Wolfgang Waterstraat

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Wolfgang Waterstraat (* 29. Januar 1920 in Stettin; † 2. April 1952 in Moskau) war ein deutscher Arzt, Mitarbeiter des Berliner Robert-Koch-Instituts und antikommunistischer Aktivist, der 1951 in der Berliner S-Bahn auf Ost-Berliner Gebiet vom Staatssicherheitsdienst verhaftet wurde und wegen angeblicher Spionage am 2. April 1952 in Moskau hingerichtet wurde.

Leben

Waterstraat wurde im Zweiten Weltkrieg während des Medizinstudiums als Truppenarzt abkommandiert. Wegen einer schweren Verwundung konnte er sein Studium erst nach dem Krieg abschließen. Nach der Flucht vor der Roten Armee über die Ostsee siedelte er sich in Berlin an. Er heiratete, 1948 bekam das Ehepaar eine Tochter. Waterstraat war Mitarbeiter des Berliner Robert-Koch-Instituts, das sich noch heute mit Infektionskrankheiten befasst. Er forschte bei Georg Henneberg [1] über das damals neue Antibiotikum Streptomycin. Ferner arbeitete er im Auftrag des Westberliner Senats im Streptomycin-Komitee, welches dieses teure Antibiotikum gegen Tuberkulose auch an Ostdeutsche Bürger abgab. Am 28. August 1951 wurde Waterstraat auf dem Weg zum Dienst von Ost-Berliner Agenten der Staatssicherheit mit Waffengewalt aus der S-Bahn entführt. Er trug seine praktisch fertige Dissertation bei sich.

Seit diesem Tag galt er als vermisst. Erst im Jahr 1959 erfuhr die Familie aufgrund einer Mitteilung des Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuzes vom Tod Wolfgang Waterstraats. Er sei "auf dem Gebiet der UDSSR verstorben", hieß es.

Waterstraat wurde im Januar 1952 wegen angeblicher Spionage, Diversion und antisowjetischer Propaganda in Moskau zum Tode verurteilt und im April 1952 hingerichtet.

Er war Mitglied in der politischen Vereinigung „Deutsche Union“ und in der daraus hervorgegangenen Splittergruppe „Europäische Freiwillige Westberlin“, als deren Vorsitzender er gewählt wurde. Diese Splittergruppe bestand größtenteils aus Journalisten, die sich für ein vereintes Europa ohne Grenzen und Militarismus einsetzen wollten. Arndt vermutet, dass neben diesem politischen Engagement, das auch als antikommunistisch gewertet werden kann, seine Forschungen über Streptomycin eine Rolle gespielt hätten, da diese für die Ostberliner Behörden interessant gewesen seien. Die wissenschaftliche Arbeit, die Waterstraat bei sich trug, tauchte nicht wieder auf; es gibt zudem keine Hinweise auf eine Verwendung dieser Arbeit. Ferner wurde ihm offensichtlich der berufsbedingte Kontakt mit Ostdeutschen Patienten im Robert- Koch- Institut zum Verhängnis, da ihm nach seiner Verhaftung Spionage bezüglich solcher Patientengespräche vorgeworfen wurde. Eine Patientin, die in Ostberlin wohnte, wurde mit ihm verurteilt. Sie erhielt 25 Jahre Lagerhaft und wurde wegen des erneuten Ausbruchs ihrer Krankheit nach Jahren vorzeitig aus der Haft entlassen.

Für 927 wie Waterstraat verschleppte und in Moskau hingerichtete Deutsche wurde am 1. Juli 2005 ein Gedenkstein auf dem Moskauer Donskoi-Friedhof eingeweiht.

Waterstraat wurde 1993 durch die Hauptstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation mit der Begründung der "unbegründeten Verhaftung" rehabilitiert.

Literatur

  • Jörg Rudolph, Franz Drauschke, Alexander Sachse: Hingerichtet in Moskau – Opfer des Stalinismus aus Berlin 1950–1953 (= Schriftenreihe des Berliner Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Band 23). Der Berliner Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der Ehemaligen DDR, Berlin 2007, ISBN 978-3-934085-26-8, S. 127.
  • Arsenij Roginsky, Jörg Rudolph, Frank Drauschke und Anne Kaminsky (Hrsg.): Erschossen in Moskau... Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953. Metropol Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-938690-14-3, S. 377.
  • Andreas Hilger: Counter- Intelligence Soviet Style: The Activities of Soviet Security Services in East Germany, 1945-1955 (=The Journal of Intelligence History Vol. 3, No. 1, Summer 2003, ISSN 1616-1262), S. 101–102.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Melanie Arndt: Gesundheitspolitik im geteilten Berlin 1948 bis 1961, Böhlau Verlag: Köln, Weimar, Wien 2009, über Google Books