Quelltext der Seite Gertrude Fröhlich-Sandner

[[Datei:Gertrude Sandner (1970).jpg|mini|Gertrude Sandner (1970)]]
[[File:Gertrude Fröhlich-Sandner Signatur 1976.jpg|thumb|]]
'''Gertrude Fröhlich-Sandner''' (* [[25. April]] [[1926]] als ''Gertrude Kastner'' in [[Wien]]; † [[13. Juni]] [[2008]] ebenda) war von Beruf Lehrerin und [[österreich]]ische [[Politiker]]in ([[Sozialdemokratische Partei Österreichs|SPÖ]]).

== Privatleben ==
Gertrude Kastner besuchte während des Zweiten Weltkriegs die Lehrerbildungsanstalt und heiratete einen Soldaten, der aus dem Krieg nicht mehr zurückkehrte. Seit dieser (ersten) Heirat trug sie den Familiennamen Sandner. Gertrude Sandner unterrichtete ab 1948 als Volksschullehrerin.

Aufsehen erregte sie, als sie, bereits prominente SPÖ-Politikerin, am 10. Februar 1971 den [[Österreichische Volkspartei|ÖVP]]-Gemeinderat [[Josef Fröhlich (Politiker)|Josef Fröhlich]], Wirt und Interessenvertreter der Wiener Tourismuswirtschaft, heiratete. Josef Fröhlich schied aus diesem Anlass aus dem Gemeinderat aus, behielt aber seine Funktionen in der [[Wirtschaftskammer Österreich|Wirtschaftskammer]] noch jahrzehntelang bei. Eheschließungen von Politikern „unterschiedlicher Parteifarbe“ waren damals noch absolut unüblich. In ihren letzten Jahren lebte Fröhlich-Sandner von Josef Fröhlich getrennt.

== Politik ==
Neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin engagierte Sandner sich bei den [[Kinderfreunde Österreich|Kinderfreunden]] und bei der SPÖ.

1959 wurde sie für den [[Mariahilf|6. Bezirk]] in den [[Wiener Landtag und Gemeinderat|Gemeinderat]] gewählt. Ab 1965 war sie unter Bürgermeister [[Bruno Marek]]  [[Magistrat der Stadt Wien#Amtsführende Stadträte und Geschäftsgruppen|amtsführende Stadträtin für Kultur, Schulverwaltung und Sport]], 1969–1984 außerdem Vizebürgermeisterin und Landeshauptmann-Stellvertreterin (siehe die sieben Landesregierungen und Stadtsenate von [[Landesregierung und Stadtsenat Marek I|Marek I]] bis [[Landesregierung und Stadtsenat Gratz IV|Gratz IV]]). Gleichzeitig war sie Präsidentin der [[Wiener Festwochen]], der [[Wiener Symphoniker]], des [[WienTourismus|Wiener Fremdenverkehrsverbandes]] (heute Wiener Tourismusverband) und anderer Einrichtungen. Sie blieb auch unter den Bürgermeistern [[Felix Slavik]] (in dessen Amtszeit sie politisch unkonventionell heiratete, siehe Privates) und [[Leopold Gratz]] im Stadtsenat.

Als Kulturstadträtin vertrat sie den Dialog mit der Wiener [[68er-Bewegung]]. Durch Verhandlungen mit  [[Hausbesetzer]]n ([[Arena (Wien)|Arena]], [[Amerlinghaus]], [[Kulturzentrum Gassergasse|Gassergasse]]) konnte unter anderem das heute beliebte [[Spittelberg (Wien)|Spittelbergviertel]] dank ihr ebenso erhalten werden wie das 1962 unter ihrem Vorgänger [[Hans Mandl]] von der Stadtverwaltung angekaufte [[Raimundtheater]]. Fröhlich-Sandner führte über das Landesjugendreferat in der [[Magistrat der Stadt Wien#Magistratsabteilungen|Magistratsabteilung 13]] in Wien „[[Streetworker]]“, [[Soziotherapie|sozialtherapeutische Wohngemeinschaft]]en sowie in städtischen Heimen statt Schlafsälen familienähnliche Kleingruppen ein.

1979 übergab Gertrude Fröhlich-Sandner auf Wunsch von Bürgermeister Gratz die Kulturagenden an den von ihm neu in den Stadtsenat geholten Medienstar [[Helmut Zilk]] und war dann bis 1984, als Zilk zum Bürgermeister gewählt wurde,
als [[Wien#Politik und Verwaltung|amtsführende Stadträtin]] für Bildung und außerschulische Jugendarbeit zuständig.

