Quelltext der Seite Perge

{{Coordinate |article=/ |map=right |maptype=relief |NS=36/57/39/N |EW=30/51/12/E |type=landmark |region=TR}}
[[Datei:Perge von Agora.jpg|mini|Perge von der Akropolis aus gesehen. Oben rechts liegen Stadion und Theater, mittig die Kolonnaden der Hauptstraße.]]

'''Perge''' ({{ElS|Πέργη}} {{F.Sg.}}, [[Hethitische Sprache|hethitisch]] '''Parḫa'''<ref>Max Gander: ''Die geographischen Beziehungen der Lukka-Länder'' (= ''Texte der Hethiter'' Heft&nbsp;27). 2010, ISBN 978-3-8253-5809-9, S.&nbsp;63&nbsp;ff., 183.</ref>) ist eine antike Stadt 14&nbsp;Kilometer landeinwärts von der Südküste der [[Türkei]] und 16&nbsp;Kilometer nordöstlich von [[Antalya]] (antik [[Attaleia (Pamphylien)|Attaleia]]) in [[Aksu (Antalya)|Aksu]]. Sie war neben [[Side (Pamphylien)|Side]] die wichtigste Stadt in [[Pamphylien]]. Die noch stehenden Ruinen geben bis heute einen guten Eindruck von einer Stadtanlage der [[Hellenismus|späthellenistisch]]-römischen Zeit.

== Lage ==
Die Ebene von Perge, in der die zwei Flüsschen [[Aksu Çayı (Mittelmeer)|Aksu]] (der antike [[Kestros]]) und Köpruçay nach Süden zum [[Mittelmeer]] fließen, ist auf allen drei Landseiten von [[Hochgebirge]] umgeben (bis 3070&nbsp;m, östlich das [[Taurusgebirge]] bis 2980&nbsp;m). Im Nordosten hinter diesem Gebirgszug liegt in 150&nbsp;Kilometer Entfernung die Großstadt [[Konya]] – das antike Ikonion. Diese Landschaft zwischen der Halbinsel [[Lykien]] und [[Kilikien]] wurde in der Antike teilweise zu [[Pisidien]] gerechnet, war aber auch längere Zeit Hauptstadt von Pamphylien.

== Geschichte ==
Siedlungsspuren des frühen [[Kupferzeit|Chalkolithikums]] (4.&nbsp;Jahrtausend v.&nbsp;Chr.) auf dem [[Tafelberg]] bilden die ältesten Zeugnisse. Der in einem [[Hethiter|hethithischen]] Staatsvertrag von ca. 1235&nbsp;v.&nbsp;Chr. ''Parḫa'' genannte Ort ist mit Perge gleichzusetzen.<ref>[[Wolf-Dietrich Niemeier]]: ''Griechenland und Kleinasien in der späten Bronzezeit.'' in: Michael Meier-Brügger (Hrsg.): ''Homer, gedeutet durch ein großes Lexikon. Akten des Hamburger Kolloquiums vom 6.-8.&nbsp;Oktober 2010 zum Abschluss des Lexikons des frühgriechischen Epos''. de Gruyter, Berlin/Boston, 2012, S.&nbsp;156 (mit weiteren Belegen in Anm.&nbsp;140).</ref> Dies lässt auf eine spätbronzezeitliche Siedlung schließen, deren Reste mittlerweile entdeckt und 2010 publiziert wurden.<ref>Wolfram Martini: ''Die Akropolis von Perge in Pamphylien. Vom Siedlungsplatz zur Akropolis'' (= ''Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main – Sitzungsberichte'' 48, 1). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2010, S.&nbsp;21&nbsp;ff.</ref> Für die hethitische Zeit gibt es bisher nur wenige archäologische Zeugnisse, ebenso für die nach der lokalen Tradition angeblich nach dem [[Trojanischer Krieg|Trojanischen Krieg]] erfolgte griechische Einwanderung. So werden etwa zwei Teilnehmer am Trojanischen Krieg als Gründungsheroen genannt – die Seher [[Kalchas]] und [[Mopsos (Sohn der Manto)|Mopsos]]. Im 7.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. begann unter [[Rhodos|rhodischem]] Einfluss die Entwicklung zu einer griechisch geprägten Siedlung, nachdem Perge im 10.–8.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. offenbar engen Kontakt zu [[Zypern]] pflegte. Als führende Stadt gehörte Perge dem [[Attischer Seebund|Attisch-Delischen Seebund]] an. Die Stadt ergab sich [[Alexander der Große|Alexander dem Großen]]; sie war danach unter [[Seleukidenreich|seleukidischer]] und [[Ptolemäer|ptolemäischer]] Herrschaft, nach dem [[Friede von Apameia|Frieden von Apameia]] von 188 bis 133&nbsp;v.&nbsp;Chr. unter [[Pergamon|pergamenischer]] Herrschaft, danach römisch. Perge wurde 73/74&nbsp;n.&nbsp;Chr. Hauptstadt der Provinz [[Lycia et Pamphylia]].
[[Datei:Perge Fries.jpg|mini|Detail eines Frieses aus dem Theater: Opferszene mit Stieren.]]
[[Datei:Perge Tor.jpg|mini|Hellenistisches Stadttor, Ruinen der ovalen Türme.]]
[[Datei:Perge AE 5535 Av.JPG|mini|Kultstatue der Artemis von Perge auf Bronzemünze aus Perge, nach 190&nbsp;v.&nbsp;Chr.]]

