Der Schipkapaß

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Postkarte mit Blick auf die Gaststätte

Der Schipkapaß ist ein 1908 erschienener Studentenroman von Karl Hans Strobl. Ab der zweiten Auflage trug der Roman den Titel Die Flamänder von Prag.

Historischer Hintergrund

Zeitgenössische Postkarte (um 1900)
Suleika (ganz links) und Osman Pascha (dritter von links) mit Gästen

Der Roman beschreibt das bekannteste und insbesondere bei Studenten beliebte Prager Ausflugslokal des letzten Viertels des 19. Jahrhunderts.[1] Der Wirt Moritz Milde betrieb im Prager Vorort Dejwitz (heute als Prag 6 eingemeindet) eine Gaststätte. Dorthin Ausflüge unternehmende Studenten gaben dem Lokal 1876[2] den Namen Schipkapaß, weil sie glaubten, die nähere Umgebung sei dem Schipkapass in Bulgarien ähnlich.[3] Der Wirt Milde erhielt den Spitznamen Osman Pascha, seine Frau wurde Suleika gerufen, die Köchin Zoraide.[4] 1921 verkauften die Erben von Osman Pascha das Lokal an einen tschechischen Baumeister.[5] Das Gebäude ist zwischenzeitlich verfallen. Gebäudereste sind an der Adresse Zlatnice (Am Goldberg) 56/5 in Prag sichtbar.

Handlung des Romans

Der Student der Rechtswissenschaft Hans Schütz, Mitglied der (fiktiven) Prager Burschenschaft Germania verliebt sich in die Sekretärin Midi Kern. Die Beziehung endet nach kurzer Zeit, weil Hans den finanziellen Anforderungen Midis nicht genügt und diese sich einem anderen Studenten, welcher Sohn reicher Eltern ist, zuwendet. Schütz flüchtet sich daraufhin auf den Schipkapass, um seinen Kummer in Bier zu ertränken. Nach Wochen der Verzweiflung lernt Schütz zufällig die Postangestellte Helene Findeis kennen. Er beschließt, sich zu wandeln und nimmt sein Studium wieder auf. Der Roman endet damit, dass Helene ihm verspricht, auf ihn zu warten. In die Romanhandlung eingebettet ist der deutsch-tschechische Nationalitätenkonflikt des späten 19. Jahrhunderts in Prag, indem Helene die Werbung eines tschechischen Malers zu Gunsten des deutschen Hans Schütz zurückweist.[6]

Sekundärliteratur

  • Susanne Fritz: Die Entstehung des „Prager Textes“. Prager deutschsprachige Literatur von 1895 bis 1934. Thelem, Dresden 2005, ISBN 3-937672-32-X, (Mitteleuropa-Studien 8).
  • Egon Erwin Kisch: Der Osman ist gestorben. In: Bohemia, 5. September 1910, Mittagsausgabe, ZDB-ID 820916-9, S. 2 f.
  • Raimund Lang: Der Dramaturg von Prag. Karl Hans Strobl als studentischer Dichter. In: Frische/Becker: Zwischen Weltoffenheit und nationaler Verengung. Fünf Aufsätze. Studentengeschichtliche Vereinigung des CC, Herzogenaurach 2000, ISBN 3-930877-34-1, (Historia academica 39), S. 137 ff.
  • Marta Maschke: Der deutsch-tschechische Nationalitätenkonflikt in Böhmen und Mähren im Spiegel der Romane von Karl Hans Strobl. Berlin (Dissertation) 2003.
  • Doris Multerer: Deutsch-tschechische Gegensätze in den Prager Studentenromanen Karls Hans Strobls. Wien (Dipl.-Arbeit) 1993.
  • Wilhelm Olbrich, Johannes Beer: Der Romanführer: der Inhalt der Romane und Novellen der Weltliteratur. Hiersemann, Stuttgart 1971.
  • Christian Oppermann: Die Flamänder von Prag am Schipkapaß. In: Einst und Jetzt. Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung 32, 1987, ISSN 0420-8870, S. 165–181.
  • Karl Hans Strobl: Der Flamänder. In: Paul Nettl (Hrsg.): Alt-Prager Almanach 1927, ZDB-ID 9608-8, S. 33 ff.
  • Walter G. Wieser: Der Prager deutsche Studentenroman in den ersten vier Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Österreichische Gesellschaft zur Erforschung der Studentengeschichte, Wien 1994.

Einzelnachweise

  1. Hartmut Binder: Wo Kafka und seine Freunde zu Gast waren, Prag 2000, S. 257.
  2. Bericht in: Bohemia (Prager tageszeitung) vom 10. Mai 1906, S. 6.
  3. Eduard Mühle: Mentalitäten - Nationen - Spannungsfelder: Studien zu Mittel- und Osteuropa, 2001, S. 139 f.
  4. Nachruf auf Moritz Milde, im Prager Tagblatt
  5. Bericht in: Reichenberger Zeitung vom 21. Juli 1921, S. 6.
  6. Ausführliche Inhaltsangabe bei: Wieser, Der Prager deutsche Studentenroman, Wien 1994, S. 56-69.