„Kunst“ – Versionsunterschied

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Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird.
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[[Datei:Sebastiano Ricci 002.jpg|miniatur|240px|[[Sebastiano Ricci]]: ''Allegorie der Künste'' 1690–1694]]


Das Wort '''Kunst''' bezeichnet im weitesten Sinne jede entwickelte Tätigkeit, die auf [[Wissen]], [[Übung]], [[Wahrnehmung]], [[Vorstellung]] und [[Intuition]] gegründet ist (Heilkunst, Kunst der freien Rede). Im engeren Sinne werden damit Ergebnisse gezielter menschlicher Tätigkeit benannt, die nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt sind. Kunst ist ein menschliches [[Kultur]]produkt, das Ergebnis eines [[Kreativität|kreativen]] Prozesses.


Das [[Kunstwerk]] steht meist am Ende dieses Prozesses, kann aber seit der [[Moderne]] auch der Prozess selbst sein. Ausübende der Kunst im engeren Sinne werden [[Künstler]] genannt.


Winston Churchill, *30-Nov-1874, † 24-Jan-1965
Künstler und Kunst genießen in Deutschland und vielen anderen Ländern [[Kunstfreiheit]]; diese ist in Deutschland ein durch {{Art.|5|gg|juris}} Abs.&nbsp;3 [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]] geschütztes [[Grundrecht]]. <!--- Österreich: [[Bundes-Verfassungsgesetz]] ?! --- Schweiz ? ---->
Britischer Politiker und Nobelpreisträger

Seit der [[Aufklärung]] versteht man unter Kunst vor allem die Ausdrucksformen der '''Schönen Künste'''<ref>''Brockhaus - Die Enzyklopädie''. 20. Auflage. Band 12. Brockhaus, Leipzig und Mannheim 1997, Bd. 12; ''[[Brockhaus-Enzyklopädie]]'. 21. Auflage, Band 16, Brockhaus, Leipzig 2006, ISBN 978-3-7653-4116-8, S. 93 – 94.</ref>:
* ''[[Bildende Kunst]]'' mit den klassischen [[Genre|Gattungen]] ''[[Malerei]] und [[Grafik]]'', ''[[Bildhauerei]]'', ''[[Architektur]]'' und etlichen Kleinformen sowie seit dem 19. Jahrhundert dem ''[[Kunstgewerbe]]'' oder ''Angewandte Kunst'' genannten Grenzbereich zum [[Kunsthandwerk]]
* ''[[Musik]]'' mit den Hauptsparten ''[[Komposition (Musik)|Komposition]]'' und ''[[Interpretation (Musik)|Interpretation]]'' in [[Vokalmusik|Vokal]]- und [[Instrumentalmusik]]
* ''[[Literatur]]'' mit den Hauptgattungen ''[[Epik]]'', ''[[Drama]]tik'', ''[[Lyrik]]'' und ''[[Essay]]istik''
* ''[[Darstellende Kunst]]'' mit den Hauptsparten ''[[Theater]]'', ''[[Tanz]]'' und ''[[Film]]''
* ''[[Oper]]'' als Verbindung aller Künste: ''[[Musik]]'', ''[[Darstellende Kunst]]'' (Schauspielerei), ''[[Bildende Kunst]]'' (Bühnenbild), ''[[Literatur]]'' (Poesie)

Ausdrucksformen und Techniken der Kunst haben sich seit Beginn der [[Moderne]] stark erweitert, so mit der [[Fotografie]] in der Bildenden Kunst. Bei den Darstellenden Künsten, Musik und Literatur<!--Hörspiel, Feature usw.--> lassen sich heute auch Ausdrucksformen der Neuen Medien wie [[Hörfunk]], [[Fernsehen]] und [[Internet]] hinzuzählen. Die klassische Einteilung verliert spätestens seit den letzten Jahrzehnten des 20.&nbsp;Jahrhunderts mit der Suche nach dem [[Gesamtkunstwerk]] an Bedeutung. Kunstgattungen wie die [[Installation (Kunst)|Installation]] oder der Bereich der [[Medienkunst]] kennen die klassische Grundeinteilung nicht mehr.

== Etymologie und Wortgebrauch ==
[[Datei:Fayum Hypatia detail.jpg|thumb|160px|Ägyptisches [[Mumienporträt]], 2. Jahrhundert n. Chr.]]

''Kunst'' ist ein deutsches Wort. Bereits im [[Althochdeutsch]]en lautete es ''kunst'' (Plural ''kunsti''), im [[Mittelhochdeutsch]]en ''kunst'' (Pl. ''künste''). Ursprünglich ist ''kunst'' ein Substantivabstraktum zum Verbum ''können'' mit der Bedeutung „das, was man beherrscht; Kenntnis, Wissen, Meisterschaft“. Die Redewendung „[[Kunst kommt von Können]]“ ist also [[Etymologie|etymologisch]], dem Wortursprung nach, richtig.

Die heutige Bedeutung des Wortes hat sich dadurch entwickelt, dass zusätzlich der lateinische Begriff ''[[Sieben freie Künste|ars]]'' mit „Kunst“ ins Deutsche übersetzt wurde ([[Lehnbedeutung]]), beispielsweise in ''[[ars vivendi]]''. Besonders seit der Neuzeit wird der Begriff zunehmend mehrdeutig, weil neben alte Verwendungen des Wortes im Sinne von „Lehre, Wissen“ neue treten im Sinne des Plurals ''Künste'' als „[[Kunstgattung]]“, etwa in ''autonome'' bzw. ''schöne Künste''.<ref name="Brockhaus" >Eintrag ''Kunst'' in: ''Brockhaus'', 21. Aufl., 2006, Bd. 16, S. 93-94.</ref>

Der Begriff ''Kunst'' wurde und wird mithin gebraucht:

; Im Sinn von Wissen, Erkennen, Erkenntnis, Einsicht: Seit dem 16. Jahrhundert wird ''Kunst'' nicht nur zur Beschreibung eines Wissens gebraucht, der Begriff wird ebenso synonym für [[Philosophie]], aber auch die [[Naturwissenschaft|(Natur-)Wissenschaften]] verwendet.

