Fünfsprachenspiegel

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Der Fünfsprachenspiegel bzw. der Fünfsprachige Wörterspiegel oder mit vollem Titel das Auf kaiserlichen Befehl erstellte Wörterbuch des Mandschurischen in fünf Sprachen[1] stammt aus dem 18. Jahrhundert und ist ein umfangreiches Glossar auf Mandschurisch, Tibetisch, Mongolisch, Tschagataiisch und Chinesisch.

Titel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Mandschurisch:
    han-i araha sunja hacin-i hergen kamciha manju gisun-i buleku bithe
    ᡥᠠᠨ ᡳ
    ᠠᡵᠠᡥᠠ
    ᠰᡠᠨᠵᠠ
    ᡥᠠᠴᡳᠨ ᡳ
    ᡥᡝᡵᡤᡝᠨ
    ᡴᠠᠮᠴᡳᡥᠠ
    ᠮᠠᠨᠵᡠ
    ᡤᡳᠰᡠᠨ ᡳ
    ᠪᡠᠯᡝᡴᡠ
    ᠪᡳᡨ᠌ᡥᡝ᠈
  • Tibetisch:
    rgyal pos mdzad pa’i skad lnga shan sbyar yi manydzu’i skad gsal ba’i me long
    རྒྱལ་པོས་མཛད་པའི་སྐད་ལྔ་ཤན་སྦྱར་གྱི་མཉཛུའི་སྐད་གསལ་བའི་མེ་ལོང་།
  • Mongolisch:
    qaɣan-u bičigsen tabun ǰüil-ün üsüg-iyer qabsuruɣsan manǰu ügen-ü toli bičig
    ᠬᠠᠭᠠᠨ ᠤ
    ᠪᠢᠴᠢᠭᠰᠡᠨ
    ᠲᠠᠪᠤᠨ
    ᠵᠦᠢᠯ ᠦᠨ
    ᠦᠰᠦᠭ ᠢᠶᠡᠷ
    ᠬᠠᠪᠰᠤᠷᠤᠭᠰᠠᠨ
    ᠮᠠᠨᠵᠤ
    ᠦᠭᠡᠨ ᠦ
    ᠲᠣᠯᠢ
    ᠪᠢᠴᠢᠭ᠌᠈
  • Tschagataiisch:
    ḫān-nīng fütükän beš qismī qōšqān ḫät mānǧū söz-nīng ayrī mäčīn ḫätī
    خان نينک فوتوکن بش قڛمی قوشقان خت مانجو ڛوزنينک ايری مجين ختی nastaliq
  • Chinesisch:
    Yù zhì wǔ tǐ Qīng wén jiàn «御製五體清文鑑»

Entstehung und Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Seite aus dem Wörterverzeichnis des Fünfsprachenspiegels

Der Fünfsprachenspiegel wurde unter Kaiser Qianlong erstellt und hat 2563 Seiten mit 18 671 Einträgen, die nach einer dreistufigen Hierarchie kategorisiert sind. Jeder Eintrag besteht aus acht Spalten wie bei diesem Beispieleintrag zu dem mandschurischen Wort abka ᠠᠪᡴᠠ („Himmel“, Spalten links in der Abbildung):

Erklärung Eintrag lateinische Transkription
1. Eintrag auf Mandschurisch ᠠᠪᡴᠠ᠈ abka
2. Übersetzung ins Tibetische གནམ། gnam
3. Transliteration des Tibetischen in mandschurische Schrift ᡤᠨᠠᠮ gnam
4. Transkription der Aussprache des Tibetischen in mandschurische Schrift ᠨᠠᠮ nam
5. Übersetzung ins Mongolische ᠲᠨᠭᠷᠢ᠈ t[e]ngri
6. Übersetzung ins Tschagataiische آڛمان āsmān
7. Transkription des Tschagataiischen in mandschurische Schrift ᠠᠰᠮᠠᠨ asman
8. Übersetzung ins Chinesische tiān

Den tibetischen Übersetzungen sind zwei Umschriften in mandschurischer Schrift beigefügt: die erste gibt die tibetische Schreibweise wieder, es handelt sich also um eine Transliteration; die zweite gibt ungefähr die tibetische Aussprache im damaligen Dialekt von Lhasa wieder. Tschagataiisch war in jener Zeit eine weit verbreitete schriftsprachliche Form einer zentralasiatischen Turksprache. Auch dem Tschagataiischen ist in dem Lexikon jeweils die Aussprache in mandschurischer Schrift beigefügt. Die chinesischen Übersetzungen weisen teilweise Besonderheiten der nordchinesischen Umgangssprache bzw. des damaligen Dialekts von Peking auf. Die Aussprache der chinesischen Schriftzeichen wird nicht gesondert angegeben.