Seit 1946 finden hier Ausgrabungen der [[Universität Istanbul]] statt, zunächst unter Leitung von [[Arif Müfid Mansel]], dann ab 1975 von [[Jale İnan]] und von 1985 bis 2011 von [[Haluk Abbasoğlu]].

== Ruinen ==
Von der Küste bzw. von Antalya kommend, liegt im Westen (links) das antike [[Theater der griechischen Antike|Theater]] von Perge, das 14.000 Zuschauer fasste und damit zu den größten seiner Art gehört. Die Hälfte des [[Bühne (Theater)|Bühnengebäudes]] ist in voller Höhe erhalten; man sieht noch Teile der früheren Ausstattung mit Marmor-[[Fries|Friesen]] und [[Relief|Reliefs]], Wandverkleidungen und Nischen mit [[Statue]]n. Die Reliefs zeigen u.&nbsp;a. den [[Gigant (Mythologie)|Kampf der Giganten]] und einige [[Kentaur]]en. Die obersten der 48 Sitzreihen bieten einen prächtigen Rundblick über die gesamte Ruinenstadt und ihre Umgebung. Ursprünglich befand sich dort eine umlaufende [[Arkade]]ngalerie.

Zwischen Theater und Stadt liegt ein großes, gut erhaltenes [[Stadion]] mit 15.000 Plätzen und 50 Gewölben, welche die noch gut erhaltenen Sitzreihen tragen. Sie dienten teils als Geschäfte, jedes dritte als Zugang.

Der größere Rest der Stadt liegt hinter eindrucksvollen [[Befestigung]]smauern. Sie wurden im dritten vorchristlichen Jahrhundert erbaut – vermutlich unter dem Eindruck von Alexanders schneller Einnahme der Stadt. Hinter deren ersten ovalen [[Turm|Türmen]] öffnen sich die breiten und langen [[Kolonnade]]n. Der Raum bis zum Hang eines markanten Tafelberges ist heute jedoch teilweise von Unkraut und [[Schilfrohr|Schilf]] überwuchert.

Auf der großen [[Agora]] steht der [[Monopteros (Tempel)|Rundtempel]] der Glücksgöttin [[Tyche]]. Stadteinwärts folgen Palastruinen aus der Kaiserzeit und die große [[Palästra|Palaestra]], die Teil eines großen [[Gymnasium|Gymnasions]] ist. Dieses Gebäude ist das älteste außerhalb der ursprünglichen Stadtmauer.

Beim Westtor liegen die [[Thermalbad|Thermen]] –&nbsp;auch ein Aquädukt ist zu sehen&nbsp;– und dahinter die [[Nekropole]]. Die wichtigsten der [[Sarkophag]]e und Statuen befinden sich heute im Archäologischen [[Museum]] von Antalya.

== Forschungen auf dem Tafelberg (Akropolis)==
[[Datei:Perge Stadion.jpg|mini|U-förmiges Stadion. Dahinter ist ein Teil des Tafelberges zu sehen.]]
[[Datei:Perge-Stadion.JPG|mini|Tonnengewölbe für die Tribünen des Stadions]]
Von 1994 bis 2008 forschten Archäologen von der [[Justus-Liebig-Universität Gießen|Universität Gießen]] unter [[Wolfram Martini]] in Kooperation mit der türkischen Grabung von der Universität Istanbul auf der Akropolis von Perge.

Der strategisch günstig gelegene Tafelberg im Norden wird seit den Arbeiten von [[Karl Graf Lanckoronski]] (1890) als [[Akropolis]] bezeichnet, denn die [[Hauptstrasse|Hauptstraße]] der Stadt läuft genau auf ihn zu. Das 90&nbsp;m hohe und etwa 700&nbsp;m breite Plateau mit steilen Flanken war eine ideale [[Siedlung]]sanlage in vorhellenistischer Zeit. Ein erster [[Survey (Archäologie)|Survey]] wurde seit 1995 durch ein [[Deutsche Forschungsgemeinschaft|DFG]]-[[Schwerpunktprogramm]] zu Kleinasien gefördert, das 1999 auf Themen der [[Akkulturation]] im östlichen Mittelmeer erweitert wurde. Die Grabungen zeigten bald, dass der Tafelberg von der [[Jungsteinzeit]] bis zur mittelbyzantinischen Ära besiedelt war.

Im Jahr 2001 wurde am Westrand des Plateaus ein sakrales Zentrum der [[Antikes Griechenland#Klassische Zeit|klassischen]] Zeit erforscht. Es war vermutlich der [[Artemis]] Pergai geweiht, deren Kult –&nbsp;wie in [[Ephesos]]&nbsp;– die [[Kunst]] und die [[Wirtschaft]] prägte. Nicht zuletzt ist das auf mancher antiken Münze ersichtlich.