; Im Sinn von Fertigkeit: Gemeint waren Fertigkeiten innerhalb eines Fachgebiets sowie die Gesamtheit einer Fertigkeit ([[Fechten|Fechtkunst]], [[Reitkunst]], [[Kochkunst]], [[Heilkunde|Heilkunst]], [[Rechnen|Rechenkunst]], [[Schreibkunst]], [[Lebenskunst]]) oder Tätigkeit. Eine negative Konnotation erhalten diese Künste, wenn damit geschickte [[Täuschung]]en gemeint sind (Diebeskünste, Verschönerungskünste, [[Schwarze Kunst]], [[Verführungskunst]] oder [[Zauberkunst]]). Aus dem Bedeutungsfeld der Verstellungen kommt auch das Adjektiv „gekünstelt“.

; Im Sinn von Handwerk: Im Wort ''[[Kunsthandwerk]]'' steckt heute noch das [[Handwerk]]. Bis in das 18. Jahrhundert wurde ''Kunst'' auch als [[Synonym]] für die Ausübung eines Handwerks benutzt. Erhalten hat sich dieser Gebrauch in Worten wie [[Flechtkunst]], [[Töpferei|Töpferkunst]], [[Architektur#Eingrenzung des Begriffs|Baukunst]]. Mit [[Immanuel Kant|Kant]] lässt sich schließlich die Trennung der Begriffe konstatieren: „Im engern Sinne sind Handwerk und Kunst genau unterschieden, obwohl es an naher Berührung, ja Verfließen von beiden nicht fehlt (vgl. [[Kunstgewerbe]]): die Kunst wird vom Handwerk unterschieden, die erste heißt freie, die andere kann auch Lohnkunst heißen“.

; Im Sinn von Wissenschaft: Seit [[Gottfried Wilhelm Leibniz|Leibniz]] kennt man die Bezeichnung wissenschaftlicher Disziplinen als „Sprachkunst (Grammatica), Redekunst (Rhetorica), Messekunst (Geometria), Beweiskunst (Logica), Sittenkunst (Ethica), Sehkunst (Optica), Zergliederkunst (Anatomia), Scheidkunst (Chymia) u.a.“. Bald jedoch wird die Kunst von der [[Wissenschaft]] unterschieden. [[Johann Wolfgang von Goethe|Goethe]] meint dazu: „Kunst und Wissenschaft sind Worte, die man so oft braucht und deren genauer Unterschied selten verstanden wird, man gebraucht oft eins für das andere, und schlägt dann gegen andere Definitionen vor: ich denke, Wissenschaft könnte man die Kenntnis des Allgemeinen nennen, das abgezogene Wissen, Kunst dagegen wäre Wissenschaft zur That verwendet. Wissenschaft wäre [[Vernunft]], und Kunst ihr [[Mechanismus]], deshalb man sie auch praktische Wissenschaft nennen könnte. Und so wäre denn endlich Wissenschaft das [[Theorem]], Kunst das [[Problem]].“

[[Datei:FallingwaterWright.jpg|thumb|[[Architektur]]: [[Frank Lloyd Wright]]: [[Fallingwater]] (1936-39)]]
; Als Gegensatz zu Natur: Nicht zuletzt im Gefolge der [[Aufklärung]] und ihrem neuen Naturbegriff wird ''Kunst'' als Gegensatz zu [[Natur]], als künstlich anstelle von natürlich verstanden. Heute verwendet man das Präfix Kunst- als Bezeichnung für „nicht natürlich“: Kunstpelz, [[Kunststoff]], Kunstblume, Kunstauge etc.

; Im Sinn von ''Schöne Künste'': ''Kunst'' im heutigen, am häufigsten gebrauchten Sinn wurde begrifflich vor allem von [[Johann Joachim Winckelmann|Winckelmann]], [[Gotthold Ephraim Lessing|Lessing]], [[Johann Gottfried Herder|Herder]], [[Johann Wolfgang von Goethe|Goethe]] und [[Friedrich Schiller|Schiller]] geprägt. In ihren ästhetischen Schriften beschreiben sie die menschlichen Hervorbringungen zum Zwecke der [[Erbauung]] als ''Kunst'', sei es im [[Theater]], in der [[Literatur]], in der [[Musik]] oder die Werke „bildender Künstler“, auf die sich der Begriff schließlich zunehmend verengt. So hat sich Kunst- auch als Präfix für Wortbildungen wie [[Kunstausstellung]], [[Kunstwerk]], [[Kunstauktion]] etc. herausgebildet.

; Im Sinn von Maschine: Ab dem 18. Jahrhundert entwickelt sich außerdem eine Bedeutungslinie, die Kunst als Bezeichnung für eine [[Maschine]] oder einen maschinell hergestellten Gegenstand verwendet (''Feuerkunst'' für [[Feuerspritze]], ''Dampfkunst'' für [[Dampfmaschine]], ''[[Wasserkunst]]'' für [[Springbrunnen]]anlagen und Anlagen der [[Wasserversorgung]] und [[Entwässerung]]. Speziell Vorrichtungen zum 'Fördern' von Lasten im [[Bergbau]] werden ''[[Fahrkunst]]'' genannt.

== Geschichte des Kunstbegriffes ==

=== Vorgeschichte ===
[[Datei:VenusWillendorf.jpg|thumb|[[Venus von Willendorf]], ca. 25.000 v. Chr.]]
Kunst ist vom Ursprung her eine kultische Erscheinung, die sich zeitgleich oder im Zusammenhang mit vorzeitlichen [[Kult]]en oder [[Religion]]en entwickelte. Sowohl Malerei und Skulptur als auch Musik und Tanz treten bereits in der Altsteinzeit in Erscheinung. Zu den frühesten Zeugnissen von Kunst gehören die knapp 40.000 Jahre alten Elfenbeinfiguren aus dem [[Lonetal]], die Flöten aus dem [[Geißenklösterle]] oder die [[Höhlenmalerei]]en aus der [[Chauvet-Höhle|Grotte Chauvet]]. Historisch entwickelten sich die Künste aus ihrem Beitrag zur materiellen Organisation von [[Kult]]en und [[Ritual]]en. In der Frühzeit menschlicher Entwicklung ist das Auftreten von Kunst einer von mehreren Indikatoren für die Bildung von [[Bewusstsein]] und menschlichem [[Denken]]. ''Kunst'' meint in diesem Zusammenhang Verrichtungen oder Darstellungen (z.&nbsp;B. [[Musizieren]], [[Bemalung]]), die keinen unmittelbaren Nutzen zur [[Subsistenz|Lebenserhaltung]] erkennen lassen.

