Stadttheater (Gliwice)

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Die Ruine des Stadttheaters
Innenansicht
Ansicht von Westen

Das Stadttheater Gleiwitz war eine erst private und später städtische Bühne im oberschlesischen Gleiwitz. Eröffnet wurde es 1899 als Teil des Etablissements „Victoria“, später wurde es als Stadttheater eines der größten Theater in Oberschlesien. Seit 1945 als Ruine, blieb das Gebäude über Jahrzehnte ungenutzt. Seit den 1990er Jahren finden in der Ruine vereinzelte Veranstaltungen statt, und es gibt Bestrebungen für einen Wiederaufbau. Die Ruine befindet sich an der Aleja Przyjaźni 18 in der Innenstadt von Gliwice.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Theateraufführungen in Gleiwitz sind für 1809, 1810 und 1819 belegt, auch für 1827. Ab April 1829 fand im Deutschen Hof eine Spielserie der Truppe von Franz Bonnot statt. Das Victoriatheater wurde 1899 als Teil des Victoria-Komplexes, eines großen privaten Kultur- und Unterhaltungszentrums mit Hotel, Restaurants und Läden, eröffnet, das von der Viktoria Gesellschaft errichtet wurde. Den Bau realisierte die Firma Zimmermann und Wacha. Das Grundstück gehörte Julius Leppich, der auch Teilhaber am Victoria war. Dadurch, dass das Theater zu einem Gebäudekomplex gehörte, hat es auch keine repräsentative Architektur erhalten und befindet sich eher in einem Hinterhof, abgewendet von der Hauptstraße Ulica Zwycięstwa (der früheren Wilhelmstraße).

Das Theater wurde 1890 mit einem Gastspiel des Stadttheaters Ratibor eröffnet. Umbauten fanden 1897–1899 statt. 1910 oder 1912 wurde die Logenzahl erhöht, 1916 oder 1918 wurde das Orchester tiefergelegt und ein eiserner Vorhang eingebaut. 1914 hatte die Stadt Gleiwitz das Theater übernommen und sich finanziell an der Bühne beteiligt.

Bis September 1924 wurde das Theater zur Nutzung durch das Oberschlesische Dreistädtetheater Gleiwitz-Beuthen-Hindenburg umgebaut. Den Bühnenvorhang ließ man durch Schönwälderinnen nähen, die für ihre „Schönwälder Stickereien“ bekannt waren. Beim Umbau wurde eine Freitreppenanlage mit neuem Haupteingang und Windfang angebaut sowie ein Foyer eingebaut.

Im Jahr 1944 wurde die Eröffnung der nächsten Saison erwartet. Kriegsbedingt fand in Deutschland kein Theater mehr statt. Beim Einmarsch der Roten Armee am 24. Januar 1945 wurde das Innere des Theaters in Brand gesteckt, und das abgebrannte Theater wurde anschließend nicht wieder aufgebaut. Zwischenzeitlich wurde es als Lagerhalle genutzt. Auf Initiative von Ewa Strzelczyk (1961–1998), der Leiterin des Städtischen Kulturzentrums, wurde 1994 die „Stiftung für den Wiederaufbau des Stadttheaters“ gegründet. 1996 wurde das Theater wieder für Veranstaltungen eröffnet, der ruinöse Zustand wurde beibehalten. Seitdem wird es für Konzerte, Tanz, Theater, Musicals und Filmvorführungen genutzt. Eine bekannte Veranstaltungsreihe ist beispielsweise das „Jazz w Ruinach“.[1][2]

Sollte zunächst nach dem Willen der Initiatoren und Befürwortern eines Wiederaufbaus in den Ruinen ein neues Stadttheater eingerichtet werden, wurde schließlich in den 2010er Jahren unabhängig davon ein neues Stadttheater im früheren Musiktheater eingerichtet. Die Stadttheaterruine wurde unter die Leitung des neuen Stadttheaters gestellt.

Bauwerk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Theaterbau entstand durch sukzessiven Ausbau eines Saalbaus an der Wilhelmstraße 28. Hier hatte die Bau- und Finanzgruppe Viktoria zwischen der Wilhelmstraße und dem tiefergelegenen Promenadenweg (später „an der Wilden Klodnitz“) einen fünfstöckigen Prachtbau errichtet u. a. mit Läden, Café, und öffentlichem Bad. Der zweigeschossige Theaterbau war als Anbau im hinteren Teil angelegt. Das Obergeschoss war aufwändig mit hohen Rundbogenfenstern zwischen Wandpfeilern und Pilastern gegliedert.

Im Innenraum handelte es sich um eine Zweiranganlage mit Logen. Weil die Grundform des Saales und seiner Rangarchitektur über einem gestelzten Halbkreis unabänderlich war, beschränkten sich die Umbauten auf innenarchitektonische Maßnahmen. Auffällig ist die Diskrepanz zwischen aufwändigen Details wie Gusseisensäulen und Stukkierung der Rangbrüstungen und der ärmlichen Gestaltung des Schauraums. Bei den Umbaumaßnahmen von 1924 wurde jedoch auch die Verbindung mit dem Vorderhaus herausgenommen und dem Bau durch Schaffung eigener Eingänge größtmögliche Selbstständigkeit gegeben.

Kulturzentrum Victoria[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1. Dezember 2021 wurde das neue städtische Kulturzentrum Victoria gegründet, welches seinen Sitz im Gebäude der Stadttheaterruine hat. Die Stadttheaterruine selbst hingegen gehört nicht zum neuen Kulturzentrum, da es weiterhin vom Stadttheater Gliwice geleitet wird. In diesem Zuge wurde auch das städtische Jugendkulturhaus aufgelöst. Mit dem neuen Kulturzentrum sollen neue kulturelle Orte und Veranstaltungen geschaffen werden sowie der Wiederaufbau der Stadttheaterruine realisiert werden.[3]

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dorota Łukaszewicz: Historia budynku teatru miejskiego w Gliwicach. 2003
  • Bernd Vogelsang, Funde und Befunde zur schlesischen Theatergeschichte: Theaterbau in Schlesien, Forschungsstelle Ostmitteleuropa, 1983, S. 126–129.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Stadttheaterruine Gliwice – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Schlesische Tourismusinformation
  2. Grenzenlos: Zwischen den Zeiten
  3. Stadt Gliwice: Centrum Kultury Victoria już działa!
  4. Johannes Schüler im Munzinger-Archiv, abgerufen am 12. März 2024 (Artikelanfang frei abrufbar)
  5. Gunna Wendt: Erika und Therese: Erika Mann und Therese Giehse – Eine Liebe zwischen Kunst und Krieg, 2018
  6. Deutsches Theater-Lexikon

Koordinaten: 50° 17′ 48,2″ N, 18° 40′ 20″ O