Quelltext der Seite Leopold Wilhelm von Österreich

[[Datei:Archduke Leopold Wilhelm of Austria by David Teniers d. J. - 1650s.jpg|mini|[[David Teniers der Jüngere]], Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich, [[Kunsthistorisches Museum Wien]]]]
[[Datei:Frans Luyckx - Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich (1614-1662) in geistlichem Gewand - 6819 - Bavarian State Painting Collections.jpg|miniatur|Leopold Wilhelm im bischöflichen Ornat]]
Erzherzog '''Leopold Wilhelm von Österreich''' (*&nbsp;[[5.&nbsp;Januar]] [[1614]] in [[Wiener Neustadt]]; †&nbsp;[[20.&nbsp;November]] [[1662]] in [[Wien]]) war ein österreichischer [[Fürstbischof]], [[Statthalter]] der [[Spanische Niederlande|Spanischen Niederlande]] und Feldherr. Bedeutung erlangt er vor allem als Kunst[[mäzen]].

== Biografie ==
Leopold Wilhelm von Österreich aus dem Haus [[Habsburg]] war der jüngste Sohn von Kaiser [[Ferdinand II. (HRR)|Ferdinand&nbsp;II.]], also ein Bruder des späteren Kaisers [[Ferdinand III. (HRR)|Ferdinand&nbsp;III.]] Als jüngerem Sohn wurde ihm vom Vater die klassische Karriere als Kirchenfürst vorbestimmt, die auch seinen persönlichen Neigungen entsprach; er trat bereits 1626 die Nachfolge seines zurückgetretenen Onkels [[Leopold V. (Österreich-Tirol)|Leopold]] als [[Bischof von Passau]] und [[Bischof von Strassburg|Straßburg]] sowie [[Fürstabt]] des [[Fürstabtei Murbach|Klosters Murbach]] an. Später übernahm er im Rahmen der während der ersten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges vorangetriebenen [[Gegenreformation]] auch die Bistümer [[Bischof von Halberstadt|Halberstadt]] und [[Erzbistum Magdeburg|Magdeburg]] sowie als [[Kommendatarabt]] die [[Abtei Hersfeld|Reichsabtei Hersfeld]]. Das Erzbistum Magdeburg gab er bereits im Rahmen des [[Prager Frieden (1635)|Prager Friedens]] an Herzog [[August (Sachsen-Weißenfels)|August von Sachsen-Weißenfels]] wieder ab. Später wurde er auch Hochmeister des [[Deutscher Orden|Deutschen Ordens]] sowie Bischof von [[Bistum Olmütz|Olmütz]] und [[Bischof von Breslau|Breslau]]. Eine solche [[Ämterhäufung]] war in dieser Vielfalt nicht üblich und von den [[Konzil von Trient|tridentinischen Reformen]] eigentlich nicht erwünscht, wurde aber im Hinblick auf die Wiedergewinnung und Sicherung reformierter oder von [[Reformation]] und [[Säkularisation]] bedrohter Kirchengebiete als notwendig betrachtet.<ref name="NDB">{{NDB|14|296|298|Leopold Wilhelm, Erzherzog von Österreich|Ludwig Hüttl|118727664}}</ref>

