Versicherungsmissbrauch

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Versicherungsmissbrauch ist eine Straftat nach deutschem Recht, die durch § 265 StGB verboten und mit Strafe bedroht ist.

Im Gegensatz zum Versicherungsbetrug nach § 265 StGB a.F. (der im Gesetz nur noch im Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Nr. 5 StGB vorkommt) stellt der Versicherungsmissbrauch bereits die Vorbereitungshandlung zum Betrug unter Strafe (sogenannte Vorfeldstraftat).[1] Diese erhebliche Ausweitung machte es notwendig, den Strafrahmen entsprechend zu senken.[2]

Geschütztes Rechtsgut

Das geschützte Rechtsgut ist umstritten: Als Schutzgüter werden das Vermögen[3] der Versicherungsgesellschaft und/oder die soziale Leistungsfähigkeit[4] des Allgemeininteressen dienenden Versicherungswesens genannt.

Tatbestand

Unerheblich für die Verwirklichung des Tatbestandes ist das Eigentum an der Sache, die sowohl unbeweglich wie auch beweglich sein kann. Tatsächlich muss ein Versicherungsvertrag über die betroffene Sache bestehen, nicht notwendig ist jedoch, ob die Versicherung leistet oder nicht. Die Tathandlungen sind im Tatbestand abschließend genannt.

Auf subjektiver Seite ist neben Vorsatz auch die Absicht erforderlich, sich oder einem Dritten die Leistungen aus der Versicherung zu verschaffen. Die Rechtswidrigkeit dieses erstrebten Vorteils, also der Versicherungsleistung, ist nicht notwendig.[5]

Keine tätige Reue

Obwohl es sich um eine Vorfeldstraftat handelt (s. o.), ist nach Vollendung keine Strafbefreiung durch tätige Reue vorgesehen.[6]

Versuchsstrafbarkeit

Da der Gesetzgeber den Tatbestand der Rechtsgutsverletzung weit vorgelagert ausgestaltet hat, bleibt unklar, warum noch zusätzlich nach Absatz 2 eine Versuchsstrafbarkeit eingeführt wurde.[7]

Beispielsweise begeht einen versuchten Versicherungsmissbrauch, wer irrig annimmt, die Sache sei versichert.

Konkurrenzen mit anderen Delikten

Hinsichtlich der Tathandlungen kann Tateinheit mit den einschlägigen Delikten (Sachbeschädigung[8] nach § 303 StGB usw.) bestehen. Kommt es durch den Versicherungsmissbrauch zum Betrug, so tritt der die Bestrafung wegen Versicherungsmissbrauch aufgrund der ausdrücklichen Regelung im Gesetz (Absatz 1, letzter Halbsatz) hinter der wegen Betruges zurück (Subsidiarität[8]). Nach dem Sinn der Vorschrift ist der Begriff der "Tat" hier zu Gunsten des Täters weit auszulegen.[9]

Einzelnachweise

  1. Thomas Fischer: Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 54. Aufl., C. H. Beck München 2007, ISBN 978-3-406-55477-3, § 265 Rn. 1: "bereits im Vorfeld von Betrugshandlungen" mit Verweis auf BT-Drs. 13/8991, 21; BT-Drs. 13/9064, 19 f.; "Die Vorschrift ist [...] an Stelle des § 265 aF eingefügt worden (dessen Regelungsgehalt [...] teilweise in § 265 Nr. 5 übernommen wurde [...])"
  2. Thomas Fischer: Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 54. Aufl., C. H. Beck München 2007, ISBN 978-3-406-55477-3, § 265 Rn. 16 mit Verweis auf BT-Drs. 13/8587, 65; BT-Drs. 13/9064, 19
  3. Thomas Fischer: Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 54. Aufl., C. H. Beck München 2007, ISBN 978-3-406-55477-3, § 265 Rn. 2 (Fischer selbst hält allein das Vermögen der Versicherung für das geschützte Rechtsgut und schreibt a. a. O., die h. M. gehe davon aus, dass "darüber hinaus zumindest auch ein Allgemeingut der Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft"[Hervorhebungen weggelassen] geschützt sei)
  4. Kristian Kühl: Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, Kommentar, 25. Aufl., C. H. Beck München 2004, ISBN 3-406-52295-5, § 265 Rn. 1: "Mindestens gleichrangig mitgeschütztes Rechtsgut ist neben dem Vermögen auch die soziale Leistungsfähigkeit des dem allgemeinen Nutzen dienenden [...] Versicherungswesens [...]" (Hervorhebungen weggelassen)
  5. Thomas Fischer: Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 54. Aufl., C. H. Beck München 2007, ISBN 978-3-406-55477-3, § 265 Rn. 10
  6. Thomas Fischer: Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 54. Aufl., C. H. Beck München 2007, ISBN 978-3-406-55477-3, § 265 Rn. 14 mit Kritik am Gesetzgeber
  7. Thomas Fischer: Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 54. Aufl., C. H. Beck München 2007, ISBN 978-3-406-55477-3, § 265 Rn. 13: "[...] im Einzelfall unverhältnismäßige Vorverlagerung [...]"
  8. a b Kristian Kühl: Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, Kommentar, 25. Aufl., C. H. Beck München 2004, ISBN 3-406-52295-5, § 265 Rn. 6
  9. Thomas Fischer: Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 54. Aufl., C. H. Beck München 2007, ISBN 978-3-406-55477-3, § 265 Rn. 17 mit Verweis auf BGHSt 45, 211, 215