Quelltext der Seite Schwätzen

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'''Schwätzen''', auch '''Schwatzen''', heißt im [[Deutsche Sprache|Deutschen]] allgemein, sich in entspanntem Umfeld zu unterhalten, oder ein [[Gespräch]] ohne besondere Tiefgründigkeit zu führen. Das Substantiv '''Geschwätz''' ist deutlich negativ besetzt und meint ''dumm daherreden'', synonym dafür stehen ''Gebrabbel'', ''Schnack''<ref>{{Internetquelle |url=https://www.duden.de/rechtschreibung/Schnack |titel=Duden {{!}} Schnack {{!}} Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft |abruf=2021-04-01 |sprache=de}}</ref>. Daneben hat ''Schwätzen'' eine spezielle Sonderbedeutung, nämlich die (unerwünschten) Gespräche von Schülern während des Unterrichts.

== Wortherkunft ==
''Schwatzen'' ist nach Grimms ''[[Deutsches Wörterbuch|Deutschem Wörterbuch]]'' 1854&nbsp;ff.<ref name="Grimm-Schwatzen">{{Deutsches Wörterbuch |Titel=Schwatzen,  verb. confabulari, colloqui, babiller |Band=15 |Sp=2349–2357 |lemid=GS21019}}</ref> {{"|eine dem deutschen sprachgebiete eigenthümliche intensivbildung von unbekanntem ursprunge}}, und ist erst seit dem 15.&nbsp;Jahrhundert belegt. Laut moderner Sprachwissenschaft ([[Linguistik]]) ist der Begriff indogermanischer Herkunft und somit mit einigen indogermanischen Sprachen der Welt verwandt, insbesondere mit Sprachen, die noch in ihrer archaischen Form erhalten geblieben sind so wie das [[Persische Sprache|Persische]], wo die verwandten Begriffe ''sobat'' (sprechen: sobat kardan) und ''savât'' (Edel, Verstand, Klarheit, Mündigkeit und Bildung) existieren. Damit auch verwandt ist das persische Wort ''Chatiât'' (wirrwarr, dummes Geschwätz, Blödsinnigkeit) und das englische ''Chat'' (plaudern) und in den indischen Dialekten vorkommenden ''sota'', ''svati'' und ''svaaya''. Verwandtschaft besteht womöglich im deutschen Sprachgebiet zu ''schwadern'' ‚schwanken, schwappen‘ – vergleiche die analoge Herleitung der zu Schwatzen relativ [[synonymen]] Begriffe [[Geschwurbel|''Geschwafel'' und ''Geschwurbel'']],<ref name="Grimm-Schwadern">{{Deutsches Wörterbuch |Titel=Schwadern, schwädern, verb. (auch schwedern, schwidern, schwudern) |Band=15 |Sp=2173–2174 |lemid=GS20113}}</ref> aber auch ''schwadronieren'', das ursprünglich zu ''[[Schwadron]]'' ‚Schar‘ (eigentlich über frz. ''esquadre'' ital. ''squadra'' ‚Viereck‘ wie ''[[Quader]]''; dt. auch ''Schwader'', verg. ''[[Geschwader]]'') steht, aber dann zunehmend die Bedeutung ‚(wirr) umherschweifen‘ annimmt, bis es dem Wort Schwatzen ähnelt,<ref name="Grimm-Schwader3">{{Deutsches Wörterbuch |Titel=Schwadern, n. 3) |Band=15 |Sp=2173–2174 |lemid=GS20113#T28529286}}</ref> etwa als ''Schwadronneur'' ‚Schwätzer, Angeber‘. Überlebt hat der Begriff wohl nur, weil er in das Hochdeutsche aus vereinzelten und miteinander eng verwandten deutschen Idiomen (wahrscheinlich aus Ostdeutschland oder noch genauer aus der nordöstlichen Region Deutschlands) übernommen wurde oder sich selbst im Hochdeutsch etablieren konnte wie einige andere Begriffe (''malochen'' usw.) aus den noch lebenden Dialekten im deutschen Sprachraum.