Bei heutigen [[Naturvolk|Naturvölkern]] lässt sich die frühe Kultfunktion von künstlerischen Ausdrucksformen ebenso studieren wie eine [[Anthropologie|anthropologische]] Konstante: das Bedürfnis (sich) zu schmücken, das sich im [[Ornament (Bildende Kunst)|Ornament]] zuerst herausgebildet hat. Diskutiert werden außerdem soziale Funktionen von künstlerisch bzw. ornamental gestalteten Artefakten wie Spangen, [[Fibel (Tracht)|Fibeln]], Waffen etc. in den [[Clan]]gesellschaften der [[Ur- und Frühgeschichte]]. Damit fungiert ''Kunst'' seit frühester Zeit auch als [[Distinktion]]smerkmal, wie es von der jüngeren Kunsttheorie und -soziologie diskutiert wird. Anthropologisch markiert Kunstproduktion vor ca. 40.000 Jahren (im [[Aurignacien]]) den Übergang vom Homo sapiens zum Homo sapiens intellectus. Da die Vorgeschichte per definitionem eine schriftlose Epoche ist, gibt es keinerlei Überlieferungen eines zeitgenössischen Kunstbegriffs.

=== Altertum ===
[[Datei:Maler der Grabkammer des Horemhab 001.jpg|thumb|[[Neues Reich|Ägypten]], ca. 1422–1411 v. Chr.]]

Von den frühen bis zu den späten antiken Kulturen, vom ägyptischen [[Altes Reich (Ägypten)|Alten Reich]] über das klassische [[Griechenland]] bis zum späten [[Römisches Reich|Rom]], sind eine Fülle von Kunstwerken erhalten: Architektur, Skulpturen, Fresken und Kleinkunst. Dass sie als solche bezeichnet werden, ist jedoch ein [[Anachronismus]], denn zur Zeit ihrer Entstehung galten Malerei und Bildhauerei nicht als ''Kunst'', sondern als [[Handwerk]], ihre Erzeugnisse als Produkte von Handwerken, nicht aber Künstlern. Das [[Theater der griechischen Antike|Theater]] war bereits weit entwickelt und geachtet, aber wesentlich Bestandteil kultischer Handlungen.

Als ''freie Künste'' ''([[artes liberales]])'' wurden in der [[Antike]] jene Kenntnisse und Fähigkeiten bezeichnet, die einem freien Mann – nicht aber einem [[Sklave]]n – zur Verfügung stehen sollten. [[Martianus Mineus Felix Capella|Martianus Capella]] (um 400 vor Chr.) hat insgesamt sieben Künste in zwei Gruppen eingeteilt: das [[Trivium]] beinhaltete [[Grammatik]], [[Dialektik]] und [[Rhetorik]]; das [[Quadrivium]] umfasste [[Geometrie]], [[Arithmetik]], [[Astronomie]] und [[Musik]]. Von den ''Schönen Künsten'' im modernen Sinn war also allein die Musik in der Antike eine anerkannte Kunst. Im [[Hellenismus]] wurden allerdings auch die [[Medizin]] und die [[Architektur]] zu den freien Künsten gezählt. Niederes Handwerk waren dagegen die ''mechanischen Künste'', die mit der Hand ausgeführt werden mussten, worunter eben auch die [[Malerei]] oder die [[Bildhauerei]] fielen.

Der [[Gegner|Antagonismus]] von ''Kunst'', die vorwiegend aus dem [[Geist]] entsteht, und ''Kunst'', die manuell gefertigt werden muss, wird sich in der Bildenden Kunst über 2.000 Jahre immer wieder anders manifestieren, vom [[Paragone]] in der [[Renaissance]] (dem Wettstreit der Kunstgattungen, welche die edelste von allen sei) über den [[Deutscher Idealismus|deutschen Idealismus]] des 18. Jahrhunderts und seinen Anteil am modernen Kunstbegriff (der technisches Können nur noch als banales Werkzeug des Künstlers begreift seiner Idee Ausdruck zu verleihen) bis hin zur [[Konzeptkunst]] der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts, die die künstlerische [[Idee]] gänzlich vom ausgeführten Gegenstand entkoppelt.

=== Mittelalter ===
[[Datei:Septem-artes-liberales Herrad-von-Landsberg Hortus-deliciarum 1180.jpg|thumb|[[Sieben Freie Künste|Septem artes liberales]] (um 1180)]]

Mit den Umbrüchen der [[Völkerwanderungszeit]] löste sich das antike Kunstleben in Europa so gut wie auf. Der [[mittelalter]]liche Kunstbegriff übernimmt jedoch das Schema der ''[[artes mechanicae]]'' wie der ''[[Sieben Freie Künste|artes liberales]]'', der ''freien Künste'' des [[Philosophie|(philosophischen) Grundstudiums]], die in den drei großen [[Fakultät (Hochschule)|Fakultäten]] [[Theologie]], [[Jurisprudenz]] und [[Medizin]] vorausgesetzt wurden.

Der bildende Künstler ist nach wie vor Handwerker und in [[Zunft|Zünften]] wie alle anderen Berufe organisiert. Als Individuum tritt er selten in Erscheinung, die [[Signatur (Kunst)|Signatur]] eines Werkes ist unüblich. Auftraggeber für fast alle künstlerischen Produktionen – Malerei, Bildhauerei, Musik, Theater – ist die [[Kirche (Organisation)|Kirche]]. In geringerem Maße lässt sich auch der [[Feudalismus|feudale]] [[Adel]] [[Auftragsarbeit]]en liefern. Es entstehen [[profan]]e und [[Heilig|sakrale]] Ausdrucksformen, Bildtypen, Musikformen und anderes.

Vertrat man in der Antike noch ein naturalistisches Menschenbild und versuchte, die Natur möglichst gut nachzuahmen, so definierte sich [[Schönheit]] im Mittelalter über den geistigen (religiösen) Gehalt einer Darstellung, wie er von den [[Scholastik]]ern als Schönheit Gottes erkannt wurde, die sich in der Kunst widerspiegeln sollte.