Leopold Wilhelm galt als verantwortungsbewusster und persönlich äußerst frommer Bischof, verbrachte aber den Großteil seiner Laufbahn in diplomatischen und vor allem in militärischen Diensten für beide Linien der Habsburger.<ref name="NDB"/> Auf eine Feldherrenlaufbahn war er durch seine Ausbildung weniger vorbereitet<ref name="ADB">{{ADB|18|402|404|Leopold Wilhelm (Bischof von Straßburg und Passau)|[[Franz Krones]]|ADB:Leopold Wilhelm (Bischof von Straßburg und Passau)}}</ref>, in manchen Quellen wird er auch als nicht dafür geeignet eingeschätzt.<ref>[[Cicely Veronica Wedgwood]]: ''Der 30jährige Krieg''. Paul List Verlag, München 1967, ISBN 3-517-09017-4, S. 379.</ref> Viele Bilder und Büsten stellen Leopold Wilhelm mit Harnisch und Marschallstab dar. In der Endphase des [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]] übertrug ihm sein Bruder [[Ferdinand III. (HRR)|Ferdinand]] zweimal den Oberbefehl über das kaiserliche Heer (September 1639 bis Februar 1643, und Mai 1645 bis Dezember 1646). In der ersten Amtszeit gelang ihm, unterstützt vom erfahrenen Offizier [[Octavio Piccolomini (1599–1656)|Octavio Piccolomini]],  ein Zurückdrängen der 1639 nach [[Böhmen]] eingedrungenen Schweden, die Eroberung von Stellungen an der [[Weser]] 1640 und ein wirkungsvoller Gegenschlag nach dem schwedischen Angriff unter Feldmarschall [[Johan Banér]]  auf den [[Regensburg]]er [[Reichstag (Heiliges Römisches Reich)|Reichstag]] 1641. Dem Zurückdrängen der Schweden aus [[Schlesien]] nach einer besonders verheerenden Offensive [[Lennart Torstensson|Torstenssons]] 1642 folgte allerdings mit der gegen den Rat von Piccolomini aufgenommenen [[Zweite Schlacht bei Breitenfeld|Zweiten Schlacht bei Breitenfeld]] eine schwere Niederlage.<ref name="NDB"/> Die Niederlage führte zu Streit über das Zustandekommen der Niederlage und endete mit der Hinrichtung mehrerer von Leopold für die Niederlage verantwortlich gemachtenen Offiziere des betreffenden Heeresflügels.<ref>Cicely Veronica Wedgwood: ''Der 30jährige Krieg''. Paul List Verlag, München 1967, S. 393.</ref> In Folge der Schlacht legten kurz hintereinander sowohl Leopold Wilhelm als auch Piccolomini ihr Kommando nieder.<ref name="NDB"/>

Ein zweites Mal übernahm der Erzherzog im Mai 1645 den Oberbefehl, nachdem durch den weitestgehenden Verlust des kaiserlichen Heeres unter [[Matthias Gallas]] Ende 1644 und der [[Schlacht bei Jankau|Niederlage von Jankau]] im März 1645 die Schweden sowohl Wien als auch [[Prag]] bedrohten.<ref name="NDB"/> Leopold Wilhelm organisierte eine erfolgreiche Verteidigung an der [[Donau]] und konnte unter anderem Ende Mai 1645 eine Vorhut der Schweden in der [[Brigittenau]] aufhalten. Auch bei einem zweiten Versuch im August gelang den Schweden nicht das Überwinden der Donau, sodass sie sich aus [[Niederösterreich]] zurückzogen. In [[Mähren]] gelang den Kaiserlichen die Verteidigung von [[Brünn]], darüber hinaus sandte der Erzherzog den Bayern nach ihrer [[Schlacht bei Alerheim|Niederlage bei Alerheim]] Unterstützung gegen die Franzosen. Sein Vorgänger Gallas diente ihm in dieser Zeit als Berater, bis Leopold Wilhelm ihn Ende des Jahres aus dem Amt drängte, als Höflinge und Offiziere begonnen hatten, die Autorität des Erzherzogs zu untergraben und Gallas als Oberbefehlshaber zurückzuwünschen.<ref name="hengerer222">{{Literatur|Autor=[[Mark Hengerer]] |Titel=Kaiser Ferdinand III. (1608–1657). Eine Biographie. |Verlag=Böhlau |Ort=Wien |Datum=2012 |Seiten=222–223 |Sprache=de}}</ref> 1646 führte Leopold Wilhelm einen unglücklichen Feldzug von Böhmen nach [[Hessen]], musste aufgrund von Versorgungsschwierigkeiten den Rückzug antreten und wurde dabei von Schweden und Franzosen ausmanövriert, die das bayrische [[Schwaben (Bayern)|Schwaben]] verwüsteten.

