Quelltext der Seite Bernhard von Richthofen

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'''Bernhard Ludwig Ernst Freiherr von Richthofen''' (* [[8. Juni]] [[1836]] in [[Komorów (Świdnica)|Cammerau]], [[Landkreis Schweidnitz|Kreis Schweidnitz]], [[Schlesien]]; † [[6. Juni]] [[1895]] in [[Bonn]]) war ein [[Preußen|preußischer]] Verwaltungsbeamter. Ab 1868 war er [[Landrat (Deutschland)|Landrat]] von [[Buk (Großpolen)|Buck]], von 1875 bis 1885 Landrat des [[Landkreis Stolp|Kreises Stolp]] in der [[Provinz Pommern]] und von 1885 bis zu seinem Tod [[Polizeipräsident]] von [[Berlin]].

== Leben ==
Bernhard von Richthofen war ein Sohn des Kohlengrubenbesitzers und Seeleutnants Eduard [[Richthofen (Adelsgeschlecht)|von Richthofen]] (1801–1863) und dessen Ehefrau Amalie [[Schmettau (Adelsgeschlecht)|von Schmettau]] (1809–1843). Er studierte [[Rechtswissenschaft]] an der [[Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg|Friedrichs-Universität Halle]] und wurde 1856 im [[Corps Marchia Halle]] aktiv.<ref>[[Kösener Corpslisten|Kösener Korps-Listen]] 1910, '''99''', 247.</ref>

1858 trat er in die innere Verwaltung des [[Königreich Preußen|Königreichs Preußen]]. Er begann seine Karriere beim Kammergericht [[Głogów|Glogau]] und wurde 1868 Landrat im [[Kreis Buk|Kreis Buck]] ([[Posen]]). 1874 wurde er Nachfolger des umstrittenen Landrats [[Hans Hugo Erdmann von Gottberg|Hans von Gottberg]] in Stolp, der aus politischen Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden war. Im [[Landkreis Stolp|Kreis Stolp]], der auf Grund seiner Größe und aus politischen Gründen als schwierig galt, wurden nur ausgewählte Beamte eingesetzt. Richthofen sollte dort den Standpunkt der Regierung durchsetzen.<ref>[[Ilona Buchsteiner]]: ''Kontinuität und Wandel in der Sozialstruktur der Landräte Pommerns zwischen Reichsgründung und Erstem Weltkrieg.'' In: Kurt Adamy, Kristina Hübener (Hrsg.): ''Adel und Staatsverwaltung in Brandenburg im 19. und 20. Jahrhundert. Ein historischer Vergleich.'' Akademie Verlag, Potsdam 1996, S. 372.</ref>
[[Datei:Sudermann SodomsEnde KarikaturBrandt 1890.jpg|mini|links|''Sodoms Ende'' (1890). Karikatur [[Gustav Brandt (Karikaturist)|Gustav Brandt]]s zur Polizeizensur von Hermann Sudermanns gleichnamigen Stück.]]

Im Oktober 1885 wurde Richthofen [[Der Polizeipräsident in Berlin|Polizeipräsident von Berlin]]. Als solcher überwachte Richthofen die Ausführung des [[Sozialistengesetz]]es in Berlin. Er betrieb 1892 letztlich erfolglos das Verbot der [[Freie Volksbühne Berlin|Freien Volksbühne Berlin]], die er als gefährliche Propagandaorganisation der sozialistischen Bewegung ansah.<ref>Cecil William Davies: ''Theatre for the People. The Story of the Volksbühne.'' Manchester UP, Manchester 1977, S. 35–37.</ref>

Geradezu sprichwörtlich wurde ein Urteil Richthofens über die [[Drama|Dramen]] des [[Naturalismus (Theater)|Naturalismus]]. Als er die für Oktober 1890 geplante Uraufführung des Stückes ''Sodoms Ende'' von [[Hermann Sudermann]] untersagte, begründete er dies gegenüber dem Direktor des [[Lessingtheater (Berlin)|Berliner Lessingtheaters]], [[Oscar Blumenthal]], mit den Worten: ''Die Janze Richtung passt uns nicht.'' Nach weiteren Interventionen Blumenthals beim preußischen Innenminister [[Ernst Ludwig Herrfurth]] und leichten Kürzungen hob Richthofen sein Verbot auf Anweisung des Ministers auf.<ref>Gary D. Stark: ''Banned in Berlin. Literary Censorship in Imperial Germany, 1871–1918.'' Berghahn Books, N.Y. 2009, S. 210–212, zit. 211; Dieter Breuer, Die Geschichte der literarischen Zensur in Deutschland, Heidelberg 1982 ([http://d-nb.info/821156810 DNB]), S. 190, nach Ernst Zeitter: [https://tvdiskurs.de/beitrag/die-janze-richtung-passt-uns-nicht-8/ ''„Die janze Richtung paßt uns nicht“. Biographische  Bruchstücke zu einer Geschichte der Medienzensur in Deutschland, Teil 8'', in: tv diskurs Ausgabe 25 (2003/3), S. 18–25] (22 f.).</ref>

