„Voigtsche Notation“ – Versionsunterschied

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Der bisherige Artikel erklärte meiner Meinung nach die Voigtsche Notation nicht. Weiterhin: Die Symmetrie des Spannungs- und Verzerrungstensors reicht nicht aus, damit man die Steifigkeit als symm. 6x6 Matrix schreiben kann. Usw. sieht Diskussion.
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Unter der '''Voigtschen Notation''' versteht man eine praktische Schreibweise für symmetrische [[Tensor]]en in der [[Kontinuumsmechanik]], benannt nach dem Göttinger Physiker [[Woldemar Voigt]].
Die [[Woldemar Voigt|Voigtsche]] Notation ist eine kompakte Schreibweise für symmetrische [[Tensor]]en in der [[Kontinuumsmechanik]]. Sie wird insbesondere in der linearen Elastizitätstheorie verwendet, um den Zusammenhang zwischen [[Mechanische Spannung|Spannungen]] und [[Dehnung|Verzerrungen]] in kompakter Form darzustellen.


Für den Fall, dass Spannungstensor und Verzerrungstensor symmetrisch sind (wie in der Linearen Elastizitätstheorie gegeben) und unter einer weiteren Annahme (siehe unten) hat ein lineares Materialgesetz höchstens 21 unabhängige Materialparameter. Wie weiter unten gezeigt wird, sind dann die folgenden Schreibweisen äquivalent. Und die zweite wesentlich kompaktere Schreibweise bezeichnet man als Voigtsche Notation.
In der [[Kontinuumsmechanik]] werden [[Mechanische Spannung|Spannungen]] und Verzerrung als Tensoren zweiter Stufe aufgefasst. Ein [[Stoffgesetz|Konstitutivgesetz]] verknüpft beide Größen miteinander. Im folgenden wird als Konstitutivgesetz das [[Hookesches Gesetz|Hookesche Gesetz]] betrachtet, das eine lokale, linear-elastische Abhängigkeit der Spannungen von den Verzerrungen postuliert. Die Verknüpfung erfolgt dann durch einen Tensor vierter Stufe (3×3×3×3 Komponenten!). Ein solcher Tensor lässt sich nur schwer handhaben:
*Ein dreidimensionaler Tensor ''zweiter Stufe'' lässt sich in eine 3×3-Matrix auf Papier schreiben
*Ein dreidimensionaler Tensor ''dritter Stufe'' lässt sich schon nicht mehr so einfach notieren, denkbar wäre die Eintragung der Komponenten in 3×3×3 Teilwürfel, wie man sie sich bei einem [[Zauberwürfel]] vorstellen kann.
*Bei höherstufigen Tensoren versagt auch dieser Ansatz


:<math>
Die in der angewandten Kontinuumsmechanik gebräuchliche Voigt-Notation nutzt zum Ersten die Symmetrie des [[Verzerrungstensor|Verzerrungs-]] und [[Spannungstensor]]s aus, wodurch sich die Zahl der zu notierenden Komponenten von 9 auf 6 reduziert. Darüber hinaus werden die Komponenten nicht mehr als Matrix, sondern – einer fest vorgegebenen Konvention folgend – als Vektor notiert.
\begin{align}
\sigma_{ij}&=C_{ijkl}\varepsilon_{kl} \Leftrightarrow \sigma^{\text{V}}_{i}&=C^{\text{V}}_{ij}\varepsilon^{\text{V}}_{j}
\end{align}
</math>


__TOC__
Die Komponenten des symmetrischen dreidimensionalen Verzerrungstensors

:<math>\boldsymbol{\varepsilon}=
== Lineares Materialgesetz ==
\begin{pmatrix}

\varepsilon_{xx} & \varepsilon_{xy} & \varepsilon_{xz} \\
In der Kontinuumsmechanik sind Spannungen und Verzerrungen als Tensoren zweiter Stufe definiert. Ein Materialgesetz definiert den Zusammenhang zwischen den Verzerrungen und den Spannungen.
\varepsilon_{yx} & \varepsilon_{yy} & \varepsilon_{yz} \\