=== Frühe Neuzeit ===
Der Stellenwert der bildenden Kunst und der [[Arbeit (Philosophie)|Arbeit]] des Künstlers ändern sich in der [[Neuzeit]] mit dem Übergang zu einer [[Bürgertum|bürgerlichen]] Gesellschaft: Wo vorher meist im Auftrag von [[Kirche (Organisation)|Kirche]] und [[Adel]] Werke geschaffen werden, wächst mit dem gebildeten Kunstsammler ein neuer [[Rezipient]]entyp heran.

Dieser Prozess beginnt zuerst in Italien mit der Frührenaissance und setzt sich ab Mitte des 15.&nbsp;Jahrhunderts in ganz Europa fort. Die Städte erstarken und mit ihnen die Kaufleute, die ihre neue Stellung in der Feudalgesellschaft mit Kunst demonstrieren. Der Künstler emanzipiert sich, entdeckt sich als [[Subjekt (Philosophie)|Subjekt]], und schafft Werke, deren Hauptzweck nicht mehr die Vorstellung eines [[Glaube]]nsinhalts oder der Macht eines [[Fürst]]en ist, sondern die fachkundige Debatte über [[Entwerfen|Entwurf]], Ausführung und Könnerschaft, und ''[[Künstler]]'' wird Beruf. So entstehen hochkomplexe [[Ikonographie|ikonografische]] Bild- und Architekturprogramme, die zu enträtseln eine Aufgabe für das Kunstpublikum wird. Es entsteht eine neue literarische Gattung: ''[[Ekphrasis]]'', Kunstliteratur, Schreiben über Künstler und Kunst, und [[Betrachtung]] („Kunstgenuss“) als Bestandteil der künstlerischen Intention. Der nunmehr [[autonom]]e Künstler denkt über seine Rolle nach, was in der bildenden Kunst im ''[[Paragone]]'' öffentlich gemacht wird.

Die „Wiedergeburt“, die im Begriff ''[[Renaissance]]'' angesprochen wird, bezieht sich auf die erneute Anknüpfung an die [[klassische Antike]], auf deren Menschenbild und Naturbegriff die Kunstproduktion aufbaut. In der Musik und Literatur blühen profane Werke. Die ''[[Reformation]]'' forciert die Schwächung der römisch-katholischen Kirche als wichtigstem Auftraggeber der Künstler, was auf dem [[Konzil von Trient]] mit einem ausführlichen Gegenkonzept beantwortet wird. Die Notwendigkeit einer katholischen [[Gegenreformation]] legt den Grundstock für die Explosion der künstlerischen Produktion in Musik und Bildender Kunst im ''[[Barock]]''.

=== Aufklärung ===
[[Datei:Friedrich schiller.jpg|thumb|Literatur: [[Ludovike Simanowiz]]: [[Portrait]] [[Friedrich Schiller]] (1794)]]

In der zweiten Hälfte des 18. und am Anfang des 19.&nbsp;Jahrhunderts, im Zeitalter der [[Aufklärung]], begannen die gebildeten Kreise [[Gemälde]], [[Skulptur]]en und [[Architektur]], sowie [[Literatur]] und [[Musik]] als Kunst im heutigen Wortsinn zu diskutieren. Themenverbindend wurde die ''[[Ästhetik]]'' in Abgrenzung zum Hässlichen als Kategorie zur Qualifizierung von Kunstwerken begründet. [[Freiheit]] wurde zum Ideal für Politik, Wissenschaft sowie für die sich allmählich als eigenständige Bereiche herausbildende Literatur und Kunst. Der handwerkliche Aspekt künstlerischen Schaffens verlor an Bedeutung. Mit dem deutschen Idealismus stand die Idee über dem Artefakt. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für diesen Prozess war die durch die beginnende [[Industrielle Revolution]] beschleunigte [[Säkularisierung]].

Die Differenzierung zwischen Literatur und Kunst war das Ergebnis der kurz zuvor begonnenen [[Literaturgeschichte|Literaturdiskussion]], die sich nicht mehr mit allen geistigen Arbeiten befasste, sondern Romane, Dramen und Gedichte als ''Literatur'' in einem gewandelten Wortsinn zusammenfasste. Im Bestreben, ein größeres Publikum anzusprechen, wurde der Terminus ''Kunst'' zunächst auf Gemälde und Skulpturen verengt, auf Gegenstände, die in den [[Zeitung]]en und [[Zeitschrift]]en – den Journalen, die es seit dem frühen 18.&nbsp;Jahrhundert gab, vorgestellt und beurteilt wurden. Es entstand ein verbreitetes [[Rezension]]swesen. Die Begriffe ''Werk'', ''Original'' und ''Genie'' als Ausdrucksformen der Individualität des [[Künstler]]s wurden durch [[Immanuel Kant|Kant]] geprägt. Man unterschied zwischen ''inneren'' und ''äußeren'' Bildern. Innere Bilder waren zum Beispiel [[Sprache]], [[Vorstellung]]en und die [[Idee]]n, äußere hingegen Einrichtungsgegenstände, Bauwerke oder handwerklich gefertigte Produkte.

Dem Freiheitsgedanken gemäß ist der bildende Künstler nicht mehr einem [[Auftragsmalerei|Auftraggeber]] verpflichtet, sondern produziert unabhängig für einen neu entstehenden Kunstmarkt. Damit wandeln sich zum einen die Themen, die statt religiöser und [[Mythologie|mythologischer]] Motive, [[Porträt]] und [[Allegorie]] nun zum Beispiel auch Schilderungen aus der Arbeitswelt des aufkommenden Industriekapitalismus umfassen. Zum anderen entwickeln sich individuelle Stile, die nicht zuletzt als [[Markenzeichen]], modern gesprochen als [[Marketing]]instrument der konkurrierenden Künstler dienen. Auch Komponisten wie [[Wolfgang Amadeus Mozart|Mozart]] verabschieden sich aus festen Anstellungen bei weltlichen oder kirchlichen Fürsten. Diese neue Freiheit ist mit entsprechenden Risiken verbunden, das [[Romantik|romantische]] Bild des ''verarmten Künstlers'', verbunden mit dem ''[[Genie]]begriff'' sind die Folgen.