Ende 1646 übertrug der spanische König [[Philipp IV. (Spanien)|Philipp IV.]] Erzherzog Leopold Wilhelm die Statthalterschaft der Spanischen Niederlande, um seine österreichischen Verwandten enger an sich zu binden. Als Statthalter konnte er anfangs den Frieden mit den [[Republik der Sieben Vereinigten Provinzen|Vereinigten Niederlanden]] zum Abschluss bringen, um sich auf den Kampf gegen [[Königreich Frankreich (987–1792)|Frankreich]] zu konzentrieren.<ref name="NDB"/> Zunächst gelangen Leopold Wilhelm militärische Erfolge gegen die Franzosen, bis er in einer Offensive im August 1648 weite Teile seines Heeres in der [[Schlacht bei Lens]] gegen den französischen Heerführer [[Louis II. de Bourbon, prince de Condé|Louis II. von Bourbon-Condé]] verlor.<ref>Cicely Veronica Wedgwood: ''Der 30jährige Krieg''. Paul List Verlag, München 1967, S. 436.</ref> Die internen Revolten der [[Fronde]] in Frankreich ermöglichten trotzdem weitere spanische Erfolge und wiedergewonnene feste Plätze bis 1653, die in darauffolgenden Jahren aber wieder verloren gingen, bis Leopold Wilhelm 1656 die Statthalterschaft aufgab.<ref name="NDB"/>

[[Datei:David Teniers the Younger - Archduke Leopold William in his Gallery at Brussels - Google Art Project.jpg|mini|''Erzherzog Leopold Wilhelm in seiner Galerie in Brüssel'' (Gemälde von [[David Teniers der Jüngere|David Teniers]], um 1650, Kunsthistorisches Museum)]]
[[Datei:Archduke Leopold Wilhelm of Austria.jpg|mini|links|Büste von Leopold Wilhelm]]

Mit Hingabe und Talent verfasste Leopold Wilhelm zahlreiche Gedichte in [[Italienische Sprache|italienischer Sprache]]. Seine eigentliche Bedeutung liegt allerdings in seiner Kunstsammlung, die er in den Spanischen Niederlanden zusammentrug und die von [[David Teniers der Jüngere|David Teniers]] betreut und in zahlreichen [[Galeriebild]]ern (u.&nbsp;a. in Wien, [[Oberschleißheim]], Brüssel und Madrid) dokumentiert wurde. Er sammelte vor allem niederländische und italienische Meister z.&nbsp;B. [[Republik Venedig|Venezianer]] des 16.&nbsp;Jahrhunderts. Ein guter Teil seiner Sammlung stammt aus den Versteigerungen englischer Adeliger, die von den kunstfeindlichen [[Puritanismus|Puritanern]] unter [[Oliver Cromwell|Cromwell]] vertrieben bzw. hingerichtet wurden. Diese Sammlung wurde an seinen Neffen [[Leopold I. (HRR)|Leopold&nbsp;I.]] vererbt, so dass sie in kaiserlichen Besitz kam. Der überwiegende Teil befindet sich noch heute im [[Kunsthistorisches Museum|Kunsthistorischen Museum Wien]]. Dazu zählt auch die Münzsammlung Leopold Wilhelms, die unter Kaiser [[Karl VI. (HRR)|Karl&nbsp;VI.]] der kaiserlichen Münzsammlung hinzugefügt wurde und die somit heute zu den ältesten Beständen des [[Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums Wien|Wiener Münzkabinetts]] zählt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.khm.at/besuchen/sammlungen/muenzkabinett/die-geschichte-der-sammlung/ |titel=Die Geschichte der Sammlung |abruf=2020-08-27 |sprache=de}}</ref>

Leopold Wilhelm war, nach dem Tod seines Bruders Ferdinand, ein Kandidat für die Nachfolge als Kaiser. Er unterstützte jedoch seinen Neffen Leopold, der im Sommer 1658 neuer Kaiser wurde.

Leopold Wilhelm wurde in der [[Kaisergruft]] der [[Kapuzinerkirche (Wien)|Kapuzinerkirche]] beigesetzt (heute im Gebäudeteil der [[Kaisergruft|neuen Gruft]]). Er gehört zu jenen 41 Personen, die eine [[Getrennte Bestattung]] mit Aufteilung des Körpers auf alle drei traditionellen Wiener Begräbnisstätten der Habsburger (Kaisergruft, [[Loretokapelle (Augustinerkirche Wien)|Herzgruft]], [[Herzogsgruft]]) erhielten.