\varepsilon_{zx} & \varepsilon_{zy} & \varepsilon_{zz}
Der allgemeinste lineare Zusammenhang zwischen den Spannungen und den Verzerrungen (das allgemeinste lineare Materialgesetz) lautet in Indexschreibweise:
\end{pmatrix}
</math><br />
:<math>
\varepsilon_{kl} \rightarrow \sigma_{ij}=C_{ijkl}\varepsilon_{kl}
werden in der Voigt-Notation wie folgt angeordnet
:<math>\{\boldsymbol{\varepsilon}\}= (\varepsilon_{xx}, \varepsilon_{yy}, \varepsilon_{zz},
2\varepsilon_{yz}, 2\varepsilon_{xz}, 2\varepsilon_{xy}).
</math><br />
Die Schubkomponenten des Verzerrungstensor gehen mit dem Faktor 2 und somit den im Ingenieurswesen häufiger anzutreffenden Gleichungen entsprechend ein. Für den Spannungstensor
:<math>\boldsymbol{\sigma}=
\begin{pmatrix}
\sigma_{xx} & \sigma_{xy} & \sigma_{xz} \\
\sigma_{yx} & \sigma_{yy} & \sigma_{yz} \\
\sigma_{zx} & \sigma_{zy} & \sigma_{zz}
\end{pmatrix}
</math><br />
gilt hingegen die etwas intuitivere Konvention
:<math>\{\boldsymbol{\sigma}\}= (\sigma_{xx}, \sigma_{yy}, \sigma_{zz},
\sigma_{yz}, \sigma_{xz}, \sigma_{xy}).
</math><br />
Mit dieser Notation, sowie einer angemessenen Darstellung des [[Elastizitätstensor]]s <math>\mathbf{C}</math> als quadratische 6&times;6-Matrix <math>[\mathbf{C}]</math> lässt sich das Hookesche Gesetz als Matrix-Vektor-Produkt formulieren
:<math>\{\boldsymbol{\sigma}\}= [\mathbf{C}]\{\boldsymbol{\varepsilon}\}.
</math><br />
Man beachte, dass die Anordnung der Komponenten in Voigt-Notation (im Gegensatz zu den Metriken der zu Grunde liegenden Tensoren) eigentlich willkürlich ist. Umso wichtiger ist es darum der einmal definierten Konvention strikt zu folgen. Wird die Voigtnotation innerhalb einer Anwendung unterschiedlich definiert, so führt dies zwangsläufig zu Rechenfehlern. Immer wieder verwirrend wirkt sich dabei die Behandlung der Schubkomponenten aus. Eine wünschenswerte Eigenschaft ist in diesem Zusammenhang, dass das Skalarprodukt von Verzerrungs- und Spannungstensor in Voigt-Notation deren innerem Tensorprodukt entspricht, d.h.
:<math>\{\boldsymbol{\varepsilon}\} \cdot \{\boldsymbol{\sigma}\} = \boldsymbol{\varepsilon} \cdot \boldsymbol{\sigma} = \varepsilon_{ij}\sigma_{ij} \quad \mbox{mit} \quad i,j = x,y,z.
</math>
</math>
Hierbei wird die [[Einsteinsche Summenkonvention]] verwendet. Die Gleichungen gelten für die Komponenten der entsprechenden Tensoren, d.h. bezogen auf eine gegebene Basis. Diese 9 Gleichungen sind ziemlich unhandlich. Nutzt man aber die Symmetrie des Spannungs- und Verzerrungstensors aus und nimmt man eine weitere Annahme hinzu, dann lässt sich das Materialgesetz auch wesentlich kompakter aufschreiben.
Dies ist unter Beachtung obiger Konventionen der Fall. Nicht jedoch, wenn Verzerrungs- und Spannungsschubkomponente beide nur mit dem Faktor 1 in die Voigtsche Schreibweise eingegangen wären. Dieses Beispiel zeigt deutlich die Unzulänglichkeit der Voigt-Notation, sobald man versucht sie auf mehr als das Konstitutivgesetz (hier: Hookesches Gesetz) anzuwenden. Im Allgemeinen lassen sich die Rechenregeln der Tensoranalysis nicht auf die Voigt-Notation übertragen (zum Beispiel Rotationen, Differentialoperatoren), was die Bedeutungslosigkeit der Voigt-Notation für die theoretische Kontinuumsmechanik begründet.