=== Moderne ===
[[Datei:Paul Cézanne 156.jpg|thumb|[[Bildende Kunst]]: [[Paul Cézanne]]: Selbstbildnis (1898-1900)]]

Die Aufklärung bereitete den Kunstbegriff der ''[[Moderne]]'' vor. Emanzipierte sich am Ende des Mittelalters der Künstler zum autonomen Subjekt, so emanzipierte sich am Ende des barocken Feudalismus das ''[[Kunstwerk]]'' selbst und wurde autonom. Im Zeitalter von Maschinen, Arbeitsteilung und Automatisierung veränderte sich der Status von handwerklicher Tätigkeit in der Kunst. Kunst existiert nun nicht mehr in Funktionszusammenhängen, sondern allein aus sich heraus, wird zu ''[[L’art pour l’art]]''. Die in Funktionszusammenhängen verbleibenden Kunstformen konstituieren sich unter dem neuen Oberbegriff ''[[Angewandte Kunst]]'' für das Kunstgewerbe.

Während in der ''[[Stilkunde]]'' die Stilepochenbezeichnungen nachträglich dem jeweiligen Kunstschaffen angehängte wurden, prägen nun die Künstler im Wechselspiel mit der neu aufgekommenen [[Kunstkritik]] selber ihre Kategorien. Die zahlreichen, teils parallel entstehenden ''[[Ismen]]'' sind jetzt eher kurzzeitige ''[[Stil]]''-Begriffe als Epochenkonzepte.

Mit dem Beginn der Moderne beginnt zugleich der Antagonismus der [[Gegenmoderne]]. Waren bis zur Aufklärung die Adressaten für Kunst nur ein sehr kleiner Kreis (der Klerus, der Adel, das reiche Bürgertum), so erweitert sich das Publikum mit der Entstehung des frei zugänglichen Kunstmarktes, den zu seiner Förderung veranstalteten öffentlichen Ausstellungen ([[Pariser Salon|Salons]]) und den in der Presse eröffneten Debatten über Kunst, der massenhaft verlegten Literatur etc. beträchtlich. Zugleich konzentrierte sich die künstlerische Auseinandersetzung sowohl in bildender Kunst wie der Musik oder Literatur immer stärker auf die Untersuchung der eigenen Entstehungsbedingungen. In dem Maße, in dem sich die Kunst selbst thematisierte ([[Metakunst]]), verlor sie das Interesse der breiten Schichten, denen sie als [[Avantgarde]] eigentlich vorangehen wollte.

Blieben zuvor Konflikte um Kunst intern und waren beispielsweise patriotischer Natur (florentinisches ''[[Disegno]]'' contra venezianisches ''[[Colore]]'') oder eine Frage des Geschmacks ([[Rubenisten]] contra [[Poussinisten]], [[Querelle des Anciens et des Modernes|Streit der ''Anciens et Modernes'']] etc.), so verweigern nun ganze Teile der Gesellschaft der Kunst ihrer Zeit die Akzeptanz. Es entwickelt sich eine ''Gegenmoderne'', die ihre Ausdrucksformen in diversen der modernen Kunst entgegengesetzten Stilen sucht - z.B. durch [[Neoklassizismus (Kunst)|neoklassizistische]], andere [[Historismus|historistische]] oder bewusst [[Anachronismus|anachronistisch]] ausgerichtete Kunst.
Dies kann als ein Protest gegen die Prinzipien moderner bzw. kontemporärer Kunst verstanden werden.

Über diesen Protest weit hinaus ging die Diffamierung der modernen Kunst im [[Nationalsozialismus]], der mit dem Schlagwort [[Entartete Kunst]] die [[Klassische Moderne]] im Ganzen zu treffen versuchte: durch Berufsverbote, höhnische Präsentationen bis hin zur physischen Vernichtung. Ab November 1936 wurden nach und nach alle Abteilungen der Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in den deutschen Museen aufgelöst. In der Sowjetunion entstanden in den 1920er Jahren die noch als ''revolutionär'' empfundene Avantgarden [[Konstruktivismus (Kunst)|Konstruktivismus]] und [[Suprematismus]], mit Beginn des Stalinismus gewinnt der anti-moderne Reflex die Überhand und führt zum [[Sozialistischer Realismus|Sozialistischen Realismus]] in Literatur, bildender Kunst und Musik.

Diese gewaltsame, durch den Staat hervorgerufene Unterbindung moderner Spielarten der Kunst ist allerdings nicht mit der Unzufriedenheit einiger Bevölkerungsteile über zeitgenössische künstlerische Ausdrucksformen (vor allem in der Architektur) gleichzusetzen. Ein Nebeneinander verschiedenster Stile ist heute weitgehend akzeptiert und schafft eine große künstlerische Bandbreite in der heutigen [[Globalisierung#Globalisierung der Kultur|Globalkultur]].

=== Postmoderne ===
Die ''[[postmoderne]] Anschauung'' von Kunst stellt zum Teil die Ideen von Freiheit, Originalität und Authentizität wieder in Frage, setzt bewusst Zitate anderer Künstler ein und verbindet historische und zeitgenössische Stile, Materialien und Methoden und unterschiedliche [[Kunstgattung]]en miteinander. [[Kunstbetrieb]] und Ausstellungsorte werden von einer [[Metaebene]] aus hinterfragt ''([[White Cube]])''. Die Grenzen zwischen [[Design]], [[Popkultur]] und [[Subkultur]] einerseits und [[Hochkultur (Soziologie)|Hochkultur]] andererseits verschwimmen.