Ein Nachruf der Zeitschrift ''[[Daheim (Zeitschrift)|Daheim]]'' schildert Richthofen als „[s]charf und schneidig“, als „unermüdlich fleißig[n] Arbeiter“, der „durch seine große persönliche Liebenswürdigkeit“ und seine „frische, gewinnende Art und Weise“ sich bei denen, mit denen sein Amt ihn in Berührung brachte, beliebt machte.<ref name="D1">''Daheim-Kalender für das Deutsche Reich auf das Gemeinjahr 1897'', S. 249.</ref> Angeblich, so ein von [[Hans von Tresckow]] kolportiertes Gerücht, verdankte Richthofen seine Beförderung dem Wunsch [[Otto von Bismarck]]s, mit [[Richard von Puttkamer]] einen Verwandten seiner Frau [[Johanna von Puttkamer]] in Stolp einzusetzen. Tresckow schilderte seinen unverheirateten Vorgesetzten nicht nur als schroff und unzugänglich, aber fleißig, sondern schrieb ihm auch eine „Vorliebe für das männliche Geschlecht“ zu.<ref name="H1">Zit. nach Hergemöller: ''Mann für Mann'', S. 585.</ref> [[Leopold von Meerscheidt-Hüllessem]], Chef des Homosexuellen-Dezernats der Berliner Polizei, habe Richthofen heimlich beobachten lassen, ohne etwas direkt Belastendes in Erfahrung zu bringen. Richthofen habe die Überwachung bemerkt und Hüllesem zur Rede gestellt.<ref name="H1" />

[[Philipp zu Eulenburg]], [[Friedrich August von Holstein|Friedrich von Holstein]] und [[Alfred von Kiderlen-Waechter]] hielten Richthofen für unfähig, „phlegmatisch“ und unzuverlässig.<ref name="H1" /> Besonders Eulenburg betrieb nach eigenen Angaben Richthofens Entlassung. Zugleich versuchte der Staatssekretär im [[Auswärtiges Amt|Auswärtigen Amt]], [[Adolf Marschall von Bieberstein (Politiker, 1842)|Adolf Marschall von Bieberstein]], Richthofen aus dem Amt zu drängen, weil dieser, so Tresckow, dessen Wunsch nicht nachgekommen sei, [[Herbert von Bismarck]] zu observieren. Der Historiker [[Bernd-Ulrich Hergemöller]] vermutet, Richthofens plötzlicher und unerwarteter Tod sei ein verschleierter Selbstmord gewesen.<ref name="H1" /> Von Richthofen starb am 6.&nbsp;Juni 1895 in der Universitätsklinik zu Bonn.<ref name="D1" /><ref>Landesarchiv NRW, Abteilung Rheinland, PA 3103 (Personenstandsregister Sterbefälle), Nr.&nbsp;2319, Urk.&nbsp;545 v. 7.&nbsp;Juni 1895.</ref>

In [[Berlin-Friedrichshain]] war die heutige Auerstraße von 1898 bis 1951 als Richthofenstraße nach Bernhard von Richthofen benannt.<ref>{{LuiseLexStr|art=h|bez=05|id=R278|zlb98=1652|name=Richthofenstraße}}</ref>

== Literatur ==
* Bernd-Ulrich Hergemöller: ''Mann für Mann. Ein biographisches Lexikon.'' Suhrkamp, Frankfurt/Main 2001, S. 585.

== Einzelnachweise ==
<references />
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{{SORTIERUNG:Richthofen, Bernhard von}}
[[Kategorie:Landrat (Provinz Posen)]]
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[[Kategorie:Polizeipräsident (Berlin)]]
[[Kategorie:Jurist in der Polizeiverwaltung]]
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[[Kategorie:Familienmitglied des Adelsgeschlechts Richthofen|Bernhard]]
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[[Kategorie:Polizist (Deutsches Reich)]]
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[[Kategorie:Geboren 1836]]
[[Kategorie:Gestorben 1895]]
[[Kategorie:Mann]]

{{Personendaten
|NAME=Richthofen, Bernhard von
|ALTERNATIVNAMEN=Richthofen, Bernhard Ludwig Ernst Freiherr von (vollständiger Name)
|KURZBESCHREIBUNG=preußischer Verwaltungsbeamter und Polizeipräsident von Berlin
|GEBURTSDATUM=8. Juni 1836
|GEBURTSORT=[[Komorów (Świdnica)|Cammerau]], [[Landkreis Schweidnitz|Kreis Schweidnitz]], Schlesien
|STERBEDATUM=6. Juni 1895
|STERBEORT=[[Bonn]]
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