== Symmetrien in den Indizes von C ==

In der Hyperelastizität verlangt man, dass die Spannungen sich aus einem Potential <math>F(\varepsilon)</math>, der [[Freie_Energie|Freien Energie]], berechnen lassen. Die Symmetrie des Spannungs- und Verzerrungstensors in der linearen Elastizitätstheorie sowie diese Annahme der Hyperelastizität erzeugen Symmetrien in den Indizes von <math>C</math> wie folgt:

# <math>
\begin{align}
\sigma_{ij}&=C_{ijkl}\varepsilon_{kl}
\wedge \sigma_{ij}=\sigma_{ji}
&\Rightarrow C_{ijkl} &= C_{jikl}
\end{align}
</math>
# <math>
\begin{align}
\sigma_{ij}&=C_{ijkl}\varepsilon_{kl}
\wedge \varepsilon_{kl}=\varepsilon_{lk}
&\Rightarrow C_{ijkl} &= C_{ijlk}\\
\end{align}
</math>
# <math>
\begin{align}
\sigma_{ij}&=C_{ijkl}\varepsilon_{kl}
\wedge \sigma_{ij}=\frac{\partial F}{\partial \varepsilon_{ij}}
&\Rightarrow C_{ijkl} &= C_{klij}
\end{align}
</math>

Ausgeschrieben ergeben diese Symmetrien die folgenden 60 Gleichungen:
:<math>
\begin{align}
C_{1122}&=C_{2211}\\
C_{1133}&=C_{3311}\\
C_{2233}&=C_{3322}\\
C_{1112}&=C_{1211}&=C_{1121}&=C_{2111}\\
C_{1113}&=C_{1311}&=C_{1131}&=C_{3111}\\
C_{1222}&=C_{2212}&=C_{2122}&=C_{2221}\\
C_{2223}&=C_{2322}&=C_{2232}&=C_{3222}\\
C_{1333}&=C_{3313}&=C_{3133}&=C_{3331}\\
C_{2333}&=C_{3323}&=C_{3233}&=C_{3332}\\
C_{1221}&=C_{2112}&=C_{2121}&=C_{1212}\\
C_{1331}&=C_{3113}&=C_{3131}&=C_{1313}\\
C_{2332}&=C_{3223}&=C_{3232}&=C_{2323}\\
C_{1322}&=C_{2213}&=C_{3122}&=C_{2231}\\
C_{1123}&=C_{2311}&=C_{1132}&=C_{3211}\\
C_{1233}&=C_{3312}&=C_{2133}&=C_{3321}\\
C_{1223}&=C_{2312}&=C_{2123}&=C_{1232}&=C_{2321}&=C_{2132}&=C_{3212}&=C_{3221}\\
C_{1213}&=C_{1312}&=C_{2113}&=C_{1231}&=C_{3112}&=C_{1321}&=C_{2131}&=C_{3121}\\
C_{1323}&=C_{2313}&=C_{3123}&=C_{1332}&=C_{3213}&=C_{2331}&=C_{3132}&=C_{3231}\\
\end{align}
</math>

== Zusammenhang zwischen den Komponenten von ''C'' und denen von ''C''<sup>V</sup> ==

<math>C</math> hat im 3D als Tensor mit 4 Indizes <math>3^4=81</math> Komponenten. Die Symmetrien in den Indizes reduzieren aber die Zahl der unabhängigen Komponenten auf 81-60=21 Komponenten. Genau so viele, wie es unabhängige Komponenten in einer symmetrischen 6x6-Matrix gibt. Man kann <math>C</math> eine symmetrische 6x6-Matrix <math>C^{\text{V}}</math> zuordnen. Ebenso kann man <math>\sigma</math> und <math>\varepsilon</math> jeweils einen Spaltenvektor <math>\sigma^{\text{V}}</math> bzw. <math>\varepsilon^{\text{V}}</math> zuordnen. Man erhält damit das Elastizitätsgesetz in [[Voigtsche Notation|Voigtscher Notation]]:

:<math>
\begin{align}
\sigma^{\text{V}}_{i}&=C^{\text{V}}_{ij}\varepsilon^{\text{V}}_{j}\\
\begin{bmatrix}
\sigma_{11} \\
\sigma_{22} \\
\sigma_{33} \\
\sigma_{12} \\
\sigma_{13} \\
\sigma_{23} \\
\end{bmatrix} &=
\begin{bmatrix}
C_{1111} & C_{1122} & C_{1133} &
2 C_{1112} & 2 C_{1113} & 2 C_{1123} & \\
& C_{2222} & C_{2233} &
2 C_{2212} & 2 C_{2213} & 2 C_{2223} & \\
& & C_{3333} &
2 C_{3312} & 2 C_{3313} & 2 C_{3323} & \\
& & &
2 C_{1212} & 2 C_{1213} & 2 C_{1223} & \\
& \text{sym} & &
& 2 C_{1313} & 2 C_{1323} & \\
& & &
& & 2C_{2323} & \\
\end{bmatrix}
\begin{bmatrix}
\varepsilon_{11} \\
\varepsilon_{22} \\
\varepsilon_{33} \\
\varepsilon_{12} \\
\varepsilon_{13} \\
\varepsilon_{23} \\
\end{bmatrix}
\end{align}
</math>