''[[Zeitgenössische Kunst]]'', ''Kunst der Gegenwart'' und ähnliche Sammelbegriffe fassen gegenwartsbezogene Kunst nur sehr allgemein. Der Begriff [[Avantgarde|Künstlerische Avantgarde]] ist für die seit Beginn der Postmoderne entstehende Kunst überholt, da es in [[Offene Gesellschaft|offenen Gesellschaften]] und Kulturen keine allgemeinverbindliche Richtung für eine Vorhut oder für Vorreiter geben kann. Daher wird der Begriff „zeitgenössische Kunst“ auch zur Umschreibung für künstlerische Arbeiten oder Handlungen benutzt, die in der Gegenwart etwas so wahrnehmbar machen, dass sie kulturell bedeutend in die Zukunft wirken. In diesem Sinne freie und zeitgenössische Kunst ignoriert scheinbar alle Bedingungen, akademischen Regeln und Einteilungen, alle Kunststile, Kunstsparten und kulturellen Grenzen, während sie sich gleichzeitig die Freiheit nimmt, sie je nach künstlerischem Bedarf zu reflektieren, zu bearbeiten und zu nutzen.

Derartige Kunst repräsentiert ein ''System Kunst'',<ref>Umstritten ist, inwieweit es sich um ein "selbstbestimmtes" System handelt oder ob nicht auch der Kunstbetrieb und damit das 'System Kunst' vor allem ökonomischen Kriterien unterliegt. vgl. z.B. Piroschka Dossi, ''Hype! Kunst und Geld''. dtv, München 2007.</ref> das sich ähnlich dem ''System Wissenschaft'' im Laufe der Industrialisierung herausgebildet hat. Zeitgenössische Kunst als global und interkulturell funktionierendes System vereint die Ursprünge in verschiedenen Kulturen, ''[[Kunstgeschichte]]'' zum theoretischen Fundament von Kunst, wobei für die abendländische Kunsttradition die [[antike Philosophie]] als historische Basis besonders bedeutend bleibt. Auch zeitgenössische Kunst lässt herkömmliche Einteilungen, wie Malerei, Bildhauerei, Tanz, Musik, Theater usw. durchscheinen, zeichnet sich jedoch gerade durch ihre Thematisierung, Infragestellung, Überwindung, Erweiterung, interdisziplinäre Integration und Ironisierung aus. Heute stehen Fotografie und [[Performance (Kunst)|Performance]] neben Malerei und Theater, während die [[Medienkunst|Medienkünste]] sich ohnehin so verorten, wie es jeweils mediengerecht und sachdienlich ist.

Ähnlich wie in der Wissenschaft erschließt sich das umfassende Verständnis der möglichen Bedeutungen von Werken und Arbeiten oft erst durch eingehende Beschäftigung mit dem künstlerischen Gegenstand. Es wird in verschiedenen Kontexten interpretiert, die sich je nach Betrachter und Leser, je nach Publikum und den in das Geschehen Einbezogenen, sowie je nach Interessen der Kritiker und anderen professionellen Vermittlern wandeln und unterscheiden. In der ''[[Kunsttheorie]]'' wird der zeitgenössische Kunstbegriff intensiv diskutiert. Sie stellt dabei sowohl den Künstler, den [[Rezipient]]en, den ''[[Kunstmarkt]]'' oder das Kunstwerk selbst ins Zentrum der Untersuchung.

Im Zuge der [[Globalisierung]] findet einerseits ein vermehrter Dialog verschiedener Kunstrichtungen in aller Welt als ''Weltkunst'' statt, andererseits wurden regionale Unterschiede tendenziell nivelliert, und als Gegenreaktion entsteht der Begriff ''[[ethnische Kunst]]''.

== Voraussetzungen und Funktionen ==
Mit der Frage, welche biologischen Grundlagen das Kunstbedürfnis des Menschen hat, bzw. welche psychologischen, soziologischen, ökonomischen und politischen Funktionen Kunst für den [[Mensch]]en und die [[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaft]] hat, beschäftigen sich die [[Biologie]], die [[Kunstsoziologie]], die [[Psychologie]], die [[Rechtswissenschaft]] und die [[Kulturwissenschaften]] im Allgemeinen.
<!---

=== Kulturwissenschaft ===
''Welche Funktion Kunst in archaischen Gemeinschaften und heute erfüllt''
--->

=== Biologie ===
[[Datei:Chimpanzee congo painting.jpg|thumb|Ein Bild des [[Congo (Schimpanse)|Schimpansen Congo]]]]

Die rasante Entwicklung der [[Biowissenschaften]] hat dazu geführt, dass auch höhere [[Kognition|kognitive]] Leistungen des Menschen in den biologischen Disziplinen untersucht werden. Davon sind auch das künstlerische Gestaltungsbedürfnis und die ästhetischen Empfindungen nicht ausgenommen. Biologische Untersuchungen mit Bezug auf die Kunst finden insbesondere in der [[Evolutionstheorie]] und der [[Neurowissenschaft]] statt.

In der Evolutionsbiologie werden Verhaltensweisen in der Regel über einen [[Selektion (Evolution)|Selektionsvorteil]] erklärt. Konkret bedeutet das, dass kunstbetreibende und kunstschätzende Menschen mehr Nachkommen zeugen müssten als die anderen. Ein derartiges Erklärungsmuster scheint in Bezug auf Kunst nicht unmittelbar einsichtig. Dennoch finden sich Kunstformen in allen historischen Epochen und Kulturbereichen, was darauf hinweist, dass ein Kunstbedürfnis biologisch gegeben und nicht ''allein'' ein Ergebnis sozialer Prägung ist. Für die biologische Verankerung des Kunstbedürfnisses können mehrere Erklärungen angeboten werden. Am wahrscheinlichsten ist die Kunst als Auswahlkriterium für die Partnerwahl. Die [[Evolution des Menschen|menschliche Evolution]] ist durch eine Zunahme des [[Gehirnvolumen]]s und damit der kognitiven Fähigkeiten geprägt. Die Fähigkeit Kunst zu produzieren ist ein von außen erkennbarer Hinweis auf einen kreativen Kopf, der auch in anderen Problemfeldern zu kreativen Lösungen kommen kann. Künstler empfehlen sich durch ihre Kunst demzufolge als besonders intelligente Geschlechtspartner. Außerdem haben Menschen, die Zeit für Kunst hatten, keine Probleme, die täglichen Bedürfnisse nach Nahrung und Sicherheit zu stillen: Wer neben dem Alltag noch Reserven für primär sinnfreie Tätigkeiten wie Kunst hat, stellt damit seine Überlebensfähigkeit dar. Der Mensch als soziales Wesen hat viele Mechanismen entwickelt, seine sozialen Gemeinschaften zu stärken. Auch die Kunst kann als Spender gruppenspezifischer Traditionen und Werte menschliche Gemeinschaften stützen.

