Ludwigsstraße (Mainz)

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Stadtplan Ausschnitt aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Oben ist ungefähr Südwesten.

Die Ludwigsstraße (oder kurz Lu genannt) in Mainz ist neben der Kaiserstraße und der Großen Bleiche eine der drei zum Rhein führenden Hauptachsen der Stadt. Durch die Fernsehübertragung des Mainzer Rosenmontagszuges ist sie über die Stadtgrenzen hinaus bekannt.

Sie wurde durch ein Dekret von Napoléon I. durch seinen Departementbaudirektor J. F. Eustache de St. Far ab 1804 geplant und 1809 als Paradestraße mit dem Namen Grande Rue Napoléon angelegt[1].

Artikel 1: sesera construit une nouvelle place dans la ville de Mayence, sur l'emplacement atimes ruines, dans le quartier de la prevote. Cette place aura de dix a douze mille metres de superficie.

(Es wird ein neuer Platz gebaut werden in der Stadt Mainz, auf der Stelle der verfallenen/zerstörten Gebäude, im Viertel der Dompropstei. Dieser Platz wird 10 bis 12 tausend Meter Flächeninhalt haben.)

Artikel IV: La place Neuve portera le nom de Guttenberg, inventeur de l'impimerie.

(Der neue Platz wird den Namen Gutenberg tragen, Erfinder der Buchdruckerkunst.)

1817 wurde sie als Neue Straße eröffnet und erst im Jahre 1864 völlig ausgebaut. Der Hessische Großherzog Ludwig I. gab ihr den heutigen Namen.

In den 1990er Jahren wurde die Ludwigsstraße – mit Ausnahme einer kreuzenden Straße – in eine Fußgängerzone verwandelt, in der nur noch Linienbusse, Taxis, Fahrräder und Lieferverkehr fahren dürfen.

Straßenverlauf

Ludwigsstraße Ecke Schillerplatz
Der 50. Breitengrad durchschneidet die Lu

Die „Lu“ beginnt am Schillerplatz (damals Thiermarkt bzw. place verte) in der Nähe des Fastnachtsbrunnens und wird nach etwa 250 Metern Teil des heutigen Gutenbergplatzes. Dort befindet sich das Gutenberg-Denkmal von 1837 und auf der gegenüberliegenden Seite das Staatstheater Mainz. Dazwischen ist der „50. Grad nördlicher Breite“ in die Straßenoberfläche eingelassen - allerdings ist das ein wenig gemogelt: Der wirkliche 50. Breitengrad verläuft nördlich des Staatstheaters und schneidet die Ludwigsstraße nicht.

Geschichte

Lu als Grenze

In der Zeit als Mainz Bundesfestung war, diente die Lu auch als Grenze zwischen den beiden Besatzungen, um Streitereien zu vermeiden. Die Österreichischen Soldaten durften nur Kneipen in der nördlichen Stadthälfte besuchen und die Preußen nur in Lokale der südlichen Stadt gehen[2] [3].

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Große Teile der historischen Altstadt, vor allem nördlich der Ludwigsstraße, wurden im 2. Weltkrieg beschädigt und daher später abgerissen und im typischen 1950er Jahre-Stil modern überbaut.

Als Oberbaurat entwickelte Richard Jörg aus dem Mainzer Hochbauamt mit Adolf Bayer zusammen Konzepte zur Erhaltung mehrerer freier Blickachsen auf den Mainzer Dom, die unter anderem von einer niedrig gehaltenen, stark aufgelockerten Kammbebauung der Südseite der Ludwigsstraße ausgingen.[4][5] Dieses Konzept wurde erst ab 1961 umgesetzt und die „Lu“ auf die Tiefe der südlichen Platzwand des Gutenbergplatzes erheblich verbreitert. Einheitliche zweigeschossige Pavillons wurden vor hohen Rückgebäuden gebaut. Die Feststellung des Denkmalwertes aus wissenschaftlichen, architekturgeschichtlichen und städtebaulichen Gründen blieb diesem Ensemble bisher versagt. Dies betrifft die kubische Grundform als integraler Bestandteil der übergeordneten städtebaulichen Figur der Kammbebauung, sowie der originalen Substanz und Proportion der kubischen Grundform der Baukörper.[6]

Die Umwandlung der Ludwigsstraße in eine Fußgängerzone in den 1970er Jahren und erneut in den 1990er Jahren stand unter keinem guten Stern. Zunächst wählte man einen Belag, der den Belastungen des Linienverkehrs (fast alle Mainzer Buslinien verkehren hier) nicht gewachsen war. Später entschied man sich für einen erneuten Umbau, dessen Belastbarkeit durch den Verkehr zwar besser, aber nicht vollkommen ausreichend war. Zudem war dieser Belag extrem anfällig für ausgespuckte Kaugummis, die sich de facto nicht mehr entfernen lassen. Den Fahrtbereich der Busse, in dem es nach der ursprünglichen Umgestaltung immer wieder zu kritischen Begegnungen zwischen unachtsamen Fußgängern und Bussen gekommen war, hat man inzwischen optisch abgesetzt.