Achtung: Es sind auch andere Schreibweisen üblich. Teils sind die Komponenten von <math>\sigma^{\text{V}}</math> und <math>\varepsilon^{\text{V}}</math> vertauscht. Teils verwendet man z.B. statt <math>\varepsilon^{\text{V}}_{23}</math> den Scherwinkel <math>\gamma^{\text{V}}_{23}=2\varepsilon^{\text{V}}_{23}</math>.

{{Literatur
|Autor=I. Müller, P. Strehlow
|Titel=Rubber and Rubber Balloons, Paradigms of Thermodynamics
|Sammelwerk=Lect. Notes Phys.
|Nummer=637
|Jahr=2004
|DOI=10.1007/b93853
}}


[[Kategorie:Kontinuumsmechanik]]
[[Kategorie:Kontinuumsmechanik]]

Version vom 18. März 2012, 12:24 Uhr

Die Voigtsche Notation ist eine kompakte Schreibweise für symmetrische Tensoren in der Kontinuumsmechanik. Sie wird insbesondere in der linearen Elastizitätstheorie verwendet, um den Zusammenhang zwischen Spannungen und Verzerrungen in kompakter Form darzustellen.

Für den Fall, dass Spannungstensor und Verzerrungstensor symmetrisch sind (wie in der Linearen Elastizitätstheorie gegeben) und unter einer weiteren Annahme (siehe unten) hat ein lineares Materialgesetz höchstens 21 unabhängige Materialparameter. Wie weiter unten gezeigt wird, sind dann die folgenden Schreibweisen äquivalent. Und die zweite wesentlich kompaktere Schreibweise bezeichnet man als Voigtsche Notation.

Lineares Materialgesetz

In der Kontinuumsmechanik sind Spannungen und Verzerrungen als Tensoren zweiter Stufe definiert. Ein Materialgesetz definiert den Zusammenhang zwischen den Verzerrungen und den Spannungen.

Der allgemeinste lineare Zusammenhang zwischen den Spannungen und den Verzerrungen (das allgemeinste lineare Materialgesetz) lautet in Indexschreibweise:

Hierbei wird die Einsteinsche Summenkonvention verwendet. Die Gleichungen gelten für die Komponenten der entsprechenden Tensoren, d.h. bezogen auf eine gegebene Basis. Diese 9 Gleichungen sind ziemlich unhandlich. Nutzt man aber die Symmetrie des Spannungs- und Verzerrungstensors aus und nimmt man eine weitere Annahme hinzu, dann lässt sich das Materialgesetz auch wesentlich kompakter aufschreiben.

Symmetrien in den Indizes von C

In der Hyperelastizität verlangt man, dass die Spannungen sich aus einem Potential , der Freien Energie, berechnen lassen. Die Symmetrie des Spannungs- und Verzerrungstensors in der linearen Elastizitätstheorie sowie diese Annahme der Hyperelastizität erzeugen Symmetrien in den Indizes von wie folgt:

Ausgeschrieben ergeben diese Symmetrien die folgenden 60 Gleichungen:

Zusammenhang zwischen den Komponenten von C und denen von CV

hat im 3D als Tensor mit 4 Indizes Komponenten. Die Symmetrien in den Indizes reduzieren aber die Zahl der unabhängigen Komponenten auf 81-60=21 Komponenten. Genau so viele, wie es unabhängige Komponenten in einer symmetrischen 6x6-Matrix gibt. Man kann eine symmetrische 6x6-Matrix zuordnen. Ebenso kann man und jeweils einen Spaltenvektor bzw. zuordnen. Man erhält damit das Elastizitätsgesetz in Voigtscher Notation:

Achtung: Es sind auch andere Schreibweisen üblich. Teils sind die Komponenten von und vertauscht. Teils verwendet man z.B. statt den Scherwinkel .

I. Müller, P. Strehlow: Rubber and Rubber Balloons, Paradigms of Thermodynamics. In: Lect. Notes Phys. Nr. 637, 2004, doi:10.1007/b93853.