Eine andere Hypothese geht davon aus, dass das Kunstbedürfnis ein Nebenprodukt ([[Epiphänomen]]) der Entwicklung anderer überlebensrelevanter, kognitiver Leistungen ist. Die Vorteile dieser kognitiven Fähigkeiten müssten demzufolge die Nachteile des Kunstbedürfnisses (Zeit, Material) übersteigen.

Eine Bestätigung soziobiologischer Theorien durch Experimente ist nicht durchführbar, da Kreuzungsexperimente mit Menschen ethisch nicht vertretbar sind. Die Theorien müssen deshalb spekulativ bleiben. Insbesondere die Abgrenzung zum Kunstbedürfnis als Produkt der kulturellen Evolution ist schwierig.

Ein anderer Aspekt der biologischen Erforschung des Kunstbedürfnisses stützt sich auf die Neurowissenschaften. Ein höchstens grob realisierbares Projekt ist dabei die Zuordnung künstlerischen Schaffens zu neuronalen Prozessen. Zwar werden bei verschiedenen kognitiven Prozessen unterschiedliche neuronale [[Hirnareal|Areale]] aktiv, allerdings ist eine feste Zuordnung nicht möglich: Neuronale Aktivität ist grundsätzlich auf verschiedene Gehirnregionen verteilt, zudem werden die gleichen Regionen bei sehr unterschiedlichen kognitiven Leistungen aktiv. Hinzu kommt die enorme [[Heterogenität]] <!--BKL läßt sich nicht aufl.-->künstlerischer Aktivität. Sie führt dazu, dass sich allenfalls einzelne künstlerische Leistungen mit neuronalen Prozessen [[Korrelation|korrelieren]] lassen.

=== Psychologie ===
[[Sigmund Freud]] sah in der Kunst – wie in jeder kreativen Tätigkeit – eine Möglichkeit, den Trieb der [[Libido]] auf nicht-sexuelle Weise zu [[Sublimierung (Psychoanalyse)|sublimieren]].

=== Der Kunstbegriff in umfassender Bedeutung ===
Es gibt die schönen Künste, aber auch die ärztliche und die Ingenieurkunst, die Kunst der Rede oder der Diplomatie, den Ballkünstler, und auf sehr vielen Gebieten den Künstler in seinem Fach. Was ist, in dieser umfassenden Bedeutung, aller Kunst gemeinsam – und was unterscheidet dann die Künstler in den jeweiligen Fächern voneinander?
Kunst in diesem sehr weiten Sinn ist eine kreative Tätigkeit (und deren Ergebnis), die mit höchster Effizienz ausgeübt wird; dass also, gemessen an den eingesetzten Mitteln, mit dem Ergebnis eine möglichst große Wirkung erzielt wird. Bei vergleichbarer Wirkung erfährt nicht der höhere, sondern der vergleichsweise maßvollere Aufwand die höhere Wertschätzung als Kunst. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Instrumentarium nur einfach und bescheiden sein müsste oder dass es für den Künstler immer einfach ist, zur einfachsten Lösung eines Problems oder zu den wirkungsvollsten Ausdrucksmitteln zu gelangen.
Die einzelnen Formen von Kunst unterscheiden sich aber in der Art der Wirkung, und diese hängt vom Sachgebiet ab. Das Ziel der Ingenieurkunst ist z.B. die elegante Brücke, das Wesentliche am Essay ist die scharfsinnige Analyse, der Schwerpunkt der schönen Künste liegt vorwiegend im Wecken und Anregen von Gefühlserlebnissen. Ärztlich ist die Kunst, wenn sie wirkungsvollere Wege findet, die Gesundheit zu erhalten oder sie wiederherzustellen, und das mit weniger Aufwand als mit den gängigen Methoden. Man kann viele Tätigkeiten als Kunst im weitesten Sinn ausüben. Die Kriterien sind Kreativität und Effizienz.

=== Rechtliche Stellung ===
Kunst ist eine Erscheinung in jeder Kultur, Gegenstand sozialer Konventionen und – sofern eine Gesellschaft ein [[Rechtswesen]] entwickelt – ein Objekt der [[Gesetzgebung]]. In demokratischen Ländern ist das Recht auf [[Kunstfreiheit]] entweder in der Verfassung verankert oder im Rahmen der [[Meinungsfreiheit]] garantiert. In zahlreichen anderen Staaten wird die Kunstausübung reglementiert und/oder zu [[Propaganda]]zwecken instrumentalisiert. In Diktaturen wird Kunst häufig gezielt dazu eingesetzt, das jeweilige Regime zu stabilisieren. Freier [[künstlerischer Ausdruck]] wird einer Zensur unterworfen und mit Repressionen bedroht oder ihnen tatsächlich ausgesetzt.
Wegen solcher Repressionen produzieren Künstler dann kritische Werke nicht (''Schere im Kopf''), veröffentlichen sie nicht oder gehen in eine [[innere Emigration]]. Einige Künstler verinnerlichen die staatlichen, sozialen und/oder religiösen Anforderungen und produzieren - aus Überzeugung oder aus wirtschaftlichen Zwängen - [[Affirmation|affirmative]] Werke.

[[Plagiat]]e, [[Kopieren (Kunst)|Imitate]] und stark von anderen Künstlern beeinflusste Werke gab und gibt es in jeder Phase der Kunstgeschichte. Wenn der Produzent seine Vorbilder verbirgt, ist dies als [[Kunstfälschung]] ebenso strafbar wie eine Verletzung des [[Urheberrecht]]s. Um eine solche Verletzung rechtlich fassbar zu machen, werden vom Gesetzgeber Kriterien eingeführt, die im Kunstbetrieb selbst keine Rolle spielen.<!---- ??? Beleg ? ---- waas ist gemeint ? ---> So kann aus der Sicht des Urheberrechts ein Künstler ein Werk erst als sein Eigentum bezeichnen, wenn es eine [[Schöpfungshöhe]] erreicht hat. Diese setzt eine persönliche, individuelle und geistige (menschliche) Schöpfung voraus, welche eine durch die menschlichen Sinne wahrnehmbare Form besitzt (''siehe'' [[Schöpfungshöhe#Werkbegriff des Urheberrechts|Werkbegriff des Urheberrechts bzgl. der Schöpfungshöhe]]).

