23. Mixtur IV
24. Sesquialtera 22/3' W
25. Dulzian 16'
26. Vox Humana 8'
Tremulant
Pedal C–
27. Subbass 16' W
28. Prinzipal 8'
29. Gedackt 8' W
30. Oktave 4'
31. Rauschepfeife IV
32. Posaune 16' H
33. Posaune 8' H
W = Register von Anthonius Wilde
H = überwiegend historischer Registerbestand.
N = Register von 1980

Einzelnachweise

  1. a b c Reimer Hansen: Die alte Wöhrdener Kirche. In: Reimer Hansen: Aus einem Jahrtausend historischer Nachbarschaft. Studien zur Geschichte Schleswigs, Holsteins und Dithmarschens. Malente, Schleswig-Holsteinischer Geschichtsverlag 2005, ISBN 3-933862-33-7.
  2. Anthonius-Wilde-Orgel. Wöhrden-Online. Abgerufen am 12. Oktober 2012.

Weblinks

Commons: St. Nicolai (Wöhrden) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 54° 9′ 54,9″ N, 8° 59′ 51,5″ O