== Perge in christlicher Zeit ==
In Perge ist das [[Christentum]] schon früh belegt. [[Paulus von Tarsus|Paulus]] und [[Barnabas (Apostel)|Barnabas]] kamen auf ihrer ersten Missionsreise zweimal hierher ({{B|Apostelgeschichte|13|13–14}} und {{BB|Apostelgeschichte|14|25}}). Von dort zogen sie nach Norden (Pisidien) bzw. Osten (Ikonion) weiter. Während der folgenden Jahrhunderte wurde in Perge besonders [[Maria (Mutter Jesu)|Maria]] verehrt. In byzantinischer Zeit war es Sitz eines [[Bischof]]s, der zugleich Metropolit der [[Kirchenprovinz]] war. Heute ist Perge nur noch ein [[Titularbistum]] der Römisch-Katholischen Kirche. Unter den [[Seldschuken]] (ab etwa 1400?) wurde hier eine große Garnison errichtet.

== Persönlichkeiten ==
Perge ist die Geburtsstadt des Mathematikers [[Apollonios von Perge]].

== Einzelnachweise ==
<references />

== Literatur ==
* {{PECS|perge|Perge (Aksu) Turkey|G. E. Bean}}
* Adnan Pekman: ''Perge Tarihi – History of Perge.'' Türk Tarih Kurumu Basımevı, Ankara 1989 (Türkisch und Englisch).
* [[Sencer Şahin]]: ''Die Inschriften von Perge.'' Band&nbsp;1: ''Vorrömische Zeit, frühe und hohe Kaiserzeit.'' Habelt, Bonn 1999, ISBN 3-7749-2888-6. Band&nbsp;2: ''Historische Texte aus dem 3. Jahrhundert n. Chr., Grabtexte aus den 1.–3. Jahrhunderten der römischen Kaiserzeit, Fragmente.'' Habelt, Bonn 2004, ISBN 3-7749-3155-0.
* [[Hansgerd Hellenkemper]], [[Friedrich Hild (Byzantinist)|Friedrich Hild]]: ''Lykien und Pamphylien'' (= ''[[Tabula Imperii Byzantini]]'' Bd. 8). Wien 2004, ISBN 3-7001-3280-8, S.&nbsp;360–372. 
* [[Christian Gliwitzky]]: ''Späte Blüte in Side und Perge. Die pamphylische Bauornamentik des 3. Jahrhunderts n. Chr.'' Lang, Bern 2010, ISBN 978-3-0343-0566-2.
; Akropolis
* [[Halûk Abbasoğlu]], [[Wolfram Martini]] (Hrsg.): ''Die Akropolis von Perge.'' Band&nbsp;1: ''Survey und Sondagen 1994–1997.'' Zabern, Mainz 2003, ISBN 3-8053-3293-9.
* Wolfram Martini: ''Die Akropolis von Perge in Pamphylien. Vom Siedlungsplatz zur Akropolis'' (= ''Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main – Sitzungsberichte'' 48, 1). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2010.
* Wolfram Martini, [[Norbert Eschbach]]: ''Die Akropolis von Perge. Die Ergebnisse der Grabungen 1998-2004 und 2008.''AKMED, Antalya 2017, ISBN 978-605-9389-65-5.

; Theater
* [[Arzu Öztürk]]: ''Die Architektur der scaenae frons des Theaters in Perge'' (= ''Denkmäler antiker Architektur'' Bd. 20). De Gruyter, Berlin 2009, ISBN 978-3-11-020598-5.
* [[Hüseyin Sabri Alanyalı]]: ''Der Kentauromachie- und der Gigantomachiefries im Theater von Perge'' (= ''Wiener Forschungen zur Archäologie'' Bd. 15). Wien 2013, ISBN 978-3-85161-094-9.

== Weblinks ==
{{Commonscat}}
* {{Internetquelle |url=https://www.uni-giessen.de/fbz/fb04/institute/altertum/klassarch/forschung/abgeschlosseneProjekte/perge |titel=Die Grabung in Perge — Klassische Archäologie |werk=uni-giessen.de |archiv-url= |archiv-datum= |zugriff=2021-08-13 |abruf-verborgen=ja}}
*{{Internetquelle |url=https://www.histolia.de/pamphylien/perge/perge-pamphylien-beschreibung.html |titel=Die türkische Südküste in der Antike - Perge in Pamphylien - Beschreibung |werk=histolia.de |archiv-url= |archiv-datum= |zugriff=2021-08-13 |abruf-verborgen=ja}}
*[https://antike-christentum.de/perge Perge - Stadtgeschichte und Bauwerke] In: ''antike-christentum.de''

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[[Kategorie:Geographie (Provinz Antalya)]]
[[Kategorie:Antike pamphylische Stadt]]
[[Kategorie:Archäologischer Fundplatz in der Türkei]]
[[Kategorie:Ort im Neuen Testament]]