Aktuelle Entwicklung

Inzwischen wurde das Karstadt-Gebäude an der Ludwigsstraße an den Hamburger Projektentwickler ECE verkauft. Der Projektentwickler plant hier über ein größeres Areal ein Einkaufszentrum mit 30.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, auf der neben Karstadt 90 weitere Läden Platz finden sollen. Der Stadtvorstand in Mainz hat den Verkauf des Karstadt-Gebäudes an den ECE grundsätzlich begrüßt. Im Gegensatz dazu trifft das geplante Zentrum in Teilen der Mainzer Bevölkerung auf Skepsis. Diese Skepsis ist im Rahmen einer weit angelegten Bürgerbeteiligung zum Ausdruck gekommen, so dass der Stadtvorstand in April 2012 Leitlinien und Empfehlungen für die weitere Vorgehensweise beschlossen hat, die in einigen Punkten von den Vorstellungen von ECE abweichen. Nach eingehender Beratung, sowohl durch die Stadtratsfraktionen als auch in den LuFos beschloss der Stadtrat in Oktober 2012 eine überarbeitete Version der Leitlinien und beauftragte die Verwaltung, mit ECE zu verhandeln, damit die Vorstellungen der Stadt vom Investor berücksichtigt werden. Über die Verhandlungen wurde von beiden Seiten Stillschweigen vereinbart. So sehen die vom Stadtrat beschlossenen Leitlinien vor, dass die Zugänge zu den Geschäften im Erdgeschoss nicht nur über eine private, interne Passage erfolgen, sondern über öffentliche Flächen, und dass wegfallende öffentliche Flächen (wie bspw. der Zwischenraum zwischen den Pavillons) an anderer Stelle im Quartier mit gleichwertiger öffentlicher Nutzung zu ersetzen seien.[7]

Fastnacht

Bereits am 1. Januar findet der traditionelle Neujahrsumzug durch die Lu statt und die heiße Phase der Mainzer Fastnacht beginnt. Am Fastnachtssamstag finden der Jugendmaskenzug und die „Vereidigung“ der Karnevalistischen „Rekruten“ auf Weck, Worscht un Woi statt. Am Fastnachtssonntag ist der traditionelle Tanz auf der Lu - an diesem Tag werden auch die Motivwagen des Mainzer Rosenmontagszuges vorgestellt. Dieser verläuft am Rosenmontag auch zweimal durch die Ludwigsstraße zuerst in der einen Hälfte Richtung Dom und später in die entgegengesetzte Richtung Schillerplatz. Die Ludwigsstraße ist auch seit einigen Jahren Standort für die Fernsehkameras des SWR Fernsehen und des ZDF für die Übertragung des Rosenmontagsumzuges im Fernsehen.

Quellen

  1. Aus den Mainzer Geschichtskalendern von Hans Baumann
  2. Lu als Grenze
  3. Die Mainzer Bürgermiliz - Bürgersoldaten in der Festung Mainz 1648 -1848
  4. Richard Jörg, Adolf Bayer: Stadtplanung und Aufbau von Mainz. In: Otto Ernst Schweizer und seine Schule. Die Schüler zum sechzigsten Geburtstag ihres Meisters. Ravensburg 1950. S. 22
  5. Andrew MacNeille: Zwischen Tradition und Innovation – Historische Plätze in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945. Dissertation, Universität Köln, 2004, S. 232-233
  6. Ewald Wagner et al: Stadt Mainz. Altstadt. in: Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Band 2.2, Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Düsseldorf, 1988, S. 202.
  7. http://www.mainz.de/C1256D6E003D3E93/files/LuFo_Synopse_Leitlinien-Empfehlungen.pdf/%24FILE/LuFo_Synopse_Leitlinien-Empfehlungen.pdf

Weblinks

Geschichtliches:

Koordinaten: 49° 59′ 54,46″ N, 8° 16′ 11,46″ O