Brunnenvergiftung (Rhetorik)

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Die Brunnenvergiftung ist ein rhetorisches Mittel und stellt einen Spezialfall des Argumentum ad hominem dar. Den Brunnen zu vergiften bedeutet bildlich gesprochen, Einfluss zu nehmen, bevor daraus getrunken wird.[1] Die Metapher leitet sich her von der Vorstellung, dass jemand vorsätzlich einen Trinkwasserbrunnen vergiftet, damit niemand mehr daraus trinken kann oder will.[2]

In einer Diskussion wird das rhetorische Mittel der Brunnenvergiftung angewendet, um Argumente einer Gegenseite oder Personen, die die Gegenseite vertreten, so zu rahmen (Framing-Effekt), dass es der Gegenseite erschwert wird, ihre Position einzunehmen. Die rhetorische Taktik lässt sich v. a. dann leicht umsetzen, wenn die Gegenposition im Publikum mehrheitlich abgelehnt wird. Die Taktik kann sehr plump sein, wirkt aber um so stärker, je subtiler sie eingebracht wird. Sie kann dazu dienen, die Diskussion um eine Thema zu verhindern (Ablenkungsmanöver).

Beispiele für dieses Vorgehen sind:

  • Die Gegenposition wird falsch oder verzerrt dargestellt.
  • Der Gegner wird selbst diskreditiert, verunglimpft oder lächerlich gemacht.

Ein typisches, in der politischen Diskussion verbreitetes Brunnenvergiftungs-Argument greift auf den sogenannten gesunden Menschenverstand zurück, und behauptet, schon bevor der Gegner sich äußert, „kein vernünftiger Mensch“ könne die Position des Gegenübers vertreten.[3] Wer nun „aus dem Brunnen trinkt“, also sich die zuvor angegriffene Position zu eigen macht, steht zunächst als jemand da, dem der „gesunde Menschenverstand“ fehlt.[4][5]

Ein aktuelles Beispiel für das Verunglimpfen des Gegners selbst ist, jemanden, der für klimapolitische Maßnahmen eintritt, noch bevor die Person ihre Meinung äußert, als „Klimakleber“ zu desavouieren.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Brunnen vergiften. In: rhetorisches-quartett.de. Abgerufen am 19. Dezember 2023.
  2. Historisch ist die Brunnenvergiftung eine militärische Taktik, um die Trinkwasserversorgung des Gegners zu stören. Der Vorwurf der Brunnenvergiftung dient zudem als Begründung, Minderheiten und Volksgruppen zu verfolgen und ist u. a. ein antisemitisches Stereotyp.
  3. Judit Cech: Der gesunde Menschenverstand. In: politik-kommunikation.de. 28. November 2023, abgerufen am 19. Dezember 2023.
  4. Andreas Edmüller: Manipulationstechniken, Haufe-Lexware, Planegg/München 2011, ISBN 978-3-648-06910-3, S. 73 ff. (Google Books)
  5. Heinz Ryborz: Beeinflussen – Überzeugen – Manipulieren: Seriöse und skrupellose Rhetorik. Metropolitan, Regensburg 2023, ISBN 978-3-96186-238-2, S. 170. (Google Books)