Wöhlerversuch

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 24. September 2016 um 11:28 Uhr durch Summ (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Wöhlerversuch bzw. Dauerschwingversuch ist ein Versuch zur Bestimmung der Schwingfestigkeit eines Werkstoff oder eines Bauteils. Sein Ergebnis findet sich in der Wöhlerlinie wieder. Im Maschinenbau stellt der Wöhlerversuch ein wichtiges Hilfsmittel für die Berechnung und den Nachweis von Dauerfestigkeit oder Betriebsfestigkeit dar. Sie ist benannt nach August Wöhler, der den Versuch als Reaktion auf den Eisenbahnunfall von Timelkam entwickelte.

Wöhlerversuch

Mit dem Wöhlerversuch wird die Schwingfestigkeit, genauer die Zeitfestigkeit und Dauerfestigkeit von Werkstoffen oder Bauteilen (Bauteil-Wöhlerversuch) ermittelt. Hierfür werden die Versuchskörper zyklisch, meist unter einer sinusförmigen Beanspruchungs-Zeit-Funktion, belastet. Die Beanspruchung kann hierbei je nach Versuchsdurchführung durch Zug-/Druckbelastung, Biegung, Torsion oder Querkraftschub entstehen.[1] Für einen Wöhlerversuch sind Mittelspannung, Oberspannung und Unterspannung der zyklischen Beanspruchung konstant.[2]

Zur Ermittlung der Werte werden die Versuchskörper auf mehreren Lasthorizonten geprüft. Der Wöhlerversuch läuft, bis ein definiertes Versagen (Bruch, Anriss) eintritt oder eine festgelegte Anzahl Schwingungen (auch Grenzschwingspielzahl)[2] überstanden wird. Versuchskörper, die die Grenzschwingspielzahl ohne erkennbares Versagen erreichen, werden als Durchläufer bezeichnet.

Die Streuung der Messergebnisse des Wöhlerversuches ist auffallend groß. Sie kommt nur geringfügig aus Unzulänglichkeiten des Versuches, aber hauptsächlich aus divergierenden Werkstoffeigenschaften innerhalb der Bauteile. Sie gehorcht der Extremwerttheorie von W. Weibull und E. J. Gumbel und zwar der Verteilung der kleinsten Festigkeiten der Volumenelemente (Weibullverteilung). Aus der Extremwerttheorie folgt auch der statistische Größeneinfluss: Kleine Bauteile haben im Mittel eine größere Dauerfestigkeit als große von identischem Material.

Wöhlerlinie bzw. -kurve

Qualitative Darstellung der Wöhlerlinie

Die Ergebnisse des Versuchs trägt man in ein Diagramm ein. Üblicherweise wird im Wöhlerdiagramm die Nennspannungsamplitude Sa linear oder logarithmisch über der logarithmisch dargestellten, ertragbaren Schwingspielzahl aufgetragen. Den sich ergebenden Kurvenzug nennt man die Wöhlerkurve oder auch Wöhlerlinie. In der nebenstehenden Wöhlerkurve sind die drei Bereiche K, Z und D eingetragen: Kurzzeitfestigkeit, Zeitfestigkeit und Dauerfestigkeit.

Beispiel-Tabelle für einen Wöhlerversuch
Nr. Spannungsausschlag in N/mm² Lastwechsel bis Bruch
1. ±350 4252
2. ±300 8384
3. ±250 21987
4. ±200 70355
5. ±180 108664
6. ±160 10 Millionen ohne Bruch

Weblinks

Literatur

  • Deutsches Institut für Normung: DIN 50100.
  • Josef Köhler: Versuchen oder rechnen. Betriebsfestigkeit und Nullbruchlinie. In: Materialwissenschaft und Werkstofftechnik, Jg. 41 (2010), No. 3, Wiley-VCH Verlag, Weinheim ISSN 0933-5137
  • Josef Köhler: Relative Dauerfestigkeit, DeGruyter Oldenbourg Verlag, 2014

Einzelnachweise

  1. Georg Jacobs: Maschinengestaltung. Mainz Verlag, Aachen 2015, ISBN 3-86130-748-0, S. 19–21.
  2. a b Christoph Broeckmann, Paul Beiss: Werkstoffkunde I. Mainz Verlag, Aachen, S. 40–53.