Die Kinderspiele

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Die Kinderspiele (Pieter Brueghel der Ältere)
Die Kinderspiele
Pieter Brueghel der Ältere, um 1560
Öl auf Holz
118 × 161 cm
Kunsthistorisches Museum Wien
Vorlage:Infobox Gemälde/Wartung/Museum

Die Kinderspiele (niederl.: De kinderspelen) ist ein 1560 entstandenes Gemälde des flämischen Malers Pieter Bruegel des Älteren. Dargestellt sind 80 verschiedene Kinderspiele aus den Niederlanden des 16. Jahrhunderts. Heute befindet sich das Werk im Kunsthistorischen Museum Wien.

Aufbau

Der Betrachter blickt von mittlerer Höhe auf einen Platz hinab, die Hauptachse verläuft, wie oft bei Bruegel, von links unten bis rechts oben. Der Hauptfluchtpunkt ist eine Kirche nahe der rechten oberen Ecke. Eine zweite „halbe“ Fluchtlinie beginnt ebenfalls beim dunklen Gebäude, läuft den roten Zaun entlang weiter und endet beim Eingang des wuchtigen Gebäudes in der oberen Bildhälfte.[1] Trotz der Rechtslastigkeit erscheint das Gemälde durch die massiven Bauten in der linken Hälfte ausgewogen. Das Bild bietet keinen „idealen Standpunkt“, um die Übersicht zu wahren muss sich ein Betrachter vom Bild entfernen, aber erst aus nächster Nähe sind die Einzelheiten zu erkennen. Was den Hauptfluchtpunkt angeht, so müsste ein Betrachter vor der rechten Hälfte des Gemäldes stehen.[2]

Inhalt

Frau mit Eimer (Ausschnitt aus der oberen rechten Bildhälfte)

Die Kinder tragen die typische Kleidung des 16. Jahrhunderts und sind mit ihren runden Köpfen und Knopfaugen nicht sonderlich individuell dargestellt. Zu sehen sind 168 Buben und 78 Mädchen und je nach Interpretation ein oder zwei Erwachsene: Eine Frau im Brautzug in der Bildmitte und eine alte Frau in der rechten oberen Bildhälfte die Wasser über zwei Raufbolde schüttet. Obwohl Bruegel die Spiele seiner Zeit akribisch dokumentiert, ist das Bild von einer realistischen Darstellung weit entfernt: Sämtliche Spieler oder Spielergruppen sind voneinander isoliert, es gibt auch keine Ausgeschlossenen oder sonst wie untätigen Zuschauer und auch keine beaufsichtigenden Erwachsenen, von den erwähnten ein oder zwei Personen abgesehen.

Spielgeräte sind: Kreisel, Steckenpferde, Puppen, Windräder; umfunktionierte Gegenstände wie Fässer, Fassreifen, Knöchelchen oder Schweinsblasen. Es sind drei verschiedene Spieletypen dargestellt: Funktionsspiele wie Stelzengehen und Steckenpferd-Reiten, Regelspiele wie Tauziehen und Blinde Kuh, Rollenspiele wie der Brautzug in der Bildmitte und Rauschespiele (Drehen im Kreis). [1]

Deutung

Bis über Bruegels Zeit hinaus galten Kinder als kleine Erwachsene und waren auch so gekleidet, von den Jüngeren (Mädchen bis etwa fünf, Buben bis etwa elf Jahren) einmal abgesehen.[1] Von einer früheren derartig umfassenden Darstellung ist jedenfalls nichts bekannt. Vergleichbar sind darin Bruegels Bilder „Die niederländischen Sprichwörter“ und „Der Kampf zwischen Karneval und Fasten“. [3]

Der blaue Mantel (Detail aus der Taufprozession)

Das Bild lässt sich als volkskundliche Bestandsaufnahme lesen, tatsächlich lassen sich die meisten Spiele bestimmen. Möglicherweise wollte Bruegel aber auch davor warnen, das Leben wie ein kindliches Spiel zu vertun: An der linken Seite versucht ein Junge etwa eine Eule abzuschießen, das Sinnbild der Weisheit. Ein Teilnehmer der Taufprozession in der Ecke links unten, hat einen langen blauen Mantel umgehängt, was als Lüge und Selbsttäuschung gelten könnte („Iemand een blauwe huik omhangen“). Diese beiden Sichtweisen schließen einander jedoch nicht aus. Es spricht einiges dafür, dass der Künstler den Johannistag darstellt (24. Juni) der als sommerliches Gegenstück zu Weihnachten galt. Gegen Ende der langen Straße ist eine Kinderprozession dargestellt, wie sie an diesem Tag üblich war um etwa Brennholz für das abendliche Johannisfeuer zu sammeln. Weiters besagte ein Aberglaube, dass dieser Tag einen „tiefen Schwimmer und einen hohen Kimmer“ verlangt. Klettern und Schwimmen galten demnach als gefährlich und waren verboten. In der linken oberen Bildhälfte tun Kinder jedoch genau das.[1]

Geschichte

Ob Bruegel selbst dem Gemälde einen Namen gegeben hat, ist nicht überliefert. Um 1600 wurde es erstmals als een ander Stuck, van allerley spelen der Kinderen erwähnt, darauf geht auch der Name Die Kinderspiele zurück.[1] Heute befindet es sich im Kunsthistorischen Museum Wien im Saal 10, zusammen mit Bruegels Werken „Der Turmbau zu Babel“, den „Kampf zwischen Karneval und Fasten“ und der „Heimkehr der Jäger“. [4]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d e Das Kinderspielebild von Pieter Bruegel Aufgerufen am 2. Januar 2009
  2. Rose-Marie und Rainer Hagen – Pieter Bruegel d. Ä. – Bauern, Narren und Dämonen, Köln: Benedikt Taschen Verlag 1999 S. 33 ISBN 3-8228-6590-7
  3. „Bauern, Narren und Dämonen“, S. 31f.
  4. Kunsthistorisches Museum Wien – interavictive visit DVD-Rom. Gemäldegalerie 2. Auflage 2007 (Navigation) ISBN 978-3-902491-09-1