St. Maria ad Gradus (Mainz)

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Rheinseite mit Treppe zum Fischtor
Umgebung des Stifts durch Bittens
Innenraum der Stiftskirche
Datei:StMaria ad grada 4.png
Grundriss der Liebfrauenkirche
Zeichnung von Matthäus Merian, 1633
Hinweisschild auf dem Liebfrauenplatz

St. Maria ad gradus (Maria zu den Stufen) ist der Name einer der Mutter Gottes geweihten Kirche östlich des Mainzer Domes, das heißt, zwischen Dom und Rhein gelegen. Volkstümlich wurde sie Liebfrauenkirche, zu unserer Lieben Frauen, unsere Liebe Frau zu den Staffeln und zu den Greden (Stufen) genannt, da eine hohe Treppe vom Ostportal dieser Marienkirche in das tiefer gelegene Gelände am Fischtor führte.

Gründung

Die Gründungsgeschichte der Kirche konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden. Es wird vermutet, dass Erzbischof Willigis, der Baumeister des Mainzer Doms und der Stephanskirche, auch der erste Gründer von St. Maria ad Gradus war. Diese Vermutung stützt sich auf die Tatsache, dass die Bronze-Portalflügel des Marktportals des Doms, die der Zeit des Willigis zugeschrieben werden, sich vorher an der Liebfrauenkirche befanden.

In einer Quelle des 11. Jahrhunderts wird von der Weihe des neuen Marienstiftes, novi monasterii S.Mariae, unter Erzbischof Siegfried I. gesprochen und als Weihetag der 23. November 1069 angegeben. Mit dem Stift war auch eine Marienmünsterkirche verbunden. Die Kirche brannte am 17. April 1285 ab, wurde wieder errichtet und später gotisch erweitert. Zahlreiche Ablassbewilligungen zur Finanzierung des Wiederaufbaus bezeugen den zeitnahen Neubau.

Einer im Hochaltar gefundene Urkunde nach nahm Erzbischof Peter von Aspelt im Jahr 1311 die Weihe des erneuerten, aber noch nicht vollendeten Gotteshauses vor. An Turm, Kreuzgang und Stiftsgebäuden wurde noch weitergearbeitet. Herr der Bauhütte war Magister Heinricus Lapicida de Boemia, was eine Urkunde des Jahres 1314 aufführt.

Baustil

Anhand erhaltener Abbildungen der heute verschwundenen Liebfrauenkirche kann man erkennen dass sie, wie St. Stephan und St. Quintin, als Hallenkirche erbaut worden war. Die dreischiffige Anlage erhob sich über einem quadratischen Grundriss. Drei Joche gliederten die drei Schiffe, von denen das mittlere ein Breitenübergewicht hatte.

Der gedrängte Innenraum lässt auf einen Mangel an Baugelände schließen. Daher waren wohl auch die Strebewerke von außen nicht sichtbar, sondern lagen innerhalb der Außenmauern. Die Anlage war geostet. Neben der vorspringenden Apsis, die in fünf Seiten eines gedachten Achtecks geschlossen war, sollten sich, wie die Mauerverstärkungen der Außenmauern beweisen, über den beiden rheinseitigen Nebenschiff-Jochen zwei Türme erheben, von denen aber nur der Nordturm realisiert wurde.

Verbindungsmauern von der Apsisöffnung zum ersten Säulenpaar verlängerten den Chorraum. Daher blieb nur ein Säulenpaar freistehend. Dem Säulenkern hatte man Dienste zur Aufnahme der Gewölberippen vorgelegt. Die Kapitelle waren mit floralem Blattwerk geschmückt. Nach oben hin war der Kirchenraum durch ein Kreuzrippengewölbe abgedeckt.

Niedergang und Abriss

Während der Stadtbeschießung durch die preußische Armee 1793 wurde die Kirche leicht beschädigt; ihre Erhaltung wäre möglich gewesen, war unter der französischen Besatzung jedoch nicht opportun. Bischof Joseph Ludwig Colmar konnte nicht alle Mainzer Kirchen retten und diese stand dem Bau der Grand Rue Napoléon im Wege. In den Jahren 1803 bis 1807 wurde die Kirche abgetragen und das Steinmaterial zur Anlage der Kasteller Festung und zur Verbesserung der Finther Landstraße verkauft. Die Portalfiguren der gotischen Liebfrauenkirche zählen zum ältesten Bestand des Landesmuseums Mainz.

Anschließend an den Ostchor des Mainzer Domes sind heute zur Erinnerung an die Kirche deren Umrisse in Sandstein in den Boden eingelassen. Der Chor tritt plastisch hervor.

Literatur

  • J. Baum: Drei Mainzer Hallenkirchen. Freiburg 1906
  • G. Bittens: Der Dom zu Mainz und seine Umgebung im Laufe der Jahrhunderte. Jahrbuch der Volks- und Heimatforschung, Darmstadt 1933/38
  • Friedrich Schneider: Die ehemalige Liebfrauenkirche. Darmstadt 1878
  • August Schuchert: Die Mainzer Kirchen und Kapellen. Verlag Johann Falk 3. Söhne, Mainz 1931
  • Philipp Anton Brück: Die Mainzer Liebfrauenkirche im Jahre 1794, in: JbBistumMainz 1, 1946, Seite 96-102
Commons: Category:St Maria ad Gradus, Mainz – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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