[[Datei:Germany Sindelfingen Gossips.jpg|mini|hochkant|‚Schwätzweiber‘ auf einem alten Marktbrunnen in Sindelfingen (Württemberg)]]<!--Sindelfingen-->
''Schwätzen'' im Sinne ''plaudern'' ist der ursprüngliche Sinn,<ref name="Grimm-Schwatzen1">{{Deutsches Wörterbuch |Titel=Schwatzen 1) |Band=15 |Sp=2350–2352 |lemid=GS21019#T28684059}}</ref> und fand sich anfangs vornehmlich im Oberdeutschen.<ref name="Grimm-Schwatzen" /> Das Wort ist – auch in der Hochliteratur – beliebt gewesen, und hat zahlreiche, heute meist altertümlich anmutende oder ausgestorbene Begriffe wie ''Schwatzgeist, Schwatzmaul, Schwatzsucht'' und Ähnliches produziert,<ref>{{Deutsches Wörterbuch |Titel=Schwatzmaul |Band=15 |Sp=2363}}</ref> aber auch ''Schwatzmarkt'' ({{" |Text=ihr sollet auch an den sontägen und all andern gepothnen feiertägen die kirchen und gotsdienst mit vleisz besuechen, denselben von anfang bisz zum end beiwohnen und nit herausen vor der kirchen am schwäzmarkt bleiben.}} 16.&nbsp;Jh.).<ref name="Grimm-Schwatzmarkt">''Salzburger taid.'' 194, 23. Zit. nach {{Deutsches Wörterbuch |Titel=Schwatzmarkt, m., eigentlich ein ort, wo man zusammen kommt um zu schwatzen |Band=15 |Sp=2363 |lemid=GS21046}}</ref>

Schon die Brüder Grimm geben ‚schwatzen‘ als die hochsprachliche, und ‚schwätzen‘ als die dialektsprachliche Form, erwähnen aber auch: {{"|neuerdings scheinen sich schwätzen und schwatzen fein von einander geschieden zu haben, und jenes nur ein volles gleichsam spielendes und jedenfalls gemüthliches behagen an der unterhaltung, dieses aber eben das übermasz im vergleich zum werth der sache oder der vorgebrachten meinung zu bedeuten.|ref=<ref name="Grimm-Schwatzen" />}} Deutlich wird diese richtig erkannte Trennung, indem es heute nur mehr die Formen ‚Geschwätz‘<ref name="Grimm-Geschwätz">{{Deutsches Wörterbuch |Titel=Geschwätz |Band=5 |Sp=3983–3984}}</ref> und ‚Schwätzer‘<ref>{{Deutsches Wörterbuch |Titel=Schwätzer |Band=15 |Sp=2357–2359}}</ref> gibt, und diese ausdrücklich als ‚leeres Gerede‘ negativ konnotiert sind – während ''Geschwatz''<ref name="Grimm-Geschwatz">{{Deutsches Wörterbuch |Titel=Geschwatz, m. verstärkung des masc. ‚schwatz‘, rede, plauderei |Band=5 |Sp=3983 |lemid=GG10801}}</ref> hochsprachlich ausgestorben scheint. Davon abweichend negativ besetzt ist sonst nur die ''Schwatzhaftigkeit'',<ref name="Grimm-">{{Deutsches Wörterbuch |Titel=Schwatzhaftigkeit, f. babil, jaserie, causerie |Band=15 |Sp=2361 |lemid=GS21035}}</ref> Im [[Österreichisches Deutsch|Österreichischen]] wird das Wort prinzipiell in abwertender Bedeutung verwendet.

''Schwätzen'' im Sinne eines Gesprächs, das mehr oder minder leise zwischen zwei oder mehreren Schülern während des Unterrichts geführt wird, ist in dieser Bedeutung jüngeren Ursprungs.

== Siehe auch ==
* [[Geschwurbel]], [[Labern]], [[Geseier]]
* [[Klatsch]] (Getratsch)
* [[Konversation (Gespräch)|Konversation]]
* [[Skas]], eine russische Literaturgattung

== Literatur ==
* [[Plutarch]]: ''Ueber die Geschwätzigkeit.'' In: ''Plutarchs moralische Abhandlungen.'' Aus dem Griechischen übersetzt von [[Johann Friedrich Salomon Kaltwasser]]. 9 Bde. Johann Christian Hermann, Frankfurt am Main 1783–1800, Bd. 4 (1789), S. 449–502 ([https://reader.digitale-sammlungen.de//de/fs1/object/goToPage/bsb10239275.html?pageNo=459 Digitalisat]).
* [[Karl-Heinz Göttert]]: ''Schwätzer – Leben mit Flegeln'', Philipp Reclam jun., Stuttgart  2010, ISBN 978-3-15-020200-5.

== Weblinks ==
{{Wiktionary|schwatzen}}
{{Wikiquote|Geschwätz}}
{{Wiktionary|Geschwätz}}
* [http://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=4229 Skaz-Eintrag im Lexikon der Filmbegriffe]
== Einzelnachweise ==
<references />

{{Normdaten|TYP=s|GND=4552039-2}}

{{SORTIERUNG:Schwatzen}}
[[Kategorie:Methode der Kommunikation]]
[[Kategorie:Mündliche Kommunikation]]