Am 10. September 1984 holte Bundeskanzler [[Fred Sinowatz]] sie als Bundesministerin für Familie, Jugend und Konsumentenschutz in die [[Rot-Blaue Koalition|rot-blaue]] [[Bundesregierung Sinowatz]]; der Regierung gehörte sie bis zum Ende der folgenden  [[Bundesregierung Vranitzky I]] am 21. Jänner 1987 an.

2011 wurde bekannt, dass es im [[Schloss Wilhelminenberg]], das 1961 bis 1977 als Heim für [[Sonderschule (Österreich)|Sonderschülerinnen]] diente, laut Opferangaben zu zahlreichen Übergriffen und Vergewaltigungen von dort untergebrachten Mädchen gekommen ist.<ref>[http://wien.orf.at/news/stories/2505685/ ''Vergewaltigungen im Kinderheim?''], auf [[orf.at]], 15. Oktober 2011, zuletzt aufgerufen am 28. März 2013; Georg Hönigsberger, Julia Schrenk: [http://kurier.at/chronik/wien/kinderheim-des-grauens-wir-wurden-alle-vergewaltigt-und-verkauft/733.814 ''Kinderheim des Grauens: „Wir wurden alle vergewaltigt und verkauft.“''] auf [[Kurier (Tageszeitung)|kurier.at]], 5. Dezember 2011, zuletzt aufgerufen am 28. März 2013. [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-84162343.html ''Gewalt und Demütigungen.''] In: [[Der Spiegel]] vom 27. Februar 2012.</ref> Die Stadtverwaltung sah sich veranlasst, eine Kommission zur Aufklärung dieser juristisch längst verjährten kriminellen Vorfälle einzurichten. Dabei sollte auch geklärt werden, ob die politische Ebene damals von den Vorfällen Kenntnis erlangte und wie sie gegebenenfalls darauf reagierte.<ref>[http://derstandard.at/1319180864783/Wilhelminenberg-Barbara-Helige-leitet-Aufklaerungskommission ''Barbara Helige leitet Aufklärungskommission'', Meldung vom 21. Oktober 2011 auf der Website der Wiener Tageszeitung ''Der Standard'']</ref>

Die Kommissionsvorsitzende, Richterin Barbara Helige, erklärte dazu im Juni 2013 in einem Interview mit der Wiener Wochenzeitung [[Falter (Wochenzeitung)|''Falter'']]:
::''Frage: Die Stadt wusste es also und hat zugeschaut?''
::Helige: ''Die MA 11 wusste alles, bis 1973 war [[Maria Jacobi (Politikerin, 1910)|Maria Jacobi]] als verantwortliche Stadträtin und danach war Gertrude Fröhlich-Sandner zuständig. Wir haben Briefe an Jacobi gefunden. Sie war voll informiert – allerdings nicht über die sexuellen Übergriffe.''<ref>Florian Klenk, Barbara Tóth: ''„Die Stadt wusste alles“'', Gespräch ''über die große Schande des Roten Wien und die Lehren für die Gegenwart'', in: Wochenzeitung [[Falter (Wochenzeitung)|''Falter'']], Wien, Nr. 25 / 2013, 19. Juni 2013, S. 16 ff.</ref>