== Rezeption ==
Durch die kaiserliche [[Entschließung]] von [[Franz Joseph I.]] vom 28. Februar 1863 wurde Leopold Wilhelm in die Liste der „berühmtesten, zur immerwährenden Nacheiferung würdiger Kriegsfürsten und Feldherren Österreichs“ aufgenommen, zu deren Ehren und Andenken auch eine lebensgroße [[Statue]] in der Feldherrenhalle des damals neu errichteten ''[[kaiserlich-königlich|k. k.]] Hofwaffenmuseums'' (heute [[Heeresgeschichtliches Museum|Heeresgeschichtliches Museum Wien]]) errichtet wurde. Die Statue wurde 1867 vom [[Bildhauerei|Bildhauer]] Waldemar Schützinger aus [[Carrara-Marmor]] geschaffen, gewidmet wurde sie von [[Wilhelm von Österreich|Erzherzog Wilhelm]].<ref>[[Johann Christoph Allmayer-Beck]]: ''Das Heeresgeschichtliche Museum Wien. Das Museum und seine Repräsentationsräume''. Kiesel Verlag, Salzburg 1981, ISBN 3-7023-0113-5, S. 32.</ref>

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Datei:Grab Leopold Wilhelm.JPG|Der [[Sarkophag]] Leopold Wilhelms in der Wiener Kapuziner&shy;gruft
Datei:HGM Statue Erzherzog Leopold Wilhelm.jpg|Statue in der Feld&shy;herren&shy;halle des [[Heeresgeschichtliches Museum|Heeres&shy;geschicht&shy;lichen Museums]]
</gallery>

== Literatur ==
* {{BLKÖ|Habsburg, Leopold Wilhelm|6|444|446}}
* {{ADB|18|402|404|Leopold Wilhelm (Bischof von Straßburg und Passau)|[[Franz Krones]]|ADB:Leopold Wilhelm (Bischof von Straßburg und Passau)}}
* {{NDB|14|296|298|Leopold Wilhelm, Erzherzog von Österreich|Ludwig Hüttl|118727664}}
* Gigi Beutler: ''Die Kaisergruft''. Modulverlag, Wien 1992, ISBN 3-900507-06-6.
* Renate Schreiber: ''„ein galeria nach meinem humor“. Erzherzog Leopold Wilhelm'' (= ''Schriften des Kunsthistorischen Museums.'' 8). Kunsthistorisches Museum u.&nbsp;a., Wien u.&nbsp;a. 2004, ISBN 3-85497-085-4.
* [[Sabine Haag]]: ''Sammellust. Die Galerie Erzherzog Leopold Wilhelms.'' Ausstellungskatalog des Kunsthistorischen Museums, Wien 2014, ISBN 978-3-99020-071-1.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.khm.at/de/besuchen/ausstellungen/2014/sammellust/ |titel=Sammellust. Die Galerie Erzherzog Leopold Wilhelms |werk=khm.at |sprache= |abruf=2022-09-23}}</ref>

== Weblinks ==

{{commonscat|Archduke Leopold Wilhelm of Austria|Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich}}
* {{DNB-Portal|118727664}}
* {{Austriaforum|AEIOU/Leopold_Wilhelm,_Erzherzog}}
* {{catholic-hierarchy|bishop|bostelw}}
* Illustration von Mathias van Somer von 1665: Sereniss. Leopoldus I. Rom. Imp. ... ({{ULBDD|urn:nbn:de:hbz:061:1-104905}})

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Folgenleiste multi|VORGÄNGER=[[Leopold V. (Österreich-Tirol)|Leopold von Österreich]]|NACHFOLGER=[[Karl Joseph von Österreich (1649–1664)|Karl Joseph von Österreich]]|AMT=[[Liste der Bischöfe von Passau|Fürstbischof von Passau]]|ZEIT=1625–1662
|VORGÄNGER2=[[Leopold V. (Österreich-Tirol)|Leopold von Österreich]]|NACHFOLGER2=[[Franz Egon von Fürstenberg (Straßburg)|Franz Egon von Fürstenberg]]|AMT2=[[Liste der Bischöfe von Straßburg|Fürstbischof von Straßburg]]|ZEIT2=1626–1662
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[[Kategorie:Mann]]

{{Personendaten
|NAME=Leopold Wilhelm von Österreich
|ALTERNATIVNAMEN=Leopold Wilhelm von Habsburg
|KURZBESCHREIBUNG=Erzherzog, Statthalter der spanischen Niederlande, Bischof, Feldherr und Kunstmäzen
|GEBURTSDATUM=5. Januar 1614
|GEBURTSORT=[[Wiener Neustadt]]
|STERBEDATUM=20. November 1662
|STERBEORT=[[Wien]]
}}