Fallweise handelt es sich bei Wortpaaren ausgesuchter Sprachen nicht um wörtliche Übersetzungen oder Äquivalente, sondern um Beschreibungen und Neuschöpfungen, die sich an keiner anderen Stelle wiederfinden.

Ausgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von dem Werk sind drei bekannte Handschriften erhalten: eine im Palastmuseum Peking, eine im Lamatempel – ebenfalls in Peking –, und eine in der British Library (Bestand Britisches Museum) in London. Eine gedruckte Fassung scheint nicht zu existieren.

Im Jahr 1957 gab ein Verlag in Peking eine photomechanische Reproduktion des Werkes heraus. 1967 erschien in Japan eine Textausgabe, die neben Chinesisch nur Transliterationen des Mandschu sowie der mandschurischen Umschriften der anderen Sprachen berücksichtigt, dafür aber japanische Übersetzungen angibt:

  • Tamura Jitsuzō (田村 實造), Imanishi Shunjū (今西 春秋), Satō Hisashi (佐藤 長; Hg.): Gotai Shinbun kan yakukai (五體淸文鑑譯解). Kyōto, Kyōto daigaku bungakubu nairiku Ajia kenkyūjo (京都大學文學部內陸アジア硏究所) Shōwa 41–43 [1966–1968].

1998 wurde die Reproduktion von 1957 in Beijing neu aufgelegt. 2013 erschien in Deutschland eine umfangreich bearbeitete Ausgabe:

  • Oliver Corff, Kyoko Maezono, Wolfgang Lipp, Dorjpalam Dorj, Görööchin Gerelmaa, Aysima Mirsultan, Réka Stüber, Byambajav Töwshintögs, Xieyan Li (Hrsg.): Auf kaiserlichen Befehl erstelltes Wörterbuch des Manjurischen in fünf Sprachen. „Fünfsprachenspiegel“. Systematisch angeordneter Wortschatz auf Manjurisch, Tibetisch, Mongolisch, Turki und Chinesisch. Vollständige romanisierte und revidierte Ausgabe mit textkritischen Anmerkungen, deutschen Erläuterungen und Indizes. Wiesbaden, Harrassowitz 2013, ISBN 978-3-447-06970-0.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Chūn Huā 春花: Qīngdài Mǎn-Méngwén “fēnlèi cídiǎn” de fāzhǎn yǎnbiàn 清代满蒙文“分类词典”的发展演变. In: Gùgōng bówùyuàn bāshí huádànjì guójì Qīng shǐ xuéshù yántǎohuì lùnwén «故宫博物院八十华诞暨国际清史学术研讨会论文集» (2006), S. 596–602 页.
  • Chūn Huā 春花: “Yù zhì Qīngwén jiàn” lèimù tǐxì láiyuán kǎo «御制清文鉴》类目体系来源考». In: Shěnyáng gùgōng bówùyuàn yuànkān «沈阳故宫博物院院刊» 3 (2007), S. 107–115.
  • Gǔ Wényì 古文义, Mǎ Hóngwǔ 马宏武, Féng Yíngfú 冯迎福: “Yù zhì Qīngwén jiàn” Hàn Zàng wénjiàn zhuānjí «御制五体清文鉴》汉藏文鉴专辑». Xining, Qīnghǎi mínzú chūbǎnshè 青海民族出版社 1990.
  • Ishibashi Takao 石橋 崇雄: “Han i araha manju gisun i buleku bithe (Gyosei shinbunkan)” kō tokuni sono goi kaishakuchū no shutten o megutte 「han i araha manJu gisun i buleku bithe,(御製清文鑑)」考 特にその語彙解釈中の出典をめぐって. In: Kokushikan daigaku bungakubu jinbun gakkai 国士舘大学文学部人文学会 (Hrsg.): Kokushikan daigaku bungakubu jinbun gakkai kiyō bessatsu 「国士舘大学文学部人文学会紀要」別冊 1 (1989), S. 67–87.
  • Shōgaito Masahiro 庄垣内 正弘: “Gotai shinbunkan” 18 seiki shinuigurugo no seikaku ni tsuite 「五体淸文鑑」18世紀新ウイグル語の性格について. In: Gengo kenkyū 「言語研究」 75 (1979), S. 31–53.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Entsprechend der Übersetzung des Titels nach der deutschen Ausgabe von Corff et al.