Wilhelm Köhler (Unternehmer)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. Oktober 2016 um 12:01 Uhr durch Invisigoth67 (Diskussion | Beiträge) (→‎Leben: Überschüssiges Satzzeichen entfernt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Wilhelm Köhler (* 17. Mai 1897 in Offenbach am Main; † 17. Januar 1962 in Rom) war ein deutscher Unternehmer.

Leben

Wilhelm Franz Heinrich Köhler wurde am 17. Mai 1897 in Offenbach als Sohn von Wilhelm Köhler sen. (1847–1917), Oberarzt am Städtischen Krankenhaus in Offenbach, geboren. Seine Mutter Emma Weintraud (1858–1935) war die Tochter des Geheimen Kommerzienrates Franz Ernst Weintraud (1833–1908). Emma Weintraud war jüdischen Glaubens. 1908 wurde Wilhelm Köhler sen. pensioniert und die Familie zog nach Darmstadt. Wilhelm Köhler besuchte das Ludwig-Georgs-Gymnasium in Darmstadt und war ein Schulfreund von Carlo Mierendorff und Theodor Haubach. Nach dem Not-Abitur trat er im November 1914 als Kriegsfreiwilliger in den Ersten Weltkrieg ein und wurde in Posen und an der russischen Ostfront eingesetzt. Nach seiner Beförderung zum Leutnant der reserve wurde er 1917 an die Westfront versetzt. Durch eine Gasvergiftung im April 1917, die ihn zeitlebens beeinträchtigte, wurde der Frontdienst beendet. Daraufhin arbeitete er ab Januar 1918 bis zum Kriegsende in der Werkstatt des Artillerieregiments.

Nach dem Krieg studierte er im Eilverfahren Medizin in Heidelberg, Gießen, Marburg und Frankfurt/M. Er schloss das Studium 1922 mit dem Dr. med. ab. Da die Hyperinflation das elterliche Vermögen stark dezimiert hatte und es keine bezahlten Assistenstellen gab, trat er auf Vermittlung seines Freundes Wilhelm Goebel als Volontär in die Dienste der Gnadenbergerschen Maschinenfabrik Georg Goebel (Unternehmer) (1830–1900) in Darmstadt ein. Die Firma Goebel war v.a. im Bereich der Fahrkartenautomaten, Präzisionsmaschinen für die Papierrollenindustrie und der Druckmaschinen ein führender Hersteller. Die Leitung der Firma Goebel übernahm Wilhelm Köhler bereits 1924. Nach Umwandlung der Firma 1928 in eine AG wurde er alleiniger Vorstand. Erst 1960 zog er sich aus der Geschäftsführung zurück.

Wilhelm Köhler war mit der Ärztin Irma Schmidt (1898–1985), Tochter des Chemikers Albrecht Schmidt (1864–1945), Vorsitzender des Vorstandes der Farbwerke Hoechst verheiratet. Das Paar lernte sich beim Medizinstudium kennen. Aus der Ehe ging die Tochter Lotte Köhler (* 1925) hervor.

Die Rolle von Wilhelm Köhler in der Zeit des Nationalsozialismus ist nicht unumstritten. Köhler war auch wegen seiner jüdischen Mutter nicht in die NSDAP eingetreten und wehrte sich auch lange Zeit gegen eine übermäßige Ausrichtung der Produktion der Firma Goebel an den rüstungswirtschaftlichen Interessen des NS-Regimes. Köhler soll sich nach Aussage seiner Tochter Lotte 1937 bei einer gemeinsamen Schiffsreise mit dem Gauleiter Jakob Sprenger für die Freilassung seines Freundes Carlo Mierendorff eingesetzt haben. Diese erfolgte wenige Monate nach dieser Intervention.

Dennoch hat auch Köhler Zwangsarbeiter in seinem Betrieb beschäftigt. Er beteiligte sich am Rüstungsprogramm des NS-Regimes, war seit 1938/39 Abwehrbeauftragter seiner Firma und 1945 Bereichsbeauftragter im Hauptausschuss Maschinen. Nachdem er im November 1945 mit Vorwürfen einer angeblichen Verstrickung mit dem NS-Regime konfrontiert wurde, trat er als Präsident der IHK Darmstadt zurück. Im Spruchkammerverfahren wurde Köhler vollständig freigesprochen.

1945–46 und 1947–49 war er Präsident der IHK Darmstadt. Nach einer Auseinandersetzung über Zuständigkeiten in der IHK, trat Köhler nach kurzer Zeit wieder zurück und verließ die IHK. Von 1948 bis 1952 war Köhler für die LDP/FDP Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in Darmstadt.

1956 trat Köhler aus gesundheitlichen Gründen aus der Geschäftsführung der Firma Goebel AG in die Gesellschafterversammlung und den Aufsichtsrat über.

Wilhelm Köhler hatte zahlreiche Ämter inne: Er war Vorstandsmitglied des Arbeitgeberverbandes, Mitglied des Hauptvorstandes und des engeren Vorstands des Vereins Deutscher Maschinenbau-Anstalten (VDMA) und Vorsitzender der Forschungsgesellschaft Druckmaschinen.

In dieser Funktion unterstützte er Anfang der 1950er Jahre die schließlich 1952/53 erfolgte Gründung des Instituts für Druckmaschinen und Druckverfahren an der TH Darmstadt. Köhler organisierte zahlreiche Spenden aus dem Bereich der Wirtschaft zum Aufbau dieses Instituts.

Köhler war von 1948 bis 1958 Vorsitzender der 1918 gegründeten Vereinigung von Freunden der Technischen Hochschule Darmstadt. In dieser Zeit hat er beim Aufbau der Hochschule nach der starken Zerstörung am 11. September 1944 maßgeblich mitgewirkt und zahlreiche Projekte im Bereich der Forschung und Lehre gefördert. Die TH Darmstadt ehrte ihn anlässlich seines 60. Geburtstages am 17. Mai 1957 u.a. mit der Benennung des "Wilhelm Köhler-Saales" der Aula im Hauptgebäude an der Hochschulstraße (heute: Altes Hauptgebäude).

Auf einer Reise nach Italien ist Wilhelm Köhler im Januar 1962 in Rom an den Spätfolgen der Giftgasverletzung aus dem Ersten Weltkrieg verstorben.[1]

Ehrungen

Literatur

  • Ulrich Eisenbach (Hrsg.): Von den Anfängen der Industrialisierung zur Engineering Region. 150 Jahre IHK Darmstadt. Rhein Main Neckar, Darmstadt 2012.
  • Lotte Köhler (Hrsg.): Vom Stift zum Handelsherrn und andere autobiografische Texte von Dr. med. Wilhelm Köhler (1897-1962). Darmstadt 2009.
  • Wilhelm Köhler In: Stadtlexikon Darmstadt. Stuttgart 2006, S. 507f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Michael Sonnabend: Der Mensch ist ein auf Gegenseitigkeit angelegtes Wesen. In: Festschrift. Den Menschen im Blick. 20 Jahre Lotte-Köhler-Stiftung. 2007, S.8, abgerufen am 27. Dezember 2013