== Ehrungen ==
[[Datei:Wiener Zentralfriedhof - Gruppe 14 C - Gertrude Fröhlich-Sandner.jpg|mini|Wiener Zentralfriedhof – Ehrengrab von Gertrude Fröhlich-Sandner]]
[[Datei:Campus Gertrude Fröhlich-Sandner, Leopoldstadt.jpg|mini|''Campus Gertrude Fröhlich-Sandner'' im [[Nordbahnviertel]] in Wien-Leopoldstadt]]
* Ehrenvorsitzende der SPÖ-Bezirksorganisation Mariahilf
* Ehrenpräsidentin des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen
* seit 1990: Ehrenvorsitzende der Kinderfreunde Österreich
* 1993: [[Preis der Stadt Wien für Volksbildung]]
* 1993: [[Liste der Ehrenbürger von Wien|Ehrenbürgerin der Stadt Wien]]
* [[Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1952)|Großes Goldenes Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich]]
* [[Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien|Großes Goldenes Ehrenzeichen der Stadt Wien]]
* [[Bundesverdienstkreuz|Großes Verdienstkreuz mit dem Stern]] der Bundesrepublik Deutschland
* 1969: [[Anton-Bruckner-Ring]] der Wiener Symphoniker
* Ehrenring des [[Presseclub Concordia|Presseclubs Concordia]]
* [[Ehrenring]] des [[Theater in der Josefstadt|Theaters in der Josefstadt]]
* Ehrenmedaille des Raimundtheaters
* Ehrenmedaille der Wiener Handelskammer
* 2008: [[Hans-Czermak-Preis]] für eine gewaltfreie Gesellschaft (Sonderpreis für das Lebenswerk)
* 2008: Ehrengrab der Stadt Wien: [[Wiener Zentralfriedhof]], Gruppe 14 C, Nr. 52 (Bestattung am 20. Juni 2008). Das Gräberfeld befindet sich unmittelbar rechts vor der Präsidentengruft.<ref>[http://www.viennatouristguide.at/Friedhoefe/Zentralfriedhof/Index_14C_Thumbs/z_index_14C_kl.htm Lageplan des Grabes auf der Website von Hedwig Abraham, Guide: ''Kunst und Kultur in Wien'']</ref>
* 2010: Benennung der projektierten ''Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße'' im [[Quartier Belvedere]] beim im Bau befindlichen [[Wien Hauptbahnhof|Hauptbahnhof]] Wiens im [[Favoriten|10. Bezirk]]
* 2010: Fertigstellung des ''Campus Gertrude Fröhlich-Sandner'' in der Ernst-Melchior-Gasse 9 im [[Nordbahnviertel]] auf dem ehemaligen Nordbahnhofgelände im [[Leopoldstadt|2. Bezirk]] (Kindergarten und Volksschule)<ref>[http://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/architektur/oeffentliche-bauten/schulbauten/campus-froehlich-sandner.html Campus Gertrude Fröhlich-Sandner auf der Website der Wiener Stadtverwaltung]</ref>

== Belletristik ==
[[Peter Henisch]] ließ seinen 1975 erschienenen Roman ''Die kleine Figur meines Vaters'' mit einer Szene im [[Wiener Rathaus]] beginnen, bei der sein Vater Walter Henisch von ''der Frau Vizebürgermeister'' für seine Verdienste als Fotograf geehrt wurde. Da Gertrude Fröhlich-Sandner erster weiblicher Vizebürgermeister und erster weiblicher Kulturstadtrat Wiens war, bezieht sich die Szene zweifelsfrei auf sie, obwohl ihr Name im Text nicht aufscheint.<ref>Peter Henisch: ''Die kleine Figur meines Vaters'', S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1975, Fischer-Taschenbuch, 1980, ISBN 3-596-22097-1, S. 7 f.</ref>

== Weblinks ==
{{Commonscat}}
* {{Austriaforum|AEIOU/Fröhlich-Sandner,_Gertrude}}
* {{Rwien|froehlich-sandner-gertrude}}
* [http://derstandard.at/?id=3376270 Ehemalige Wiener Vizebürgermeisterin Fröhlich-Sandner verstorben.] [[Der Standard]] (13. Juni 2008)
* {{DNB-Portal|119366355}}
* [http://www.mediathek.at/trefferliste/searchword/czoyNjoiR2VydHJ1ZGUgRnLDtmhsaWNoLVNhbmRuZXIiOw==/ Archivaufnahmen mit Gertrude Fröhlich-Sandner] im Onlinearchiv der [[Österreichische Mediathek|Österreichischen Mediathek]] (Interviews, Radiobeiträge)
* {{Parlament-at|64388}}
* {{Munzinger|00000017488}}

== Einzelnachweise ==
<references />

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{{SORTIERUNG:FrohlichSandner, Gertrude}}
[[Kategorie:Familienminister (Österreich)]]
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[[Kategorie:Amtsführender Stadtrat und Mitglied der Landesregierung (Wien)]]
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[[Kategorie:Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern]]
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[[Kategorie:Träger des Großen Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um das Land Wien]]
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[[Kategorie:Ehrenbürger von Wien]]
[[Kategorie:Konsumentenschutzminister (Österreich)]]
[[Kategorie:Österreicher]]
[[Kategorie:Geboren 1926]]
[[Kategorie:Gestorben 2008]]
[[Kategorie:Frau]]

{{Personendaten
|NAME=Fröhlich-Sandner, Gertrude
|ALTERNATIVNAMEN=Sandner, Gertrude; Kastner, Gertrude (Geburtsname)
|KURZBESCHREIBUNG=österreichische Politikerin (SPÖ), Landtagsabgeordnete
|GEBURTSDATUM=25. April 1926
|GEBURTSORT=[[Wien]]
|STERBEDATUM=13. Juni 2008
|STERBEORT=[[Wien]]
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