== Literatur ==
=== Kunst und Bildende Kunst allgemein ===
* [[Heinrich Lützeler]]: ''Kunsterfahrung und Kunstwissenschaft. Systematische und entwicklungsgeschichtliche Darstellung und Dokumentation des Umgangs mit der bildenden Kunst''. 3 Bände. Alber, Freiburg und München 1975, ISBN 3-495-47309-2 (''Orbis academicus'' I/15, 1-3).
* [[Hans-Georg Gadamer]]: ''Die Aktualität des Schönen. Kunst als Spiel, Symbol und Fest''. Reclam, Ditzingen 1977.
* [[Nelson Goodman]]: ''Weisen der Welterzeugung''. Verlag, Frankfurt am Main 1990.
* [[Nelson Goodman]]: ''Sprachen der Kunst. Entwurf einer Symboltheorie''. Verlag, Frankfurt am Main 1997.
* Tasos Zembylas: ''Kunst oder Nichtkunst. Über Bedingungen und Instanzen ästhetischer Beurteilung''. Verlag, Wien 1997.
* [[John Dewey]]: ''Kunst als Erfahrung''. Verlag, Frankfurt am Main 1998.
* [[Dieter Henrich (Philosoph)|Dieter Henrich]] und [[Wolfgang Iser]] (Hrsg.): ''Theorien der Kunst''. Frankfurt am Main 1999.
* [[Immanuel Kant]]: ''Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen''. Wissenschaftlicher Verlag, Schutterwald/Baden 2002, ISBN 978-3-928640-51-0.
* Michael Hauskeller: ''Was ist Kunst? Positionen der Ästhetik von Platon bis Danto''. Verlag, München 2002.
* [[Umberto Eco]]: ''Das offene Kunstwerk'', Frankfurt am Main 2002
* [[Martin Seel]]: ''Ästhetik des Erscheinens'', Frankfurt am Main 2003
* Georg W. Bertram: ''Kunst. Eine philosophische Einführung'', Ditzingen 2005 (Reclam)
* [[Wolfgang Ullrich (Kunsthistoriker)|Wolfgang Ullrich]]: ''Was war Kunst? Biographien eines Begriffs'', Frankfurt am Main 2005 (S. Fischer)
* [[Gerald Herrmann]]: ''Was ist Kunst?'', Henndorf am Wallersee 2005
* Rauterberg, Hanno: ''Und das ist Kunst?! &nbsp;−&nbsp; Eine Qualitätsprüfung'', S. Fischer Vlg., Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-062810-7, 304 S.
* [[Andreas Mäckler]]: ''1460 Antworten auf die Frage: Was ist Kunst?'' Neuausgabe, DuMont Buchverlag, Köln 2000, ISBN 3-7701-5420-7; 2.&nbsp;Auflage 2003, ISBN 3-8321-5420-5; 3.&nbsp;Auflage 2007, ISBN 978-3-8321-5420-2. (Früher: ''Was ist Kunst?'', 1987)
* Saehrendt, Christian/ Kittl, Steen T.: ''Das kann ich auch &nbsp;−&nbsp; Gebrauchsanweisung für moderne Kunst'', DuMont Literatur und Kunstverlag Köln 2007, ISBN 978-3-8321-7759-1, 248 S.
* [[Lew Nikolajewitsch Tolstoi|Leo Graf Tolstoi]]: ''Was ist Kunst? Eine Studie'', Wissenschaftlicher Verlag, Schutterwald/Baden 1998, ISBN 3-928640-33-X
* Völker, Wolfram (Hrsg.): ''Was ist gute Kunst?'', Hatje Cantz Verlag, Ostfildern, 2007, ISBN 978-3-7757-1976-6, S. 167.
* Peter Hacks: Die Maßgaben der Kunst, Edition Nautilus, Henschelverlag, Suhrkamp Verlag, Eulenspiegel-Verlag.
* Riese, Brigitte: ''Seemanns Lexikon der Kunst. Architektur, Grafik, Kunsthandwerk, Malerei, Plastik, Schulen, Stile, Tendenzen''. E. A. Seemann Verlag, Leipzig 2009, ISBN 978-3-86502-018-5

=== Romantik ===
* [[Wilhelm Heinrich Wackenroder]] und [[Ludwig Tieck]]: ''Phantasien über die Kunst'' (1799)
=== Kunst und Arbeitswelt ===
* Friedrich Schnack: ''Die Welt der Arbeit in der Kunst''. Stuttgart: Schuler Verlagsgesellschaft, o.J., o. ISBN (Kunst aus 38 Museen und Sammlungen in Europa, Russland und den USA – mit dem zeitlichen Schwerpunkt vom [[Merkantilismus]] bis zum [[Industriezeitalter]])
=== Außereuropäische Kunst ===
* [[Clifford Geertz]]: ''Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme'', Frankfurt am Main 2002
=== Kunst und Politik ===
* Tasos Zembylas (Hg.): Kunst und Politik. Aspekte einer Problematik. Innsbruck, 2000
* Hansjürg Buchmeier und Peter Stobbe, Kunstsätze, Audio-CD, Verlag Martin Wallimann, Alpnach 2002, ISBN 3-908713-28-5

== Einzelnachweise ==
<references/>

== Weblinks ==
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{{Commons|Art|Kunst}}
{{Dateikat|Kunst}}
{{Wiktionary|Kunst}}
{{Wikiquote|Kunst}}
{{Wikisource|Kategorie:Kunstwissenschaft|Kunst}}
{{Wikibooks|Regal:Kunst|Kunst}}
{{Wikiversity| Annäherung an eine Kunstdefinition}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/art-definition/|The Definition of Art|Tom Adajian}}
* Claus Tiedemann: Definition von "Kunst" mit Erläuterungen: http://www.sportwissenschaft.uni-hamburg.de/tiedemann/documents/kunstdefinition.html

[[Kategorie:Kultur]]
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Version vom 16. April 2012, 14:10 Uhr

Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird.


Winston Churchill, *30-Nov-1874, † 24-Jan-1965 Britischer Politiker und Nobelpreisträger