Prutenische Tafeln

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Die Preußischen oder Prutenischen Tafeln der Himmelsbewegungen (Prutenicae Tabulae Coelestium Motuum) sind astronomische Tafeln zur Berechnung der Standorte von Sonne, Mond und den Planeten. Die Prutenischen Tafeln lösten die bisher verwendeten Alfonsinischen Tafeln ab, deren vorhergesagte Daten zunehmend von der Realität abwichen.

Sie wurden von Erasmus Reinhold im Jahre 1551 angefertigt. Er bezog sich auch auf die Arbeiten von Nikolaus Kopernikus während er eine große Anzahl von Sternen identifizierte und beschrieb. Die höhere Genauigkeit der Prutenischen Tafeln ist allerdings nicht auf das verwendete Kopernikanische System zurückzuführen, sondern in erster Linie auf die Aktualität der verwendeten Ausgangsdaten.

Herzog Albrecht von Brandenburg-Ansbach unterstützte Reinhold und finanzierte den Druck der Prutenischen Tafeln, obwohl es dabei zu unerquicklichen Auseinandersetzungen wegen der Bezahlung kam. Reinhold und seine Prutenischen Tafeln trugen dazu bei, dass das Kopernikanische System überall im deutschsprachigen Reich und darüber hinaus bekannt wurde, ebenso wie Königsberg durch die Wahl als Nullmeridian.[1]

Die Erkenntnisse von Kopernikus und die Preußischen Tafeln waren später die Grundlage zur Kalenderreform von 1582 unter Papst Gregor XIII.

Die Tafeln erschienen erstmals 1551 bei Ulrich Morhard in Tübingen, Morhards Witwe verbreitete 1562 zudem einen Nachdruck der ersten Auflage. Herausgeber der zweiten Auflage (Tübingen, 1571) war Michael Mästlin (1550-1631), der später Keplers Lehrer wurde. Er fügte ein Nachwort und zwei Seiten mit Korrekturen hinzu. Die dritte Auflage (Wittenberg, Matthäus Welack, 1585) stammt von Caspar Strubius, Rektoren der Universität Wittenberg.

Die Rudolfinische Tafeln von Brahe und Kepler lösten die Preußischen im 17. Jahrhundert ab.

Owen Gingerich untersuchte den Einfluss von Reinhard und dessen Tafeln auf die Verbreitung der Kopernikanischen Lehre.

Einzelnachweise

  1. Uni Halle, FB Math./Inf., History

Literatur

  • Braunmühl, A. von: Vorlesungen über Geschichte der Trigonometrie. Erster Teil. Leipzig: Teubner 1900.
  • Dreyer, J. L. E.: A history of astronomy from Thales to Kepler. 2. ed. Dover 1953.
  • Owen Gingerich: The Great Copernicus Chase and other Adventures in astronomical history. Cambridge 1992.
  • Gingerich, Owen: Erasmus Reinhold and the dissemination of Copernicus theory. In: Gingerich, Owen: The Eye of Heaven. The American Institute of Physics 1993. S. 221-251. (Wiederabdruck aus: Studia Copernica. 6 (1973) 43-62; 123-125.)
  • Gingerich, Owen: Mästlin's, Kepler's and Schickard's copies of "De revolutionibus". In: Seck, Friedrich (Hrsg.): Zum 400. Geburtstag von Wilhelm Schickard. Zweites Tübinger Schickard-Symposium 25. - 27. Juni 1992. Sigmaringen: Thorbecke, 1995 S.167-183.
  • Jarrell, R. A.: The life and scientific work of the Tübingen astronomer Michael Mästlin, 1550-1631. University of Toronto, 1971. PhD Thesis.
  • Poggendorff's Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften. Bd. 2. M-Z. Leipzig, 1863.
  • Seidel, Hans-Joachim; Gastgeber, Christian: Wittenberger Humanismus im Umkreis Martin Luthers und Philipp Melanchtons. Der Mathematiker Erasmus Reinhold d. Ä. [...] In: Biblos 46 (1997)1, 19-51.
  • Zinner, E.: Entstehung und Verbreitung der copernicanischen Lehre. 2. Aufl. München 1988.